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Nr. 261 Ministerkonferenz, Wien, 12. Dezember 1854 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Marherr; VS. Buol-Schauenstein; BdE. und anw. (Buol 12. 12.), Bach 16. 12., Thun, K. Krauß, Baumgartner.

MRZ. – KZ. 4592 –

Protokoll der zu Wien am 12. Dezember 1854 abgehaltenen Ministerkonferenz unter dem Vorsitze des Ministers des Äußern und des kaiserlichen Hauses Grafen v. Buol-Schauenstein.

I. Weitere Wirksamkeit der Kriegsgerichte in Ungarn

Der Minister des Inneren referierte über einen vom Militär- und Zivilgouvernement in Ungarn erhobenen Zweifel in betreff der Kompetenz der Kriegsgerichte seit 1. Mai l. J. als dem Tage der Aufhebung des Belagerungszustands in Ungarn1.

Es meinte nämlich, daß alle bei den Kriegsgerichten itzt noch im Zuge befindlichen Untersuchungen, welche vor dem 1. Mai anhängig waren, von den Kriegsgerichten zu Ende zu führen seien und daß die bei den Kriegsgerichten selbst nach dem 1. Mai gegen Zivilpersonen vorgenommenen, aus Komplizitäten mit den vor dem 1. Mai der kriegsgerichtlichen Kompetenz unterworfenen Verbrechern hervorgegangenen Untersuchungen bei den Kriegsgerichten zu verbleiben haben. Es hat demnach auch einer wegen Übergabe der fraglichen Untersuchungen an die Zivilgerichte vom Justizminister erlassenen Weisung vor Einholung der Ah. Entscheidung über seine Ansicht nicht nachkommen zu sollen erachtet. Handelte es sich bloß um einen Zweifel des Militär- und Zivilgouvernements || S. 375 PDF || über die Auslegung der Ah. Entschließung vom 9. April 1854 2, so wären die beiden Ministerien des Inneren und der Justiz berufen, denselben im eigenen Wirkungskreise zu lösen, und das Gouvernement wäre seiner Stellung nach verpflichtet, der Entscheidung der kompetenten Zentralbehörde Folge zu geben. Da jedoch das Justizministerium in der hierwegen mit dem Minister des Inneren gepflogenen Rücksprache selbst bemerkt hat, daß das Militär- und Zivilgouvernement wenigstens in bezug auf die vor dem 1. Mai schon anhängigen Untersuchungen zwar nicht die Absicht, wohl aber den Wortlaut der Ah. Entschließungen vom 9. April und 15. Juli l. J.3 für sich habe, so fand sich der Minister des Inneren bestimmt, die Sache in der Konferenz und sofort bei Sr. Majestät mit nachstehender, auch vom Justizminister geteilter Ansicht in Vortrag zu bringen: Die Ah. Entschließung vom 9. April hat zwischen den Verbrechen des Hochverrates, Majestätsbeleidigung, Beleidigung der Glieder des kaiserlichen Hauses usw. und zwischen den übrigen infolge des Belagerungzustands den Kriegsgerichten zugewiesenen strafbaren Handlungen unterschieden und jene speziell genannten Verbrechen bis zur vollständigen Aktivierung der Zivilgerichte den Kriegsgerichten vorbehalten, die übrigen strafbaren Handlungen vom 1. Mai an den Zivilgerichten mit der Ausnahme zugewiesen, daß die noch anhängigen oder aus Komplizitäten hervorgegangenen kriegsrechtlichen Untersuchungen von den Kriegsgerichten zu beendigen seien. Ebenso sagt die Ah. Entschließung vom 15. Juli ausdrücklich, daß sich die Kompetenz der Kriegsgerichte in Ungarn mit Ausnahme der bis zur vollständigen Aktivierung der neuen Zivilbehörden vorbehaltenen Verbrechen usw. nur mehr auf die Beendigung der beim Aufhören des Belagerungsstandes schon anhängigen oder die nachher aus Komplizitäten anhängig gemachten erstrecke, deren Abschluß bis Ende August erfolgen kann. Endlich ist in der Ah. Entschließung vom 30. November l. J., womit die Aufhebung des Belagerungszustands in Siebenbürgen angeordnet wurde, unter ganz gleichen Verhältnissen kategorisch erklärt (§ 2), daß die bei den Kriegsgerichten gegen Zivilpersonen anhängigen Untersuchungen, in welchen am 15. Dezember (Tag der Aufhebung des Belagerungszustands) noch kein Urteil ergangen, mit Ausnahme der vorbehaltenen Fälle des Strafgesetzes von 1852, in welchen Zivilpersonen den Militärgerichten unterstehen, an die kompetenten Zivilgerichte zu übergeben und von diesen fortzuführen seien4. Aus dem Zusammenhalten dieser Ah. Bestimmungen ergibt sich zweifellos die Ah. Absicht, der Wirksamkeit der Kriegsgerichte über Zivilpersonen in Ungarn überhaupt mit 1. Mai und rücksichtlich der vorbehaltenen Verbrechen mit der Aktivierung der Zivilbehörden ein Ende zu machen. Der Minister des Inneren schloß daher mit dem Antrage, daß die bei den Kriegsgerichten in Ungarn schon vor dem 1. Mai gegen Zivilpersonen anhängig gemachten Untersuchungen, in welchen noch kein Urteil ergangen, mit Ausnahme der im Strafgesetz von 1852 vorgesehenen Fälle, wo || S. 376 PDF || Zivilpersonen überhaupt dem Militärgerichte unterstehen, an die kompetenten Zivilgerichte zu übergeben seien, wodurch sich die Frage wegen der nach dem 1. Mai aus Komplizitäten anhängig gemachten Untersuchungen behebt.

