MRP-1-2-05-0-18511017-P-0571.xml

|

Nr. 571 Ministerrat, Wien, 17. Oktober 1851 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Wacek; VS. Schwarzenberg; BdE. und anw. (Schwarzenberg 18. 10.), P. Krauß 20. 10., Bach 20. 10., Thinnfeld 20. 10., Thun, Csorich, K. Krauß, Baumgartner 20. 10.; abw. Stadion, Kulmer.

MRZ. 3546 – KZ. 3791 –

Protokoll der am 17. Oktober 1851 in Wien abgehaltenen Ministerratssitzung unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten, dann Ministers des Äußern und des kaiserlichen Hauses Fürsten Felix v. Schwarzenberg.

I. Kommission zur Revision des Reichsstatuts

Der Ministerpräsident eröffnete dem Ministerrate, daß nach einer ihm zugekommenen Zuschrift des Reichsratspräsidenten Freiherrn v. Kübeck der Reichsrat Salvotti bereits zurückgekehrt1 und der Reichsrat Freiherr v. Krieg von seinem Übel so weit wieder hergestellt ist, daß er außer dem Bette an den Geschäften wieder Anteil nehmen könnte, und daß dieser letztere es als einen Beweis besonderer Aufmerksamkeit dankbar anerkennen würde, wenn die Kommission zur Revision des Reichsstatutes sich bei ihm versammeln wollte2. Die Reichsräte v. Purkhardt und Salvotti würden sich bei Baron Krieg einfinden.

Der Ministerpräsident lud die Minister, welche an der erwähnten Kommission Teil zu nehmen haben, ein, sich sobald als möglich wegen Vornahme dieser Kommission mit Baron Krieg zu verständigen3.

II. Allgemeine Versorgungsanstalt

Der Ministerpräsident bemerkte weiter, daß Dr. Otto Werdmüller in seinem und im Namen vieler Interessenten bei der mit der ersten österreichischen Sparkasse vereinigten allgemeinen Versorgungsanstalt ihm ein Promemoria hinsichtlich der Verbesserung der Statuten dieser Anstalt überreicht habe.|| S. 289 PDF ||

Diese Eingabe werde an den Minister für Handel, Gewerbe und öffentliche Bauten Ritter v. Baumgartner zur weiteren Verfügung geleitet4.

III. Militärernennungen und Armeereduktion

Der Kriegsminister Freiherr v. Csorich teilte dem Ministerrate zwei Ah. Entschließungen mit, mit deren erster Se. Majestät den FML. Freiherrn v. Cordon zum Adlatus des Zivil- und Militärgouverneurs in Triest und den FML. Freiherrn v. Mamula zum Stellvertreter des Banus in Dalmatien zu ernennen, den FZM. Grafen Thurn aber und den FML. Reiche (bisherigen Stellvertreter des Banus) in Disponibilität zu setzen5, und mit der zweiten auszusprechen geruhet haben, welche Reduktionen bei den verschiedenen Truppenkörpern vorgenommen werden sollen6.

Die hierdurch erzielte, die Finanzen erleichternde Ersparung dürfte sich, wie der Kriegsminister weiter bemerkte, im ganzen auf ungefähr zwölf Millionen belaufen, und das Militärerfordernis für das Verwaltungsjahr 1852 sich auf 96 bis 98 Millionen stellen.

Der Kriegsminister wird übrigens eine Berechnung dieses Erfordernisses nach den von Sr. Majestät bewilligten Reduktionen von der Buchhaltung machen lassen und dieselbe dem Finanzministerium mitteilen7.

IV. Entlassung ehemaliger Honvéds aus der Armee

Der Kriegsminister bemerkte weiter, daß Se. Majestät im März 1850 über den Antrag des Kriegsministeriums zu bewilligen geruhet haben, daß die Honvéds, welche damals das 38. Lebensjahr zurückgelegt haben, aus der Armee entlassen werden8.

