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Nr. 245 Ministerkonferenz, Wien, am 23. und 26. September 1854 - Retrodigitalisat (PDF)

  • Abschrift (unvollständig, nur III, IV, VI und VII) Erzbischöfliches Diözesanarchiv Wien, Bischofskonferenz 1852—1854, Konkordat, Bischofskonferenz 1854/I ; P. Wacek (26. 9.); [VS. Buol; anw. Bach, Thun, K. Krauß, Baumgartner (?); BdE. fehlt].

MRZ. – KZ. 3329 –

[Protokoll der zu Wien am 23. und 26. September 1854 abgehaltenen Ministerkonferenzen unter dem Vorsitz des Ministers des Äußern und des kaiserlichen Hauses Grafen v. Buol-Schauenstein.]

I. Ausstellung von Zeugnissen durch katholische Seelsorger, wenn Katholiken zu einer anderen Konfession übertreten wollen [fehlt]

[fehlt].

II. Bedingungsweise Zulassung der Judenkinder zur Taufe [fehlt]

[fehlt].

III. Religionserziehung der Findelkinder

Beschwerdepunkt1

Durch das Gesetz vom 4. Juli 1796 durften die vom Staate erhaltenen Findelkinder, wenn eines oder das andere von Akatholiken an Kindes statt angenommen wurde, in der akatholischen Religion erzogen werden. Auch dieser Punkt ist durch Ah. Entschließung vom 21. Juni 1831, wornach Findlinge nur bei katholischen Eltern in Pflege etc. gegeben werden dürfen, behoben, wie die Konferenz einstimmig mit dem Minister des Inneren erkannte2.

Belangend die Ah. Resolution vom 18. Juli 1838 für Ungarn, so hat dieselbe nach || S. 322 PDF || derzeit auf den Punkt III keinen Bezug, denn in Ungarn bestehen dermalen noch keine Findelhäuser, somit keine „vom Staate erhaltenen Findelkinde derzeit auf den Punkt III keinen Bezug, denn in Ungarn bestehen dermalen noch keine Findelhäuser, somit keine „vom Staate erhaltenen Findelkinder“, wie die Beschwerde des Nuntius sagt. Sollten in der Folge solche Anstalten errichtet werden, so besteht nicht der mindeste Anstand, auch in Ungarn die Normalvorschrift vom 21. Juni 1831 zur vollen Geltung zu bringen und somit auch dort die Regel herzustellen3.

IV. Religionserziehung der Kinder aus gemischten Ehen

Beschwerdepunkt

Nach einem österreichischen Gesetze stehe bei gemischten Ehen dem akatholischen Vater das Recht zu, seine Söhne in der akatholischen Religion zu erziehen. Diese Vorschrift rühre von Glaubensgleichgültigkeit her.

Diese Angelegenheit ist nach dem Erachten der Konferenz durch das päpstliche Breve vom 30. April und 22. Mai 1841 im allgemeinen geregelt4, und [es] dürfte sonach kein Grund zu einer weiteren Beschwerde bestehen. Nur in Ansehung Siebenbürgens, wo die Vorschrift besteht, daß die Kinder unbedingt nach dem Geschlechte, die Söhne in der Religion des Vaters, die Töchter in der Religion der Mutter, zu erziehen seien, fand es der Kultusminister vollkommen begründet, wenn gegen eine solche Bestimmung vom Heiligen Stuhle Einsprache getan würde, was jedoch bisher noch nicht geschehen ist, indem auch in der vorliegenden Eingabe von der speziellen Gesetzgebung dieses Landes keine Erwähnung geschieht. Es sei zu wünschen, daß diesfalls eine Änderung bewirkt werde, allein dies ist bei den besonderen Religionsverhältnissen Siebenbürgens eine äußerst schwierige Aufgabe. Nicht viel geringer seien die Schwierigkeiten, welche in anderen Kronländern der Gesetzgebung in dieser Frage entgegenstehen. Selbst der Heilige Vater könne die Schwierigkeit dieser Aufgabe nicht verkennen, die Regierung müßte es daher unbedingt ablehnen, daß hieraus eine Vorbedingung für die Konkordatsverhandlung gemacht werde, sondern vielmehr verlangen, daß es ihr überlassen bleibe, in dieser Beziehung wahrzunehmen, wann und wie sie handeln könne. In diesem Sinne wäre daher seines Erachtens der Erledigung über diesen Punkt die entsprechende Andeutung beizufügen5.

