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Nr. 222 Ministerkonferenz, Wien, 20. Mai 1854 — Protokoll I - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Wacek; VS. Buol-Schauenstein; BdE. und anw. (Buol 21. 5.), Bach 27. 5., Thun, K. Krauß, Baumgartner.

MRZ. – KZ. 2173 –

Protokoll der am 20. Mai 1854 in Wien abgehaltenen Ministerkonferenz unter dem Vorsitze des Ministers der auswärtigen Angelegenheiten und des kaiserlichen Hauses Grafen v. Buol-Schauenstein.

I. Auszeichnung für den technischen Rat Wilhelm Engerth

Der Finanz- und Handelsminister Ritter v. Baumgartner referierte aus Anlaß der ihm zugekommenen Anzeige von der Vollendung des großartigen und schwierigen Baues der Staatseisenbahn über den Semmering1 , daß es bei den schon seit längerer Zeit getroffenen Vorbereitungen für den Betrieb auf dieser Eisenbahnstrecke den rastlosen, durch ausgezeichnete technische Bildung und reife Erfahrungen getragenen Bemühungen des technischen Rates bei dem Handelsministerium Wilhelm Engerth gelungen ist, wesentliche Verbesserungen an den Lokomotiven zu erzielen und eine Lokomotive zu konstruieren, welche sich durch Einfachheit und Zweckmäßigkeit vor allen anderen derlei Maschinen vorteilhaft auszeichnet2. Für die von Engerth konstruierte Lokomotive sei sich auch bei der vorgenommenen endgültigen Prüfung der verschiedenen Projekte entschieden worden, worauf die Bestellung mehrerer derlei Maschinen beschlossen und selbst die Umgestaltung der akquierierten Preislokomotive nach diesem Systeme so weit als tunlich angeordnet wurde. Engerth hatte, um sich die Priorität seiner Erfindung zu wahren, ein Privilegium darauf genommen, dasselbe jedoch aus eigenem Antriebe und unentgeltlich der Staatsverwaltung für ihre Bahnen überlassen.

Zur Anerkennung dieser und der von Engerth durch seine Mitwirkung bei den Verhandlungen und Vorarbeiten für den Semmeringbahnbetrieb erworbenen Verdienste trägt der Finanz- und Handelsminister an, demselben aus Anlaß der bevorstehenden Eröffnung des Betriebes über den Semmering die Verleihung des Ritterkreuzes des Franz-Josephs-Ordens von der Ah. Gnade Sr. Majestät zu || S. 239 PDF || erbitten, mit welchem Antrage sich die Ministerkonferenz vollkommen einverstanden erklärte3.

II. Auszeichnung für einige Techniker aus Anlaß der Vollendung des Semmeringeisenbahnbaus

Der Finanz- und Handelsminister bringt weiter aus demselben Anlasse für mehrere technische Individuen, welche sich bei dem viele Schwierigkeiten darbietenden und nun vollendet dastehenden Bau der Eisenbahn über den Semmering vorzüglich ausgezeichnet haben, folgende Ah. Auszeichnung in Antrag: a) für den Inspektor Philipp Bolze, welcher seit Beginn des Jahres 1849 die Inspizierung des Baues und die Besorgung der von der Zentralleitung ausgehenden wichtigsten technischen Anordnungen unter seinen Obliegenheiten hatte und der ihm gesetzten Aufgabe vollkommen entsprach, das Ritterkreuz des Franz-Joseph-Ordens; b) für den Inspektor Moritz Löhr, dann die Oberingenieure Casimir Pilarski und Johann Salzmann das goldene Verdienstkreuz mit der Krone; c) für den Ingenieur erster Klasse Erwin Lihotzki und den Ingenieursassistenten erster Klasse Franz Hüttl das goldene Verdienstkreuz.

Ferner beabsichtigt der referierende Minister, um die Ah. Bewilligung zu bitten, dem Ministerialrate Ghega, welchem übrigens für seine Verdienste bei diesem wichtigen Eisenbahnbau bereits der Orden der Eisernen Krone dritter Klasse und das Ritterkreuz des Leopoldordens zuteil geworden ist, bei Gelegenheit der bevorstehenden Eröffnung des Betriebes auf der Semmeringeisenbahn die Ah. Zufriedenheit ausdrücken zu dürfen. Auch mit diesen Anträgen erklärte sich die Ministerkonferenz einverstanden4.

