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Nr. 144 Ministerkonferenz, Wien, 23. Juli 1853 – Protokoll II - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • Sonderprotokoll; RS.; P. Marherr; VS. Buol-Schauenstein; BdE. und anw. (Buol 23. 7.), Bach, Thun, Baumgartner; abw. K. Krauß.

MRZ. – KZ. 3090 – (Prot. Nr. fehlt) –

[Tagesordnungspunkte]

Protokoll der zu Wien am 23. Juli 1853 abgehaltenen Ministerkonferenz unter dem Vorsitze des Ministers des Äußern und des kaiserlichen Hauses Grafen v. Buol-Schauenstein.

I. Reform der Gymnasialstudien

Gegenstand der Beratung war das infolge Ah. Kabinettsschreibens vom 13. Juli 1852 vom Unterrichtsminister vorgelegte Elaborat über die neue Organisation der Gymnasialstudien1. Nachdem jeder der Minister dasselbe zur Einsicht und Prüfung mitgeteilt erhalten hat, glaubte man, sich auf nachstehende Fragen beschränken zu dürfen:

1. Ist der neue Organismus der Gymnasien angemessen und stellt sich insbesondere die Vereinigung der philosophischen mit den Gymnasialstudien in jeder Hinsicht als angemessen dar2? (Des Elaborats III. Teil, S. 93.)

Der Minister des Inneren war der Ansicht, daß der praktische Wert dieser Einrichtung sich wohl erst nach längerer Erfahrung ganz richtig würdigen lasse.

|| S. 232 PDF || Die in der Denkschrift des Unterrichtsministers enthaltenen Daten über den Erfolg dieser Studien in Niederösterreich und Böhmen lassen entnehmen, daß aus den in diesen Ländern bestehenden Gymnasien eine relativ größere Zahl befähigterer Schüler als aus den früheren Gymnasien und philosophischen Lehrkursen, welche in ihren Lehrmaterien zu beschränkt waren, in das Universitätsstudium übertrete3. Von den übrigen Gymnasien liegen keine Daten über die Erfolge vor. Insoweit daher die ersteren sich als günstig darstellen, gab der Minister des Inneren, obwohl er nicht verkannte, daß auch das neue System wie das alte nicht frei von Mängeln ist, seine Meinung dahin ab, daß vorderhand auf der bisherigen Grundlage mit dem Gymnasialunterrichte fortgefahren und die weitere Erfahrung über dessen Zweckmäßigkeit abgewartet, inzwischen aber getrachtet werde, im einzelnen jene Verbesserungen eintreten zu lassen, welche sich eben nach der fortschreitenden Erfahrung als nötig oder wünschenswert darstellen sollten. Der Finanzminister sprach die Überzeugung von der größeren Zweckmäßigkeit des neuen gegenüber dem älteren Systeme bestimmter aus4. Er gründete sie nicht nur auf die schon erwähnte Tatsache, daß eine größere Zahl tüchtig gebildeter Jünglinge diese Studien verläßt als früher, sondern auch auf die größere Einheit im Gesamtunterrichte, nach welcher gegenwärtig gelehrt wird. Früher wurden die Gegenstände des philosophischen Kurses ohne Rücksichtnahme auf das schon im Gymnasio Erlernte nach einem neuen Systeme von neuem angefangen und durchgeführt; gegenwärtig gewährt die gleichmäßige und systematische Verteilung der Materien durch alle acht Jahre des Gymnasii den Vorteil, daß der Unterricht, gleich vom Anfange an nach einem bestimmten Plane aufgefaßt, in stufenweiser systematischer Entwicklung sich erweiternd und ergänzend bis zur gehörigen Reife des für die Universität vorzubereitenden Studenten fortschreitet und dem letzteren die Mühe erspart, am Ende einer sechsjährigen Periode wieder mit dem zu beginnen, was er dort schon gelernt hat. Auch in disziplinärer Hinsicht empfiehlt sich das neue System. Früher traten 15-16jährige Jünglinge nach absolviertem Gymnasium als "Hörer der Philosophie" gleich auf die Universität über und nahmen an der sogenannten akademischen Freiheit teil, während ihnen doch noch die strengere Zucht des Gymnasü not tat; gegenwärtig erstreckt [sich] diese bei einem achtjährigen Studium doch wenigstens bis zum 17.–18. Jahre, wo schon mehr Reife und weniger Mißbrauch jener Freiheit vorausgesetzt werden kann. Endlich würde die Trennung des philosophischen vom Gymnasialstudium, wenn sie in der früheren Art wiederhergestellt werden wollte, die Frage involvieren, ob alsdann auch noch die Lehr- und Lernfreiheit auf den Universitäten, wie sie jetzt besteht, beibehalten werden könnte5.

