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Nr. 66 Ministerkonferenz, Wien, 27. November 1852 I - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Wacek; VS. Buol-Schauenstein; BdE. und anw. (Buol 28. 11.), Bach 11. 12., Thinnfeld, Thun, Csorich, K. Krauß, Baumgartner; abw. Stadion.

MRZ. – KZ. 4839 – (Prot. Nr. 63/1852) –

Protokoll der am 27. November 1852 in Wien abgehaltenen Ministerkonferenz unter dem Vorsitze des Ministers der auswärtigen Angelegenheiten und des kaiserlichen Hauses Grafen v. Buol-Schauenstein.

I. Sammlung für den Bau einer katholischen Kirche in Lüneburg

Der vorsitzende Minister der auswärtigen Angelegenheiten Graf v. Buol-Schauenstein besprach ein ihm zugekommenes Gesuch des Paters Missionär Müller um Bewilligung einer von ihm persönlich vorzunehmenden Sammlung im österreichischen Kaiserstaate zum Behufe des Baues einer katholischen Kirche in Lüneburg und dadurch zur Begünstigung der Entfaltung des katholischen Lebens in Norddeutschland. Zu den auf 12.000 f. berechneten Baukosten der erwähnten Kirche soll erst ein Drittel eies Betrages vorhanden sein. Der Bischof von Hildesheim Eduard Jakob bestätigt die von dem Bittsteller in seinem Gesuche angeführten Gründe und Umstände als wahr. Hierüber wurde bemerkt, daß eine große Zahl von Sammlungen für geistliche Zwecke des Auslandes im Zuge sei und daß neue Sammlungen, wenn nicht ganz besondere Gründe eintreten, welche aber im vorliegenden Falle nicht vorhanden zu sein scheinen, nicht bewilligt werden sollten. Die mit solchen Sammlungen verbundenen, nicht leicht zu beseitigenden Mißbräuche waren der Grund, warum solche Sammlungen früher ganz abgestellt worden sind.

Die Ministerkonferenz einigte sich darin, bei Sr. Majestät au. anzutragen, zu dem in der Rede stehenden löblichen, einer Unterstützung allerdings würdigen Zwecke 1000 f. aus dem Kameralärar zu bewilligen. Hierdurch würde jene Sammlung und die damit verbundene Unzukömmlichkeit ganz entfallen, ein geistlicher katholischer Zweck in einem protestantischen Lande befördert werden und der gute Eindruck dieser wohltätigen Unterstützung auf Se. Majestät zurückstrahlen. Der vortragende Minister wird in diesem Sinne den au. Vortrag an Se. Majestät erstatten und, wenn Allerhöchst­dieselben den Antrag zu genehmigen geruhen sollten, sich mit dem Finanzminister wegen Anweisung des erwähnten Betrags ins Einvernehmen setzen und dem Bittsteller von dieser Ag. Unterstützung mit dem Beisatze die Eröffnung machen, daß Sammlungen für geistliche und wohltätige Zwecke eies Auslandes nach unseren Gesetzen nicht erlaubt sind1.

II. Epavierung einer der holländischen Pfarre Putte gehörenden Bankoobligation

Der Justizminister Freiherr v. Krauß brachte mit Beziehung auf das Konferenzprotokoll vom 23. November d. J. hinsichtlich der Epavierung einer der Pfarre Putte-Capellen in Holland gehörenden österreichischen Bankoobligation per 2000 f. zur Kenntnis der Ministerkonferenz, daß nach einer von ihm eingesehenen Ah. Entschließung vom Jahre 1846 über einen au. Vortrag des damaligen Hofkammerpräsidenten Freiherrn v. Kübeck das Epaverecht nur dort einzutreten habe, wo ein Institut ganz aufgehoben worden ist, dasselbe seine Zwecke nicht mehr verfolgen kann und die ihm angehörenden Sachen gleichsam herrenlos geworden sind. Dies bestätigte die von der Stimmenmehrheit der Konferenz in dem Protokolle vom 23. November d. J. geäußerte Ansicht2.

