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Nr. 190 Ministerkonferenz, Wien, 10. Jänner 1854 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Wacek; VS. Buol-Schauenstein; BdE. und anw. (Buol 14. 1.), Bach 14. 1., Thun, K. Krauß, Baumgartner.

MRZ. – KZ. 30 –

Protokoll der am 10. Jänner 1854 in Wien abgehaltenen Ministerkonferenz unter dem Vorsitze des Ministers der auswärtigen Angelegenheiten und des kaiserlichen Hauses Grafen v. Buol-Schauenstein.

I. Gesuch des Abtes von Wettingen in der Schweiz um Gestattung des Ankaufs einer Realität bei Bregenz

Der Minister des Kultus und des öffentlichen Unterrichtes Graf v. Thun referierte über das von dem Fürstbischofe von Brixen und von dem Statthalter von Tirol1 unterstützte Gesuch des Abtes des aufgehobenen Zisterzienserstiftes Wettingen in der Schweiz um die Bewilligung, die Lokalitäten des ehemaligen Benediktinerstiftes Mehrerau am Bodensee bei Bregenz, welche sich dermalen in den Händen eines Privaten befinden, ankaufen zu dürfen, um sich || S. 87 PDF || daselbst mit einigen Konventualen aufhalten zu können, da die traurige Lage der kirchlichen Zustände, insbesondere der Klöster in der Schweiz, ihm und seinen Konventualen ein Asyl in Österreich sehr wünschenswert macht. Der Fürstbischof von Brixen und der Statthalter von Tirol sprachen sich für die Gewährung des Gesuches aus, weil in Vorarlberg, wo sich noch keine Abtei befindet und das seiner Lage nach mehr den Einwirkungen Süddeutschlands ausgesetzt ist, die Hebung und Stärkung eines echt katholischen Geistes in hohem Grade wünsehenswert erscheinen. Der referierende Minister Graf Thun ist derselben Ansicht und beabsichtigt, das in der Rede stehende Gesuch, nach welchem es sich lediglich um den Ankauf von Realitäten des ehemaligen Stiftes Mehrerau und um keinerlei Dotation oder Auslage von Seite des k. k. Ärars handelt, zur Ah. Willfahrung Sr. Majestät mit dem Beisatze au. zu empfehlen, daß der Abt und die Konventualen bei der Erwerbung der gedachten Realitäten usw. sich nach den in Österreich bestehenden Gesetzen zu benehmen und allfällige Ausnahmen auf vorschriftsmäßigem Wege zu erwirken hätten.

Die Konferenz fand gegen diese Einwände nichts zu erinnern2.

II. Beurlaubung des Professors an der Innsbrucker Universität Dr. Alois Flir

Derselbe Minister referierte hierauf, behufs der Zustimmung des Finanzministers, über das Gesuch des Innsbrucker Universitätsprofessors Dr. Alois Flir um zweijährige Beurlaubung mit Belassung seines Professorsgehalts.

Der Professor der Ästhetik und Philologie an der Innsbrucker Universität Dr. Flir wurde mit Ah. Entschließung vom 9. Juli 1853 zum deutschen Prediger an der österreichischen Nationalkirche [Santa Maria] dell’Anima in Rom aus den in dem au. Vortrage des Grafen Thun vom 30. Dezember 1853, MCZ. 30/1854, näher angeführten Gründen ernannt3. Diese Verwendung Flirs in Rom wurde nur als eine vorübergehende betrachtet und ihm nach seinem Wunsche die Professur vorbehalten, weshalb ihm zum Antritte seines Amtes in Rom vorläufig nur ein sechsmonatiger Urlaub erteilt worden ist. Flir hat dieses sein Amt am 7. Oktober 1853 angetreten und bittet nun, den obigen Urlaub auf zwei Jahre auszudehnen, binnen welcher Zeit er seine Studien der Kunstwerke in Rom zu vollenden hofft. Der Minister Graf Thun fände keinen Anstand, auf die Ah. Gewährung dieses Urlaubs bei Sr. Majestät gegen das au. anzutragen, daß dem Bittsteller für die Dauer dieses zweijährigen Urlaubs sein Professorsgehalt von 1000 f. aus dem tirolischen Studienfonds fortbelassen werde, weil in der Regel während des Urlaubs die Gehälter fortfließen und Dr. Flir als provisorischer Rektor der Kirche des Hospizes und Institutes dell’Anima zu Rom bloß 600 f. bezieht. Nach Ablauf dieser zwei Jahre hätte derselbe auf seinen Posten in Innsbruck zurückzukehren.

|| S. 88 PDF || Der Finanzminister und die übrigen Stimmführer der Konferenz erklärten sich mit diesem Antrage einverstanden4.