|| S. 233 PDF || 2. Ist eine Änderung der obligaten Lehrgegenstände nötig? (S. 32.)

Der Minister des Inneren, die Notwendigkeit der klassischen Bildung anerkennend, sprach den Wunsch aus, daß der lateinischen Sprache mehr Ausdehnung gegeben und dafür vielleicht die griechische beschränkt werden dürfte. Die Kultur der lateinischen Sprache, auf welche in den alten Gymnasien die größte Sorgfalt verwandt wurde, liegt ihm vornehmlich darum am Herzen, weil ihre Kenntnis auch dem praktischen Geschäftsmanne nötig ist und, Zeuge der Erfahrung, die Leute immer seltener werden, welche lateinische Gesetzbücher etc. gehörig verstehen. Der Finanzminister und der tg. Gefertigte hielten ebenfalls eine Erweiterung des lateinischen Sprachstudiums für wünschenswert aund daß zum geringsten ein Gegenstand in dieser Sprache vorgetragen werdea, indem der erstere noch insbesondere darauf hindeutete, daß nach der früheren Einrichtung von der 4. Klasse an der Vortrag vieler Gymnasiallehrgegenstände lateinisch war. Der Minister des Inneren fügte bei, wie zweckmäßig es wäre, selbst an Universitäten den Vortrag aus dem römischen und Kirchenrechte in der Sprache ihrer Quellen abhalten zu lassen. Der Unterrichtsminister bemerkte: Die Frage, ob eine Vermehrung der dem Lateinischen gewidmeten Stunden notwendig sei, werde auch in seiner vorliegenden Ausarbeitung als eine der beachtenswertesten bezeichnet. Es sei jedoch anerkannt, daß der Unterricht in dieser Sprache durch Einführung einer besseren Methode, namentlich in den unteren Klassen, sehr gewonnen habe, und über den Gesamterfolg der jetzigen Einrichtung in dieser Beziehung lasse sich daher erst mit Bestimmtheit absprechen, wenn Erfahrungen über die Fortschritte jener Schüler vorliegen werden, die im Schuljahre 1849/50 ins Gymnasium eingetreten sind. Übrigens liegen Beweise vor, daß an Anstalten, wo dieser Unterricht in geschickten Händen liegt, auch bei der jetzigen Stundenzahl sehr befriedigende Resultate erzielt werden. Solle endlich die Stundenzahl vermehrt werden, so handle es sich darum, bei welchem Gegenstande sie sich vermindern lasse, eine Frage, die, wenn der Unterricht nicht der Gefahr fortwährender Schwankungen ausgesetzt werden soll, mit aller Vorsicht und nur auf Grundlage einer mehr als dreijährigen Erfahrung gelöst sein will. Übrigens sei er bereit, auf eine Erweiterung des lateinischen Sprachstudiums, soweit es sich ohne Abbruch anderer Fächer tun läßt, hinzuwirken6. Was aber die angeregte Beschränkung des Griechischen oder gar dessen Verweisung unter die unobligaten Gegenstände betrifft, so setzte der Unterrichtsminister derselben nicht nur die konstatierte Tatsache, daß das Griechische von den eifrigen Schülern mit großer Vorliebe und Erfolg betrieben wird, so wie die Bemerkung entgegen, daß, wenn man überhaupt humanistische und klassische Bildung will, dabei das Griechische schlechterdings nicht entbehrt werden kann, weil die griechischen Klassiker mehr Elemente der || S. 234 PDF || Bildung enthalten als die römischen und ohne ihr Verständnis der Geist des Altertums überhaupt nicht aufgefaßt werden kann. Besser also, mit dem Griechischen gar nicht anzufangen, als es in der Weise betreiben zu lassen wie früher. Eine andere Klage, bemerkte der Minister des Inneren , wird über die große Ausdehnung geführt, welche den Naturwissenschaften gegeben ist. Indessen besteht ähnliches auch bei den Militärschulen, und eine Abhilfe ist, solange Fachlehrer bestehen, nicht wohl möglich. Der Bestand von Fachlehrern wurde vom Finanzminister den Klassenlehrern gegenüber auf das wärmste vertreten, mit der Bemerkung, daß eine Hauptursache des Verfalls der früheren Gymnasien die Einführung der Klassenlehrer statt der Fachlehrer war. Der Unterrichtsminister verkennt nicht, daß in den unteren Klassen es aus pädagogischen Rücksichten zweckmäßiger sei, den Unterricht in möglichst wenige Hände zu legen. In dieser Beziehung seien auch - wie im vorliegenden Elaborate nachgewiesen – die geeigneten Weisungen erlassen worden; allerdings sei aber die Durchführung von dem Vorhandensein einer hinreichenden Zahl vielseitig gebildeter Lehrer abhängig, was nur allmählich bewirkt werden könne. Was die Naturwissenschaften anbelange, so sei kein Gegenstand aufgenommen, der nicht ehedem im Gymnasio oder in den philosophischen Kursen ebenfalls vorkam. Die Aufnahme der Naturwissenschaften in das Gymnasium sei eine Konzession an die Richtungen der neueren Zeiten, aber eine wohl unvermeidliche. Finden sie aber Aufnahme, so muß ihnen soviel Raum gegönnt werden, daß der Unterricht einen wirklichen Erfolg haben kann und nicht zur bloßen Spielerei ausartet7 Eine Veränderung hat der Unterrichtsminister auf Grundlage der im Operate angedeuteten Vorverhandlungen, welche seit der Vorlegung desselben zum Abschlusse gelangten, schon für das nächste Schuljahr angeordnet. Es wird nämlich der philosophische Unterricht, welcher in der letzten Klasse die Resultate des gesamten naturwissenschaftlichen Unterrichts zusammenfassen sollte, als auf dieser Stufe doch noch nicht wohl ausführbar fallengelassen, wodurch es möglich wird, die übrigen Teile dieses Unterrichts zweckmäßiger anzuordnen und überdies in der 3. Klasse eine Stunde für das Lateinische zu gewinnen.

