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Nr. 185 Ministerkonferenz, Wien, 20. Dezember 1853 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Wacek; VS. Buol-Schauenstein; BdE. und anw. (Buol 24. 12.), Bach 24. 12., Thun, K. Krauß, Baumgartner.

MRZ. – KZ. 26/1854 –

Protokoll der am 20. Dezember 1853 in Wien abgehaltenen Ministerkonferenz unter dem Vorsitze des Ministers der auswärtigen Angelegenheiten und des kaiserlichen Hauses Grafen v. Buol-Schauenstein.

I. Organisierung der Gerichtshöfe erster Instanz in Siebenbürgen

Der Justizminister referierte über die mit den Ministern des Inneren und der Finanzen bereits vereinbarten Anträge zur Errichtung der Gerichtshöfe erster Instanz im Großfürstentume Siebenbürgen1. Diesen Anträgen zufolge sollen in Siebenbürgen zehn Gerichtshöfe erster Instanz, nachdem Se. Majestät mit Ah. Entschließung vom 11. November 1853 die Einteilung des Landes in zehn Kreise zu genehmigen geruht haben, und zwar in denselben Orten, wo die Kreisbehörden zu bestehen haben, nämlich in Hermannstadt, Klausenburg, Kronstadt, Udvarhely, Maros-Vásárhely, Bistritz, Déés, Szilagy-Somloy, Karlsburg und Broos, errichtet werden. Von diesen Gerichtshöfen soll jener zu Hermannstadt (Hauptstadt des Landes und Sitz der Statthalterei) die Eigenschaft eines Landesgerichtes mit dem gesetzlichen Wirkungskreise für das ganze Großfürstentum Siebenbürgen und als Gericht erster Instanz für den Hermannstädter Kreis erhalten. Der angetragene Personal- und Besoldungsstand dieser Gerichtshöfe entspricht dem Ah. vorgezeichneten Schema und den analogen Ah. Genehmigungen solcher Gerichtshöfe in anderen Kronländern. Der Aufwand für die Gerichtshöfe erster Instanz in Siebenbürgen wird mit 257.536 f. Konventionsmünze und mit Hinzurechnung des Aufwandes für die in Siebenbürgen erst zu aktivierenden Staatsanwaltschaften im ganzen mit 300.036 f. Konventionsmünze berechnet.

Die Ministerkonferenz fand gegen diese Anträge nicht zu erinnern2.

II. Organisierung der Bezirksämter in Siebenbürgen

Der Minister des Inneren referierte über die Bezirkseinteilung des Großfürstentumes Siebenbürgen und über die künftige Einrichtung der dortigen Bezirksämter, worüber zwischen den Ministerien des Inneren, der Justiz und der Finanzen ein vollkommenes Einverständnis besteht. Nach diesen übereinstimmenden Anträgen sollen in Siebenbürgen 79 Bezirksämter (10 politische und 69 gemischte) errichtet werden und der Personalstand dieser sämtlichen Bezirksämter aus 79 Bezirksvorstehern, 106 Adjunkten, 144 Aktuaren, 235 Kanzlisten, 101 Amtsdienern und 146 Gehilfen bestehen. Der Gesamtaufwand für diese Bezirksämter wird mit 373.436 f. berechnet.

Die Ministerkonferenz fand auch gegen diese Anträge nichts zu erinnern3.

III. Gesuch des Bischofs von Breslau Dr. Heinrich Förster um Bewilligung von Interkalareinkünften

Der Minister des Kultus und des öffentlichen Unterrichtes Graf v. Thun brachte eine Meinungsdifferenz zwischen seinem und dem Finanzministerium aus Anlaß des Ah. bezeichneten Gesuches des Fürstbischofs von Breslau Dr. Heinrich Förster um die Überlassung eines Teils der Interkalareinkünfte4 seines Bistums zum Vortrage. Der Minister Graf v. Thun sprach sich nämlich gegen das Finanzministerium dahin aus, daß dem Bittsteller die Hälfte der Interkalareinkünfte wie seinem Vorfahrer Freiherrn v. Diepenbrock bewilligt werden dürfte. Das Finanzministerium meinte dagegen, daß dem Fürstbischofe Förster nur ein Drittel der Interkalareinkünfte seines Bistums zu bewilligen wäre, weil den Vorgängern desselben auch nicht mehr als ein Drittel bei einer Dauer von nicht mehr als elf Monaten der Interkalarzeit und einem für diese Zeit berechneten Bistumserträgnisse von 80.000 f. und nur dem Freiherrn v. Diepenbrock die Hälfte aus besonderer Ah. Gnade bewilligt worden sei. Nachdem jedoch der referierende Minister aus einer aktenmäßigen Zusammenstellung nachgewiesen hat, daß die Vorfahren des Bittstellers, die Fürstbischöfe Hohenlohe, Schimonski, Graf Sedlnitzky und Knauer, abgesehen von Freiherrn v. Diepenbrock, alle mehr als ein Drittel der Interkalareinkünfte des Bistums erhalten hatten, und nachdem es keinem Zweifel unterliegt, daß die Einkünfte des Bistums in der neueren Zeit durch die stattgefundenen Ablösungen sich minder günstig gestaltet haben, so nahm der Finanzminister weiter keinen Anstand, dem Antrage des Ministers Grafen Thun beizutreten, gegen welchen Antrag auch die übrigen Stimmführer nicht zu erinnern fanden5.