Hiergegen wurde von den übrigen Konferenzmitgliedern nichts erinnert.

V. Glockengeläute katholischer Kirchen bei Beerdigung von Protestanten, Begleitung der Leichen von Protestanten durch den katholischen Seelsorger und Begräbnis von Katholiken und Protestanten auf einem gemeinsamen Friedhof [fehlt]

[fehlt].

VI. Die den Protestanten gestattete öffentliche Ausübung ihres Kultes und der ihnen gewährte Genuß der bürgerlichen Rechte

Beschwerdepunkt

Dieser enthält das Verlangen, daß in den Ländern, wo die katholische Religion ausschließlich besteht (in Galizien, im lombardisch-venezianischen Königreich || S. 323 PDF || und in Tirol), auch ausschließlich erhalten und den Akatholiken niemals die öffentliche Ausübung ihres Kultus noch der Genuß der bürgerlichen Rechte gestattet werden soll.

Der Minister des Inneren beruft sich hingegen auf die Bestimmungen des Ah. Patentes vom 31. Dezember 1851, wo es heißt: „Die Gleichheit aller Staatsangehörigen vor dem Gesetze wird bestätigt“ und „jede in den Kronländern gesetzlich anerkannte Kirche und Religionsgesellschaft soll in dem Rechte der gemeinsamen öffentlichen Religionsübung etc. erhalten werden“6; dann auf § 16 der Deutschen Bundesakte, welcher sagt: „Die Verschiedenheit der christlichen Religionsparteien kann in den Ländern und Gebieten des Deutschen Bundes keinen Unterschied im Genusse der politischen und bürgerlichen Rechte begründen7“, endlich bezüglich Galiziens auf den Warschauer Traktat, welcher der k. k. Regierung bezüglich der Akatholiken die gleichen Verpflichtungen wie die Bundesakte auferlegt8. Wohl haben in Tirol durch die Ah. Erlässe vom 2. April 1834 und 12. Jänner 1837 Ausnahmebeschränkungen stattgefunden, und es leben in diesem Lande faktisch nur hie und da zerstreut einzelne Protestanten9. Galizien ist kein ganz katholisches Land; es zählt 30.000 Protestanten, und auch griechischnichtunierte Glaubensgenossen sind dort vorhanden. Ebenso besteht in Venedig eine protestantische und eine nichtunierte griechische Gemeinde. Es erscheint unter dem Gesichtspunkt des Rechtes nicht zulässig, den in diesen Kronländern vorhandenen Akatholiken den patent- und traktatmäßigen Genuß der bürgerlichen und politischen Rechte und der freien öffentlichen Religionsausübung zu entziehen. Es wäre auch höchst unpolitisch, dies zu tun, denn es würde das Vertrauen in das kaiserliche Wort erschüttern und die Akatholiken auch in anderen Kronländern für ihre Rechte in Besorgnis und Unruhe versetzen. Es würde ferner der Idee der Reichseinheit widerstreben, indem es für die Kronländer eine abweichende Gesetzgebung in Glaubensangelegenheiten statuierte. Es wäre endlich auch für die politische Stellung Österreichs dem Auslande gegenüber verderblich, weil es dessen Einfluß auf den Katholizismus in Deutschland untergraben und dem Protestantismus eine Waffe wider Österreich in die Hand gäbe, die demselben bei einer gerechten und gleichen Behandlung der Konfessionen in Österreich entwunden ist. Das Patent vom 31. Dezember 1851 sichert nur den in den Kronländern gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften die öffentliche Ausübung des Gottesdienstes zu. Da nun in Tirol und im lombardisch-venezianischen || S. 324 PDF || Königreiche, wo auch niemals das Toleranzpatent10 zur Geltung kam, eine akatholische Religionsgesellschaft gesetzlich nicht anerkannt worden ist, so stände die Versagung des öffentlichen Gottesdienstes für die wenigen Akatholiken in diesen Kronländern mit Ausnahme der beiden anerkannten evangelischen Gemeinden in Venedig und Bergamo mit dem Patente vom 31. Dezember [1851] nicht im Widerspruche und würde zugleich nach dem Wunsche des Heiligen Stuhles der etwaigen künftigen Ausbreitung des Protestantismus, den doch auch die kaiserliche Regierung in diesen streng katholischen Landen nicht wünschen kann, einen wirksamen, auch der revolutionären Propaganda hinderlichen Damm entgegensetzen. Faktisch sind auch in Mailand Protestanten vorhanden. Sie üben ihren Kultus aber nicht öffentlich aus — warum sollte es nicht dabei bleiben können? Was die Berufung auf die Deutsche Bundesakte anbelangt, so hätte sie ohnehin nur auf Tirol Bezug. Aber auch diese enthält keine Verpflichtung, den öffentlichen Kultus einer anderen Religionsgesellschaft zu gestatten. Es ist vielmehr bekannt, daß in manchen protestantischen Ländern, z. B. Mecklenburg, den Katholiken nicht der öffentliche, sondern selbst der häusliche Gottesdienst versagt wird und in der Verhandlung des Bundestages über die dadurch veranlaßte Kettenburgsche Angelegenheit, in welcher die Majorität selbst in letzterer Beziehung den Rechtsschutz verweigert hat11, ist unzweifelhaft nachgewiesen, daß auf Grundlage des Bundesrechts keine Religionspartei ein weiteres ansprechen kann, wo sie nicht bereits im Besitze größerer Rechte ist. Indem daher der Kultusminister diesen seinen Antrag sowohl mit dem Patente als auch mit der Bundesakte für vereinbarlich hält, ist er zugleich mit Bezug auf die am Schlusse des Votums des Ministers des Inneren aufgeführten, zur Beantwortung des Postulats des Nuntius bestimmten vier Punkte des Erachtens, daß ad 3 besonders hervorgehoben werden sollte, wie die Existenz der Katholiken in protestantischen Ländern Deutschlands von der Anerkennung desjenigen abhängig sei, was geschichtliches Recht in Religionssachen in Deutschland || S. 325 PDF || geworden ist, wie deshalb einer der hervorragendsten Kirchenfürsten Deutschlands, der Bischof von Mainz, in der unlängst erschienenen Broschüre über das Recht und den Rechtsschutz der Katholiken in Deutschland12 die nach allen Seiten hin unparteiische Wahrung jenes geschichtlichen Rechts verlange und wie daher die Möglichkeit, daß Österreich sich der bedrückten Katholiken in Deutschland annehme, davon bedingt sei, daß es in seinen Ländern die Rechte der Protestanten achte; daß aber ad 4 von der Berufung auf den Zustand in Tirol gemäß der Ah. Entschließung von 1834 et 1837 Umgang genommen werden möge, weil dieselben sich nur auf die Zillertaler Apostaten bezogen, welche — soviel ihm bekannt ist — keiner der in Deutschland anerkannten evangelischen Konfessionen angehörten, sondern als Sektierer betrachtet werden konnten.