3. Unterrichtssprache (pagina 30).

§§ 17-21 wird im Absatz 4 gesagt, daß an Gymnasien, deren Schüler beim Eintritte nicht deutsch können, der Unterricht am Untergymnasium in der Muttersprache, am Obergymnasium aber wenigstens teilweise in deutscher Sprache zu erteilen ist. Die Minister des Inneren und der Finanzen erachteten, daß behufs der allgemeinen und sicheren Verbreitung der deutschen Sprache an solchen Gymnasien von der IV. Klasse an die Unterrichtssprache unbedingt die deutsche sein sollte. Der Unterrichtsminister verkennt nicht die Notwendigkeit der Verbreitung der deutschen Sprache und ist bereit, alles was dazu dient, durchzuführen. Zu dem Ende wird von ihm darauf gedrungen, || S. 235 PDF || 1. daß, wo nur immer die Verhältnisse es gestatten, z. B. in Böhmen, die deutsche Sprache schon in den Hauptschulen gelehrt werde und die ins Gymnasium eintretenden Schüler daher schon befähigt seien, deutschen Unterricht zu empfangen. 2. Müsse überall die deutsche Sprache als obligater Gegenstand durch alle acht Klassen betrieben werden, wodurch sehr viel erzielt wird, indem bei diesem Unterrichte, der bekanntlich früher gar nicht bestand, die Schüler in umfassender Weise in die deutsche Literatur eingeführt werden. 3. Müsse allerdings zum Behufe ausreichender Übung im Deutschen auch der Unterricht in anderen Gegenständen, namentlich in den höheren Klassen, vorherrschend in deutscher Sprache erteilt und daher die Anwendung anderer Sprachen in dem Maße beschränkt werden, als es notwendig ist, um die vollkommene Ausbildung der Schüler im Deutschen zu sichern. Darüber hinauszugehen und die anderen Sprachen von der Anwendung beim Unterricht im Gymnasium oder doch im Obergymnasium ganz auszuschließen, schiene dem Unterrichtsminister nicht gerechtfertigt und in keiner Beziehung ratsam. Man darf nicht übersehen, daß man es z. B. in Ungarn mit einer Sprache zu tun habe, in welcher durch mehrere Jahre alle Geschäfte besorgt wurden und welche in den Schulen ausschließlich Geltung erlangt hatte, daß in dieser so wie in anderen Sprachen eine nicht unbedeutende literarische Tätigkeit bestehe, so wie auch dem Unterrichtsministerium eine Reihe brauchbarer Werke, nach den Anforderungen der gegenwärtigen Gymnasialorganisation bearbeitet, vorgelegt worden. Solchen Tatsachen gegenüber die Landessprachen mehr aus der Schule verdrängen zu wollen, als sich durch die praktischen Bedürfnisse rechtfertigen läßt, kann der Verbreitung der deutschen Sprache nicht förderlich sein, sondern nur eine ihrem natürlichen Einflusse schädliche Opposition hervorrufen. Überdies scheine es auch in politischer Beziehung durchaus nicht rätlich, daß die Regierung der literarischen Bewegung in den Landessprachen gegenüber, die einmal