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Nr. 286 Ministerkonferenz, Wien, 22. Mai 1855 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Marherr; VS. Buol-Schauenstein; BdE. und anw. (Buol 22. 5.), Thun, K. Krauß, Toggenburg, Bruck; abw. Bach.

MRZ. – KZ. 1007 –

Protokoll der zu Wien am 22. Mai 1855 abgehaltenen Ministerkonferenz unter dem Vorsitze des Ministers des Äußern und des kaiserlichen Hauses Grafen v. Buol-Schauenstein.

I. Gnadenpension für den ehemaligen Bezirksvorsteher Georg Bauer

Der Justizminister referierte über die laut seinem Vortrag vom 11. d. M., KZ. 1543, MCZ. 1418, zwischen ihm und dem Finanzministerium obwaltende Meinungsdifferenz in betreff der Beteilung des vormaligen provisorischen Vorstandes des Bezirkskollegialgerichts in Stuhlweißenburg, Georg Bauer, mit einer Gnadenpension von 400 f. Ungeachtet der vom Finanzminister auch gegenwärtig aus dem Standpunkte der Normalien festgehaltenen Einsprache gegen den Antrag auf eine fortlaufende Beteilung Bauers aus dem Staatsärar glaubte der Justizminister mit Zustimmung der übrigen Votanten seinen Antrag auf Bewilligung der gedachten Pension aus den im Vortrage entwickelten Billigkeitsrücksichten der Ah. Gnade Sr. Majestät gegenwärtig halten zu dürfen1.

II. Erziehungsbeitragsbelassung für die Amtsdienerswaise Mathilde Fuchs

Der Kultusminister beantragte die Bewilligung des Fortbezugs des Erziehungsbeitrags jährlicher zwölf f. für die evangelische Konsistorialamtsdienerswaise Mathilde Fuchs über das Normalalter als Gnadengabe, welche der Finanzminister mit Rücksicht auf den Inhalt des ärztlichen Zeugnisses, das eine absolute Erwerbsunfähigkeit dieser Waise nicht ausspricht, in der Dauer auf das erreichte 24. Lebensjahr der Bittstellerin beschränken zu sollen erachtete. Nachdem jedoch einerseits die Dauer des Bezugs der Gnadengabe bereits in der üblichen Klausel: „bis zur Herstellung oder Versorgung“, ihre natürliche Beschränkung findet, andererseits die Fortdauer der Erwerbsunfähigkeit der Bittstellerin nach vollstrecktem 24. Jahre nur zu einem neuen Einschreiten und Vortrage Anlaß geben würde, so glaubte der Kultusminister bei seinem Einraten beharren zu können, wogegen von Seite der übrigen Votanten nichts eingewendet wurde2.

III. Anstellung des außerordentlichen Professors Peter Mischler als ordentlicher Professor in Prag

Dem Antrage des Unterrichtsministers auf Ernennung des unbesoldeten außerordentlichen Professors der politischen Ökonomie an der Prager Universität, Dr. Peter Mischler, zum ordentlichen Professor dieses Faches mit dem systemmäßigen Gehalte (von 1.300 f.) und dem Vorrückungsrechte, setzte der Finanzminister die Andeutung entgegen, ob es nicht zur Schonung des sehr passiven böhmischen Studienfonds anginge, Mischler vorderhand unter Belassung in || S. 69 PDF || seiner gegenwärtigen Eigenschaft einen außerordentlichen Gehalt von 900 bis 1.000 f. zu gewähren.

Allein es handelt sich darum, diesem Manne die Ablehnung eines Rufes auf eine bayrische Universität und die Lösung seines Verhältnisses zu der Rübenzuckergesellschaft, die ihn mit jährlich 1.500 f. honoriert, möglich zu machen und ihn so bloß für die Wissenschaft zu gewinnen. Dies kann füglich nur durch seine Ernennung zum ordentlichen Professor geschehen, und da auch die damit verbundene Mehrauslage nicht von Erheblichkeit ist, so nahm der Kultus- und Unterrichts­minister keinen Anstand, mit Beistimmung der Konferenz auf seinem Antrage zu verharren3.

A[h]. E. Ich nehme den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis. Franz Joseph. Wien, den 28. Mai 1855.