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Nr. 621 Ministerrat, Wien, 2. Februar 1852 - Retrodigitalisat (PDF)

  • RS.; P. Wacek; VS. Schwarzenberg; BdE. und anw. (Schwarzenberg, BdE. fehlt), Bach 4. 2., Thinnfeld 6. 2., Thun, Csorich, Krauß, Baumgartner; abw. Stadion.

MRZ. 357 – KZ. 408 –

Protokoll der am 2. Februar 1852 in Wien abgehaltenen Ministerratssitzung unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten, dann Ministers des Äußern und des kaiserlichen Hauses Fürsten Felix v. Schwarzenberg.

I. Strafgesetz und Preßgesetz

Der Minister des Inneren Dr. Bach brachte zur Kenntnis des Ministerrates, in welchem Stadium sich die Entwürfe zu dem revidierten Strafgesetze und zu dem neuen Preßgesetze befinden1.

Diese von dem Ministerrate vorbereiteten und begutachteten Entwürfe sind an den Reichsrat gelangt, wurden bei demselben beraten und Sr. Majestät vorgelegt, Allerhöchstwelche dieselben zur Schlußberatung herabgelangen zu lassen geruhten, um darin die nach den neuen Grundsätzen der Gesetzgebung notwendigen Abänderungen vorzunehmen2.

Um bei dieser, bei dem Reichsrate zu pflegenden Schlußberatung im Namen des Ministerrates vorgehen zu können, brachte der Minister des Inneren die von ihm entworfenen, hier angeschlossenen Bemerkungen und Zusätze zu dem revidierten Strafgesetzea, insbesondere über geheime und unerlaubte Gesellschaften und unberechtigte Petitionssammlungen, mit der Bemerkung zum Vortrage, daß hierbei die Bestimmungen des früheren Strafgesetzes und jene zum Grunde gelegt worden sind, welche früher hinsichtlich der geheimen Gesellschaften und im Vereinsgesetze gegen unerlaubte Vereine festgesetzt waren.

Mehrere andere Redaktionsänderungen in dem Strafgesetze, welche deshalb als notwendig erscheinen, weil der Entwurf dazu nach der damaligen Gesetzgebung verfaßt wurde, wo noch Geschwornengerichte bestanden und wo Bestimmungen über die Berechtigung zum Landtage vorkommen etc., wird der Minister des Inneren mit dem Justizminister vereinbaren, sowie auch mit demselben den Entwurf des neuen Preßgesetzes noch vorläufig besprechen.

Über die von dem Minister des Inneren vorgetragenen oberwähnten Bemerkungen und Zusätze zu dem revidierten Strafgesetze ergaben sich folgende Erinnerungen:

§ 278. Im Absatze b) vierte Zeile dieses Paragraphes wäre statt „falsche Verfassung, falsche Satzungen“ zu setzen: „andere als die wirklich bestehende Verfassung und Satzungen“ etc.|| S. 525 PDF ||

Der Absatz c) wäre hier nicht aufzunehmen und dafür ein eigener Paragraph mit eigenen Strafen im Strafgesetzbuche zu bestimmen.

Im § 290, dritte Zeile, sind statt des Bindewortes „und“, welches zu der Zweideutigkeit Anlaß geben könnte, daß die verbundenen Sätze vereint die hier erwähnte Übertretung ausmachen, die Wörtchen „so wie“ zu setzen, und die Wörter „ohne die nach dem Gesetze erforderliche Bewilligung“ sind den beiden ersten Ausdrücken, um auf beide bezogen werden zu können, nachzusetzen; wornach der Eingang dieses Paragraphes ungefähr so lauten würde: „Die Bildung eines Vereines so wie die öffentliche Anwerbung hiezu durch Subskriptionseröffnung u. dgl., ohne die nach dem Gesetze erforderliche Bewilligung erhalten zu haben, ist eine Übertretung usw.“

§ 291 sind zwischen die Worte „verweigert wurde“ die Worte einzuschalten, „oder wozu keine Bewilligung eingeholt“ usw.

§ 292, Zeile 2, wurde statt der Worte „ungeachtet der ihm bekannt gewordenen Verweigerung“ die Worte beliebt „ungeachtet der erfolgten Verweigerung“ usw., weil jeder Teilnehmer wissen soll und kann, daß die Gesellschaft eine unerlaubte ist.

§ 293 wurde es nicht als notwendig und zweckmäßig erkannt, für jede, vielleicht unbedeutende oder nützliche Änderung der Statuten die Einholung der Bewilligung der Behörde unter Strafsanktion vorzuschreiben, zumal in den Statuten selbst die Zulässigkeit solcher Änderungen vorgesehen sein kann. Im Eingange dieses Paragraphes sind daher statt der Worte „ohne Einholung der Bewilligung der Behörde“ die Worte zusetzen: „ohne Beobachtung der statutenmäßig dafür bestehenden Norm“ usw.

