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Nr. 54 Ministerkonferenz, Wien, 23. Oktober 1852 I - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Wacek; VS. Buol-Schauenstein; BdE. und anw. (Buol 24. 10.), Bach 2. 11., Thinnfeld, Thun, Csorich, K. Krauß, Baumgartner 2. 11.; abw. Stadion.

MRZ. – KZ. 4154 – (Prot. Nr. 51/1852) –

Protokoll der am 23. Oktober 1852 in Wien abgehaltenen Ministerkonferenz unter dem Vorsitze des Ministers der auswärtigen Angelegenheiten und des kaiserlichen Hauses Grafen v. Buol-Schauenstein.

I. Reihung der Sektionsräte, Oberfinanzräte etc

Der Finanz- und Handelsminister Ritter v. Baumgartner bemerkte, daß mehrere Beamte wie Hof­kommissionsräte, Staatskanzleiräte, Appellationsräte, Regierungsräte, Gubernialräte, Oberfinanzräte, Statthaltereiräte 2. Klasse und Sektionsräte eigentlich eine Kategorie bilden und denselben Rang haben. Von diesen Benennungen bestehen jetzt noch die Sektionsräte, Appellations- oder Oberlandesgerichtsräte, Oberfinanzräte und Statthaltereiräte 2. Klasse. Es frägt sich, wie diese Beamten, wenn sie bei einem Ministerium sind, gereiht werden sollen. Schwarzwald war Oberfinanzrat in Brünn, kam später zum Finanzministerium als solcher in Verwendung, wurde dann Sektionsrat und soll nun in den Status der Sektionsräte eingereiht werden. Es frägt sich nun, von welchem Zeitpunkte datiert sein Rang.

Diesfalls hat sich die Ministerkonferenz nach längerer Besprechung für folgenden Grundsatz ausgesprochen: Sektionsräte, Oberfinanzräte, Oberlandesgerichtsräte und Statthaltereiräte 2. Klasse haben unter sich einerlei Rang, es geht jedoch, wenn es sich um Reihung zweier derselben bei einem Ministerium handelt, der bei einem Ministerium definitiv Angestellte der genannten Kategorien den nicht so Angestellten vor. Diesem der Ah. Entschließung vom 12. [sic!] September 18481 entsprechenden Grundsatze gemäß wäre sich bei der Reihung solcher Beamter zu benehmen.

II. Pension für die BanaItafeIbeamten Alexander v. Dominich, Stephan Suvich, Anton v. Markovich

Der Justizminister Freiherr v. Krauß brachte eine Meinungsdifferenz mit dem Finanzministerium über folgenden Gegenstand zum Vortrage: Die drei Beamten, Dominich, Suvich und Markovich, welche zu der ehemaligen Banaltafel gehörten, sind bei der Organisierung der Gerichtsbehörden außer Status || S. 274 PDF || gesetzt worden2. Der Ban hat ihnen die Besoldungen angewiesen, und das Finanzministerium hat es, um ihn nicht zu kompromittieren, dabei belassen. Gegenwärtig sollen sie pensioniert werden. Der eine dient 34 Jahre, der andere 43 und der dritte 49 Jahre, und die für dieselben normalmäßig entfallenden Beträge wären 300 f., 400 f. und 600 f. Die obwaltende Meinungsdifferenz erstreckt sich auf folgendes: Zwischen dem Ausgang des Begünstigungsjahres und dem Tage der zu erwartenden Ah. Entschließung über diesen Gegenstand liegt eine Zeit, für welche die gedachten Beamten den Übergenuß, nämlich die Differenz zwischen ihren Besoldungen und den Pensionsbeträgen, zu ersetzen hätten. Das Finanzministerium hat sich in seiner Note an das Justizministerium dafür ausgesprochen, daß ihnen die Pension von dem Tage, an welchem das Begünstigungsjahr aufgehört hat, anzuweisen wäre, sie demnach den Übergenuß zu ersetzen hätten, während das Justizministerium der Meinung ist und den au. Antrag an Se. Majestät beabsichtigt, daß denselben die Pension vom Tage der Ah. Entschließung flüssig gemacht und ihnen die Nachsicht des Rückersatzes des Übergenusses Ag. zuteil werde3.

Dieser letzteren Ansicht hat die Ministerkonferenz auch mit Einschluß des Finanzministers beigestimmt.