Bei den damals 37 Jahre alten Honvéds, welche nun das 38. Jahr erreicht haben, treten nach der Ansicht des Kriegsministers jetzt dieselben Gründe und Verhältnisse ein, welche im Jahre 1850 für die Entlassung der damals 38 Jahre alten Honvéds sprachen. Der Kriegsminister erachtet demnach, bei Sr. Majestät den au. Antrag zu stellen, daß auch diese Honvéds, deren Zahl nicht bedeutend sei, entlassen werden.

Die für diese Entlassung sprechenden Gründe sind, daß die Honvéds der letzten Kategorie, wenn sie nicht entlassen würden, noch lange und bis zu ihrem 45. Lebensjahre zu dienen hätten; daß das Wünschenswerte noch immer fortbestehe, die Honvéds aus den Reihen der Armee zu bringen und ihren Abgang durch ordentliche Rekrutierung zu ersetzen und daß, wenn diese Honvéds daselbsta blieben, viele von ihnen in paar Jahren invalid würden, wodurch dem Ärar eine große Last aufgebürdet würde.

Nachdem der Kriegsminister das von dem Minister des Inneren gegen diese Entlassung erhobene Bedenken, daß dadurch die nächste Rekrutierung in Ungarn zu stark|| S. 290 PDF || ausfallen dürfte, durch die Bemerkung behoben hatte, daß die Zahl der zu Entlassenden nicht sehr groß sein und die Rekrutierung die des vorigen Jahres nicht bedeutend übersteigen werde, einigte sich der Ministerrat dahin, daß jener Antrag des Kriegsministers bei Sr. Majestät zu unterstützen sei9.

V. Theaterbaugesuch des Georg Wilhelm Megerle v. Mühlfeld

Der Kriegsminister referierte hierauf über das Gesuch des Unternehmers und Direktors des Josefstädter Theaters Megerle v. Mühlfeld um Bewilligung zur Erbauung eines Theaters, statt des in der Josefstadt eingehenden, auf dem fortifikatorischen Grunde am Josefstädter Glacis und um Überlassung eines entsprechenden Grundes bei dem dortigen Kaffeehause zu dem gedachten Zwecke.

Die von der Generalgeniedirektion gegen die Gestattung eines solchen Baues erhobenen Bedenken, daß dieses Haus in fortifikatorischer Hinsicht für die Stadt nachteilig sein könnte, daß dieses Haus aus der gegenwärtigen Häuserreihe hervortreten würde und daß es wünschenswert sei, das Glacis nicht zu verengen, findet der Kriegsminister nicht so erheblich und in militärischer Hinsicht keinen Grund, jene Bewilligung zu versagen, weil, was die Gefahr für die Stadt bei einem allenfälligen Bombardement anbelangt, die kaiserlichen Stallungen schon der Stadt näher sind als jenes Gebäude sein würde, daß auf der einen Seite schon itzt die Häuser hervortreten, die Passage und der Exerzierplatz dadurch in keiner Beziehung beirrt und durch ein in hübscher Form erbautes Haus die rückwärtigen unansehnlichen Häuser verdeckt würden.

Gegen die Bewilligung dieses Baues erklärten sich nur die Minister Edler v. Thinnfeld und Graf Thun , weil dadurch der jetzige Kranz der Häuser durch ein neues hervortretendes Haus verunstaltet würde und es nicht ratsam ist, ohne einen Plan im ganzen einen einzelnen Bau zu gestatten.

Die übrigen Stimmführer dagegen, somit die eminenter Majora, waren mit dem Kriegsminister für die bei Sr. Majestät zu unterstützende Bewilligung dieses Baues einverstanden10.

VI. Gnadengehalt der Witwe nach Johann Arnold

Derselbe Minister brachte weiter die Erwirkung eines Gnadengehaltes für die Hauptmannswitwe Arnold, wogegen sich das Finanzministerium erklärt hatte, zum Vortrage. Er bemerkte, daß der Hauptmann Arnold 24 Jahre gut gedient, die Feldzüge von den Jahren 1813, 1814 und 1815 mitgemacht habe und zuletzt bei dem hiesigen Platzkommando verwendet worden sei. Dieser Hauptmann ist vom Militär ausgetreten gewesen, hat während dieses Austrittes geheiratet und bei seinem Wiedereintritte den Pensionsverzichtsrevers seiner Gattin, der gegenwärtigen Bittstellerin, überreicht.