Mit diesen beiden Anträgen ad 3 und ad 4 erklärte sich der Minister des Inneren einverstanden. Dagegen konnte er sowenig wie die übrigen Stimmführer der Konferenz dem Antrag des Kultusministers auf Erlassung des Verbotes der öffentlichen Religionsübung der Akatholiken in den gedachten Kronländern beipflichten, weil sie die Auffassung der bezogenen Bestimmung des Ah. Patentes vom 31. Dezember 1851 nicht teilen, als ob hierdurch eine spezielle Anerkennung jeder einzelnen Religionsgesellschaft in jedem einzelnen Kronlande vorausgesetzt würde. Sie müssen vielmehr der gedachten Ah. Bestimmung den Sinn beilegen, daß überhaupt jeder Religion, welche im Staate gesetzlich anerkannt ist, wie die griechisch-nichtunierte Kirche, die beiden protestantischen Konfessionen etc., die freie öffentliche Ausübung ihres Kultus überall zugesichert werden wollte und daß, wie der vorsitzende Minister des Äußern bemerkte, aus dem zufälligen Umstande, wenn in dem einen oder andern Kronlande zur Zeit kein Bekennen eines solchen überhaupt im Reiche gesetzlich anerkannten Glaubens vorhanden wäre, doch niemals eine Ausschließung desselben aus diesem Kronlande und die Entziehung des im allgemeinen zugesicherten Rechts des öffentlichen Kultus für immerwährende Zeiten gefolgert werden könnte. Es könnte daraus selbst irrig gefolgert werden, daß in einem Kronlande, wo bereits der öffentliche Gottesdienst für Akatholiken bestände, ein Bezirk oder auch nur eine Stadt, wo zufällig keine Akatholiken wären, ebenfalls die Bestimmung in Anspruch nähme, daß für zukünftige Zeiten die Untersagung eines solchen öffentlichen Gottesdienstes ausgesprochen würde, was mit den für die Gesamtmonarchie geltenden gesetzlichen Normen nicht in Einklang stände. Dieser Auslegung des Ah. Patentes vom 31. Dezember 1851 glaubt der Kultusminister die Bemerkung entgegenhalten zu sollen, daß es bisher als keinem Zeifel unterliegend betrachtet würde und wohl auch fernerhin zu betrachten sei, daß die Unitarier nur in Siebenbürgen die Rechte einer gesetzlich anerkannten Religionsgenossenschaft ansprechen können. Wenn übrigens — setzte der Justizminister bei — in einem rein protestantischen Staate Deutschlands eine || S. 326 PDF || Ausschließung der Akatholiken stattgefunden hat, so dürfte dies auf eigener Stipulation oder Verhältnissen beruhen, aber daraus könnte nicht die Folgerung abgeleitet werden, daß die österreichische Regierung einen ähnlichen Vorgang gegen die Akatholiken in einem oder dem anderen Kronlande beobachten solle.

Die Mehrheit der Konferenz glaubte daher, in Berücksichtigung der von dem Minister des Inneren umständlich entwickelten Rücksichten unbedingt dessen Ansicht beitreten zu sollen.

Fortsetzung am 26. September 1854. Vorsitz, Gegenwärtige und Abwesender wie in der Ministerkonferenz vom 23. September 1854.

Ein weiterer in der heutigen Ministerkonferenz zur Vergutachtung gebrachter Punkt war die von dem Pronuntius Kardinal Viale-Prelà gegen den § 26 e des österreichischen Strafgesetzbuches vom 27. Mai 1852 vorgebrachte Beschwerde. Der § 26 dieses Gesetzbuches, welcher die Wirkungen aufzählt, welche kraft des Gesetzes mit jeder Verurteilung wegen eines Verbrechens verbunden sind, bestimmt als eine solche Wirkung bei den Geistlichen (sub lit. e) die Entsetzung von der Pfründe und die Unfähigkeit, ohne ausdrückliche Bewilligung des Kaisers je wieder eine solche zu erlangen13. Gegen diese Bestimmung des Gesetzes ist diese Beschwerde des Pronuntius Kardinal Viale-Prelà gerichtet, welcher meint, daß eine solche Verfügung nur der geistlichen Autorität vorbehalten werden müsse und daher jener Punkt in unserem Gesetzbuche zu beseitigen wäre.