III. Gerichtssprache in Galizien und Förderung des Unterrichts in der deutschen Sprache

Der Justizminister brachte weiter zur Kenntnis der Ministerkonferenz die Ah. Entschließung wegen Einführung der Gerichtssprache in Galizien. Hiernach soll die Korrespondenz der Gerichtsbehörden mit allen übrigen Behörden deutsch sein, die Advokaten sollen deutsch schreiben; die Gesuche von Parteien sollen, je nachdem sie deutsch, polnisch oder ruthenisch sind, Bescheide in diesen Sprachen, die ruthenischen jedoch mit lateinischen Lettern erhalten. Protokolle sollen in der Sprache der Parteien aufgenommen werden. In Krakau soll gleich jetzt die Korrespondenz mit den Behörden deutsch eingeführt werden, wobei es auch nach der Einführung der Organisation zu verbleiben haben wird usw4.

Der Justizminister wird mit dem Unterrichtsminister das Ah. anbefohlene Einvernehmen pflegen, damit der dieser Ah. Anordnungen bedingende [sic!] Unterricht in Galizien und Krakau sowohl in den höheren als niederen Schulen im genügenden Maße stattfinde5.

IV. Ernennung Rudolf Eitelbergers zum Professor der Kunstgeschichte

Der Kultus- und Unterrichtsminister Graf Thun bringt die Ernennung des Privat dozenten Rudolph Eitelberger von Edelberg zum außerordentlichen Professor der Kunstgeschichte und Kunstarchäologie an der Wiener Universität in Vorschlag. Nachdem der vortragende Minister die Wichtigkeit und Dringlichkeit dargestellt hatte, für eine dem dermaligen Standpunkte der Wissenschaft entsprechende Vertretung des gedachten Studiums, welches dermal ganz unbesetzt ist, an der ersten Hochschule des Reiches zu sorgen, bemerkte er, daß Eitelberger über dieses Fach als Privatdozent im Jahre 1847 an der Wiener Universität und im Jahre 1848 an dem Polytechnischen Institut hier Vorträge mit dem besten Erfolge gehalten hat. Der Minister Graf Thun habe bereits im Jahre 1851 die Errichtung der gedachten Professur und den Eitelberger als den geeignetsten Mann dafür vorgeschlagen. Mit Ah. Entschließung vom 28. August 1851 wurde zwar diesem Antrage keine Folge gegeben, jedoch Ag. gestattet, daß dem Eitelberger zur weiteren Ausbildung auf dem Gebiete der Kunstforschung eine Unterstützung zur Reise nach Italien gegeben werden dürfe6. Da Eitelberger den früheren Fonds seines Wissens in diesem Fache durch die unternommene Reise und durch seine neuerlichen Forschungen erweitert hat und das Bedürfnis nach jener Lehrkanzel im gleichen Maße fortbesteht, so beabsichtigt der Unterrichtsminister, den au. Antrag zu stellen, daß Se. Majestät den Privatdozenten Rudolph Eitelberger von Edelberg zum außerordentlichen Professor der Kunstgeschichte und Kunstarchäologie an der Wiener Universität mit dem Jahresgehalte von 1000 f. gegen das Ag. zu ernennen geruhen, daß er wöchentlich fünf Stunden Vorträge über die erwähnten Lehrfächer gegen das Minimum des Kollegiengeldes, außerdem aber in einer entsprechenden Stundenzahl praktisch demonstrative Übungen für Lehramtskandidaten unentgeltlich abhalte. Die Ministerkonferenz erklärte sich mit diesen Anträgen durchgehends einverstanden7

V. Auflassung des chirurgischen Studiums in Padua und Pavia

Der Unterrichtsminister bemerkte weiter, daß, als Österreich die italienischen Provinzen nach dem Friedensschlusse wieder übernahm, auch dortlandes wie in den übrigen österreichischen Ländern das chirurgische Studium eingeführt worden ist8. Diesem Studium seien aber die Italiener sehr abhold, und es sei schon vor längerer Zeit der Antrag zur Auflassung dieses Studiums im lombardisch-venezianischen Königreiche gestellt worden. Diesen von den Statthaltern und dem Generalgouverneur Grafen Radetzky erneuerten Antrag9 findet Graf Thun || S. 276 PDF || gegenwärtig um so mehr zu unterstützen, als einige Professoren dieses Faches infolge der letzten Ereignisse entfernt worden sind, deren Plätze, sollte das chirurgische Studium dort fortbestehen, wieder besetzt werden müßten. Derselbe beabsichtigt daher, bei Sr. Majestät den au. Antrag zu stellen, das chirurgische Studium in Padua und Pavia aufzulassen und die diesfälligen Professuren nicht mehr zu besetzen. Hiernach würde der erste chirurgische Jahrgang dort schon heuer und die anderen nach und nach eingehen.