III. Gehaltszulage für den Professor der Botanik Dr. Eduard Fenzl

Der Minister Graf Thun brachte weiter die Erhöhung der Dienstbezüge für den Professor der Botanik und Direktor des Botanischen Gartens der Wiener Universität Dr. Fenzl mit Rücksicht auf seine gleichzeitige Anstellung als Vorstand des k. k. botanischen Hofkabinetts zum Vortrage5.

Dr. Fenzl wurde mit Ah. Entschließung vom 16. November 1849 6 als damaliger Kustos am k. k. Hofnaturalienkabinette zum ordentlichen Professor der Botanik und zum Direktor des Botanischen Gartens der Wiener Universität unter Belassung in seiner Anstellung am k. k. botanischen Hofkabinette mit 2000 fr. Gehalt mit dem Beisatze Ag. ernannt, daß ihm, da er als Naturalienkabinettskustos bereits ein Gehalt von 1200 fr. bezog, lediglich der Ergänzungsbetrag von 800 fr. aus dem Studienfonds bezahlt werde. Da er ferner ein Naturalquartier im Botanischen Garten genießt, so entfiel auch jede Zahlung eines Quartiergeldes. Im Jahre 1851 wurde Dr. Fenzl zum Vorstande des besonderen botanischen Hofkabinetts mit dem Jahresgehalte von 2000 fr. und Beisatze ernannt, daß demselben der Gehalt als Universitätsprofessor eingerechnet werde7. Dr. Fenzl bezieht demnach nun wie früher im ganzen nur 2000 fr., einen Betrag, welcher ihm nur für einen dieser Posten zuzukommen hätte. Derselbe bittet um eine günstigere Gehaltsregulierung.

Das k. k. Obersthofkämmereramt bemerkte, daß keine dieser Verpflichtungen Fenzls ein bloßes Ehrenamt sei und daß, wenn er eine dieser Stellen niederlegte, dieselbe mit dem damit verbundenen Gehalte einem andern verliehen werden müßte, und stellte demnach den Antrag, daß dem Dr. Fenzl für ein Amt das volle Gehalt mit jährlichen 2000 fr., für das andere aber wenigsten die Hälfte, also zusammen jährlich 3000 fr., bewilligt werden dürften. Das Finanzministerium, an welches Graf Thun diese Angelegenheit geleitet hatte, erklärte sich bei der besonderen Verdienstlichkeit des Professors Fenzl für eine Erhöhung der Bezüge desselben, bemerkte jedoch, daß die in der Person desselben vereinigten beiden Posten so homogene Dienstleistungen zum Zwecke haben, daß sich dieselben gegenseitig nicht nur nicht erschweren, sondern vielmehr erleichtern und unterstützen, weshalb statt einer Erhöhung des Gehaltes bloß auf eine jährliche Zulage, über deren Ziffer sich das Finanzministerium nicht aussprach, aus dem Ah. Hofärar einzuraten wäre. Der referierende Minister Graf Thun erklärte sich mit dem Antrage des Finanzministeriums, daß dem Professor Fenzl eine Aufbesserung seiner Dienstbezüge unter dem Titel einer Zulage und nicht als ein etwa bei der Pensionsbemessung einzurechnender Bezug zugewendet werden dürfte, einverstanden. Bezüglich des Ausmaßes dieser Zulage trat der Minister Graf Thun der Ansicht des k. k. Obersthofkämmereramtes bei, daß dieselbe mit 1000 fr. (der Hälfte seines zweiten Gehaltes) beziffert werden dürfte.

|| S. 89 PDF || Der Finanzminister erklärte sich mit diesem Antrage einverstanden, und die übrigen Stimmführer der Konferenz fanden dagegen nichts zu erinnern8.