als unvermeidliche Tatsache anerkannt werden muß, eine nur negative Stellung einnehme. Jene literarische Bewegung muß dann in die Hände einer kleinen Zahl oppositioneller Autodidakten fallen, die sie in durchaus antiösterreichischer Richtung ausbeuten. Es liegt daher im Interesse der Regierung, dahin zu wirken, daß auch die volle Beherrschung der Landessprachen Gemeingut der Gebildeten bleibe oder werde – was nicht erzielt werden kann, wenn nicht die Schüler der Gymnasien geübt werden, auch diese Sprachen auf einige Gegenstände des Unterrichts anzuwenden. Dadurch erlangt die Regierung gleichzeitig durch die Zensur der Schulbücher einen sehr wirksamen und wohltätigen direkten Einfluß auf die Literatur, den sie in keiner anderen Weise gewinnen kann. Die beiden vorgenannten Minister schlossen sich zwar nach diesen Aufklärungen teilweise dem Unterrichtsminister dahin an, daß bei besonders rücksichtswürdigen Verhältnissen und unter den gehörigen Vorsichten der Gebrauch einer anderen Sprache als der deutschen auch in den oberen Klassen des Gymnasiums in einzelnen Fächern als Unterrichtssprache stattfinden könne, glaubten aber daran festhalten zu sollen, daß von der 4. Klasse an in der Regel nicht die Landessprache, wie es der Gymnasialplan besagt, sondern die deutsche Sprache als Unterrichtssprache zu dienen habe und daß nur in höchst seltenen || S. 236 PDF || Fällen und mit besonderer Bewilligung des Ministeriums auch noch in den höheren Klassen ein oder anderer Gegenstand in einer anderen Sprache vorgetragen werden solle. Namentlich soll es nicht der Willkür der Professoren anheimgestellt werden, ob der Unterricht in der deutschen oder in einer anderen Sprache stattfinde. Jedenfalls sollen aber die Nationalgymnasien allmählig ganz entfallen. Daß die Vortragssprache nicht der Willkür der Professoren überlassen werde, erläuterte der Unterrichtsministe r durch die Bemerkung, daß von Jahr zu Jahr die diesfällige Bestimmung bei Beurteilung der Lektionspläne der Statthalterei (Landesschulbehörde) zustehe und nach Umständen dem Ministerium vorbehalten werde8.

4. Ob eine Änderung des für einen Gegenstand angenommenen Lehrbuchs während des Kurses zulässig sei?

Hierüber gab der Unterrichtsminister die beruhigende Versicherung, daß dies nicht der Fall sei, weil vor Beginn des Schuljahrs der Lektionsplan mit Anzeige der gewählten Bücher vorgelegt werde und ohne Genehmigung der Schulbehörde (Statthalterei) und – wenn es sich um neue, noch nicht genehmigte Bücher handelt – des Ministeriums nichts daran geändert werden darf. Anfangs ist in dieser Beziehung allerdings vielfältiger Mißbrauch getrieben worden. Jetzt dürfte derselbe aber wiederholten, sehr nachdrücklichen Weisungen überall gewichen sein.

