MRP-1-2-05-0-18520218-P-0629.xml

|

Nr. 629 Ministerrat, Wien, 18. Februar 1852 - Retrodigitalisat (PDF)

  • RS.; P. Wacek; VS. Schwarzenberg; BdE. und anw. (Schwarzenberg, BdE. fehlt), Bach 20. 2., Thinnfeld 25. 2., Thun, Csorich, Krauß, Baumgartner (BdE. fehlt); abw. Stadion.

MRZ. 513 – KZ. 638 –

Protokoll der am 18. Februar 1852 in Wien abgehaltenen Ministerratssitzung unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten, dann Ministers des Äußern und des kaiserlichen Hauses Fürsten Felix v. Schwarzenberg.

I. Regierungsratscharakter für Ignaz Edler v. Lauch

Der Minister der Finanzen und des Handels Ritter v. Baumgartner referierte über das Ah. bezeichnete, vom Generalrechnungsdirektorium unterstützte Gesuch des Vorstandes der Hofstaats­buchhaltung Ignaz Edler v. Lauch um Ag. Verleihung des Charakters statt des im Jänner 1842 ihm Ag. verliehenen Titels eines k. k. Regierungsrates.

Lauch dient bereits 48 Jahre mit allem Eifer und erhielt im Jahre 1844 eine Personalzulage von 300 fr. Der Vorteil, welcher ihm aus der Gewährung seiner Bitte zugehen würde, bestünde darin, daß ihm in den seltenen Fällen einer Kommission mit Diäten statt der 7. die 6. Klasse gebühren würde.

Da in rücksichtswürdigen Fällen schon solche Begünstigungen Ah. zugestanden worden sind, Lauch bereits den Titel eines Regierungsrates besitzt, folglich hier keine neue Titelverleihung eintritt, so fand der Finanzminister auch hier nichts dagegen zu erinnern, und der Ministerrat erklärte sich mit ihm für die Unterstützung dieses Gesuches bei Sr. Majestät einverstanden1.

II. Mittel zur Einführung der Drainage

Der Minister für Landeskultur und Bergwesen Edler v. Thinnfeld bemerkte hierauf, daß die in England bereits so weit gediehene Drainage auch bei uns allgemeine Aufmerksamkeit erregt habe und daß sie bei uns, in einem vorzüglich Ackerbau treibenden Staate, von besonderer Wichtigkeit wäre. In England, Belgien, Frankreich etc. habe man der Aufnahme der Drainage namhafte Unterstützungen und bedeutende Opfer mit dem besten Erfolge gebracht.

Der referierende Minister beabsichtiget, um die Verfahrungsart der Drainage bei uns ohne besondere pekuniäre Opfer in Gang zu bringen, bei Sr. Majestät den Antrag zu stellen, es möchte ein mit der Drainage vollkommen vertrauter Ingenieur im Ackerbaudepartement des Ministeriums für Landeskultur mit 2000 fr. zu dem Ende angestellt|| S. 563 PDF || werden, um nach allen Seiten hin, wo es gewünscht wird, Unterricht und Belehrung darin zu erteilen und dadurch diese wichtige Sache bei uns in Aufnahme zu bringen.

Der Minister für Landeskultur und Bergwesen wurde über Motion des Finanzministers eingeladen, seinen diesfälligen Antrag vorläufig schriftlich dem Finanzministerium mitzuteilen, damit dieses nach reiflicher Erwägung des Gegenstandes sich ebenfalls schriftlich äußern könne, ob diese Auslage – und ob gleich – zu bewilligen oder etwa in das nächste Jahrespräliminare aufzunehmen sei2.

III. Auszeichnung für Bernard Packman

Dem Antrage des Ministers v. Thinnfeld , für den Montanbeamten Bernard Packmann in Kremnitz, der nach einer mehr als 40-jährigen, stets ausgezeichneten Dienstleistung in den Ruhestand treten will und der sich besonders bei einem Grubenbrande im Banate hervorgetan hat, die Auszeichnung des goldenen Verdienstkreuzes mit der Krone von der Gnade Sr. Majestät zu erbitten, hat der Ministerrat beigestimmt3.

Ebenso hat der Ministerrat seine Zustimmung zu den Anträgen des Ministers des Inneren Dr. Bach erteilt:

IV. Auszeichnung für Franz Czerniak und Peter Osika

dem Finanzwacheoberaufseher Czerniak und dem Finanzwachaufseher Osika in Galizien, welche im Dezember 1849 bei einem Eisgange mit eigener Lebensgefahr mehrere Menschen gerettet habe, jedem das goldene Verdienstkreuz4 und

V. Auszeichnung für Kaspar Pimeskern

dem hiesigen Bürger, Armenvater und Gemeinderat Pimeskern wegen seiner Verdienste um die Wohltätigkeitsanstalten und um die Gemeinde Wien und wegen seines Verhaltens im Jahre 1848 das goldene Verdienstkreuz zu erwirken5.