IV. Übertritte vom unierten zum nichtunierten Glauben in der Großwardeiner Diözese

Der Minister des Kultus und des öffentlichen Unterrichtes referierte schließlich über die in seinem au. Vortrage vom 12. Dezember 1853, MCZ. 4257, näher dargestellten in den Jahren 1848 und 1849 in der Großwardeiner griechischkatholischen Diözese stattgehabten Übertritte von dem unierten zu dem nichtunierten Glauben und die diesfalls zu treffenden Verfügungen.

Nachdem der referierende Minister die geschichtliche Darstellung dieser Übertritte und die Motive und Veranlassungen hierzu vorausgeschickt hatte, bemerkte er, daß bei dem Übertritte von dem griechisch-nichtunierten zu dem unierten Glauben maßgebend seien:

a) die mit der Ah. Entschließung vom 21. Februar 1846 auch für diese Übertritte ausgedehnten Gesetzesartikel des ungarischen Landtages 1843/44, mit welcher der sechswöchige Unterricht bei dem Übertritte der Katholiken zum Protestantismus aufgehoben wurde, und

b) die Ah. Entschließung vom 4. Juni 1846, laut welcher der massenhafte Abfall von der griechisch-unierten zur nichtunierten Kirche von der Ah. Bestätigung Sr. Majestät abhängig gemacht worden ist9.

Nach den §§ 5—10 des Gesetzesartikels III 1844 ist der Übertretenwollende gehalten, seinen diesfälligen Vorsatz in Gegenwart von zwei Zeugen vor dem Seelsorger, zu dessen Kirchengemeinde er bisher gehörte, zu erklären und ein Zeugnis darüber zu erwirken, womit er sich bei dem Seelsorger, zu dessen Gemeinde er übertreten will, auszuweisen hat. Ist dieses in der vorgeschriebenen Weise geschehen, so ist der Übertritt als vollendet anzusehen. Die Ah. Entschließung vom 4. Juni 1846 bezieht sich auf den haufenweisen Übertritt, welcher von der Ah. Bewilligung abhängig gemacht wurde und vor deren Erteilung genau zu untersuchen war, ob der Abfall die Folge individueller Überzeugung oder irgendeines äußeren Einflusses sei. Aus diesen Ah. Bestimmungen ergebe sich, daß seit dem Jahre 1846 ein massenhafter Übertritt von dem griechisch-unierten zu dem nichtunierten Glauben gar nicht oder nur mit Beobachtung der erwähnten Vorschriften geschehen konnte. Nun sei aber, wie der referierende Minister bemerkt, durch die eingeleiteten und jetzt vorliegenden Erhebungen bis zur Evidenz nachgewiesen, daß bei sämtlichen in den Jahren 1848 und 1849 erfolgten Übertritten die obenerwähnten Vorschriften außer acht gelassen worden sind, daß die irregeführten Leute sich nicht einzeln, sondern haufenweise zum Übertritte gemeldet haben, daß man ihnen vorgegeben, dieser ihr Übertritt sei nicht nur unbedingt erlaubt, || S. 90 PDF || sondern dem Ah. Willen Sr. Majestät gemäß, und daß der Verlust der Kirchengebäude usw. die meisten zum Übertritte veranlaßt hat. Der Minister Graf Thun ist übereinstimmend mit den Ansichten der Statthalterei für Ungarn und des Militär- und Zivilgouvernements der Woiwodschaft der Meinung, daß die erwähnten ungesetzlichen Abfälle als ungiltig erklärt und dem verletzten Gesetze dadurch Genugtuung verschafft werden soll, daß die gegen dasselbe unternommenen Handlungen außer Kraft erklärt werden10. Nach seinem Antrage wäre mittelst einer Ministerialverordnung der Status quo vor dem Jahre 1848 sowohl hinsichtlich der in den Jahren 1848 und 1849 von der griechisch-katholischen Religion zum nichtunierten Glauben stattgehabten Übertritte als auch bezüglich der aus Anlaß derselben den Griechisch-Katholischen entrissenen Kirchen-, Schul- und Pfarrgebäude und zur Pfarre gehörigen Grundstücke wiederherzustellen.