5. Ob nicht das Studium der vaterländisch-österreichischen Staatengeschichte wieder als Lehrgegenstand vorzuschreiben sei?

Der Unterrichtsminister erklärte die Untunlichkeit des Vortrags der österreichischen Geschichte mit der Bemerkung, daß dieselbe nur dann richtig aufgefaßt und verstanden werden kann, wenn ihr die Kenntnis der allgemeinen Weltgeschichte vorangeht. Die Rolle, welche Österreich zu allen Zeiten auf dem Welttheater gespielt hat, gibt vielfache Gelegenheit zur Einflechtung seiner Geschichte beim Vortrage der Universalhistorie. Dieser verbreitet sich über alle Klassen des Gymnasii und endigt mit einer historisch-statistischen Übersicht alles Merkwürdigen unseres Vaterlandes unter dem Titel "Vaterlandskunde". Auf diese Art gewinnt der Studierende das Material zum erfolgreichen Studium der vaterländischen Geschichte an der Universität und wird befähigt, sie in ihrem Zusammenhange mit der Weltgeschichte zu verstehen und zu würdigen. Überdies ist sehr zu berücksichtigen, daß es bisher an guten Kompendien der österreichischen Geschichte noch gänzlich fehle und solche auch insolange nicht erwartet werden können, als ihnen nicht durch umfangreichere wissenschaftliche Werke vorgearbeitet ist, indem es bisher noch an gründlicher Erforschung der Quellen und Feststellung der historischen Wahrheit gerade hinsichtlich der von der ausländisch-protestantischen Literatur meistens in antiösterreichischer Richtung unrichtig dargestellten Perioden fehlt. Unter diesen Umständen, ohne vollkommen entsprechenden Leitfaden die österreichische Geschichte als eigenen || S. 237 PDF || Gegenstand in den Gymnasien vortragen zu lassen, hält [es] der Unterrichtsminister geradezu für gefährlich, zumal dieser Gegenstand in manchen Teilen des Reichs mit vielem Takte behandelt sein will, wenn er wohltätig wirken und nicht bedenkliche Kontroversfragen ohne befriedigende Lösung erregen soll. Gelingt es nur erst, den Professoren selbst das richtige Verständnis der österreichischen Geschichte im österreichischen Geiste zu verschaffen, wofür der Unterrichtsminister an den Universitäten zu sorgen angelegentlich bestrebt ist, so werden dann sie selbst, ohne daß österreichische Geschichte abgesonderter Lehrgegenstand ist, dafür im Vortrage der Weltgeschichte mit Erfolg wirken können. Der Minister des Inneren hielt es für besonders wichtig und glaubte, daß dies als leitender Grundsatz bei der Beurteilung der Lehrbücher festzuhalten sei, daß dieselben nicht sowohl vom allgemeinen weltbürgerlichen, sondern vielmehr vom österreichischen Gesichtspunkte bearbeitet seien und daß die Heranbildung einer guten österreichischen Gesinnung unausgesetzt im Auge behalten werden soll9.

6. Ob die Maturitätsprüfungen beizubehalten seien?

Diese wahren Proben der Tüchtigkeit austretender Gymnasiasten haben sich nach der Überzeugung des Finanzministers als so zweckmäßig bewährt, daß eine Änderung hierwegen nicht angezeigt erscheint.

Im ganzen ist sonach die Konferenz mit der Beibehaltung des gegenwärtigen Gymnasial­studiensystems einverstanden und erkennt nur die ausgedehntere Pflege der lateinischen Sprache sowie mit Beseitigung sogenannter Nationalgymnasien als Regel die Einführung der deutschen Sprache an allen Gymnasien von der 4. Klasse an als Unterrichtssprache für wünschenswert, ohne übrigens die Landessprache unter gehöriger Vorsicht und Begrenzung als Unterrichtssprache ganz auszuschließen10.

Ah. E. Ich nehme den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis. Franz Joseph. Wien, den 9. Dezember 1854 11.