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Nr. 37 Ministerkonferenz, Wien, 10. August 1852 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Marherr; VS. Buol-Schauenstein; BdE. und anw. (Buol l0. 8.), Bach 13.8., Thinnfeld, Thun, Csorich, K. Krauß, Baumgartner; abw. Stadion.

MRZ. – KZ. 3244 – (Prot. Nr. 34/1852) –

Protokoll der zu Wien am 10. August 1852 abgehaltenen Ministerkonferenz unter dem Vorsitze des Ministers des Äußern und des kaiserlichen Hauses Grafen v. Buol-Schauenstein. Der Justizminister referierte über das Begnadigungsgesuch für

I. Begnadigungsgesuche für verurteilte ungarische Revolutionäre

Gustav v. Vizkelety, gewesener Jurassor, welcher als Oberleutnant unter dem Kommando seines Hauptmanns bei der Gefangennehmung von 14 Gutgesinnten, welche später erschossen wurden, dann bei einer späteren ähnlichen Unternehmung tätig war, zu zwölfjähriger Festungsstrafe verurteilt wurde und seit 18. Juli 1850 insitzt1.

Da er an der Erschießung der Gefangenen selbst nicht teilgenommen hat, ihre Gefangennehmung aber auf höhere Ordre unternahm, ihm also bezüglich dieser eigentlich nichts anderes zur Last fällt, als daß er als Honvedoffizier dazu kommandiert wurde, so daß, wenn sonst nichts anderes gegen ihn vorläge, er wegen seiner Eigenschaft als Honved gar nicht würde zu bestrafen gewesen sein, so trat die Konferenz einstimmig dem Antrage des Justizministers bei, für Vizkelety auf Herabsetzung seiner Strafzeit auf vier Jahre mit Einrechnung der Untersuchungshaft bei Sr. Majestät einzuraten2.

II. Begnadigungsgesuch ..

Gnadengesuch für den wegen Teilnahme an der ungrischen Revolution unterm 8. Februar 1850 zu 15jähriger Festungsstrafe verurteilten ehemaligen Oberstuhlrichter Johann v. Medvetzky, Vater von sieben Kindern3. Medvetzky hat sich bloß durch Fortsetzung seiner Amtstätigkeit unter der revolutionären Regierung an der Revolution beteiligt. Es liegen günstige Zeugnisse über ihn vor, er hat viele Gutgesinnte geschützt und sich selbst zur Untersuchung gestellt. Nach den in jüngster Zeit Ah. sanktionierten Bestimmungen würde er in die Kategorie derjenigen fallen, welche gar nicht mehr zu untersuchen wären4

|| S. 209 PDF || Sonach erachtete der Minister des Inneren unter Beistimmung des Justizministers und der übrigen Minister, daß für Medvetzky auf gänzliche Strafnachsicht anzutragen wäre5.

III. Begnadigungsgesuch ..

Das Gnadengesuch für Emerich v. Warga, welcher kriegsrechtlich zum Tode verurteilt und erst durch Ah. Entschließung vom 27. März 1852 auf vierjährigen Festungsarrest begnadigt worden ist6, eignet sich nach dem Erachten sämtlicher Stimmführer gegenwärtig zu keiner Berücksichtigung7.

IV. Begnadigungsgesuch ..

Dem Antrage des Justizministers auf Milderung der wider Johann Danielis, Oberst und Armeeintendant beim Görgeyschen Korps, erkannten sechsjährigen Festungsstrafe8 auf vier Jahre ward allseitig in der Rücksicht beigepflichtet, daß demselben keine besondere Beteiligung an der Revolution als diejenige zur Last fällt, welche mit der Übernahme der obgedachten Anstellung bei den Rebellen verbunden war9.

V. Begnadigungsgesuch ..

Gnadengesuch für den erst in neuerer Zeit mit Rücksicht auf die Ah. sanktionierten Kategorien zu sechsjährigem Festungsarreste verurteilten Priester Michael Schwendtner10. Dieser war ein eifriger Prediger und Verteidiger der Revolution in Wort und Schrift. Er wurde von der Konferenz einhellig zur Abweisung beantragt.

VI. Begnadigungsgesuch ..

Das Begnadigungsgesuch für die auf zehn Jahre verurteilten Blutrichter Matthäus Lenard, Johann Skendrovics und Michael Hoffmann11 wurde nach dem Einraten des Justizministers von keiner Seite einer Berücksichtigung für würdig erachtet12.

VII. Begnadigungsgesuch ..

Rücksichtlich des zur Begnadigung auf zwei Jahre beantragten, von Sr. Majestät aber mit Ah. Entschließung vom 27. März 1852 auf sechs Jahre gesetzten reformierten Pfarrers Johann Melzer glaubte die Konferenz aus Anlaß eines neuerlichen Gnadengesuches auf den früheren Antrag || S. 210 PDF || (zwei Jahre) zurückkommen zu dürfen13, weil Melzer im Vergleiche zu dem ebenfalls auf sechs Jahre verurteilten Schwendtner bedeutend minder graviert ist14.