§ 294. Der Eingang dieses Paragraphes hätte statt der angetragenen, zu weit gehenden und bisher nicht bestandenen Bestimmung dahin zu lauten: „Einer Übertretung macht sich derjenige schuldig, welcher Versammlungen zu politischen Zwecken, ohne hierzu von der Behörde usw. die Bewilligung erhalten zu haben“.

Die §§ 295 und 296 werden, als in der früheren Gesetzgebung nicht enthalten und nicht unbedingt notwendig, hier weggelassen.

Der Minister Ritter v. Baumgartner würde gegen das Stehenlassen des § 296, welcher immerhin eine nützliche neue Bestimmung enthält, nichts zu erinnern gefunden haben.

Die übrigen Paragraphe gaben zu keiner besonderen Bemerkung Anlaß3.

II. Privilegiengesetz (3. Beratung)

Der Finanz- und Handelsminister Ritter v. Baumgartner setzte hierauf seinen Vortrag über den Entwurf des neuen Privilegiengesetzes und zwar vom § 13 angefangen fort4.

Der § 13 bestimmt sub a), daß die Privilegiumsbeschreibung in der deutschen oder in der Geschäftssprache des Landes, wo das Gesuch eingereicht wird, verfaßt sein muß.

Der Minister Graf Thun würde die hier aufgenommene Bestimmung nicht für notwendig halten, weil die Fabrikanten und überhaupt alle, die ein Privilegium ansuchen,|| S. 526 PDF || es in ihrem Interesse finden werden, auch ohne eine diesfällige Anordnung die Privilegiumsbeschreibung deutsch zu überreichen.

Der Justizminister Ritter v. Krauß findet gegen die Aufnahme der gedachten Bestimmung nichts zu erinnern, meint aber, daß es zweckmäßig und beruhigend wäre, den Beisatz hinzuzufügen, daß, wenn die Beschreibung in einer anderen als der deutschen Sprache überreicht worden ist, auch eine deutsche Übersetzung davon beigelegt werden müsse.

Dagegen wurde erinnert, daß hiernach auch die Italiener verhalten werden müßten, von der in ihrer Sprache verfaßten Beschreibung eine deutsche Übersetzung beizubringen, was nicht rätlich zu sein scheine.

Es wurde demnach beschlossen, den § 13 zu belassen, wie er angetragen ist.

In dem Absatze g) dieses Paragraphes, vierte Zeile, ist statt des Wortes „dieselbe“ das Wort „erstere“ zu setzen, um dadurch die Modelle von der nachfolgenden Bestimmung auszuschließen.

§ 17. Bei Gelegenheit diese Paragraphes fand der referierende Minister zu bemerken, daß die hier aufgenommene Bestimmung eine neue, eine wesentliche Verbesserung des früheren Privilegien­systems beabsichtigende ist.

Bis jetzt wurde nämlich die Privilegiumsbeschreibung gar nicht geöffnet und in Ansehung ihres Wertes untersucht. Diese Beschreibung wurde erst nach Ablauf der Privilegiumsdauer, nachdem der Privilegierte das Alleinrecht durch eine Reihe von Jahren genossen und Vorteile daraus gezogen hatte (welche ihm selbst nach der Privilegiumsdauer durch die sich herausgebildete Gewohnheit gesichert blieben) geöffnet und oft so schlecht gefunden, daß sie zu keinem Gebrauche geeignet war, und nach dieser Beschreibung die privilegierte Erfindung, Entdeckung oder Verbesserung nicht nachgemacht, somit zu keinem Gemeingute werden konnte.

Dieser Unzukömmlichkeit soll die Bestimmung dieses Paragraphes abhelfen, worin angeordnet wird, daß alle Privilegiumsbeschreibungen versiegelt an das Handelsministerium zu gelangen haben und bei diesem in Ansehung der bNotwendigkeit zur Klarheitb einer genauen Prüfung vor der Privilegiumserteilung unterzogen werden sollen.

Hierdurch werde sichergestellt, daß die neue Erfindung, Entdeckung oder Verbesserung nach Ablauf der Privilegiumsdauer ein Gemeingut aller Staatsangehörigen werden kann.

Mit den Bestimmungen dieses Paragraphes erklärte sich der Ministerrat vollkommen einverstanden.

Die Beratung über den III. Abschnitt des Privilegiengesetzentwurfes (von den mit den ausschließ­enden Privilegien verbundenen Vorteilen und Befugnissen) wird nächstens folgen5.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolles zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Wien, den 9. Februar 1852.