VI. Bestätigung der gewählten Gemeindevorstände

Derselbe Minister brachte hierauf die Frage in Anregung, wie sich in bezug auf die Behandlung der Gemeindevorstände hinsichtlich ihrer Bestätigung in den Fällen zu benehmen wäre, wo das Gemeindegesetz und die Gemeindeordnung keinen Vorbehalt der Bestätigung enthalten6.

Der Minister Dr. Bach beabsichtiget bei Sr. Majestät den au. Antrag zu stellen, Allerhöchstdieselben wollen provisorisch und mit Vorbehalt der künftigen definitiven Reglung (wie es auch hinsichtlich der Öffentlichkeit des Gerichtsverfahrens verfügt wurde) zu verordnen geruhen, daß eine solche Bestätigung schon jetzt erforderlich sei, welche den korrelativen Behörden überlassen werden dürfte. Auf diese Weise würden die Grundsätze vom 31. Dezember 1851 nach und nach in Wirksamkeit kommen.|| S. 564 PDF ||

Der Ministerrat erklärte sich damit einverstanden7.

VII. Agitation inländischer Korrespondenten in ausländischen Zeitungen

Der Minister Dr. Bach lenkte nun die Aufmerksamkeit des Ministerrates auf eine Agitation, welche von inländischen Federn in ausländischen Zeitungen (der Neuen Preußischen Zeitung, der Volkshalle etc.) gegen die Grundsätze vom 31. Dezember 1851, im ständischen Sinne, wornach alles auf den Standpunkt des Jahres 1847 zurückgeführt werden sollte (von Florencourt, einem sich hier aufhaltenden Preußen und Grafen Wolkenstein, einem agewesenen Landrechtspräsidenten in Brünna ) unterhalten wird.

Nach der Ansicht des Ministers des Inneren darf es nicht geduldet werden, daß, nachdem Se. Majestät sich über die Grundsätze der Organisierung des Staates bereits auszusprechen geruhet haben, diese Grundsätze und dieser Ausspruch in den ausländischen Zeitungen von inländischen Federn einer Revision unterzogen werden.

Bei dem feststehenden Ah. Ausspruche Sr. Majestät sei es Pflicht der Behörden, die Ah. Absichten Sr. Majestät durchzuführen. Jeder, vom Fürsten bis zum Bauer, sei verpflichtet, dem Kaiser zu gehorchen, und eine Agitation gegen die ausgesprochenen Absichten Sr. Majestät sei durchaus unzulässig. Wenn Beschlüsse Sr. Majestät in Zeitungsartikeln herabgesetzt und Tendenzen im entgegengesetzten Sinne verfolgt werden, so sind wir auf dem revolutionären Boden, und nichts wird an diesem Zustande geändert, wenn diese Tendenz von den sogenannten Konservativen eingehalten wird.

Der Minister Dr. Bach erbat sich die Zustimmung des Ministerrates, solchen Tendenzen entgegen­zutreten, streng im Sinne der Grundsätze vom 31. Dezember 1851 vorzugehen bund weder im Inlande noch in den ausländischen Zeitungen, soweit es die der Regierung zu Gebote stehenden Mittel erlauben, derlei Agitationen zu duldenb .

Der Ministerrat erklärte sich mit diesen Ansichten des Ministers Dr. Bach einverstanden8.

Auch der Minister Graf Thun fand im Prinzipe gegen diese Richtung nichts zu erinnern, nur glaubte er bemerken zu sollen, daß durch den Ausspruch vom 31. Dezember 1851 nicht auch schon jede cZeitungspolemik über die Modalitäten der Durchführung des Patentesc ausgeschlossen sein dürfte und daß er die Zumutung, als dverstoßen die von ihm in der letzten Sitzung hierüber geäußerten Ansichten, welche von dem Minister des Inneren als mit den fraglichen Zeitungsartikeln übereinstimmend bezeichnet worden seien, gegen den Gehorsam für Se. Majestät, ablehnend müsse. Er billige den Vorgang|| S. 565 PDF || des Florencourt etc. nicht, glaube aber, daß die Konsequenzen, welche man aus den vorgelesenen Zeitungsartikeln ableiten will, nicht so weit greifen als man dafürhält.

Der Ministerpräsident behielt sich vor, den Florencourt zu sich kommen zu lassen, ihn vor einem ferneren Vorgang in der erwähnten Art zu verwarnen und mit der Ausweisung zu bedrohen, wenn er dessen ungeachtet fortfahren sollte, wie bisher gegen Österreich zu schreiben9.

VIII. Dienstzeitberechnung des Rudolph Mayr

Der Justizminister Ritter v. Krauß referierte über das Gesuch des Konzipisten Rudolph Mayr, daß seine Dienstleistung von zehn Jahren und neun Monaten, welche eine zweimalige Unterbrechung erlitten hat, als ununterbrochen angesehen werden wolle. Mayr hatte zuerst bei der Polizeidirektion gedient, wurde am 30. März 1848 diffamiert und trat aus diesem Dienstverhältnisse aus. Später hat er das Auditoriat angetreten, welchen Dienst er aber auch nach kurzer Zeit verließ und von dem damaligen Justizminister v. Schmerling bald darauf als Konzipist angestellt wurde.