VIII. Begnadigungsgesuch ..

Für Eugen v. Szentivany glaubte die Konferenz nach dem Einraten des Justizministers mit Rücksicht auf die Ahnlichkeit seiner revolutionären Tätigkeit mit jener des im Konferenzprotokolle vom 3. August, sub Nr. 2422, besprochenen Fiáth15, auf die gleiche Behandlung, nämlich eine vierjährige Freiheitsstrafe, beantragen zu können16.

IX. Personalzulage für den Feldkonsistorialdirektor Peter Michael Richly

Der Kriegsminister referierte über das Ah. signierte Gesuch des Feldkonsistorialdirektors Richly um Erhöhung seiner Personalzulage von 200 auf 500 f. Das Kriegsministerium glaubte den Antrag auf Bewilligung dieser Zulageerhöhung bevorworten zu können. Das Finanzministerium hatte sich aber dagegen erklärt, indem es die Verdienste Richlys mit der Zulage von 200 f. zu dem Gehalte von 1000 f. für hinreichend gewürdigt erkannte. Der Kriegsminister bemerkte indessen, daß jene Zulage dem Richly bald nach dessen Ernennung zum Feldkonsistorialdirektor gleich seinen Vorgängern verliehen worden ist, um ihn für den Entgang der als Feldsuperior bezogenen Stolagebühren zu entschädigen, welche ihm mit dem Gehalte von 800 f. eine höhere Revenue als 1000 f. gewährten, daß Richly ein sehr verdienter, mit dem Kreuze pro piis meritis ausgezeichneter Mann ist und in seinem hohen Alter von 70 Jahren keine Aussicht auf Verbesserung seiner Existenz mehr hat.

Aus diesen Rücksichten würde der Kriegsminister eine Erhöhung der bisherigen Zulage Richlys von 200 auf wenigstens 300 f. bei Sr. Majestät zu beantragen sich erlauben, welchem Antrage sofort auch der Finanzminister sowie die übrigen Stimmführer der Konferenz sich anschlossen17.

X. Pensionierung des Sekretärs der venezianischen Generaldirektion der Gymnasien Nobile Vittore Zen

Der Unterrichtsminister referierte über die Behandlung des gewesenen Sekretärs der Generaldirektion der Gymnasien in Venedig, Nobile Vittore Zen. Derselbe wurde wegen angegebener Teilnahme an der italienischen Revolution im Jahre 1849 seines Dienstes entlassen, auf seine dagegen erhobene Beschwerde aber, nachdem die Erhebungen über sein Benehmen während der Revolution kein bestimmtes Resultat ergeben hatten, vom Generalgouverneur mit einer Alimentation von einem Drittel seines Gehaltes beteilt. Zen gab sich hiermit nicht zufrieden, sondern begehrte, gestützt auf den Umstand, daß keine Beweise seiner Schuld wider ihn vorlagen, entweder seine Wiederanstellung oder normalmäßige Pensionierung. Auf dieses, dem Ministerium übergebene Gesuch ordnete der Unterrichtsminister die weitere Erhebung und Untersuchung an; jedoch ohne Erfolg, denn man berief sich auf die früheren Erhebungen und trug bei der Unwahrscheinlichkeit, || S. 211 PDF || itzt nach vier Jahren ein entscheidendes Resultat einer neuen Untersuchung zu gewinnen, auf die Pensionierung Zens an18. Der Unterrichtsminister unterstützte diesen Antrag beim Finanz­ministerium, welches sich aber dagegen erklärte und der Ansicht war, daß dem Zen die angewiesene Alimentation belassen werde19. Allein hiermit wäre ihm nicht sein Recht widerfahren; denn ist er schuldig, so gebührte ihm auch die Alimentation nicht mehr, ist er unschuldig, so hat er auf die Wiederanstellung oder auf seine normalmäßige Behandlung Anspruch. Seine Wiederanstellung wäre mit Rücksicht auf die hieraus sich ergebende Kompromittierung der Landesautoritäten nicht rätlich, auch eine förmliche Untersuchung Zens nicht mehr angemessen. Der Unterrichtsminister kam daher auf den Antrag zurück, Zen mit der normalmäßigen Gebühr in den Ruhestand zu versetzen. Der Finanzminister bemerkte, daß dagegen kein Anstand obwalten würde, wenn die gesetzlichen Bedingungen vorhanden wären, unter welchen mit der Pensionierung eines Beamten vorgegangen werden kann. Da dies aber nicht der Fall ist, weil Zen noch als diensttauglich angegeben wird, so müßte zu seiner Versetzung in den Ruhestand aus den hier angeführten Gründen jedenfalls die besondere Ah. Genehmigung Sr. Majestät eingeholt werden, welche zu erwirken der Unterrichts­minister sofort sich vorbehielt20.

Ah. E. Ich nehme den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis. Franz Joseph. Ischl, 26. August 1852.