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Nr. 631 Ministerrat, Wien, 23. Februar 1852 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Marherr; VS. Schwarzenberg; BdE. und anw. (Schwarzenberg 23. 2.), Bach 25. 2., Thun, Csorich, Krauß, Baumgartner; abw. Thinnfeld, Stadion.

MRZ. 559 – KZ. 640 –

Protokoll der Sitzung des Ministerrates, gehalten zu Wien am 23. Hornung 1852 unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten, Ministers des Äußern und des Hauses FML. Fürsten v. Schwarzenberg.

I. Einkommensteuer in Kroatien und Slawonien pro 1852

Der Finanzminister brachte seine auf Ah. Befehl unterm 17. d. [M.], MRZ. 498, an Se. Majestät erstattete Äußerung über die Vorstellung des Banus gegen die Ah. befohlene Einführung der Einkommensteuer in Kroatien und Slawonien im Jahre 1852 zum Vortrage1.

Der Ministerrat erklärte sich mit dem darin gestellten Antrage vollkommen einverstanden, daß die Steuerpflichtigkeit pro 1852 ausgesprochen und mit der wirklichen Einhebung der Einkommensteuer allenfalls erst im II. Semester des Verwaltungsjahres 1852 begonnen werde2.

II. Militärbefreiung herrschaftlicher Diener in Kroatien und Slawonien

Anknüpfend an diesen Vortrag brachte der Minister des Inneren den Antrag des Banus, die bei den Herrschaftsbesitzern im Dienste stehenden Leute von der Militärstellung zu befreien3, zur Kenntnis des Ministerrats. Als Grund dieses Begehrens wird die Aufhebung der Robot geltend gemacht, wornach die Grundbesitzer, wenn ihnen ihre Dienstleute zum Militär genommen werden sollten, bei Bestellung ihrer Wirtschaften in große Verlegenheit kommen würden. Dieser Grund besteht aber nicht bloß in Kroatien, sondern allenthalben, es müßte also allenthalben diese Ausnahme zugestanden werden, was ganz unmöglich ist, wenn nicht die gesamte Landbevölkerung freigelassen werden will.|| S. 571 PDF ||

Der Minister des Inneren gedächte daher – mit Zustimmung des Ministerrates – die Vorstellung des Bans mit Rücksicht auf die bestehenden Rekrutierungsvorschriften hintanzuweisen4.

III. Verdienstkreuz für Joseph Rzitky

Gegen den Antrag des Finanzministers auf Erwirkung des goldenen Verdienstkreuzes mit der Krone an den Finanzwachekommissär Joseph Rzitky (Vortrag v. 14. d. [M.], MRZ. 494) ergab sich keine Erinnerung5.

IV. Vorschuß für die Notleidenden im Erzgebirge

Ebensowenig fand dieser Minister einen Anstand gegen den Antrag des Ministers des Inneren, dem Statthalter von Böhmen einen Vorschuß von 6000 f. zur Linderung des Notstands in einigen Bezirken des Erzgebirgs aus den Finanzen gegen dem zu erfolgen, daß dieser Vorschuß wieder aus den Landesmitteln ersetzt werde, bei welchen sich nach dem Voranschlage pro 1852 ein Überschuß von 42.000 f. ergeben wird6.

V. Einsparung im Justizbudget pro 1851

Der Justizminister brachte zur Kenntnis des Ministerrats, daß nach den vorgelegten Gebarungsausweisen der Justizverwaltung für das Jahr 1851 an der für es präliminiert gewesenen Summe von 18 Millionen 2,800.000 f. unverwendet geblieben, und, da 800.000 f. etwa noch für nachträgliche Zahlungen erforderlich sein dürften, effektiv zwei Millionen erspart worden sind7.

VI. Grundlinien der Gestaltung der Oberlandesgerichte

Derselbe Minister referierte über die Grundlinien zur künftigen Bestellung der Oberlandesgerichte in Gemäßheit des Ah. Kabinettschreibens vom 31. Dezember 1851 (Ungern bleibt außer Anschlag). Nach denselben werden künftighin Oberlandesgerichte nur noch bestehen: zu Wien, Prag, Brünn, Innsbruck, Lemberg, Krakau, Hermannstadt, Zara, Temesvár, Agram (unter dem Titel Banaltafel), Mailand, Venedig und Triest.

Bei letzterem gab der Justizminister zu erwägen, daß daselbst vor 1848 kein Appellationsgericht bestand und daß seine Bestellung der dortigen Teuerungsverhältnisse wegen kostspieliger wäre, daß dagegen die Übertragung der Entscheidung in zweiter Instanz über Erkenntnisse in Seeangelegen­heiten und über Entscheidungen der k. k. Konsulate in der Levante an dieses Oberlandesgericht eine wichtige Rücksicht für die Belassung desselben umso mehr abgebe, als für diese Angelegenheiten nicht leicht ein günstiger gelegener Ort ausgemittelt werden könnte.

Der Ministerrat trat in dieser Rücksicht auch dem Antrage auf Belassung des Oberlandesgerichts in Triest bei.

Was die Benennung betrifft, ob man den gegenwärtigen Namen „Oberlandesgericht“ beibehalten oder auf den früheren „Appellationsgericht“ zurückkommen wolle, so sprach sich der Ministerrat für die Beibehaltung der dermaligen Benennung aus, weil ein|| S. 572 PDF || wesentlicher Grund zur abermaligen Änderung des Namens nicht besteht und diese Gerichte in der Tat „Obergerichte“ sind.