Seinem Gesuche liegt die Besorgnis zum Grunde, daß, wenn er vor zehn Jahren seines neuen Dienstes dienstunfähig werden sollte, seine Witwe keinen Anspruch auf eine Pension hätte.

Der Justizminister glaubt in der Rücksicht, daß Mayr für seine Pflicht gelitten und sein Dienstwechsel mehr ein unfreiwilliger war, auf die Gewährung der Bitte bei Sr. Majestät anzutragen, wozu der Ministerrat seine Zustimmung10 ebenso wie zu dem weiteren Antrage

IX. Auszeichnung für Johann Jiresch

desselben Ministers gab, für den 86 Jahre alten Piseker Bürger Johann Jiresch, welcher durch 46 Jahre unentgeltlicher geschworner Kriminalgerichtsbeisitzer mit Hintansetzung seiner ökonomischen Vorteile gedient hat, das goldene Verdienstkreuz von der Ah. Gnade zu erbitten11.

X. Strafnachsichtsgesuch des Gustav Adam Chorin

Adam Chorin, Israelite aus Ungarn, 19 Jahre alt, wurde wegen des Verbrechens des Betruges und der öffentlichen Gewalttätigkeit zu zwei Jahren Kerker verurteilt. Sein Vater bittet in einem der Ah. Bezeichnung gewürdigten Gesuche um Nachsicht der Strafe.

Se. kaiserliche Hoheit der Herr Erzherzog Albrecht, Militär- und Zivilgouverneur von Ungarn, halten den Sträfling einer Nachsicht nicht würdig.

Der Justizminister und der Ministerrat sind derselben Meinung12.

XI. Anstellung eines protestantischen Geistlichen in Bodenbach

Der Minister des Kultus und des öffentlichen Unterrichtes Graf Thun besprach hierauf eine von der sächsischen Regierung anhängig gemachte Verhandlung wegen Anstellung eines protestantischen Geistlichen von ihrer Seite für die in Bodenbach befindlichen protestantischen sächsischen Beamten und ihre Kinder13.

Der Bezirkshauptmann und der Statthalter von Böhmen fänden gegen eine solche Anstellung unter der Bedingung nichts einzuwenden, daß dieser protestantische Geistliche keine anderen Funktionen als nur die für die sächsischen protestantischen Beamten und ihre Kinder verrichte14.

Der Minister Graf Thun bemerkt, daß sich bis jetzt in Bodenbach keine protestantische Station befand, daß sich aber in dieser Gegend viele Protestanten angesiedelt haben, daß sich dort in den Fabriken protestantische Arbeiter befinden und daß es schwer sein dürfte, wenn ein protestantischer Geistlicher hinkäme, ihn zu hindern, auch andere Funktionen zu verrichten. Übrigens, bemerkte der Minister Graf Thun weiter, befinde sich eine Verhandlung im Zuge, einen österreichischen protestantischen Geistlichen in der genannten Gegend anzustellen15.

Der Minister Graf Thun wird diese Verhandlung an das Ministerium des Äußern mit der Äußerung der Ansicht leiten, daß gegen die Bestellung eines protestantischen Geistlichen in Bodenbach unter dem Vorbehalte nichts erinnert werde, wenn die sächsische Regierung diesen Geistlichen wieder abrufe, sobald es von Österreich gefordert wird, oder sobald ein österreichischer protestantischer Geistlicher daselbst angestellt wird. Auch wäre der sächsischen Regierung zu bemerken, daß alles am besten dadurch ausgeglichen würde, wenn sie nur katholische Beamte in Bodenbach anstellen wollte16.

XII. Auszeichnung für Anton Mensi

Der Kriegsminister Freiherr v. Csorich brachte schließlich eine Auszeichnung für den Finanzrat Mensi in Prag in Antrag.

Mensi hat bei einer gemischten Kommission wegen Sicherstellung der Rechte des Militärärars auf einen fortifikatorischen Grund, welche im Jahre 1829 begonnen hat und erst im Jahre 1846 beendet wurde, als damaliger Fiskalamtsadjunkt in Prag ausgezeichnete Dienste geleistet. Er hat sich neben seinen übrigen Geschäften der Kommission mit außerordentlichem Eifer gewidmet. Seiner Einwirkung ist es zuzuschreiben, daß diese schwierige Kommission im Jahre 1846 zu Ende gebracht wurde und das Militärärar zu seinem Rechte gekommen ist.|| S. 567 PDF ||

Der Kriegsminister trug wegen dieser Verdienste für den von allen einschlägigen Behörden empfohlenen nunmehrigen Finanzrat Mensi auf die Ah. Verleihung des Franz-Joseph-Ordens an, womit sich der Ministerrat einverstanden erklärte17.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolles zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Wien, den 22. Februar 1852.