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Nr. 214 Ministerkonferenz, Wien, 11. April 1854 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Wacek; VS. Buol-Schauenstein; BdE. und anw. (Buol 12. 4.), Thun, K. Krauß Baumgartner; abw. Bach.

MRZ. – KZ. 1242 –

Protokoll der am 11. April 1854 in Wien abgehaltenen Ministerkonferenz unter dem Vorsitze des Ministers der auswärtigen Angelegenheiten und des kaiserlichen Hauses Grafen v. Buol-Schauenstein.

I. Taxen für die Ausfertigung der päpstlichen Bullen bezüglich der Errichtung der griechisch-katholischen Metropolie in Fogaras

Dem an Se. Majestät gerichteten au. Antrage des Ministers des Kultus und des öffentlichen Unterrichtes Grafen v. Thun vom 31. März 1854, MCZ. 1097, KZ. 1319, daß dem Ministerium des Äußern die von demselben vorschußweise berichtigten Ausfertigungstaxen im Betrage von 3200 Scudi für die von der römischen Kurie bezüglich der Ah. genehmigten Errichtung der griechischkatholischen Metropolie zu Fogaras in Siebenbürgen und der davon abhängigen Bistümer zu Szamos-Újvár und Lugos ausgefertigten päpstlichen Bullen aus dem Kameralärar ersetzt werden, haben der Finanzminister und die Ministerkonferenz beigestimmt, weil die Taxen für die Ausfertigung päpstlicher Bullen bei Errichtung inländischer Bistümer bisher immer von dem Ärar getragen worden sind.

II. Errichtung einer neuen deutschen Unterrealschule in Prag

Der Minister des Kultus und des öffentlichen Unterrichtes Graf v . Thun hat bereits um die Mitte des Jahres 1853 den au. Antrag gestellt: 1. daß in Prag eine neue deutsche Unterrealschule mit drei Jahrgängen auf Staatskosten errichtet und diese Schule mit den drei Jahrgängen der dort bestehenden deutschen Oberrealschule zu einer vollständigen sechsklassigen Realschule verbunden werde; 2. daß diese Oberrealschule der alleinigen Leitung und Obsorge der Regierung zu unterstehen hätte, sohin die Stände Böhmens jeder Einflußnahme darauf und auch jeder Beitragsleistung für diese Realschule zu entheben wären; 3. daß Se. Majestät zum Behufe der ordentlichen Unterbringung der mehrerwähnten Oberrealschule den Ankauf eines Hauses, des gräflich Pachtaschen samt Garten, zu bewilligen und den Minister Grafen Thun zur Einleitung und zum Abschlusse der diesfälligen Verhandlungen Ag. zu ermächtigen geruhen wollen. Der Eigentümer des genannten Hauses will das Haus samt Garten dem Ärar um 70.000 fr. käuflich überlassen, von welchem Betrage 20.000 fr. sogleich und der nach Abzug des auf dem Hause zugunsten der Böhmischen Sparkasse versicherten Kapitals von 10.000 fr., welches gleichfalls zur Zahlung zu übernehmen wäre, noch verbleibende Rest von 40.000 fr. in einjährigen Terminen || S. 218 PDF || zu 10.000 fr. und mit 5% Verzinsung zu bezahlen wären1. Der Finanzminister erklärte sich mit diesen Anträgen einverstanden.

Se. Majestät haben hierüber noch weitere kommissionelle Erhebungen vorzüglich in der Richtung Ah. anzuordnen geruht, ob und aus welchen Gründen die Verbindung der deutschen Oberrealschule zu Prag mit einer daselbst schon bestehenden Unterrealschule nicht ausführbar sein soll, ob ein wirkliches Bedürfnis zu einer weiteren Vermehrung der Unterrealschulen in Prag vorhanden sei und ob die Stadtkommune nicht zu einem Beitrage für diese Schule verhalten werden könne usw. Das Resultat der diesfalls von dem Statthalter in Böhmen2 eingeleiteten, von dem referierenden Minister Grafen v . Thun mit seinem au. Vortrage vom 29. März 1854 3 vorgelegten Erhebungen ist, daß die Verbindung der drei bestehenden Jahrgänge der deutschen Oberrealschule in Prag mit einer daselbst bestehenden Unterrealschule durchaus untunlich sei und daß eine Vermehrung der Unterrealschulen daselbst sich als ein unabweisliches Bedürfnis darstelle; daß das gräflich Pachtasche Haus in der Neustadt Prags eine entschieden günstige Lage für eine Realschule habe und daß die Stadtkommune sich selbst zu einem teilweisen Betrage nicht herbeilassen könne wegen der großen Opfer, welche sie zur Förderung des Schulwesens in Prag bereits gebracht hat, und wegen der mißlichen finanziellen Lage der Kommune. Auch die Stände Böhmens werden durch die unabweisbar notwendige Reorganisierung des von ihnen erhaltenen Technischen Institutes in Prag, wodurch ihnen eine Mehrauslage zugeht, außerstande gesetzt, zu der in der Rede stehenden Realschule die früher für die Realschule übernommene Tangente fernerhin zu tragen.

