MRP-1-3-01-0-18520527-P-0015.xml

|

Nr. 15 Ministerkonferenz, Wien, 27. Mai 1852 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Marherr; VS. Buol-Schauenstein; BdE. und anw. (Buol 21. 5.), Bach 1. 6., Thinnfeld 1. 6., K. Krauß, Baumgartner 1. 6.; außerdem anw. Csorich; abw. Thun, Stadion.

MRZ. – KZ. 1965 – (Prot. Nr. 14/1852) –

Protokoll der am 27. Mai 1852 in Wien abgehaltenen Ministerkonferenz unter dem Vorsitze des Ministers der auswärtigen Angelegenheiten und des kaiserlichen Hauses Grafen v. Buol-Schauenstein.

I. Kaiserliche Resolution über das Strafgesetz und die Preßordnung

Der vorsitzende Minister des Äußern brachte zur Kenntnis der Konferenz den ihm mit Ah. Kabinettsschreiben vom 24. d. M. mitgeteilten Inhalt der in Ansehung des Strafgesetzes und der Preßordnung an die Minister des Inneren und der Justiz erlassenen Ah. Befehle1.

II. Jagdgesetz

Fortsetzung der Beratung des Entwurfs einer kaiserlichen Verordnung in betreff der Jagdausübung und des Jagdschutzes2.

Zum § 10, 1. Absatz, erinnerte der Justizminister, daß die Bestimmung, wornach der Besitzer eines durch Kauf etc. bis zur Jagdbarkeit (§ 5 des Patents vom 7. März 1849 3) vergrößerten Grundkomplexes mit dem Beginn des nächsten Jagdjahres ohne Rücksicht auf bestehende Pachtverträge in die Berechtigung zur Ausübung der Jagd zu treten hat, gegen die bestimmten Vertragsrechte verstoße, also entweder ganz hinwegzulassen, oder doch dahin zu modifizieren wäre, daß die gedachte Berechtigung erst nach Ablaufder Pachtzeit einzutreten habe. Der Minister des Inneren deutete zwar auf die im § 1120 ABGB. enthaltene Rechtsregel: „Kauf bricht Miete“, hin, und der Minister für Landeskultur bemerkte weiters, daß dem leitenden Grundsatze des Patentes vom 7. März 1849 und dieses Gesetzentwurfs: „Jeder ist Herr der Jagd auf seinem Grunde, wenn dieser den gesetzlichen Flächenraum hat“, alle anderen Bestimmungen des Gesetzes untergeordnet werden müssen, daß sonach die bloß aus polizeilichen Rücksichten || S. 87 PDF || angeordnete Verpachtung der Jagd zu entfallen hat, sobald mit dem Aufleben der selbständigen Jagdberechtigung des Grundbesitzers die Veranlassung dazu aufhört; daß endlich kein Jagdpächter sich über Rechtsverletzung wird beklagen können, wenn er, ungeachtet der ausdrücklichen Bestimmung dieses Gesetzes über das Aufhören der Pachtung, dennoch einen Jagdpachtvertrag abgeschlossen hat. Allein der Justizminister setzte die Fälle umständlich auseinander, welche sich unter diesem besonderen Verhältnisse ergeben und in manchen Beziehungen zu Verwicklungen führen können, denen am leichtesten und einfachsten durch die Schonung der bestehenden Rechtsverhältnisse begegnet werden dürfte. Er führte aus, daß, weil die Jagd aus Polizeirücksichten verpachtet werde, eben darum auch die diesfälligen Verträge aufrecht erhalten werden sollten; daß derlei Pachtverträge nicht unter 3 Jahren abgeschlossen werden dürfen, durch diese Bestimmung des Gesetzentwurfs aber schon im ersten Jahre gefährdet würden, was natürlich auf den Wert des Pachtobjektes zum Schaden der Gemeinden nachteilig einwirken müßte; daß es sich endlich hier um Pachtverträge handelt, welche mit Gemeinden aus öffentlichen Rücksichten und unter dem Einflusse der öffentlichen Autoritäten abgeschlossen werden. Aus diesen Gründen und vornehmlich aus dem letzten Grunde trat der Minister des Inneren so wie die übrigen Stimmen dem Antrage des Justizministers bei, die im 1. Absatz des § 10 berührte Jagdberechtigung erst nach Ablauf der betreffenden Pachtzeit ins Leben treten zu lassen. Der Schlußabsatz dieses Paragraphes endlich ward über Antrag des Ministers für Landeskultur näher dahin präzisiert, daß, wenn ein Grundkomplex zerstückelt wird, die Jagd auf allen Grundteilen, welche nicht 200 Joch aoder beziehungsweise 500 Jocha enthalten, an den Pächter der Jagd in dem betreffenden Gemeindebezirk überzugehen habe.

Im Schlußsatze des § 11 ward statt des Einganges „Wenn etc. findet“ gesetzt: „Mit Bewilligung der politischen Behörde kann etc.“

Der § 15 ward nach dem Antrage des Ministeriums des Inneren einstimmig angenommen und insbesonders der im 2. Absatze anfangs beanständete Ausdruck „sind“ bezüglich der kaiserlichen Jagdreservate durch die Betrachtung gerechtfertigt, daß dieselben als auch fürs Vergangene weder durch das Patent von 1849 noch [durch] diese Verordnung berührt angesehen werden sollen.

Bei diesem § 15 ward die Beratung des Entwurfes für heute abgebrochen4.

III. Behandlung der aus Vodicevo in Bosnien über die Grenze geflüchteten Christen

Der Kriegsminister referierte über die Anfrage des Agramer Landesmilitärkommandos, wie die neuerlich aus dem bosnischen Dorfe Vodicevo auf Militärgrenzgebiet vor den Bedrückungen der Türken geflüchteten zehn griechisch- nichtunierten Familien zu behandeln seien5. || S. 88 PDF || Da hierwegen teils ältere allgemeine Vorschriften bereits bestehen6, teils, wie der Finanzminister erinnerte, im Ministerrate vom 26. März 1852, MRZ. 937/1852, aus Anlaß der letzten Ereignisse beschlossen worden, derlei Flüchtlinge nicht zurückzuweisen und sie, wenn sie nicht ihre Heimat wieder suchen wollen, in die von der Grenze entfernteren Gegenden, namentlich im Banate, zu verlegen, so gedenkt der Kriegsminister unter Mitteilung der bezüglichen Akten behufs allfälliger weiterer diplomatischer Verhandlung an den Minister des Äußern das Agramer Landesmilitär­kommando in dem gedachten Sinne anzuweisen7.

Ah. E. Ich nehme den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis. Franz Joseph. Wien, den 2. Juni 1852.