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Nr. 556 Ministerrat, Wien, 17. September 1851 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Marherr; VS. Schwarzenberg; BdE. und anw. (Schwarzenberg 17. 9.), P. Krauß 20. 9., Bach 19. 9., Thinnfeld 20. 9., Thun (BdE. fehlt), Csorich, K. Krauß, Baumgartner; abw. Stadion, Kulmer.

MRZ. 3197 – KZ. 3428 –

Protokoll der Sitzung des Ministerrates, gehalten zu Wien am 17. September 1851 unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten, Ministers des Äußern und des Hauses FML. Fürsten v. Schwarzenberg.

I. Anleihe

Der Finanzminister brachte zur Kenntnis des Ministerrats die bisher bekannt gewordenen sehr günstigen Resultate des Fortgangs der Subskriptionen auf das neue Anleihen im Inlande, wornach in Wien 36, in Triest über zwei, in Prag über drei Millionen subskribiert worden sind und auch in kleineren Städten eine lebhafte Teilnahme sich kundgegeben hat1.

Mit der Stadt Wien ist bezüglich der im Ministerrate vom 15. d. [M.] erwähnten Verhandlung das Übereinkommen dahin getroffen worden, daß das Kriminalgebäude um 925.000 f. ab aerario übernommen, die Schranne demselben ohne Vergütung, das Polizeihaus aber (mit Ausnahme des ebenfalls ohne Vergütung abgetretenen Ärarialtraktes) gegen einen von zwölf zu zwölf Jahren festzusetzenden Zins dem Ärar überlassen, dagegen der Stadt Wien die Subskription bis zum Belauf der obgedachten Summe von 925.000 f. bei dem Anleihen offen gelassen werde2.

Im allgemeinen gedenkt zwar der Finanzminister eine Verlängerung der Frist zur Subskription unter den bis 16. d. [M.] zugestandenen Begünstigungen nicht zuzugestehen. Da es aber billig ist, an jenen Orten, welche wegen ihrer großen Entfernung eine allgemeine Verbreitung der Subskriptions­bedingungen in der festgesetzten Zeit nicht tunlich machten, von der Strenge des Präklusivtermins nachzulassen, so gedächte der Finanzminister an die betreffenden Statthalter die Weisung zu erlassen, daß dort, wo sich die Verlautbarung der Bedingungen verzögert hat, um die Ausdehnung der günstigeren Subskriptionsbedingungen über den festgesetzten Termin eingeschritten werden könne.

Der Ministerrat fand hiergegen nichts zu erinnern3.|| S. 229 PDF ||

Übrigens behielt sich der Finanzminister vor, wegen Aufstellung von Obligationshändlern auf den entfernteren Plätzen mit dem Handelsminister eine Verhandlung einzuleiten4.

II. Zolltarif (7. Beratung)

Fortsetzung der Beratung des Zolltarifs5.

In derselben wurden die Sätze zu den Klassen IV, Abt. 10, bis exclusive IX mit folgenden Modifikationen angenommen:

VII. Klasse, 29. Abteilung. Wachs. Hier fand der Finanzminister das Herabgehen von dem alten Zollsatze vom 6 f. 41 Kreuzer auf 3 f. mit Rücksicht auf den Wert der Waren und auf den beim Öl angenommenen Satz zu bedeutend.

Der Handelsminister bemerkte zwar, daß Wachs ein für die Einfuhr wichtigerer Artikel als Öl sei; er erklärte jedoch, auch einer Erhöhung des Zollsatzes auf 4 f. nicht entgegen sein zu wollen, welche dann auch angenommen wurde.

VIII. 31. Rum. Auch hier erklärte sich der Handelsminister mit der von Baron Krauß gewünschten Erhöhung des Satzes von 10 f. einverstanden, welcher demnach mit 12 f. 30 Kreuzer beliebt wurde.

VIII. 34 c, d, e, f. Schokolade, Konfekt, Senf und nicht besonders benannte Speisen schienen dem Finanzminister ebenfalls zur Erhöhung des Zollsatzes geeignet zu sein, welche vom Handelsminister mit 20 f. für c, d, f und mit 7 f. 30 Kreuzer für e vorgeschlagen und sofort einstimmig angenommen wurde.

In Ansehung des in der vorigen Sitzung besprochenen Satzes auf Kaffee (I. 2) bemerkte der Handelsminister nachträglich, daß der Zollsatz auf diesen Artikel mit 7 f. 30 Kreuzer im Zollverein bestimmt ist, daß es daher mit Rücksicht auf eine bevorstehende deutsche Zolleinigung vielleicht angemessen sein dürfte, bei einstweiliger Festhaltung des gegenwärtigen Satzes von 11 f. in unserem Tarife wenigstens dessen Herabsetzung für den Fall der Einigung wenigstens in Aussicht zu stellen.

Der Finanzminister hielt jedoch diesen, für einen Finanzzoll so sehr geeigneten, einen namhaften Zollertrag abwerfenden Artikel für zu wichtig, um schon itzt sich auch nur zu einer vorläufigen, der Regierung die Hände bindenden Erklärung zu verstehen6.

III. Auszeichnungen

Erhielt der Kultus- und Unterrichtsminister die einhellige Zustimmung des Ministerrates zu dem bei Sr. Majestät zu stellenden Antrage auf Verleihung des Großkreuzes des Leopoldordens an den sein Jubiläum feiernden Erzbischof von Görz, Luschin7,

IV. Auszeichnungen

desgleichen auf Verleihung des silbernen Verdienstkreuzes an den Schullehrer Franz Kafka8, endlich|| S. 230 PDF ||

V. Berufung Konrad Halders

zur Berufung des Dr. Halder aus Bayern auf die Lehrkanzel der Philologie in Pest, nachdem Dr. Becker aus Nassau, welcher ursprünglich mit Beistimmung des Ministerrats hätte berufen werden sollen, den Posten nicht angenommen hat9.

VI. Quartiergelderhöhung für die Wiener Gerichtskanzlisten

Der Justizminister brachte seinen Antrag vom 2. d. [M.] (MRZ. 3051) wegen Erhöhung des Quartiergeldes der gerichtlichen und staatsanwaltschaftlichen Kanzleibeamten in Wien von 50 auf 80 f., wogegen sich das Finanzministerium erklärt hatte, in Vortrag und erwirkte nunmehr die Beistimmung des Ministerrates zu demselben, nachdem das Hauptbedenken dagegen, die Exemplifikation für andere Beamte gleicher Kategorie, durch eine vergleichende Darstellung der diesfälligen Bezüge anderer Kanzleibeamten in Wien behoben worden war10.

Ah. E. Ich nehme den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis. Franz Joseph. Schönbrunn, 3. Oktober 1851.