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Nr. 235 Ministerkonferenz, Wien, 27. Juni und 4. Juli 1854 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • Sammelprotokoll; RS.; P. Wacek; VS. Buol-Schauenstein; BdE. (Buol 6. 7.), Bach 8. 7., K. Krauß, Baumgartner.

MRZ. – KZ. 2860 –

Protokoll der am 27. Juni und 4. Juli 1854 in Wien abgehaltenen Ministerkonferenzen unter dem Vorsitze des Ministers der auswärtigen Angelegenheiten und des kaiserlichen Hauses Grafen v. Buol-Schauenstein. [27. Juni 1854][anw. Buol, Bach, K. Krauß, Baumgartner; abw. Thun]

I. Verordnung über die in den österreichischen Häfen zu entrichtenden Seesanitäts- und Seekontumazgebühren

Der Gegenstand dieses Protokolls ist der von dem Finanz- und Handelsminister vorgetragene, hier angeschlossene Entwurf der Vorschrift über die Seesanitäts- und die Seekontumazgebühren, welche in den Häfen der österreichischen Seeküste für Rechnung des Staatsschatzes zu entrichten sind1. Über diese Vorschrift ergaben sich nur folgende Bemerkungen:

In dem Einleitungsabsatze, erste und zweite Zeile, sind die Worte: „in den Staatsschatz einfließenden“ wegzulassen, weil nicht alle Seesanitäts- und Seekontumazgebühren in die Staatskasse fließen, sondern vieles an bestimmte Personen entrichtet werden muß.

Aus demselben Grunde ist auch § 3, fünfte Zeile, das Bestimmungswort „Ärarial“ aus dem zusammengesetzten Worte „Ärarialseesanitätsgebühr“ wegzulassen.

Bezüglich der im § 4 unter a, b, c und d vorkommenden Zahlen bemerkte der referierende Minister, daß diese Ziffern alle von der zur Entwerfung der in der Rede stehenden Vorschrift zusammengesetzten Kommission angetragen worden seien, welche Kommission aus praktischen, bei der Entrichtung der Gebühren beteiligten Personen, wie Reedern, Schiffsinhabern usw., bestanden habe. Gegen die Bemessung dieser Gebühren ergab sich keine Erinnerung.

In Ansehung der im § 13 enthaltenen Bestimmung: „Die Berechnung des Wertes der Waren geschieht auf Grundlage der in den Ladungsdokumenten angegebenen Quantitäten und nach den Preistarifen, welche den betreffenden Ämtern monatlich werden mitgeteilt werden“ sprach sich die Konferenz auch mit Zustimmung des referierenden Ministers dafür aus, statt „monatlich“ „in geeigneten Zeitabschnitten“ zu setzen, um die monatlich wiederholte Bekanntmachung der Preistarife und damit viele nicht eben notwendige Schreibereien zu beseitigen und die Manipulation tunlichst zu vereinfachen. Die Bekanntmachung der Preistarife „in geeigneten Zeitabschnitten“, sooft sich nämlich eine vorzunehmende Änderung dabei als notwendig ergibt, könne füglich der Administration überlassen werden. § 16, achte Zeile von unten, ist aus dem Satze: „Es ist dem ganzen Dienstpersonale usw. untersagt“ das hier vorkommende pleonastische Wort „ganzen“ wegzulassen.

|| S. 290 PDF || Bei dem hierauf zur Sprache gekommenen Tarife über die Seekontumazgebühren fand die Konferenz die im § 1 angetragene Gebühr für die Räucherung der Schiffspapiere, anderer Dokumente, offener Briefe usw. für jeden ganzen Briefbogen mit vier Kreuzern zu hoch angesetzt. Bis jetzt wurden, ohne Unterschied, ob ein ganzer oder nur ein halber Bogen geräuchert wurde, drei Kreuzer entrichtet. Da die Gebühr von vier Kreuzern für einen Brief jedenfalls zu hoch erscheint und bei der Nichtbestimmung des Papierformats ein halber Bogen des größten Formats mehr enthalten kann als ein ganzer Bogen des kleinsten Formats, in eine Bestimmung des Formats einzugehen aber zu kleinlich erscheine, so einigte sich die Konferenz in der Ansicht, daß in dem § 1 für die Räucherung der Schiffspapiere usw. ohne Unterschied, ob ein ganzer oder nur ein halber Bogen geräuchert wird, pro Stück die Gebühr mit zwei Kreuzern anzusetzen wäre.

Zu § 11. Um der allenfälligen Unzukömmlichkeit zu begegnen, daß bei dem Wortlaute dieses Paragraphes für die durch zwei Inspektionswächter zu besorgende Sopravisite vor der Zulassung zur Pratica von jeder ausgeschifften Person die Gebühr von 1 fr. abgefordert werden könnte, wurde beschlossen, eine deutlichere Textierung dieses Paragraphes in der Art eintreten zu lassen, daß von Schiffen, dem Inbegriff aller auf dem Schiffe befindlicher Waren und von allen ausgeschifften Personen zusammen, nur die Gebühr von 1 fr. zu fordern und zu entrichten sei. Die im § 12 für die vollständige Reinigung einer Wohnung, in welcher Kontumazierte untergebracht waren, mit 1 fr. 30 Kreuzer angesetzte Gebühr sowie die anderen in diesem Paragraphe vorkommenden Gebühren fand der Minister des Inneren aus dem Grunde zu beanständen, weil diese Gebühren nach seiner Ansicht nicht mit Recht von den Parteien, welche andere Lasten der Kontumaz getragen haben, gefordert werden können. Die vollständige Reinigung einer Wohnung, eines Magazins usw. nach deren Verlassung von den Kontumazierten obliege der Sanitäts- beziehungsweise der Kontumazanstalt, welche dafür da sei, um die Ubikationen für die nachkommenden Kontumazierten, Waren usw. zum Gebrauche geeignet herzustellen, weil ferner die Wohungen bei deren Räumung nicht von den ausziehenden Parteien gereinigt werden, die Forderung einer Gebühr von der ausziehenden Partei für die Reinigung der Wohnung usw. zugunsten der nachziehenden Partei daher weder als gerecht noch als billig erkannt werden könnte.

