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Nr. 618 Ministerrat, Wien, 26. Jänner 1852 - Retrodigitalisat (PDF)

  • RS.; P. Wacek; VS. Schwarzenberg; BdE. und anw. (Schwarzenberg, BdE. fehlt), Bach 28. 1., Thinnfeld 28. 1., Thun, Csorich, Krauß, Baumgartner; abw. Stadion.

MRZ. 287 – KZ. 405 –

Protokoll der am 26. Jänner 1852 in Wien abgehaltenen Ministerratssitzung unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten, dann Ministers des Äußern und des kaiserlichen Hauses Fürsten Felix v. Schwarzenberg.

I. Umschrift der neu zu prägenden Münzen

Der Finanzminister Ritter v. Baumgartner brachte die Umschrift auf die neu zu prägenden Zwanziger zur Sprache und meinte, daß sich dieselbe statt der früher üblichen auf den alles in sich fassenden Ausdruck: „Franciscus Josephus I. Austriae Imperator etc.“ zu beschränken hätte, durch welchen Ausdruck auch am besten die Einheit des Reiches vor die Augen gestellt werde.

Der Ministerrat erklärte sich damit einverstanden1.

II. Strafbestimmung für den Schmuggel verbotener Waren

Derselbe Minister trug hierauf auf die Erlassung einer modifizierenden Bestimmung zu dem Strafgesetze über Gefällsübertretungen hinsichtlich der Schwärzungen der verbotenen Waren an. Die Strafe besteht bei diesen Schwärzungen im Verfalle der Waren und in der einfachen oder doppelten Wertstrafe. Vom 1. Februar, dem Tage der Wirksamkeit des neuen Zolltarifs2, soll folgende Bestimmung gelten: Wenn die Ware früher zu den verbotenen gehörte, welche in dem neuen Tarife nicht zu dieser Gattung von Waren gehört, so sollen hinsichtlich derselben dieselben Strafen in Anwendung kommen, welche bis jetzt für die verbotenen Waren gegolten haben, z. B. jene Seiden-, Schafwoll- etc. Waren, welche früher verboten waren und vom 1. Februar d. J. an nicht mehr zu den verbotenen gehören, werden in Ansehung der Strafen so wie die verbotenen behandelt. Diese Bestimmung wird auch auf die Länder, wo das Gefällsstrafgesetz bis jetzt keine Anwendung hatte, wie Ungarn etc., ausgedehnt.

Der Ministerrat fand dagegen nichts zu erinnern3.

III. Auszeichnung für Franz Peters

Mit dem weiter gestellten Antrage desselben Ministers, für den Zentralarchivar des Katastralarchivs Franz Peters, welcher 26 Jahre bei Militär gedient, als Hauptmann ausgetreten und nun 24 Jahre im Zivile (somit zusammen 50 Jahre) ausgezeichnete Dienste leistet und sich stets gut benommen hat, von Sr. Majestät die Auszeichnung des goldenen Verdienstkreuzes mit der Krone zu erbitten, erklärte sich der Ministerrat vollkommen einverstanden4.

IV. Instanzenzug in Zivilrechtssachen

Der Justizminister Ritter v. Krauß bemerkte, daß infolge der Ah. erlassenen Grundzüge von 31. Dezember 1851 nun die Bestimmung erlassen werden müsse, daß vom 1. März d. J. an die zweiten Zivilinstanzen die Appellationsgerichte und die dritte der Oberste Gerichtshof sein werde, aund daß diese Änderung des Instanzenzuges vom 1. März d. J. zu beginnen habea .

Gegen den Entwurf der diesfälligen bkaiserlichen Verordnung, welche der Justizminister infolge der Ah. Anordnung Sr. Majestät vorzulegen hat,b ergab sich keine Erinnerung5.

V. Belassung des Adam Ritter v. Burg im Lehramt

Se. Majestät haben den Direktor des polytechnischen Institutes Regierungsrat Burg zum Sektionsrate bei dem Handelsministerium zu ernennen geruhet, ohne über dessen Bezüge etwas Näheres zu bestimmen6.