IV. Ernennung von Dr. Heinrich Hlasiwetz zum ordentlichen Professor der Chemie an der Innsbrucker Universität

Der Minister des Kultus und Unterrichts Graf v. Thun brachte weiter behufs der Zustimmung des Finanzministers zu dem im au. Vortrage vom 30. November 1853 6 gestellten Antrage wegen Ag. Ernennung des mit 900 f. dotierten außerordentlichen Professors der Chemie an der Innsbrucker Universität Dr. Heinrich Hlasiwetz zum ordentlichen Professor desselben Faches mit 1000 f. Gehalt und dem Vorrückungsrechte in 1200 f. und 1400 f. eben diese Angelegenheit zum Vortrage.

Der Finanzminister fand gegen diesen Antrag nichts zu erinnern und hat seine Zustimmung durch die Mitfertigung des erwähnten au. Vortrages bestätigt7.

V. Ah. Handschreiben: a) Pensionsfähigkeit von abgesetzten geheimen Räten oder Kämmerern; b) Beteiligung der Staatsbeamten an der Tagespresse; c) und d) Übertritt verdienter Militärs in den Zivildienst

Der vorsitzende Minister der auswärtigen Angelegenheiten Graf v. Buol-Schauenstein teilte der Konferenz den Inhalt mehrerer an ihn gelangten Ah. Kabinettsschreiben mit:

a) Mit dem ersten dieser Ah. Kabinettsschreiben vom 18. Dezember 1853 befehlen Se. Majestät die Frage ob einem geheimen Rate oder Kämmerer, den Allerhöchstderselben dieser Würde zu entsetzen oder welchem Allerhöchstsie den Hofzutritt zu versagen in dem Falle waren, eine ihm aus dem Titel des Staatsdienstes bewilligte Staatspension zu belassen oder zu entziehen sei, in einer Ministerkonferenz zu beraten und Allerhöchstdemselben das Ergebnis mit dem Gutachten des Grafen Buol-Schauenstein vorzulegen8.

b) Mit dem zweiten Ah. Kabinettsschreiben vom 19. Dezember 1853 befehlen Se. Majestät die Frage, wie den Unfügen, welche sich Staatsbeamte durch Mitteilungen und Kritiken über den Geschäftsgang, das Verfahren und die Verfügungen im inneren Staatsdienste an in- und ausländische Tagesblätter erlauben, am sichersten und entsprechendsten zu begegnen wäre, mit Zuziehung des Chefs der Obersten Polizeibehörde in den Ministerkonferenzen in Beratung zu ziehen und das Resultat Allerhöchstdenselben mit dem Gutachten des obgenannten Ministers vorzulegen9.

c) Mit dem dritten dieser Ah. Kabinettsschreiben geruhten Se. Majestät, eine kaiserliche Verordnung bezüglich des Übertrittes lang und treu gedienter Unteroffiziere und Soldaten des k. k. Heeres in Zivilbedienstungen zur Darnachachtung, Mitteilung an die übrigen Minister, an den Präsidenten des Generalrechnungsdirektoriums und an den Chef der Obersten Polizeibehörde, dann Kundmachung dieser kaiserlichen Verordnung durch das Reichsgesetzblatt herabgelangen zu lassen10 und

|| S. 66 PDF || d) mit dem vierten Ah. Kabinettsschreiben11 Ag. zu befehlen, daß durch die erwähnte kaiserliche Verordnung gut gedienten Militärs die Bewerbung auch um andere als die in dieser Verordnung benannten Zivildienstposten, wenn sie die Eignung dazu haben, in keinem Falle verschränkt sein soll.