Der referierende Minister Freiherr v. Bach bemerkt, daß zu dieser Beschwerde des Kardinals Viale wohl nur die Zweideutigkeit des Wortes „Entsetzung“, welches jedoch hier nur soviel als Entfernung von der Pfründe, von den Temporalibus14, bedeutet, Veranlassung gegeben haben dürfte. Durch die erwähnte Bestimmung des Gesetzes sei keineswegs die Entsetzung von der geistlichen Würde im kirchlichen Sinne gemeint, welche letztere nur von der geistlichen Autorität infolge eines kanonischen Prozesses verfügt werden kann, sondern nur eine Entfernung von der Pfründe. Die Regierung kann es nämlich nicht dulden, daß ein Geistlicher, der ein Verbrechen begangen hat, länger die geistliche Pfründe verwalte; sie hat sich aber dadurch nicht angemaßt, ihn kanonisch ab officio zu entsetzen und dadurch in die kirchliche Sphäre einzugreifen. Wenn diese Aufklärung, meint der Minister des Inneren, gegeben wird, dürfte sich der Römische Stuhl beruhigen und kein weiterer Anstand gegen die oberwähnte Gesetzesbestimmung mehr erhoben werden. Der Justizminister erklärte sich mit der Ansicht des Ministers des Inneren vollkommen einverstanden. Ein Pfarrer, als mit einem öffentlichen Amt bekleidet, habe nicht kirchliche Funktionen allein, sondern auch bürgerliche zu verrichten. Wenn ein solcher || S. 327 PDF || Mann ein Verbrechen begangen hat, so kann die Regierung demselben die Führung der Tauf- und Trauungsbücher, die Ausstellung öffentlicher Urkunden etc. nicht länger anvertrauen und Einfluß auf den Volksunterricht nehmen lassen. Im Jahre 1836 sei ausdrücklich angeordnet worden, daß die Pfarrer so zu behandeln sind wie die Beamten. Dieses mußte in das Strafgesetzbuch aufgenommen werden, und bei der Redaktion desselben im Jahre 1850 sei gegen die Aufnahme der oberwähnten Bestimmung in dem Ministerrat keine Einsprache erhoben worden15. Dem Staate müsse das Recht gewahrt werden festzusetzen, unter welchen Bedingungen ein öffentlicher Beamter, somit auch ein Geistlicher, als solcher sein Amt bekleiden könne. Der § 26 e sei auch wegen der nichtkatholischen Konfessionen gegeben worden, und die darin enthaltene Bestimmung könne daher nicht aus dem Gesetze weggelassen werden. Daß übrigens durch diese Bestimmung nicht in die geistliche Sphäre eingegriffen werden wollte und daß durch den Ausdruck „Entsetzung“ nicht die Entsetzung von der geistlichen Würde gemeint sei, gehe aus mehreren gesetzlichen Anordnungen deutlich hervor.