Derselbe genoß als Professor der Mechanik 2000 f. und als Direktor 1000 f. nebst einem Naturalquartiere. Burg bittet, bei der Professur der Mechanik und bei seinem Titel Regierungsrat belassen, übrigens hinsichtlich der Bezüge gnädig behandelt zu werden.

Der Minister des Kultus und des öffentlichen Unterrichtes Graf Thun beabsichtiget bei Sr. Majestät anzutragen, der Bitte des Regierungsrates Burg zu willfahren und ihm zu seinem Gehalte als Professor per 2000 f. eine Personalzulage von 1000 f. und das Quartiergeld (eines Sektionsrates) von 300 f. zu bewilligen, wodurch sich seine Genüsse ungefähr auf das stellen würden, was er als Direktor des Institutes bezog.

Der Ministerrat erklärte sich damit einverstanden, der Handelsminister insbesondere mit der Bemerkung, daß er bei dem Umstande, wo er den Burg in seinem Ministerium nicht wohl verwenden und beschäftigen könnte, und zur Ersparung eines anderen Professors der Mechanik, in welchem Fache Burg sehr erfahren ist, wünschen müsse, denselben bei der gedachten Professur ferner zu belassen7.

VI. Auszeichnung für Johann Aichinger

Dem Antrage des Ministers Grafen Thun auf Verleihung des goldenen Verdienstkreuzes mit der Krone an den Direktor des Taubstummeninstitutes in Linz Pater Johann Aichinger, welcher seit Dezember 1828 Priester und seit September 1833 Direktor der genannten Anstalt ist, um deren intellektuelle Hebung und Vermehrung ihres Vermögens er sich ausgezeichnete Verdienste erworben hat, und den alle Unterbehörden einer Auszeichnung würdig erkennen, wurde vom Ministerrate beigestimmt8.

Ebenso hat der Ministerrat den nachfolgenden Anträgen des Ministers Grafen Thun seine Zustimmung erteilt:

VII. Auszeichnung für Wolfgang Danner

auf Verleihung des goldenen Verdienstkreuzes an den von dem Abte zu Kremsmünster, der Landesschulbehörde und dem Statthalter von Oberösterreich warm empfohlenen emeritierten Professor der Mathematik an dem Obergymnasium zu Kremsmünster Stiftspriester Wolfgang Danner.

Er kann wegen vorgerückten Alters und Kränklichkeit nicht mehr dienen, und war einer der tüchtigsten und zugleich beliebtesten Professoren seines Faches9.

VIII. Auszeichnung für Franz Gasser

auf Verleihung des silbernen Verdienstkreuzes mit der Krone an den Schullehrer der Pfarre St. Dionis zu Irschen in Kärnten Franz Gasser wegen seiner langjährigen und ausgezeichneten Wirksamkeit in der Schule und der Kirche.

Das fürstbischöfliche Gurker Konsistorium, die Bezirkshauptmannschaft von Spital und die Landesschulbehörde empfehlen diesen 72 Jahre alten und mehr als ein halbes Jahrhundert dienenden Schullehrer auf das wärmste10.

IX. Quieszierung Peter Tipulas

Der Minister Graf Thun besprach weiter die Quieszierung des vormaligen Professors der politischen Wissenschaften und des Wechselrechtes an der Pester Universität Dr. Peter Tipula11.

Das Kriegsgericht zu Ofen-Pest hat über Tipula das Urteil gefällt, daß er im politischen Wege seines Amtes als Professor zu entheben sei, indem er sein Verhalten während der ungarischen Revolution nicht gerechtfertiget habe.

Er genoß als Professor einen Gehalt von 1200 f. und eine Personalzulage von 200 f. und wurde dem gedachte Spruche zufolge aufgefordert, seine Dokumente behufs seiner weiteren Behandlung vorzulegen. Nach diesen dient Tipula über 26 Jahre und war einer der besten Professoren zu Pest. Der interimistische Statthalter von Ungarn trägt auf die Hälfte des Gehaltes als Quieszentengebühr und darauf an, daß dem Tipula seiner Bitte gemäß gestattet werde, sich um einen angemessenen anderen, außerhalb der Sphäre des Lehrfaches liegenden Dienstposten in Kompetenz setzen zu dürfen.|| S. 513 PDF ||

Der Minister Graf Thun vereiniget sich mit diesem Antrage.