Von dem ersten dieser Ah. Kabinettsschreiben wurde dem Minister des Inneren seinem Wunsche gemäß eine Abschrift zu dem Ende mitgeteilt, um durch Einsicht und Aushebung der analogen Vorschriften den Gegenstand zum Vortrage in der Ministerkonferenz vorzubereiten. Von dem zweiten Ah. Kabinettsschreiben wurden sämtlichen Ministern und dem Chef der Obersten Polizeibehörde Abschriften zugefertigt und wird sich die Bestimmung des Tages der darüber abzuhaltenden Konferenz vorbehalten. Die mit dem dritten und vierten Ah. Kabinettsschreiben erlassenen Anordnungen werden auf das genaueste befolgt werden, und es werden die nötigen Verfügungen an die sätmlichen Minister etc. wie auch die Einleitungen zur Aufnahme der gedachten kaiserlichen Verordnung in das Reichsgesetzblatt ohne Verzug getroffen werden.

VI. Verweigerung des Ah. Exequaturs für den nordamerikanischen Konsul Wyndham Robertson in Triest

Der Minister des Äußern brachte schließlich noch die Frage über Erteilung des Ah. Exequaturs für den amerikanischen Konsul Robertson in Triest mit dem Bemerken zum Vortrage, daß der darüber vernommene Chef der Obersten Polizeibehörde sich gegen diese Erteilung ausgesprochen habe. Die Polizei in Triest habe zwar nichts Nachteiliges gegen sein Betragen und die Ehrenhaftigkeit seines Charakters anzugeben vermocht, es können aber doch seine zu demokratische Haltung und seine feindselige Gesinnung gegen Österreich nicht in Abrede gestellt werden. Auch falle ihm zur Last, daß er sich bereits als Konsul benehme, obgleich er als solcher noch nicht zugelassen ist.

Bei der Beratung darüber sprach sich der Minister des Inneren gegen die Erteilung des Exequaturs an Robertson aus. Triest, bemerkte derselbe, sei ein wichtiger Punkt für eine Seemacht, wie Nordamerika ist, und man könne bei dem angenommenen Verhalten dieses Staates gegen Europa und Österreich insbesondere und bei dem uns feindseligen amerikanischen Elemente nicht genug vorsichtig sein. Früher sei ein österreichischer Untertan (Warrens) amerikanischer Konsul in Triest gewesen, jetzt aber schicke man einen uns feindseligen Mann. Die feindselige Gesinnung Amerikas gegen Österreich, bemerkte der Minister des Inneren weiter, werde zum Teile auch durch die aufgefangene Korrespondenz der Emmisäre Kossuths in der Schweiz und Österreich aus dem Herbste vorigen und Februar dieses Jahres dargetan12.

Der Ansicht des Ministers des Inneren wegen Verweigerung des Exequaturs an Robertson traten die übrigen Stimmführer der Konferenz, und zwar der Finanz- und Handelsminister, mit der Bemerkung bei, daß ihm bei der Abgabe seiner || S. 67 PDF || früheren entgegengesetzten Meinung die Verhältnisse nicht so bekannt waren, als sie gegenwärtig vorliegen. Der tg. gefertigte Minister des Äußern bemerkte, daß das Vorhandensein demokratischer Gesinnung bei dem designierten Konsul einer Republik mit demokratischen Institutionen wie die nordamerikanischen Freistaaten an und für sich wohl nicht einen hinlänglichen Grund zur Verweigerung des Exequaturs bieten könne. Auch lasse sich nicht mit Bestimmtheit hoffen, daß nach Zurückweisung des Robertson das demokratische Kabinett zu Washington einen mehr konservativ gesinnten Republikaner senden werde. Das Faktum aber, daß laut eines Interzepts Robertson zwei amerikanische Kriegsschiffe nach Triest zu ziehen beabsichtigte, könne ihm von seinem Standpunkte aus wohl auch nicht zur Last gelegt werden, da jeder Konsul — die österreichischen mit eingerechnet — darnach streben muß, seine Stellung und seinen Einfluß, wo es sein kann, dadurch zu stärken, daß er Kriegsschiffe seines Staates in der Nähe habe13. Indessen sei doch nicht zu verkennen, daß dieser Mann in Triest, mit einem ämtlichen Charakter bekleidet, für Österreich sehr unbequem werden könne. Graf Buol schließe sich daher dem Antrage der übrigen Minister, wornach die Bestellung des Robertson als Konsul abzulehnen wäre, an. Diese Ablehnung müßte man jedoch, da man österreichischerseits von der Kenntnis dieses Faktums keinen offiziellen Gebrauch machen kann, durch andere Gründe zu motivieren suchen.

Der Minister des Äußern behielt sich nur noch vor, mit den Räten seines Ministeriums in Erwägung zu ziehen, ob die Mitteilung an die amerikanische Regierung in dieser Angelegenheit unmittelbar zu richten oder vorläufig die Ah. Schlußfassung darüber bei Sr. Majestät zu erbitten wäre14.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Wien, den 3. Jänner 1854.