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Nr. 593 Ministerrat, Wien, 4. Dezember 1851 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Wacek; VS. Schwarzenberg; BdE. und anw. (Schwarzenberg 5. 12.), P. Krauß 8. 12., Bach 12. 12., Thinnfeld 5. 12., Thun, Csorich, K. Krauß, Baumgartner 5. 12.; abw. Stadion, Kulmer.

MRZ. 4066 – KZ. 4272 –

Protokoll der am 4. Dezember 1851 in Wien abgehaltenen Ministerratssitzung unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten, dann Ministers des Äußern und des kaiserlichen Hauses Fürsten Felix v. Schwarzenberg.

[I.] Staatsvoranschlag pro 1852 (3. Beratung)

Fortsetzung der Beratung über den Staatsvoranschlag für das Verwaltungsjahr 18521.

A. Staatseisenbahnen: Der Finanzminister bemerkte, daß für das Jahr 1852 für den Bau der Staatseisenbahnen 15,787.000 fr., für die Verzinsung und Rückzahlungen 1,900.000 fr. und für die Betriebsunternehmung 2,900.000 fr. an Anspruch genommen werden.

Als der Staat die Eisenbahnen zu bauen beschlossen hat, seien für dieselben zehn Millionen jährlich durch eine Reihe von Jahren gewidmet worden.

Die zur Prüfung des Staatsvoranschlages zusammengesetzte Kommission kommt auf diesen Betrag zurück und meint, unter näherer Angabe der Posten, bei welchen Ersparungen eintreten könnten, daß der Mehranspruch gestrichen werden dürfte2.

Der Minister für Handel, Gewerbe und öffentliche Bauten Ritter v. Baumgartner entgegnet hinsichtlich dieses Antrages, daß, wenn das Komitee in eine genaue Vergleichung dessen eingegangen wäre, was gegenwärtig bei den Eisenbahnen gegen früher geleistet werden soll, es schwerlich zu diesem Resultate gekommen wäre. Früher seien keine Eisenbahnen in Ungarn und Galizien zu bauen, keine Einlösungen und keine Betriebsmittelanschaffungen gewesen, und die ganzen zehn Millionen konnten zum Eisenbahnbau verwendet werden.

Sollen gegenwärtig für die Einlösungen 1,900.000 fr. und für die Betriebsmittelanschaffung 2,900.000 [fr.] (und daß die fertigen Bahnen mit den gehörigen Betriebsmitteln versehen werden, hält der Minister v. Baumgartner für das Erste und Notwendigste), zusammen also 4,800.000 fr. verwendet werden, so blieben von den angedeuteten zehn Millionen ungefähr fünf Millionen für den eigentlichen Eisenbahnbau. Mit diesem Betrage könnte, wie der Minister bemerkte, nur der Bau am Semmering und eine Strecke der südlichen Bahn von Laibach gegen Triest, soweit sie nämlich bereits genehmigt ist, fortgesetzt werden, und alles Übrige müßte einstweilen ruhen.

Ferner bemerkte derselbe, daß noch ausständige Posten aus früheren Jahren (an Talacchini, an die Nordbahn 200.000 fr. und an die Südbahn 700.000 fr.) zu berichtigen sind|| S. 392 PDF || und der Eisenbahnbau in Ungarn und Galizien, dann von Kufstein nach Innsbruck zu beginnen haben wird. In Mittelitalien werden ausgedehnte Anstalten zu Eisenbahnbauten in nächster Zukunft getroffen. Rücksichtlich dieser habe der Feldmarschall Graf Radetzky Se. Majestät auf die Notwendigkeit aufmerksam gemacht, unsere Eisenbahn bis Mailand bald zu vollenden, weil sonst im Falle eines Krieges die mittelitalienischen Bahnen dazu benützt werden könnten, uns schnell Feinde zuzuführen, während wir, wenn nicht an den Bau der Eisenbahn bis Mailand Hand gelegt wird, ihnen nicht so schnell entgegentreten könnten. Diese Bauten sind aber, wie der Handelsminister bemerkte, erst im Werden und die Gegenmaßregeln nicht von so großer Dringlichkeit.

Der Finanzminister verkannte nicht die Schwierigkeit, bei den Eisenbahnen mit Restriktionen vorzugehen, konnte aber nicht unbemerkt lassen, daß gerade die Bauten es sind, bei welchen, wenn man sich nur auf die dringendsten und unvermeidlichen Objekte beschränkt, gesagt werden kann: so und so viel wird erspart und beziehungsweise weniger ausgegeben.