Der Ministerrat stimmt diesem Antrage insofern bei, als es sich um die Bewilligung des normalmäßigen Quieszentenbezuges von 600 f. von dem Zeitpunkte der Einstellung des Aktivitätsgehaltes des Tipula handelt, war aber der Ansicht, daß der weitere Passus wegzulassen wäre, weil es den Quieszenten, wenn sie sich dienstfähig fühlen, ohnedies freigestellt ist, sich um angemessene Dienstposten zu bewerben, und aus jener Gestattung leicht ein Recht auf eine Wiederanstellung abgeleitet werden könnte12.

X. Auszeichnung für Eduard Griez v. Ronsé

Der Minister des Inneren Dr. Bach unterstützte den Antrag des FML. Grafen Coronini, dem Ministerialkommissär Ministerialrate Griez in Ansehung seiner langen ausgezeichneten Dienstleistung überhaupt und der Verdienste, die er sich als Kreishauptmann in Dalmatien und als Leiter der Kommission an der Seite des Chefs Graf Coronini erworben hat, die taxfreie Verleihung des Ritterkreuzes des österreichischen Leopoldordens von der Ah. Gnade Sr. Majestät zu erwirken.

Der Ministerrat stimmte diesem Antrage bei13.

XI. Behandlung des Bischofs Vinzenz Jekelfalusy

Derselbe Minister referierte hierauf über die Behandlung des Bischofes Jekelfalusy14. Jekelfalusy war ernannter Bischof, aber auf sein Bistum noch nicht investiert, als die ungarischen Wirren einbrachen. Nach Besetzung von Ungarn im Jahre 1849 wurde er seines Bistumes enthoben und dieses einem anderen verliehen. Das Kriegsgericht, vor welches Jekelfalusy gestellt wurde, hat ihn von jeder Schuld freigesprochen, so wie auch die nachgefolgte Disziplinarverhandlung ihn schuldlos gefunden hat.

Se. Majestät haben bei diesen Umständen dem Bischofe Jekelfalusy nach dem Antrage des Ministerrates eine Pension von 4000 f. jährlich aus dem Kameralärar zu bewilligen und auszusprechen geruhet, daß ihm nach Abschluß der Interkalarrechnung nach Maßgabe der Interkalareinkünfte eine Aversualsumme als Abfertigung gegeben werden solle. Gegenwärtig bittet Jekelfalusy in einem der Ah. Bezeichnung gewürdigten Gesuche, daß er in eine Lage versetzt werde, die aus Anlaß der Erhaltung des Bistumes gemachten Schulden, die sich samt Interessen über 25.000 f. belaufen, tilgen zu können.

Über dieses Gesuch wurden Verhandlungen bei den Ministerien des Inneren, des Kultus und der Finanzen gepflogen. Das Finanzministerium hat darüber die ungarische Statthalterei und die dortige Finanzlandesdirektion vernommen. Diese meint, daß ungeachtet die Ziffer der Interkalarrechnung noch nicht festgestellt ist, auf eine Abfindung von 25.000 f. angetragen werden dürfte, womit sich der interimistische Statthalter und der Kultusminister einverstanden erklärten. Das Finanzministerium glaubt dagegen, daß diese Ziffer auf 15.000 f. zu beschränken wäre.