Schon in dem alten Strafgesetzbuche vom Jahre 1803 (1. Teil, § 44616) sei die Bestimmung enthalten gewesen, daß, wenn ein Mitglied des geistlichen Standes der christlichen Religion ein Verbrechen begangen hat, das Urteil dem Obergericht samt den Akten zuzusenden sei, welches die Anzeige von dem Verbrechen und dem erfolgten Urteile dem Bischof oder geistlichen Oberhaupt in der Provinz zu machen hatte, damit über Entsetzung des Verurteilten von der Würde die angemessen Verfügung getroffen werden könne. Wenn das Obergericht die Nachricht von der erfolgten Verfügung binnen 30 Tagen von der Zeit der gemachten Anzeige [an] nicht erhalten hat, so war das Urteil kundzumachen und zu vollziehen. Eine dieser Anordnung ganz homogene Bestimmung sei auch in die mit dem Ah. Patente vom 29. Juli 1853 kundgemachte Strafprozeßordnung zu dem neuen Strafgesetzbuche § 320 aufgenommen worden, welcher lautet: „Jedes wider ein Mitglied des geistlichen Standes wegen eines Verbrechens oder Vergehens ergangene rechtskräftige Strafurteil ist vorläufig von dem Strafgerichte dem Bischof oder geistlichen Oberhaupte, dessen Sprengel der Verurteilte angehört, bekanntzugeben, damit noch vor der Vollziehung des Strafurteils über die Entsetzung von der geistlichen Würde verfügt werden könne. Erfolgt diese Verfügung nicht binnen 30 Tagen, so ist das Strafurteil ohne weiteres in Vollzug zu setzen17.“ Ferner enthalte die infolge Ah. Anordnung erlassene Verordnung des Ministers des Kultus und Unterrichtes vom 15. Juli 1850 die Bestimmung, daß, wenn ein katholischer Geistlicher seine Stellung und die ihm in derselben für kirchliche Zwecke zustehenden Befugnisse zu anderen Zwecken in der Art mißbraucht, daß seine Entfernung vom Amte notwendig erkannt wird, haben || S. 328 PDF || die Behörden sich deshalb vorerst mit seinen kirchlichen Vorgesetzten ins Einvernehmen zu setzen18. Da nun Se. Majestät die Beurteilung, ob die Entfernung eines Geistlichen von seinem Amte notwendig sei, den Behörden ausdrücklich vorbehalten hat, so ist der § 26 ad e des Strafgesetzes nur als eine natürliche Folge dieses unbestreitbaren und ausdrücklich vorbehaltenen Rechtes der weltlichen Autorität zu betrachten; und der Ah. Anordnung, daß die Behörden in diesem Falle sich vorerst mit dem kirchlichen Vorgesetzten in das Einvernehmen zu setzen haben, ist durch die oben erwähnte Vorschrift des § 320 der Strafprozeßordnung vollkommen entsprochen und hierdurch den kirchlichen Vorgesetzten die Gelegenheit geboten, die Entsetzung des wegen eines Verbrechens verurteilten Geistlichen von seinem Amte selbst auszusprechen. Eine diesfalls zu gebende Aufklärung dürfte demnach, ohne an dem Gesetze etwas [zu] ändern, vollkommen genügen, um dem Römischen Stuhl bezüglich des in der Rede stehenden Punktes zufriedenzustellen. Der Minister des Kultus und des öffentlichen Unterrichtes Graf v . Thun fand zwar in merito gegen die Bestimmung des § 26 e des neuen Strafgesetzbuches nichts zu erinnern, weil ein Geistlicher, der sich so weit vergißt, ein Verbrechen zu begehen und dessen schuldig erkannt wird, nicht wohl länger zur Ausübung seines Amtes zugelassen werden könne, glaubte aber in formali bemerken zu sollen, daß wir diesfalls im Unrechte sind, weil der im Gesetze erscheinende Ausdruck „Entsetzen“ nicht passend und den wahren hier gemeinten Sinn nicht bestimmt gebend erscheint. Nach seiner Ansicht wäre es allerdings wünschenswert, wenn der im Gesetze vorkommende Ausdruck „Entsetzen“ mit „Entfernung“ vertauscht würde, wodurch sich jeder Anstand beheben und der kirchlich inkorrekte Ausdruck aus dem Strafgesetzbuche verschwinden würde. Dagegen erinnerte der Justizminister , daß es bei der nicht vorhandenen Notwendigkeit eine mißliche Sache wäre, an dem Texte des erst unlängst erschienenen Strafgesetzes schon jetzt etwas zu ändern, zumal durch die obenerwähnte zu gebende Aufklärung die Sache zur Zufriedenheit abgetan werden kann19.

VII. § 26 des Strafgesetzes wegen Entsetzung eines wegen Verbrechens verurteilten Geistlichen von der Pfründe und der Unfähigkeit, eine solche ohne Bewilligung des Kaisers wiederzuerlangen
[Ah. E.: Zur Kenntnis. 19. 10. 1854 a ].