Der Personalstand derselben wird bestehen aus einem Präsidenten, dann je nach dem Umfang des Sprengels aus ein oder zwei Senatspräsidenten, der nötigen Anzahl von Räten und Ratssekretären (Sekretäre und Ratsprotokollisten), dann für die Hilfsämter aus ein bis drei Direktoren oder Adjunkten und den erforderlichen Kanzlisten (worunter auch die bisherigen Registranten verstanden werden).

Die Vorsteher der Gerichte erster Instanz, welche bisher mit den Oberlandesgerichtsräten einen Konkretalstatus bildeten, werden aus demselben ausgeschieden, rangieren jedoch mit ihnen und unter sich nach dem Ernennungstage.

Der Besoldungsstand richtet sich nach dem Umfang der Gerichte und den Verhältnissen der Provinzen. Es werden sonach drei Kategorien sein.

In die erste Kategorie gehören die Oberlandesgerichte zu Wien, Mailand, Venedig, Triest, Prag und Klagenfurt bezüglich der Präsidenten, welche in diesen Städten 6000 f. Gehalt bekommen sollen, um den Räten des Obersten Gerichts- und Kassationshofes die Beförderung zu solchen Präsidien annehmbar zu machen.

Für Wien, wo der dermalige Präsident 7000 f. Gehalt hat, beantragte der Justizminister dessen Beibehaltung; auf die Bemerkung des Ministers des Inneren jedoch, daß dieser Standesgehalt nicht im Verhältnis zu jenem des Statthalters stehe und auch jenen in Mailand etc. gleichgestellt werden sollte, einigte sich der Ministerrat dahin, den Gehalt des Wiener Oberlandesgerichtspräsidenten mit 6000 f. [zu] systemisieren und ihm eine Funktionszulage von 1000 f. zu geben.

In den übrigen Orten würden die Präsidenten 5000 f. erhalten.

Die Vize- (bisher Senats-) Präsidenten in Wien, Mailand, Venedig und Triest würden 5000 f., jene in Zara, Agram und Temesvár 3000 f., die übrigen 4000 f. bekommen.

Die Räte in den vier ersteren 3000 und 2500 f., in allen übrigen Orten 2500 und 2000 f. jedoch dergestalt bekommen, daß in Agram, Zara und Temesvár nur ein Viertel der Anzahl der Räte in die höhere Gehaltsstufe von 2500 f. käme.

Die Ratssekretäre würden nach den drei Kategorien mit 1100 und 1000, 1000 und 900 und 900 und 800 f., die Direktoren der Hilfsämter mit 1400 und 1300 f., 1300 und 1200 f., endlich 1000 und 900 f., die Kanzlisten mit 800, 700 und 600 f., 700, 600 und 500 f., endlich mit 600 und 500 f., und die Diener nach ähnlichen Verhältnissen dotiert werden.

Diesen vom Ministerrate angenommenen Anträgen gemäß wird der Justizminister Vortrag an Se. Majestät erstatten8.

VII. Dotationserhöhung für das Wiener Taubstummeninstitut

Der Minister für Kultus und Unterricht referierte in betreff einiger Maßregeln zur Hebung des in letzterer Zeit herabgekommenen hiesigen Taubstummeninstituts. Zu diesem Ende gedächte er den dermaligen Katecheten zum Direktor vorzuschlagen, einen neuen Katecheten aufzunehmen, von den zwei Lehrern den einen, Fischbach, welcher zum Lehramte nicht mehr geeignet, zugleich mit den Geschäften des Rechnungsführers|| S. 573 PDF || des Institutes betraut ist, unter Belassung seiner Bezüge als Lehrer und Rechnungsführer vom Lehramte zu entfernen und bloß zum Rechnungsgeschäfte zu verwenden, dagegen an dessen Stelle einen neuen tüchtigen Lehrer aufzunehmen. Hierdurch würde eine Erhöhung der Dotation des Instituts aus den Finanzen um jährliche 400 f. für einige Jahre (so lang nämlich Fischbach lebt) erforderlich werden, in Ansehung welcher er das Finanzministerium bisher vergeblich um die Zustimmung angegangen hat9.

Der Unterrichtsminister glaubte nun, unter Darlegung der Wichtigkeit dieser Humanitätsanstalt, den Finanzminister um seine Zustimmung zu dieser unbedeutenden und vorübergehenden Mehrauslage wiederholt angehen zu sollen. Der Finanzminister erklärte sich nicht abgeneigt, auf diesen Antrag einzugehen, ersuchte aber, ihm hierwegen die schriftliche Mitteilung zu machen10.

VIII. Regulierung der Gebühren der Genietruppen

Der Kriegsminister brachte zur Kenntnis des Ministerrates die Ah. Entschließung Sr. Majestät des Kaisers über die Regulierung der Gebühren der Genietruppen, wodurch eine Ersparung von 213.000 f. jährlich in Aussicht gestellt ist11.

IX. Verdienstkreuz für Franz Danninger

Erhielt derselbe Minister die Beistimmung des Ministerrates zu dem bei Sr. Majestät zu stellenden Antrage auf Verleihung des goldenen Verdienstkreuzes für den um die Unterstützung verstümmelter Krieger sehr verdienten hiesigen Bürger Franz Danninger12.

Ah. E. Ich nehme den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis. Franz Joseph. Wien, den 11. März 1852.