III. Vereinsgesetz

Der Minister des Inneren machte die Mitteilung, daß Se. Majestät das neue Vereinsgesetz im wesentlichen nach dem Antrag der Konferenz zu genehmigen geruht haben3. Die in der Ministerkonferenz lebhaft diskutierte Frage über die Kompetenz der Minister in Vereins­angelegenheiten sei Ah. dahin entschieden worden, daß das Ministerium des Inneren als Vereinsbehörde zu fungieren habe. Ferner soll, wenn Filialen von Vereinen gegründet werden wollen, immer die Ah. Ermächtigung dazu eingeholt werden. Die Details hierüber wird der Minister des Inneren den übrigen Ministern mitteilen und die Kundmachung des Gesetzes durch das Reichsgesetzblatt veranstalten4.

IV. Kirchengebet für den Landesfürsten

Der Minister des Inneren brachte weiters eine Anfrage beziehungsweise Anzeige des Militär- und Zivilgouverneurs der Woiwodschaft Grafen Coronini zum Vortrag, daß in den katholischen Kirchen der Woiwodschaft dort, wo des Landesfürsten im Gebete Erwähnung geschieht, für Regem nostrum apostolicum gebetet werde. Nach der Ansicht des Ministers des Inneren hat die Formel „Rex noster apostolicus“ in der Woiwodschaft gegenwärtig keine angemessene und entsprechende Bedeutung, und es sollte in allen katholischen Kirchen der Kronländer, wo für den Landesfürsten gebetet wird, die Formel „per Imperatorem nostrum Franciscum Josephum 1.“ in Anwendung kommen. Der Minister des Inneren hat sich vorbehalten, hierüber mit den Bischöfen von Temesvar, Djakovar etc. das Einvernehmen zu pflegen, glaubte aber diese Angelegenheit früher noch in der Konferenz zur Sprache zu bringen, um dem Minister des Kultus Gelegenheit zu geben, sich darüber auszusprechen, weil die zu treffende Verfügung maßgebend auch für Ungarn, Siebenbürgen, Kroatien usw. sein werde.

Der Minister Graf Thun äußerte sich vorläufig dahin, daß es ihm aaus politischen Gründen zweckmäßiga zu sein scheine, daß in den Ländern, welche anerkannt Königreiche sind und nach der Ah. Anordnung auch so benannt werden sollen5 || S. 341 PDF || bund wo bisher in der üblichen Gebetsformel der Landesfürst König und nicht Kaiser genannt wurdeb, die Formel „Imperatorem et Regem nostrum Franciscum Josephum 1.“ in Anwendung komme. In diesen Ländern, besonders in den niederen Schichten der Bevölkerung derselben, sei der Name „König“ im hohen Ansehen, can welchen sich ungeheuchelte loyale und wahrhaft monarchische Gefühle knüpfen, und es im allgemeinen nicht ratsam sein dürfte, diesen Ausdruck fortan gleichsam als einen verpönten zu behandelnc . In den Ländern, wo der Landesfürst Großwoiwode, Erzherzog, Markgraf usw. ist, hätte die Formel „Imperatorem nostrum Franciscum Josephum 1.“ allerdings in Anwendung zu kommen.

Die Stimmführer der Konferenz sprachen sich jedoch in der Rücksicht, daß es wünschenswert sei, in der gedachten Beziehung nur eine Formel für die ganze Monarchie zu haben, und daß hierdurch nur ein Schritt weiter zur Einheit der Monarchie und zur Zentralisierung derselben getan würde, für die Ansicht des Ministers des Inneren aus. Ob der Beisatz „apostolische“ in solchen Fällen nur für Ungarn oder für die ganze Monarchie zu gelten haben werde, müsse dem Konkordate mit dem päpstlichen Stuhl vorbehalten bleiben6. Den au. Vortrag über den hier besprochenen Gegenstand wird der Minister des Inneren später erstatten7.

V. Vereinfachung der Kundmachung der Gesetze und der Einrichtung des Reichsgesetzblattes (= Sonderprotokoll Nr. 67)

Über den von dem Minister des Inneren weiter zum Vortrage gebrachten Gegenstand wegen Vereinfachung der Art der Kundmachung der Gesetze und der Einrichtung des Reichsgesetzblattes wird ein besonderes Protokoll aufgenommen8.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Wien, den 13. Dezember 1852.