Der Finanzminister erklärte sich gegen eine solche Bewilligung an die gedachte Witwe, weil sie, wenn auch ein geringes, doch einiges Vermögen, nämlich ein Haus mit Garten und einigen Grundstücken in Theresienfeld, besitze, die Dienstleistung des Hauptmanns|| S. 291 PDF || Arnold unterbrochen war, er bei seinem Wiedereintritte den Pensionsverzichtsrevers seiner Gattin überreichte und diese seine nunmehrige Witwe keine Kinder hat.

Mit dem Finanzminister vereinigten sich alle übrigen Stimmführer des Ministerrates11.

VII. Gnadengehalt für die Waisen nach Ignaz Krauß

Der Kriegsminister bemerkte, daß der Hauptmann Krauß über 40 Jahre bei der Artillerie gedient und gegen Pensionsverzichtsrevers, und zwar nicht bloß für seine Gattin, sondern auch für seine Kinder, geheiratet habe. Seine Witwe sei alt und gebrechlich. Von ihren sechs Kindern sind nur zwei versorgt. Von den übrigen vieren muß die älteste gesunde Tochter mit ihrer Hände Arbeit sowohl die alte Mutter als ihre drei Geschwister (von welchen eine an Beinfraß, eine an der Rachitis leidet und verkrüppelt ist und die dritte sich wegen ihrer Jugend noch nichts erwerben kann) erhalten, wornach sich die Familie in den mißlichsten Umständen befindet.

Der Kriegsminister beabsichtiget, für die drei Waisen auf Erziehungsbeiträge von 80 f. für jedes bis zur Erlangung des Normalalters und bei den Kranken bis zu ihrer Herstellung au. anzutragen.

Der Finanzminister erklärte sich gegen diesen Antrag, weil es gegen alle Vorschriften streitet, daß Kinder bei Lebzeiten der Mutter, die keine Pension genießt und auch keinen Anspruch hat, Erziehungsbeiträge erhalten, hier ein doppelter Verzichtsrevers eingelegt wurde und das Gesuch ohne Ah. Bezeichnung von Sr. Majestät herabgelangt ist.

Dieser Ansicht traten die Minister v. Thinnfeld, Graf Thun und Ritter v. Baumgartner bei.

Die übrigen (somit auch vier Stimmen) vereinigten sich mit dem Kriegsminister, jedoch mit der Beschränkung, daß statt der Erziehungsbeiträge auf Gnadengaben und nur für zwei der jüngsten Kinder im Betrage von 60 f. für jedes in Berücksichtigung der sehr mißlichen Umständen dieser Familie und der langen ersprießlichen Dienstleistung des Hauptmannes Krauß bei Sr. Majestät au. angetragen werde.

Der Kriegsminister wird hiernach einen alternativen Resolutionsentwurf zur Ah. Auswahl Sr. Majestät vorlegen12.

VIII. Personalzulage für Leopold Freiherr v. Hennet

Der Justizminister Ritter v. Krauß referierte hierauf über das Ah. bezeichnete Gesuch des Freiherrn v. Hennet, Oberlandesgerichtspräsidenten in Grätz, um eine Personalzulage und trug an, ihm eine solche im Betrage von 1000 f. bei Sr. Majestät zu erwirken13. Die dafür sprechenden Gründe seien, daß Hennet in Grätz, wo viele höher gestellte Personen sich aufhalten, deshalb zu einem größeren Aufwande veranlaßt werde, daß früher die Appellationspräsidenten 6000 f. Gehalt hatten, daß Hennet, der als Landrechtspräsident in Prag schon 5000 f. Gehalt und überdies Anteil an den Depositengeldern hatte, durch seine Beförderung in seinen Genüssen zurückgegangen sei, seine|| S. 292 PDF || Dienstleistung eine anerkennenswerte ist und er eine Familie von sechs noch unversorgten Kindern habe.

