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Nr. 73 Ministerkonferenz, Wien, 18. Dezember 1852 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Wacek; VS. Buol-Schauenstein; BdE. und anw. (Buol 21. 12.), Bach 21. 12., Thinnfeld, Thun, Csorich, K. Krauß, Baumgartner; abw. Stadion.

MRZ. – KZ. 4843 – (Prot. Nr. 70/1852) –

Protokoll der am 18. Dezember 1852 in Wien abgehaltenen Ministerkonferenz unter dem Vorsitze des Ministers der auswärtigen Angelegenheiten und des kaiserlichen Hauses Grafen v. Buol-Schauenstein.

I. Gesuche um Begnadigung des verurteilten ungarischen Revolutionär Emerich Baranyai

Der Justizminister Freiherr v. Krauß referierte über das Gesuch der Gattin des Emerich Baranyai um Nachsicht des Strafrestes für denselben. Emerich Baranyai wurde wegen seines tätigen Anteils an der ungarischen Revolution, insbesondere wegen der ausgedehnten Konfiskationen und Veräußerungen von beweglichen sowohl als unbeweglichen Gütern der in die Moldau vor den Rebellen geflüchteten Anhänger der rechtmäßigen Regierung, welche er vorgenommen hatte, zu vierjährigem Festungsarrest verurteilt und befindet sich bereits zwei Jahre in der Strafe1.

Der Justizminister findet bei dem tätigen Anteile, welchen Emerich Baranyai an der Revolution genommen hatte und bei der für dieses Verbrechen höchst billig bemessenen Strafe desselben, keinen Grund, auf Gewährung des oberwähnten Gesuches anzutragen, womit sich die Ministerkonferenz einverstanden erklärte.

II. Gesuche um Begnadigung des verurteilten ungarischen Revolutionär Joseph Szabó

Derselbe Minister referierte weiter über das Gesuch des Exprovinzials des Ordens der Minoriten in Ungarn Roman Szabó um Begnadigung seines Neffen Joseph Szabó, auch Oroszhegy genannt. Joseph Szabó, absolvierter Mediziner, 29 Jahre alt, ging im September 1848 im Auftrag des ungarischen Ministeriums nach Siebenbürgen, um die Walachen gegen die rechtmäßige Regierung aufzuwiegeln und Rekruten zu werben. Im Dezember 1848 errichtete er in Pest ein Guerillakorps, welches er anfänglich als Hauptmann, später als Major anführte. Er hat den kaiserlichen Truppen durch Gefangennehmung einzelner Soldaten und Abnahme von Rüstungssorten Schaden zugefügt, hat gutgesinnte Personen arretiert und den Blutgerichten überliefert, das Volk aufgewiegelt und überhaupt sehr tätig für die Revolution gewirkt. Joseph Szabó wurde anfangs in contumaciam, nach seiner Anhaltung aber unterm 4. Dezember 1851 kriegsrechtlich zum Tode und zur Vermögenskonfiskation verurteilt2, mittelst Ah. Entschließung vom 27. Mai [sic!] 1852 wurde jedoch die über ihn verhängte Todesstrafe Ag. nachgesehen und sohin unter Aufrechterhaltung der Vermögenskonfiskation und Einrechnung der Untersuchungshaft ein zehnjähriger Festungsarrest über ihn verhängt, || S. 368 PDF || welcher am 5. November 1861 sein Ende erreichen wird3. Er befindet sich erst seit 2. Juni 1852 auf der Festung Josefstadt in Gewahrsam.

Bei den dargestellten Verhältnissen und dem Umstande, daß Joseph Szabó sich erst seit kurzem in der wohlverdienten Strafe befindet, kann der referierende Justizminister das oberwähnte Gesuch nur zur Abweisung geeignet erkennen, welcher Ansicht auch die Ministerkonferenz beistimmte.

III. Militärstrafgesetz (= Sammelprotokoll Nr. 81)

Der Kriegsminister Freiherr v. Csorich setzte hierauf seinen Vortrag über das Militärstrafgesetzbuch für das österreichische Kaisertum fort, worüber das Nötige in einem besonderen Protokoll aufgenommen erscheint4.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Wien, 25. Dezember 1852.