Die weitere Besprechung hierüber wurde bei der vorgerückten Stunde für die nächste Sitzung vorbehalten.

Fortsetzung am 4. Juli 1854. Vorsitz und Gegenwärtige wie bei der Sitzung am 27. Juni 1854.

Der Finanz- und Handelsminister Ritter v. Baumgartner fand heute vor allem zu bemerken, daß er den in der vorigen Sitzung zu besprechen begonnenen Tarif über die Seekontumazgebühren noch einmal Post für Post mit Individuen, welche reife Erfahrungen in diesem Bereiche haben, nämlich dem Seesanitätsreferenten || S. 291 PDF || Gobbi, dem gewesenen Referenten bei dem Seegubernium aMinisterialrat Blumfelda und dem Sektionschef Baron Czoernig2, welch letzterer bei den diesfälligen Beratungen in Triest zugegen war, durchgegangen habe, welche alle gegen die Ansätze des Tarifs um so weniger etwas zu erinnern fanden, als diese Ansätze von dem kompetentesten Manne in dem Seesanitätswesen und in den Seekontumazgebühren, dem Leiter dieses Zweiges durch mehr als 18 Jahre in Triest, herrühren und auch alle vernommenen Leute, welche bei der Entrichtung der Gebühren interessiert und selbst Zahler sind, wie Reeder und Schiffseigentümer, gegen die Ansätze des Tarifs keine Einwendungen machten, ja sich damit vollkommen einverstanden erklärten. Die hin und wieder in dem neuen Tarife gegen früher eingetretene Erhöhung der Ansätze lasse sich leicht dadurch erklären, daß die früheren Taxen bereits unter der Kaiserin Maria Theresia entstanden und den gegenwärtigen Verhältnissen nicht mehr angemessen sind. Eine den bestehenden Preisverhältnissen angemessene Erhöhung der Ansätze daher sowohl im Rechte als in der Billigkeit gegründet erscheint. So kann z. B. ein unter Maria Theresia mit 1 f. 8 Kreuzer angesetzter Arbeitstag des Sanitätspersonals heute mit 1 f. 30 Kreuzer nicht als überspannt angesetzt erscheinen.

Ein anderer Grund für die stattgehabte Erhöhung einzelner Posten in dem Tarife sei der, daß in den fremden Häfen die entsprechenden Gebühren bei weitem höher, meistens doppelt so hoch sind als bei uns, es daher nur billig erscheint, daß, während unsere Schiffer in fremden Häfen viel mehr zu zahlen haben, die fremden Schiffer etwas mehr bei uns entrichten.

Bezüglich des zu § 1 des Tarifs in der vorigen Sitzung gefaßten Beschlusses, daß, statt in eine Unterscheidung der zu räuchernden Briefe von einem Bogen oder halben Bogen einzugehen, die Gebühr nur pro Stück anzusetzen wäre, erlaubten sich die oben erwähnten Ministerialbeamten zu bemerken, daß bei den Seesanitäts-individuen ein eigener Begriff darüber bestehe, was sie einen ganzen und was einen halben Briefbogen nennen, daß ihnen die bisher bestandene Manipulation bund Terminologieb geläufig ist und daß die beabsichtigte Neuerung statt Vereinfachung und Erleichterung vielleicht nur Beirrungen hervorbringen würde. Dieselben erachteten demnach, daß es bei den ursprünglichen Ansätzen von vier und zwei Kreuzern von je einem ganzen und einem halben Briefbogen zu verbleiben hätte.

Die Ministerkonferenz nahm bei dieser Aufklärung keinen Anstand, von ihrem oberwähnten Beschlusse abzugehen, so wie auch der Minister des Inneren bei der zu § 12 gegebenen Aufklärung, daß die von einem Kontumazierten für die vollständige Reinigung der verlassenen Wohnung usw. zu entrichtende Gebühr nur einmal beim Abgehen, nie aber beim Ankommen oder Beziehen der Wohnung zu zahlen ist und sowohl diese wie alle anderen in dem Tarife enthaltenen Gebühren von der Kommission als billig erkannt worden sind, nicht weiter auf seiner zu diesem Paragraphe geäußerten Ansicht beharrte.

|| S. 292 PDF || In der Anmerkung bei § 12, zweite Zeile von unten, ist statt „diesen“ „dem Inspektionsguardian“ zu setzen und im § 19, dritte Zeile, nach dem Worte „Partei“ hinzuzufügen: „welche die ärztliche Behandlung verlangt hat“.

Im übrigen ergab sich gegen den in textueller Beziehung von dem Finanz- und Handelsminister verbesserten und diesem Protokolle in zweiter Beilage angeschlossenen Tarif über die Seekontumazgebühren keine Erinnerung3.

A[h]. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Schönbrunn, den 31. Oktober 1854.