Diesem Antrage trat nur der Minister Graf Thun mit der Bemerkung bei, daß Baron Hennet kein eigenes Vermögen besitze, und wenn seine Bitte nicht gewährt würde, er leicht in den Fall kommen könnte, des Ansehens des Dienstes wegen Schulden machen zu müssen.

Die übrigen, somit die mehreren Stimmen, waren dagegen mit dem Finanzminister für die Ablehnung des Gesuches, wegen der zu besorgenden Exemplifikation und weil andere, wie z. B. die Kammerprokuratoren, welche auch Anteil an der Fiskalquote hatten, diesen bei der neuen Einrichtung gleichfalls ohne Entschädigung verloren haben14.

IX. Verwaltung der Gelder aus der Lotterie für die Invalidenfonds

Die von dem Minister des Inneren gestellte Frage, was mit den Geldern geschehe, welche aus der letzten Lotterie für die Invalidenfonds (den Welden-, Haynau-, Jellačić-, Radetzky- und Latourfonds) eingegangen sind, beantwortete der Kriegsminister dahin, daß diese Gelder nach den Vorschriften für die Stiftungen überhaupt verwaltet werden15.

X. Beteiligung der Gemeinden an der Staatsanleihe

Der Minister des Inneren bemerkte weiter, daß ihm Anfragen von den politischen Chefs zugekommen seien, ob noch weitere Schritte wegen Beteiligung der Gemeinden an dem letzten Staatsanlehen gemacht werden sollen, von denen man, wenn die Aufforderung von Gemeinde zu Gemeinde gemacht würde, bei dem rege gewordenen Patriotismus ein nicht unergiebiges Resultat erwartet werden könnte16.

Der Finanzminister erinnerte, daß ein Abschluß mit dem Anlehen gemacht werden müsse, und behielt sich vor, demnächst eine zergliederte Darstellung der Ergebnisse dieses Anlehens vorzubringen17.

XI. Ausweise über das diesjährige Ernteergebnis

Der Minister für Landeskultur etc. Edler v. Thinnfeld eröffnete schließlich, daß ihm von den Bezirkshauptmannschaften Ausweise über den heurigen Ernteausfall zugekommen seien, welche er von der Buchhaltung habe zusammenstellen lassen.

Diese Ausweise, bemerkte der Minister weiter, seien gemeindeweise nach Perzenten genommen, enthalten nur allgemeine Daten, gewähren aber im ganzen immerhin einen Überblick über die Resultate der diesjährigen Ernte, wenn auch die eigentliche Ziffer der Ernte nicht bekannt ist und gegenwärtig auch nicht wohl bekannt sein kann.

Nach dieser Zusammenstellung sind die allgemeinen Resultate folgende:|| S. 293 PDF ||

Ist Weizen in 21 % der Gemeinden gut, in 48 % mittelmäßig und in 30 % schlecht geraten; Korn in 24 % gut, in 46 % mittelmäßig und in 28 % schlecht; Gerste in 26 % gut, in 47 % mittelmäßig und in 25 % schlecht; Haber in 31 % gut, in 47 % mittelmäßig, in 21 % schlecht.

Die von dem Minister v. Thinnfeld hierauf gestellte Frage, ob diese Resultate, wie es in früheren Jahren geschehen, durch die Zeitung bekannt gemacht werden sollen, wurde verneinend beantwortet, weil, wenn auch nach diesen Ergebnissen die Ernte im ganzen als mittelmäßig angenommen werden kann und ein Mangel an Cerealien nicht wohl zu besorgen ist, die vorliegenden Anzeigen und Ausweise doch nur unsicher sind und bei vielen Besorgnisse erregen könnten, welche besser durch die Nichtbekanntmachung vermieden werden.

Die zusammengestellte Tabelle wird der Minister v. Thinnfeld dem Minister des Inneren zum allenfälligen Amtsgebrauche mitteilen18.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Sambor, 31. Oktober 1851.