Die Vollendung der Bahnen bis zu ihrem Ausgangspunkte halte auch er für eine Lebensfragea, nur müsse er bitten, jetzt den Zustand dieses Jahres zu berücksichtigen und ihn darin zu unterstützen, daß wir mit keinem erschreckenden Budget des Jahres 1852 vor die Öffentlichkeit treten. Wenn bessere Verhältnisse eintreten, dann werden größere Summen für die Eisenbahnen verwendet werden können, und erscheint das Defizit für 1852 nur mäßig und lebt infolgedessen unser Kredit auf, so dürften diese besseren Verhältnisse nicht lange auf sich warten lassen.

Nach diesen Erörterungen wurde es, dem Wunsche des Finanzministers gemäß, angemessen erkannt, diese Post (Eisenbahnbauten) einstweilen noch in suspenso zu belassen, bis die anderen Rubriken des Ministeriums für Handel, Gewerbe und öffentliche Bauten geprüft sein und man sehen werde, welche Ersparungen dabei erzielt werden können, um hiernach zu bemessen, ob und welcher Betrag dem Eisenbahnbaue allenfalls zuzulegen wäre.

Der Minister des Inneren glaubte hier nur noch die Bemerkung beifügen zu sollen, daß er es für eine Kalamität ansehen müßte, wenn der Eisenbahnbau in Ungarn und Galizien ganz eingestellt würde, nämlich gerade das, was dem Lande Nutzen gewähren soll und man von der Regierung erwartet.

B. Telegraphen. Für diese werden 500.000 fr. angesprochen. Das Komitee trägt auf eine Verminderung des Ansatzes um 100.000 fr. an, der Finanzminister meint aber, daß eine größere Ersparung etwa von 200.000 fr. erzielt werden dürfte, wenn sich nur auf das Notwendigste beschränkt und im Jahr 1852 der Telegraph nicht über Lemberg hinaus (gegen Czernowitz) gebaut wird. Eine Ersparung lasse sich auch aus der von dem Handelsminister bereits eingeleiteten Vereinigung der Telegraphen mit der Postregie erwarten.

Der Handelsminister bemerkte, daß er bei dieser Rubrik im Jahre 1852 alles Verschiebliche unterlassen werde, aber die Andeutung für notwendig gehalten hätte, was gebaut und was unterlassen werden soll, um sich darnach richten zu können.|| S. 393 PDF ||

Im allgemeinen wurde hier bemerkt, daß der Telegraph von Lemberg nach Czernowitz noch verschoben werden könne, dagegen wurde der Telegraph nach Modena, Parma und Sardinien vom Minister des Äußern als dringend erklärt, so wie auch die Telegraphen bis Hermannstadt und bis Cattaro, von Agram nach Peterwardein und von Pirano nach Pola nicht bloß als wünschenswert, sondern als dringend erkannt worden sind. Ferner wurde bemerkt, daß die Auslage auf Telegraphen nicht so bedeutend sei, ein Einkommen gewähre und daß es, wenn man die Regierung bauen sieht, den Kredit vermehre.

C. Baulichkeiten. a) Regie. Für diese wurden im Jahre 1848 540.000 fr. und jetzt werden 1,800.000 fr., also mehr als das dreifache angesprochen. Ungarn, Siebenbürgen, Kroatien, Slawonien etc. erscheinen dabei nur mit 463.000 fr., also nicht übermäßig beteiligt, und das übrige falle auf die anderen Provinzen.

Die Kommission hat auf eine Verminderung von 50.000 fr. angetragen, der Finanzminister hält aber eine von 150.000 fr. für möglich.

Der Minister Ritter v. Baumgartner bemerkte, daß er bereits Reduktionen bei den Bauämtern und Baudirektionen vorgenommen und die Kreisbauämter aufgehoben habe, die entbehrlichen Beamten können nicht weggeschickt und müssen jedenfalls durch ein Jahr erhalten werden. Auch fügte er bei, daß sich die erwähnten Regieauslagen meistens auf Ah. Bewilligungen Sr. Majestät gründen. Er seinerseits werde sich es angelegen sein lassen, die vom Finanzminister angedeutete Ersparung zu erzielen, obgleich er nicht verbürgen könne, ob es ihm bei dem Mangel aller näheren Angaben, wo und wie viel erspart werden soll, im ganzen Umfange möglich sein werde.

b) Straßenbau. Hiefür werden als ordentliche Dotation 6,900.000 fr. und als außerordentliche Dotation 2,758.000 fr. angesprochen. Vom Jahre 1844 bis 1848 wurden für außerordentliche Straßenbauten nur 700.000 fr. bewilliget.