Die Konferenz erklärte sich mit dem Antrage einverstanden5.

II. Auszeichnung für Industrielle

Der Handelsminister eröffnete nachträglich zu seinen in der Konferenz vom 2. d. [M.] sub I gestellten Anträgen wegen Auszeichnung mehrerer inländischer Industriellen aus Anlaß der Münchner Ausstellung, daß er das damals vorgetragene Verzeichnis der Namen jener Industriellen einer nochmaligen Revision unterworfen und sich zur Ausscheidung oder Versetzung einiger derselben in eine andere Kategorie bestimmt gefunden habe. Namentlich erklärte er in Ansehung des für den Orden vorgeschlagenen Christian Fischer, daß er von demselben ganz Umgang zu nehmen erachtet habe, nachdem sich herausgestellt hat, daß Fischer, welcher auch in Sachsen eine Porzellanfabrik besitzt, sich bei der Münchner Ausstellung bloß als sächsischer Fabrikant beteiligt hat. Statt dessen wurde Carl Möring, jedoch bloß für das Verdienstkreuz, aufgenommen.

Das sonach rektifizierte Verzeichnis der zu Belohnungen angetragenen Industriellen lautet daher folgendermaßen:

Ritterkreuz des Franz-Joseph-Ordens für: 1. Joseph Bossi, 2. Ludwig v. Brevillier, 3. Franz Klein, 4. Joseph Liebig, 5. Carl Offermann, 6. Johann Pfeiffer, 7. Florentin Robert, 8. Matthäus v. Rosthorn, 9. Heinrich Schmid, 10. Emil Seybel, 11. Wilhelm Sigmund, 12. Franz Wertheim, 13. J. Zeisel.

Goldenes Verdienstkreuz mit der Krone für: 1. Franz Bujatti, 2. Anton Chwalla, 3. Philipp Haas, 4. Carl Hardtmuth, 5. David Hollenbach, 6. J. Lemann, 7. Carl Möring, 8. Eduard Seuffert, 9. Christian Starke.

Goldenes Verdienstkreuz für: 1. Simon Alba, 2. Heinrich Bolzani, 3. V. F. Cerveny, 4. A. Frese, 5. A. Lebeda, 6. J. Marenzeller6.

Die Konferenz fand hiergegen nichts zu erinnern7.

III. Gnadengehalt für Sigmund v. Keresztes

Der Justizminister referierte über die laut seines Vortrags vom 6. d. M., KZ. 4561, MCZ. 3780, zwischen ihm und dem Finanzminister obwaltende Meinungsdifferenz über den Betrag [des] für den Gerichtstafelbeisitzer Sigmund v. Keresztes angetragenen Gnadengehalts.

Während der Finanzminister auf dem Antrage für 200 f. beharrte, traten der Minister des Inneren und der Kultusminister dem Vorschlage des Justizministers für 300 f. bei, weil sie diesen letzteren Betrag, wenn man überhaupt || S. 377 PDF || eine Beteilung des Keresztes für zulässig erkennt, sowohl dessen bekleideter Charge als dessen Bedürfnissen angemessener fanden8.

IV. Statutarische Verfassung der Wiener Universität (= Sammelprotokoll Nr. 263)

Statut der Wiener Universität (im besonderen Protokolle9).

A[h]. E. Ich nehme den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis. Franz Joseph. Wien, den 18. Dezember 1854.