Gegen diesen Antrag ergab sich keine Erinnerung10.

VI. Gnadengabe für die Salinenkontrollorswaise Emilie Blaschke

Dem Antrag des Ministers für Landeskultur und Bergwesen Edlen v. Thinnfeld für die Tochter Emilie des Salinenkontrollors Blaschke, welche augenschwach, kränklich, deshalb häufig bettlägerig ist und zur Herstellung ihrer Gesundheit Auslagen zu bestreiten hat, eine Gnadengabe von 40 f., und zwar vorläufig nur auf drei Jahre, von Sr. Majestät zu erbitten, weil das Finanzministerium die Krankheit und Erwerbsunfähigkeit der Waise Emilie Blaschke nur als vorübergehend erkennt, wurde von der Ministerkonferenz ebenso beigestimmt wie

VII. Auszeichnung für den Bräumeister und Gutsbesitzer Felix Wieninger

dem weiteren Antrage dieses Ministers, für den Gutsbesitzer und Bräumeister zu Schärding in Oberösterreich Wieninger, welcher ein gekauftes, äußerst verwahrlostes Gut zur Musterwirtschaft erhoben hat, Maschinen darauf einführte und sich alle Mühe gibt, seine Nachbarschaft zu belehren und nützliche Maschinen und Einrichtungen zu verbreiten, und deshalb sowohl von dem Bezirkshauptmann als dem Statthalter zu einer Auszeichnung warm empfohlen wird, das goldene Verdienstkreuz mit der Krone von der Gnade Sr. Majestät zu erwirken11.

VIII. Pension des Professors der Schiffsbaukunde Laurenz Grassi

Der Kriegsminister Freiherr v. Csorich referierte über das Gnadengesuch des Laurenz Grassi, gewesenen Professors der Schiffsbaukunde an dem Marinekollegium zu Venedig, um Bewilligung seines ganzen Gehaltes von 1000 f. als Pension. Grassi hat bei dem Ausbruche der Revolution in Venedig seine Professur behalten, ohne sich übrigens an der Revolution beteiligt oder sonst kompromittiert zu haben. Nach hergestellter Ruhe und Ordnung wurde er des Dienstes entlassen, Se. Majestät haben ihm aber ein Gnadengehalt von 600 f. jährlich zu bewilligen geruht12. Grassi ist 72 Jahre alt und hat 55 Jahre, und darunter über 40 Jahre unter Österreich, auf eine Weise gedient, daß ihm infolge seiner guten Gesinnung und Verwendung die goldene Zivilehrenmedaille verliehen worden ist. Nachdem Se. Majestät bei einem anderen Anlasse auszusprechen geruht haben, daß Professoren, welche sich an der Revolution nicht beteiligt haben und denen nur das Nichtverlassen ihrer Stellen zur Last fällt, ihre Gehälter behalten oder im Falle ihrer Pensionierung die normalmäßige Pension erhalten können, so erachtet der Kriegsminister, obgleich das Gesuch des Grassi nicht Ah. bezeichnet ist, || S. 277 PDF || auf dem Grunde der erwähnten Ah. Gestattung auf die Bewilligung des ganzen Gehaltes von 1000 f. für Grassi bei Sr. Majestät au. anzutragen, womit sich die Ministerkonferenz um so mehr vereinigte, als dem Grassi, wenn das ihm bewilligte Gnadengehalt von 600 f. nicht in Mitte läge, sein ganzes Gehalt als normalmäßige Gebühr ohne weiters bewilligt werden kännte13.

IX. Kontrolle der Einhaltung der Wirkungskreise der Ministerien (= Sonderprotokoll Nr. 55)

Über die infolge Ah. Auftrages vom 17. d. M. Sr. Majestät vorzuschlagenden Maßregeln zur Kontrolle der Einhaltung des Wirkungskreises und der Geschäftsordnung der Ministerien wird ein besonderes Protokoll aufgenommen14.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Franz ]oseph. Wien, den 3. November 1852.