III. Auszeichnung für den Buchhändler Heinrich Wilhelm Hahn in Hannover

Der Besitzer der Hahnschen Buchhandlungen in Hannover und Leipzig Heinrich Wilhem Hahn hat für die k. k. höheren Unterrichtsanstalten 120 Exemplare mehrerer schätzbarer Werke eingeschickt, deren Geldwert nach dem Ladenpreise ungefähr 4740 fr. beträgt.

Der Kultus- und Unterrichtsminister ließ diese Werke an die k. k. Universitäten und höhere Unterrichtsanstalten verteilen. Nach den im Wege des k. k. Ministeriums des Äußern eingelangten Auskünften des kaiserlichen Gesandten in Hannover über Heinrich Wilhelm Hahn ist derselbe Hofbuchhändler daselbst, seine Vermögensverhältnisse sind sehr günstig, seine politische Denkungsweise ist vollkommen korrekt, und er genießt allgemeine Achtung. Er befindet sich im Besitze des Guelfen-Ordens IV. Klasse und des preußischen Roten-Adler-Ordens III. Klasse. Der Minister des Kultus und Unterrichtes beabsichtigt, der diesfälligen Andeutung des k. k. Ministeriums des Äußern folgend, für Heinrich Wilhelm Hahn auf die Ag. Verleihung des goldenen Verdienstkreuzes mit der Krone au. anzutragen, gegen welchen Antrag die Ministerkonferenz nichts zu erinnern fand5.

IV. Besoldung für den bisherigen Uditore di Rota Romana für Österreich Conte Pietro Silvestri

Der Priester Conte Silvestri aus dem Venezianischen, welcher mit Ah. Entschließung vom 20. Oktober 1835 zum Uditore di Rota Romana für Österreich ernannt wurde, ist nun Dekan dieser Rota. Der Träger dieses Amtes hat Anspruch, zur Kardinalswürde befördert zu werden. Diese Beförderung ist jedoch davon abhängig, daß die kaiserliche Regierung die Sorge für den Unterhalt des neuen Kardinals übernehme, was entweder durch die Verleihung eines Gehaltes von 4000 f. oder eines Bistums von wenigstens diesem Einkommen geschehen könnte. Nach einer solchen Sicherstellung würde, wie das k. k. Ministerium des Äußern bemerkt, es wohl keinem Anstande unterliegen, daß der päpstliche Hof den Silvestri zur Kardinalswürde erhebe. Der priesterliche Lebenswandel des Silvestri ist ohne Ausstellung und seine Anhänglichkeit an die österreichische Regierung erprobt. Dem schwierigen Amte eines Kirchenoberen soll jedoch derselbe nicht gewachsen sein. Der Minister des Kultus und Unterrichtes Graf v. Thun erlaubt sich, au. anzutragen, Se. Majestät wollen Ag. anzuordnen geruhen, daß dem Conte Silvestri die Versicherung ausgesprochen werde, daß ihm, auch nach seinem Austritte aus den Funktionen eines Uditore di Rota, das Gehalt von 4000 f. aus dem österreichischen Ärar so lange werde belassen werden, bis ihm ein Benefizium von wenigstens gleichem Ertrage verliehen werden kann.

Gegen diesen Antrag hat die Konferenz nichts zu erinnern gefunden6.

V. Abschluß der Wirksamkeit der Kriegsgerichte in Wien und Prag über Zivilpersonen (= Sonderprotokoll Nr. 223)

Der Minister des Inneren brachte den Abschluß der Wirksamkeit der Kriegsgerichte in Wien und Prag über Zivilpersonen und die Einstellung der öffentlichen Kundmachungen der kriegsrechtlichen Urteile über Zivilpersonen überhaupt in jenen Orten, wo die Kriegsgerichte nach Aufhebung des Belagerungszustandes noch fortbestehen, zum Vortrage, worüber ein eigenes Protokoll aufgenommen worden ist7.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Wien, den 15. Juni 1854.