Der Minister Graf Thun kommt, indem er diese Erhebungen Sr. Majestät au. vorlegt, auf seinen obigen Antrag vom Jahre 1853 zurück mit dem Bemerken, daß durch den Ankauf des erwähnten Hauses das laufende Präliminare für das Unterrichtswesen nicht überschritten worden wird, indem er mit Rücksicht auf die Zustimmung des Finanzministers zu seinen vorjährigen Anträgen sich die Verfügung über den Betrag von 20.000 fr. aus den disponiblen Geldern des vorjährigen Budgets vorbehalten hat und die sonstigen aus Anlaß dieses Ankaufs zu übernehmenden Verbindlichkeiten aus den kurrenten Mitteln des Schulfonds bestritten werden können. Wenn Se. Majestät den Ankauf des Hauses Ah. zu genehmigen geruhen, würde Graf Thun die notwendigen bauämtlichen Erhebungen über die Modalitäten pflegen lassen, unter denen dasselbe mit dem geringsten Kostenaufwande zu seinem beabsichtigten Zwecke adaptiert werden kann. Der Finanzminister erklärte sich bei der anerkannten Notwendigkeit der Errichtung der in der Rede stehenden vollständigen Realschule in Prag mit || S. 219 PDF || den Anträgen des Ministers Grafen Thun so wie im verflossenen Jahre auch gegenwärtig mit dem Beisatze einverstanden, daß sich bezüglich der Adaptierung des anzukaufenden Hauses zu seinem Zwecke auf das Notwendigste beschränkt und hierbei die größte, durch die gegenwärtigen finanziellen Verhältnisse streng gebotene Sparsamkeit eingehalten, ader beabsichtigte Zubau aber jedenfalls hintangehaltena werde4.

III. Unterricht im deutschen Stil für Italiener an der Innsbrucker Universität

Der Minister Graf Thun brachte weiter eine Meinungsverschiedenheit zwischen seinem und dem Finanzministerium über den Fortbestand des Unterrichtes im deutschen Stil für Italiener an der Innsbrucker Universität und Ernennung des Titularprofessors Dr. Nowotny zum Lehrer desselben und der Anfangsgründe der italienischen Sprache zum Vortrage.

Mit Ah. Entschließung vom 17. Juli 1841 wurde Dr. Nowotny als Lehrer der italienischen Sprache an der Innsbrucker Universität mit einem Gehalte von 500 fr. ernannt, und es wurde ihm für den gleichzeitig erteilten öffentlichen Unterricht in der deutschen Sprache durch drei Stunden wöchentlich eine Remuneration von 200 fr. zugesichert5. Im Jahre 1850 hat Dr. Nowotny den Titel eines Professors erhalten. Nachdem Se. Majestät, um den Unterricht der italienischen Sprache und Literatur an der Innsbrucker Universität zu heben, mit Ah. Entschließung vom 31. Mai 1853 einen Italiener von ausgezeichneter Bildung und Befähigung als ordentlichen Professor für dieses Fach zu ernennen geruht haben6, kam die Frage zur Erörterung, was mit dem Titularprofessor Dr. Nowotny zu geschehen habe. Der Minister Graf Thun meinte, daß Se. Majestät zu bitten wären, dem Dr. Nowotny für den in der größeren Ausdehnung und durch fünf Stunden wöchentlich zu erteilenden Unterricht in der deutschen Sprache und im deutschen Stil den bisherigen Gehalt von 500 fr., den er als Lehrer der italienischen Sprache genossen, fortzubelassen. Derselbe hätte weiter die Anfangsgründe der italienischen Sprache zu lehren, wofür ihm die bisher für den Unterricht im deutschen Stil genossene Remuneration von 200 fr. zu bewilligen wäre. Das Finanzministerium erklärte sich damit nicht einverstanden, indem durch die Anstellung eines eigenen Professors der italienischen Sprache und Literatur zu Innsbruck der Fortbestand der Lehrkanzel des Dr. Nowotny überflüssig erscheine und seine fernere Verwendung in der angetragenen Art eine unnötige Belastung des Ärars wäre. || S. 220 PDF || Der referierende Minister Graf v. Thun hält den Fortbestand des Unterrichtes in der deutschen Sprache für Italiener, welcher bei der Enthebung des Professors Nowotny unterbleiben würde, selbst in politischer Beziehung für wünschenswert. Nowotny sei zur Erteilung dieses Unterrichtes sowie auch zu seinem in den Anfangsgründen der italienischen Sprache, mit welcher sich der in der italienischen Sprache vortragende Professor der italienischen Sprache und Literatur an der Universität nicht befassen könne, vollkommen geeignet. Seine zwölfjährige Verwendung und sein in der Pflichterfüllung an den Tag gelegter Eifer verdienen Berücksichtigung, und die Belastung des Staatsschatzes erscheine mit Rücksicht auf den dem Dr. Nowotny sonst zu bewilligenden Quieszentengehalt von nur untergeordneter Bedeutung.

Da der Finanzminister nach dieser Darstellung gegen die Anträge des Ministers Grafen Thun nichts weiter zu erinnern fand, so erscheint die oberwähnte Meinungsdifferenz als behoben7.

IV. Notariatsordnung (= Sammelprotokoll Nr. 217)

Fortsetzung der Beratung über den Entwurf der Notariatsordnung im besonderen Protokolle8.

A[h]. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Wien, 20. April 1854.