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Nr. 538 Ministerrat, Wien, 8. August 1851 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Marherr; V. keine Angabe; BdE. (Schwarzenberg 9. 8.); BdE. und anw. P. Krauß 13. 8., Bach 11. 8. (bei I abw.), Thun, Csorich, K. Krauß, Baumgartner; abw. Schwarzenberg, Thinnfeld, Stadion, Kulmer.

MRZ. 2734 – KZ. 2689 –

Protokoll der Sitzung des Ministerrates, gehalten zu Wien am 8. August 1851.

I. Todesurteil gegen Franz Budai und Johann Németh

Der Justizminister referierte über das Todesurteil wider Budai und Németh wegen Raubes und räuberischen Totschlags mit dem Antrage auf Nachsicht der Todesstrafe, wogegen nichts erinnert wurde1.a

II. Aufnahme unentgeltlicher Auskultanten

Ebensowenig fand der Ministerrat gegen den vom Justizminister bei Sr. Majestät beabsichtigten Antrag einzuwenden, daß mit Rücksicht auf das fühlbar gewordene Bedürfnis unentgeltliche Auskultanten bei den Gerichtsstellen gegen Einlegung des Unterhaltsreverses bis zum vierten Teile der systemisierten beadjuteten Auskultanten aufgenommen werden dürfen2.

III. Pension für Emerich v. Reviczky

Eine Differenz zwischen dem Finanzministerium und dem Justizminister wegen der Pensionsbehandlung des ehemaligen Beisitzers der aufgehobenen Septemviraltafel Emerich v. Reviczky ward durch den Beitritt der Stimmenmehrheit für den Justizminister entschieden, wornach für den gedachten Beisitzer, welchem der Finanzminister nur ein Drittel des letzten Gehalts per 3000 f. als Pension zugestehen wollte, in Berücksichtigung der 36jährigen (freilich nur mit 19 Jahren anrechenbaren) Dienstleistung desselben auf die Bewilligung des Halbsoldes (1500 f. jährlich) als Pension bei Sr. Majestät angetragen werden soll3.

IV. Verdienstkreuz für Franz Hawranek

erwirkte der Kriegsminister die Zustimmung des Ministerrates zu dem bei Sr. Majestät zu stellenden Antrage auf Verleihung des silbernen Verdienstkreuzes an den nach 61jähriger Dienstleistung in die Invalidenversorgung mit Zulage tretenden mährischen Generalmilitär­kommandohausdiener Franz Hawranek4.

V. Eisenbahnbetriebsordnung (2. Beratung)

Fortsetzung der Beratung der Eisenbahnbetriebsordnung (2. Beratung)5.

Zu § 62 wünschte der Justizminister eine Erwähnung der Haftung des Ärars für Beschädigungen, stand aber von seiner diesfälligen Bemerkung in der Rücksicht wieder ab, weil im wesentlichen hierwegen durch die ad § 19 beschlossenen Berufung auf die Bestimmungen des bürgerlichen Gesetzbuches Vorsorge getroffen ist.

§ 64 wurde auf Antrag des Ministers des Inneren die Verpflichtung aufgenommen, die Personen der Direktion sowie der Angestellten (§ 66) auch dem Statthalter des betreffenden Kronlands anzuzeigen.

Im Nachsatz des § 65 wurde auf Einraten des Finanzministers die Verantwortlichkeit der Direktoren für alle Handlungen und Unterlassungen auf „ihre“ Handlungen und Unterlassungen als in der Natur der Sache gelegen beschränkt.

Zu § 66 wünschte der Minister des Inneren der Staatsverwaltung den nötigen Einfluß auf die Beamten in der Art gewahrt zu wissen, daß solche, die in technischer oder politischer Beziehung nicht die erforderlichen Garantien gewähren, von der Anstellung ausgeschlossen oder entfernt werden.

Der Handelsminister wird einen diesem Antrag entsprechenden Zusatz ausarbeiten lassen.

Im § 73 glaubte der Finanzminister die „Beförderung“ der Post auf die eigentliche Bedeutung „Mitnahme“ – damit man nicht glaube, die Unternehmung müsse außer ihren Zügen die Post eigends verführen – einschränken und die Post mit „Briefpost“ näher bezeichnen zu sollen, was der Handelsminister sofort auch abänderte.

§ 84 wurde auf Anraten des Finanzministers der Eingang weggelassen, da derselbe wegen der darin erwähnten Pflicht der Staatsverwaltung zur Verhütung von Unglücksfällen leicht zu einem Mißverständnisse bezüglich des Schadenersatzes Anlaß geben könnte.

§ 85. Da nach der Bemerkung des Finanzministers eine „Mahnung“ noch keine Strafe, sondern nur eine Verfügung zur Erhaltung der Ordnung ist, so wurde diese letztere Bezeichnung statt jener „Ordnungsstrafen“ im Texte und Marginale gewählt.

Zu § 86, Nr. 2, Gehalts- oder Lohnabzüge können nach der Bemerkung des Kultusministers wohl nur von demjenigen verfügt werden, der den Gehalt oder Lohn gibt, d. i. von der Unternehmung, nicht aber von dem vom Staate abgestellten Generalinspektor.

Es wurde also beschlossen, statt dieser Abzüge im Texte dieses Absatzes „Geldstrafen“ zu setzen.

Bei § 87 ergaben sich mehrere Erinnerungen. Der Minister des Inneren fand es nötig, daß die Entlassung von der Unfähigkeitserklärung geschieden werde; der Kultusminister meinte, daß letztere vom Generalinspektor auszugehen hätte, die Entlassung aber Sache der Unternehmung sei, wogegen wieder der Finanzminister der Ansicht war, daß sich die Wirksamkeit des Generalinspektors hierbei – mit Ausschließung der für ein Erkenntnis erster Instanz hier nicht wohl passenden kollegialen Verhandlungsform – || S. 154 PDF || auf die Erklärung zu beschränken hätte, das betreffende Individuum dürfe nicht mehr zu dem bisherigen Dienste oder auf dieser Bahn verwendet werden.

Die weitere Erörterung dieses Gegenstandes wurde wegen vorgerückter Stunde der nächsten Sitzung vorbehalten6.

Ah. E. Ich nehme den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis. Franz Joseph. Schönbrunn, 14. August 1851.