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Nr. 5 Ministerkonferenz, Wien, 24. April 1852 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Marherr; VS. Buol-Schauenstein; BdE. und anw. (Buol 24. 4.), Bach 28. 4., Thun, Csorich, K. Krauß, Baumgartner 27. 4.; abw. Thinnfeld, Stadion. Teildruck (I) : Walter , Zentralverwaltung 3/4, Nr. 5 .

MRZ. – KZ. 3336 – (Prot. Nr. 4/1852) –

Protokoll der am 24. April 1852 zu Wien abgehaltenen Ministerkonferenz unter dem Vorsitze des Ministers des Äußern und des kaiserlichen Hauses Grafen v. Buol-Schauenstein.

I. Ah. Entschließung wegen Vortrag von Auszeichnungsanträgen in der Konferenz

Der Vorsitzende brachte zur Kenntnis der Mitglieder der Konferenz die Ah. Bemerkung, welche Se. Majestät bei der Ah. Erledigung des Konferenzprotokolls vom 15. d. M. ad II in Ansehung der Anträge auf Auszeichnungen unterm 21. d. M. dahin zu erteilen geruhten, „daß Auszeichnungen, da sie allein Ausfluß der kaiserlichen Gnade sind, nicht in den Ministerkonferenzen zu besprechen seien, sondern bloß durch Vorträge der einzelnen Minister in Antrag gebracht werden sollen“.

Die Konferenz fand sich hierauf zu der ehrerbietigsten Vorstellung veranlaßt, daß es nicht im entferntesten ihre Absicht war, durch die Besprechung von derlei Auszeichnungsanträgen eine Beschlußfassung darüber zu erzielen oder der Ah. Gnade in irgendeiner Weise vorzugreifen. Sie glaubte vielmehr, awie schon der Ministerrat unterm 28. Mai 1850, Zeuge der Beilage, anerkanntea wie schon der Ministerrat unterm 28. Mai 1850, Zeuge der Beilageb, anerkannte, darin nur das Mittel zu finden, dem vortragenden Minister über seinen Antrag mehr Beruhigung hinsichtlich der Würdigkeit des zur Auszeichnung angetragenen Individuums zu gewähren und zu verhindern, daß Auszeichnungsanträge für eine und dieselbe Person für in verschiedenen Richtungen erworbene Verdienste von zweien oder mehreren Ministern Sr. Majestät vorgelegt werden. Aus diesen Rücksichten glaubte die Konferenz, sich die au. Bitte erlauben zu dürfen, daß Ew. Majestät die Besprechung solcher Auszeichnungsanträge in der Ministerkonferenz noch fernerhin, im Sinne des § 3,2. Absatz, der Ah. Bestimmungen über die Ministerkonferenzen, zu gestatten geruhen1.

II. Über die Zahlung nach Verträgen, die auf ausländische Silbermünzen lauten

In dem Patente vom 2. Junius 18482 ist festgesetzt, daß, wenn eine Zahlung in Gold- oder ausländischen Silbermünzen bedungen worden, dieselbe nach der || S. 24 PDF || Wahl des Schuldners in diesen Münzen oder nach dem Werte der letzteren, wie er zur Zeit der Zahlung besteht, in Banknoten zu leisten sei.

Dem Kultusminister ist glaubwürdig berichtet worden, daß diese Bestimmung ganz gegen den Sinn und die Absicht des Gesetzes von einigen, namentlich tirolischen Gerichtsbehörden dahin interpretiert werde: es sei die bedungene ausländische Münze auf ihren Wert in Konventionsmünze zu reduzieren, z. B. 1000 Fünffrankenstücke auf 200 fr. Konventionsmünze, und dann die sich ergebende Summe in Banknoten zu entrichten. Er glaubte bei der Wichtigkeit des Gegenstands eine Belehrung oder Erläuterung hierwegen angezeigt zu finden.

Der Justizminister sagte die Erhebung, ob wirklich solche gerichtlichen Entscheidungen vorgekommen, zu, wornach das Weitere besprochen werden wird3.

III. Verordnung über Gerichtskompetenzen

Der Justizminister referierte über den Entwurf einer kaiserlichen Verordnung über das zuständige Gericht für Streitgenossen zur Hebung mancher in dieser Beziehung, besonders in Galizien, eingeschlichenen Mißbräuche. Nebst einigen Bestimmungen über die Zahl der zu überreichenden Klagen und deren Instruierung enthält dieser Entwurf auch die Anordnung, daß bei einer Streitgenossenschaft immer der Hauptschuldner in der Klage zuerst genannt und diese bei dem Gerichte überreicht werden soll, welchem der Hauptschuldner untersteht4.