Der Minister des Inneren Dr. Bach bemerkt, daß politische und überwiegende Billigkeitsgründe dafür sprechen, den Bischof Jekelfalusy cmit Billigkeitc zu behandeln. Er sei|| S. 514 PDF || von dem Kriegsgerichte und in der Disziplinarverhandlung schuldlos erkannt worden und habe dennoch die Entziehung des Bistums mit Geduld hingenommen. Wäre das Bistum dund das von ihm früher innegehabte Kanonikat in Gran, welches ihm im Falle der Nichtaufrechthaltung seiner Ernennung zum Bischofe hätte verbleiben sollen,d nicht anderweitig vergeben worden, so hätte er in dasselbe wieder eingesetzt werden müssen. Wenn ihm nun Se. Majestät eine Gnade erweisen wollen, so soll es nach der Ansicht des referierenden Ministers in einer Art geschehen, daß er sich von den aus Anlaß des Bistums gemachten Schulden (die samt Interessen über 25.000 f. betragen) freimachen kann. Der Minister Dr. Bach beabsichtiget demnach, bei Sr. Majestät den Antrag zu stellen, daß dem Jekelfalusy eine Aversualsumme von 25.000 f. zur Zahlung seiner Schuld umso mehr Ag. bewilliget werde, als die dabei auch in Frage stehende Würde der Regierung eine solche Behandlung des Jekelfalusy erheischt, und er zahlreiche mittellose Verwandte zu unterstützen hat.

Der Ministerrat erklärte sich damit einverstanden, der Finanzminister bloß aus der fast in das Rechtsgebiet einschlagenden Rücksicht, daß Jekelfalusy, wenn sein Bistum eund sein Kanonikate von der Regierung nicht anderweitig wäre besetzt worden, er nach dem Ausfalle der Untersuchung und nach erfolgter Schuldloserklärung in dasselbe hätte eingesetzt werden müssen, was aber nun nicht mehr geschehen kann15.

XII. Auszeichnung für Peter Turcatti

Gegen die von dem Minister Dr. Bach angetragene Auszeichnung mit dem goldenen Verdienstkreuze mit der Krone an den Kooperator in der Provinz Sondrio Peter Turcatti ergab sich keine Erinnerung.

Dieser Priester hat einem in ein Präzipiz gefallenen österreichischen Soldaten mit herbeigezogenen Leuten und mit eigener großer Lebensgefahr aus diesem Abgrunde herausgebracht, auf diese Art gerettet und den stark Beschädigten bei sich gewartet und gepflegt. Der Feldmarschall Graf Radetzky trug auf die erwähnte Auszeichnung für den genannten Priester an16.

XIII. Pensionserhöhung für Ferdinand Gubatta

Der Minister für Landeskultur etc. Edler v. Thinnfeld brachte schließlich eine Meinungsverschiedenheit zwischen ihm und dem Finanzministerium aus Anlaß des Ah. bezeichneten Gesuches des pensionierten Oberförsters in Galizien Ferdinand Gubatta um Erhöhung seiner Pension zum Vortrage17.

Gubatta hat 30 Jahre sieben Monate unter Eidespflicht und früher elf Jahre bei der Waldmappierung ohne Eid gedient. Im Jahre 1849 wurde er wegen Kränklichkeit normalmäßig|| S. 515 PDF || mit der Hälfte seines in 642 f. bestandenen Gehaltes, d. i. mit 321 f., pensioniert. Über ein Gnadengesuch desselben haben ihm Se. Majestät im Jahre 1850 zwei Drittel seines Gehaltes, d. i. 428 f. als Pension zu bewilligen geruhet18.

Gegenwärtig bittet er um abermalige Erhöhung seiner Pension oder um eine Personalzulage, da er wegen seines im Dienste sich zugezogenen Gichtleidens sich der Krücken und der Leute zur Unterstützung bedienen und ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen muß.

Die galizische Finanzlandesdirektion trägt bei dem Umstande, daß Gubatta im ganzen über 40 Jahre, wenn auch nicht alle unter Eid, gedient hat und bei seinem mißlichen Gesundheitszustande auf Belassung seines ganzen Gehaltes als Pension an.

Der Minister v. Thinnfeld meint, daß ihm 600 f. zu bewilligen wären, während der Finanzminister keinen Grund zu einer weiteren Erhöhung der Pension des Gubatta findet, da die früher ohne Eid geleisteten schon bei seiner günstigeren Behandlung im Jahre 1850 berücksichtiget worden seien.

Der Ministerrat vereinigte sich (auch mit endlicher Zustimmung des Finanzministers) mit dem Antrage des Ministers v. Thinnfeld19.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolles zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Wien, den 29. Jänner 1852.