Nach längerer Debatte über den in der Rede stehenden Gegenstand bemerkte der Minister des Inneren , daß er den jetzigen Zeitpunkt nicht für angemessen erkennen könne, mit der erwähnten, so viele Gemeinden betreffenden Maßregel zur Ausführung zu schreiten, welche, wie nicht zu zweifeln sei, von der griechischen Geistlichkeit ausgebeutet werden würde, um Zwietracht und Unzufriedenheit zu säen. Nach der Ansicht dieses Ministers wäre diese Angelegenheit jetzt um so mehr zu ajournieren, als der Status quo vor dem Jahre 1848 wegen des ungesetzlichen Vorganges wann immer, daher auch später und nach seinem Dafürhalten angemessener hergestellt werden kann. Die Durchführung der angetragenen Maßregel würde Schwierigkeiten mit dem griechisch-nichtunierten Epsikopate und den Gemeinden, deren Glieder meist sehr unwissend sind, bereiten. Dieser Minister bemerkte ferner, daß durch die Kreierung eines Erzbistums und zweier Bistümer für die Griechisch-Unierten eben in diesem Augenblicke viel geschehe und daß, würde diese Einrichtung mit der im Antrage stehenden Verfügung zusammentreffen, man sie leicht für die Absicht einer allgemeinen Unisierung ansetzen könnte. aZudem schiene ihm die Rücksicht auf die Aufregung, welche ein solcher Vorgang bei der griechisch-nichtunierten Bevölkerung hervorrufen könnte, besonders in dem gegenwärtigen Momente besondere Beachtung zu verdienen.a Die übrigen Stimmführer (die Minister der Finanzen und der Justiz, dann der vorsitzende Minister des Äußern) erklärten sich im Prinzipe mit dem Antrage des Ministers Grafen Thun einverstanden, daß dem verletzten Ansehen des Gesetzes durch Ungiltigerklärung der gegen dasselbe unternommenen Handlungen Genugtuung verschafft werden müsse, zumal, wie der Minister Graf Thun bemerkte, die Gemeinden darauf gefaßt sind und der Mehrzahl nach den Rücktritt zu der Union wünschen. Was die Art der Durchführung || S. 91 PDF || anbelangt, so wäre nach der Ansicht dieser Stimmführer auf dem Grunde des erwähnten Wunsches der Gemeinden ein Kommissär abzuordnen, welcher mit den Gemeinden einzeln und mit Vermeidung von Aufsehen zu verhandeln, sie in Ansehung des gewünschten Rücktrittes zu befragen und, wenn sie dabei beharren, den Übertritt und die Rückgabe der Kirchen und anderer öffentlichen Gebäude und Grundstücke ihnen zu erleichtern hätte. Überhaupt wäre diesem Kommissär aufzutragen, bei diesem wichtigen und delikaten Geschäfte mit aller Vorsicht, Klugheit und Mäßigung vorzugehen und alles zu vermeiden, was einem Zwange gleichsehen könnte. Das mit einer Gemeinde getroffene Übereinkommen wäre eine Partikularangelegenheit dieser Gemeinde, und die diesfällige Entscheidung beträfe nur diese Gemeinde.

Der vorsitzende Minister bemerkte insbesondere, daß bei jener Gemeinde zu beginnen wäre, welche am deutlichsten den Wunsch nach dem Rücktritte zu der Union ausgesprochen hat und bei welcher das Gelingen am meisten vorausgesetzt werden könnte. Man würde bald sehen, wie sich die Sache macht, auch könnte man sich über den Fortgang und Erfolg der Kommissionsverhandlung Bericht erstatten lassen, um nach deren Inhalt beizeiten das den Umständen Angemessene verfügen zu können11.

V. Universitätsreform (= Sammelprotokoll Nr. 194)

Fortsetzung der Beratung über die Neugestaltung der österreichischen Universitäten (im besonderen über diesen Gegenstand angelegten Protokolle12).

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Wien, 22. Jänner 1854.