Die Stimmführer der Konferenz fanden gegen den Entwurf nichts zu erinnern.

IV. Verwendung des Preßburger Schloßberges als Strafanstalt

Der Kriegsminister brachte zur Kenntnis der Konferenz, daß er, nach vorläufig eingeholter schriftlicher Zustimmung der Ministerien des Inneren, der Justiz, des Handels und der Finanzen, wegen Überlassung des für militärische Zwecke nicht verwendbaren Schloßberges in Preßburg zur Errichtung einer Strafanstalt an das Zivile den Vortrag an Se. Majestät zur Ah. Schlußfassung erstatten werde5.

Die Konferenz fand hiergegen in der Voraussetzung nichts einzuwenden, daß die Verhandlung über die Vornahme und Einrichtung des Baues etc. vorbehalten bleibt.

V. Notariatsinstitut

Der Justizminister referierte über den ihm mit Ah. Kabinettsschreiben vom 21. Jänner d. J. erteilten Ah. Auftrag, das Notariatsinstitut einer genauen Prüfung zu unterziehen, einstweilen mit der Besetzung der Notarstellen innezuhalten, und über den Fortbestand des Instituts das Gutachten zu erstatten6.

Der Justizminister war laut seines vorbereiteten au. Vortrags7 an Ew. Majestät der Meinung, daß das Notariatsinstitut in thesi in den besonders zu bezeichnenden || S. 25 PDF || Kronländern beizubehalten und nur in seiner Geschäftsordnung und [seinem] Wirkungskreise einigen Modifikationen zu unterziehen wäre. Das Institut ist uralt, in den italischen Landen so mit den Bedürfnissen der Bevölkerung verwachsen, daß es dort gar nicht aufgehoben werden könnte, aber auch in den meisten übrigen Kronländern mit der Aufhebung der Dominikaljurisdiktion8 so notwendig geworden, daß dessen Eingehen nur das Wiederaufleben der Winkelschreiberei und die Demoralisierung der bei den ersten Instanzen angestellten Beamten zur Folge haben würde. Drei Klagen hat man vorzüglich gegen das Institut der Notare erhoben: ihren politischen Einfluß auf die Bevölkerung, den Notariatszwang und die Höhe der Gebühren. Die erste dieser Einwendungen hat sich nicht bewährt. Der Notar ist vielmehr vermöge der Natur seines Geschäftes konservativ, weil er nur dann Beschäftigung und Verdienst findet, wann Ruhe und Ordnung herrschen. Die beiden letzteren gehören nicht zum Wesen des Instituts und lassen sich durch Aufhebung des Zwangs und durch Ermäßigung der Gebühren leicht beseitigen. Diese Verbesserungen, welche der Justizminister nebst einigen Rechtsvorteilen für Notariatsurkunden in Antrag zu bringen gedächte, würden das Institut zu einem den Bedürfnissen der Bevölkerung vollkommen entsprechenden und selbst zur Aushilfe in den Akten der freiwilligen Gerichtsbarkeit für den Staat verwendbaren machen. Der Minister des Inneren erklärte, nicht in Abrede stellen zu können, daß das Notariatsinstitut in den italienischen Landen fortbestehen müsse und mit den nötigen Verbesserungen seiner Einrichtung auch in einigen Kronländern zweckmäßig bestehen könne. Er glaubte jedoch, daß bei der Verschiedenheit der Länder der österreichischen Monarchie die Frage überhaupt nicht generell aufgefaßt, sondern im einzelnen gewürdigt werden solle. Für Ungarn und Galizien würde er das Institut der Notare geradezu für gefährlich, für ein Depot der regierungsfeindlichen Parteien halten. Und was die altösterreichischen deutschen und slawischen Provinzen betrifft, so ist, größere Städte oder Ortschaften ausgenommen, auf dem Lande dem diesfälligen Bedürfnisse zweckmäßiger in anderer Weise abzuhelfen. Die meisten der hierwegen vom Minister eies Inneren befragten Statthalter haben sich nämlich gegen die Beibehaltung respektive Einführung der Notare ausgesprochen. Der Minister des Inneren wäre daher der Meinung, daß das Notariat, Italien und die verwandten Länder, dann die volkreichen Orte der anderen Kronländer ausgenommen, auf dem flachen Lande nicht zu bestehen hätte, und die Notariatsgeschäfte dort den aufzustellenden If. Bezirksämtern gegen Bezug der Taxen pro aerario und verhältnismäßige Teilnahme der Beamten daran zu übertragen wären. Hiermit würde der Einfluß der If. Bezirksämter auf das Volk wesentlich gekräftigt; Mißbräuchen oder Unzukömmlichkeiten würde aber durch gehörige Überwachung der Beamten und des durch die gesetzlichen Bestimmungen geordneten und legalisierten Geschäfts gesteuert werden. Der Justizminister erklärte sich auf das Bestimmteste gegen die Übertragung der Notariatsgeschäfte an die Bezirksämter, weil ihm aus Erfahrung die Nachteile bekannt sind, || S. 26 PDF || welche eine solche Vereinigung von Privat- mit öffentlicher Geschäftsführung in derselben Person mit sich bringt. Entweder werden die Beamten für solche Geschäfte besonders bezahlt oder nicht. Im ersteren Falle vernachlässigen sie die öffentlichen Geschäfte, im letzteren die Notariatsgeschäfte und zwingen die Parteien entweder sie für die Vornahme solcher Akte besonders zu honorieren, eigentlich zu bestechen, oder erstere von Winkelschreibern besorgen zu lassen. Er machte weiters geltend, daß die Zahl der für die Bezirksämter anzustellenden Beamten auf das äußerste Bedürfnis des öffentlichen Dienstes beschränkt sein wird. Wie sollten sie nun Zeit finden für die Notariatsgeschäfte? Man würde die Zahl der besoldeten Bezirksbeamten dazu vermehren müssen, statt in den vom Staate nicht bezahlten Notaren eine, wie schon oben bemerkt, willkommene Aushilfe für die gerichtlichen Akte des adeligen Richteramtes zu finden. Endlich erinnerte der Justizminister daran, welche politischen Nachteile entstehen würden, wenn eine Masse intelligenter Leute, die sich dem Notariate ergeben haben, nun auf einmal, vielleicht gleichzeitig mit den vielen bei der neuen Organisierung in Reduktion kommenden Beamten brotlos werden sollte, oder welche Opfer es dem Staatsschatze kosten würde, sie zu entschädigen, wenn man ihnen ihre von der Regierung selbst hervorgerufene Beschäftigung einstellt.