Das Komitee deutete mehrere Objekte an, welche unterlassen werden könnten, wie der Umbau der Poststraße am Wiener Berg, Umpflasterung der Wiedner Hauptstraße, Umlegung der italienischen Straße in Kärnten etc. etc., und meinte, daß diese Post sich auf 2,200.000 fr. ermäßigen ließe.

Der Minister v. Baumgartner bemerkte im allgemeinen, daß er alles nicht dringend notwendige zurückweisen werde, daß jedoch die Umlegung der italienischen Straße in Kärnten, deren Dringlichkeit anerkannt sei, nicht werde verschoben werden können.

Derselbe wurde angegangen, die angedeuteten Posten noch einmal durchgehen zu lassen und zu bestimmen, was mit Rücksicht auf die Elementarbeschädigungen des letzten Sommers und Herbstes sich allenfalls ersparen lasse und was dringend vorgenommen werden muß.

c) Wasserbauten. Für diese wurden vor dem Jahre 1848 2,700.000 fr. präliminiert, jetzt werden für 1852 4,375.000 fr. in Anspruch genommen, um 281.000 fr. mehr als selbst für das Jahr 1851. Darunter erscheinen Häfen mit 626.000 fr. und die sonstigen Wasserwerke mit 1,708.000 fr. Das Komitee hat auf eine Mäßigung von 1,800.000 fr. angetragen, wornach für den Wasserbau noch immer 2,575.000 fr. zur Disposition blieben. Der Handelsminister bemerkte, daß das bedeutende Erfordernis für den Wasserbau durch den verwahrlosten Zustand unserer Wasserstraßen motiviert sei, er werde übrigens, der an ihn gerichteten Einladung gemäß, die sämtlichen Posten mit Rücksicht auf die möglichen Ersparungen durchgehen lassen und das Resultat mitteilen.|| S. 394 PDF ||

D. Post. Früher warf die Postanstalt ein Einkommen von zwei Millionen ab und jetzt ist sie beinahe passiv. Es werden zwar 452.000 fr. als Überschuß angeführt, allein es sei sehr problematisch, ob er auch werde erreicht werden.

An diesem Zustande, bemerkte der Finanzminister , seien, da die Einnahmen dieselben geblieben sind, nur die sehr gestiegenen Auslagen allein Schuld. Bei Vergleichung von fünf Posten zeigte sich, daß dafür früher 3,400.000 fr. verwendet worden, jetzt aber 6.060.000 fr. erforderlich sind.

Namhafte Mehrauslagen wurden dadurch veranlaßt, daß überflüssige Postdirektionen errichtet und die Postkurse sehr vervielfältigt wurden, welche sich nicht auszahlen, daß die Zustellungen zu häufig geschehen, daß die Postkondukteure sehr vermehrt wurden und daß Eisenbahnposten errichtet worden sind, welche nicht praktisch zu sein scheinen.

Durch Zurückführung alles dessen auf das rechte Maß werden sich, meint der Finanzminister, nicht unwesentliche Einsparungen erzielen lassen.

Die Kommission meint, daß nach Verminderung der Ausgaben sich ein um 400.000 fr. höherer Ertrag, als der Anschlag ist, erwarten lassen dürfte.

Der Handelsminister wünschte die nähere Angabe, aus welchen Posten sich diese höhere Einnahme versprochen werde, und bemerkte hinsichtlich der Eisenbahnposten, daß diesfalls Postverträge bestehen, welche er nicht aufheben könne. Er werde alle Postkurse, welche seit ihrer Errichtung sich jedes Jahr mehr negativ zeigten, aufheben und nur jene beibehalten, welche sich decken oder der Deckung nähern.

Auch in Ansehung dieses Gegenstandes (der Postanstalt) wurde der Minister Ritter v. Baumgartner angegangen, die einzelnen Ansätze noch einmal durchgehen zu lassen und anzugeben, was als Präliminaransatz für das Jahr 1852 in den Staatsvoranschlag aufzunehmen wäre3.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolles zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Wien, den 10. Dezember 1851.