Bei der weiteren Umfrage erklärte sich der Kultusminister in thesi mit dem Minister des Inneren darin einverstanden, daß, Italien etc. ausgenommen, die Notare auf dem flachen Lande nicht zu bestehen haben sollen, weil ihm der Einfluß Besorgnisse einflößt, welchen diese Leute auf die Landbevölkerung notwendig erreichen müssen, indem sie nach und nach die Leitung des ganzen Geldverkehrs unter denselben an sich ziehen, und es offenbar in ihrem Interesse liegt, diese ihre Geschäfte und somit ihren Einfluß zu vermehren. Was dagegen die Frage betrifft, wem sonst an ihrer Statt die in Rede stehenden Geschäfte auf dem Lande zuzuweisen wären, so glaubte der Kultusminister hierauf itzt nicht eingehen, sondern die Lösung dieser Frage der Verhandlung über die Organisierung der If. Instanzen überweisen zu sollen. Der Finanzminister und mit ihm der Kriegsminister, unter Voraussetzung der sorgfältigen Auswahl der zu Notaren bestimmten Individuen, endlich der vorsitzende Minister des Äußern waren in der Hauptsache mit dem Justizminister darin einig, daß das Institut der Notare, wenngleich nicht geeignet, überall eingeführt zu werden, doch in der Regel mit Rücksicht auf die allerwärts wahrnehmbare Zunahme der Beweglichkeit des Verkehrs cmit den angetragenen organischen Verbesserungenc beizubehalten, jedoch auf diejenigen Ortschaften oder Landbezirke zu beschränken sei, wo der Notar die zu seiner Subsistenz ausreichende Beschäftigung findet, und daß die Überweisung der Notariatsgeschäfte an die Bezirksämter wegen der vom Justizminister geschilderten Unzukömmlichkeiten in der Regel zwar nicht, sondern ausnahmsweise nur dort subsidiarisch Platz zu greifen habe, wo ein Notar wegen Mangel an ausreichender Beschäftigung nicht bestellt werden kann, mithin ein wahres Bedürfnis nach Bestellung eines solchen wirklich nicht vorhanden ist.

|| S. 27 PDF || Der ]ustizminister wird hiernach den Vortrag an Ew. Majestät erstatten9

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Franz ]oseph. Schönbrunn, 13. September 1852 10.