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Nr. 534 Ministerrat, Wien, 30. Juli 1851 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Marherr (I – V), Ransonnet (VI); VS. Schwarzenberg; BdE. und anw. (Schwarzenberg 31. 7.), P. Krauß 1. 8., Bach 1. 8., Thinnfeld 1. 8., Thun, Csorich, K. Krauß, Baumgartner; abw. Stadion, Kulmer.

MRZ. 2612 – KZ. 2685 –

Protokoll der Sitzung des Ministerrates, gehalten zu Wien am 30. Juli 1851 unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten, Ministers des Äußern und des Hauses FML. Fürsten v. Schwarzenberg.

I. Reaktivierung salzburgischer Stiftungen

Der Kultusminister referierte über die Ausführung der Ah. Entschließung von 1846 StRZ. 958/1846 in betreff der Reaktivierung mehrerer salzburgischer Stiftungen, deren Kapitalien angeblich konsumiert worden sind1.

Da die belobte Ah. Entschließung das Vorhandensein einiger oder eines Teiles dieser Stiftungskapitalien mit Rücksicht auf die damaligen Vorlagen voraussetzt, so übernahm es der vortragende Minister, nach der Andeutung des Finanzministers, sich durch den Statthalter von Salzburg die genauere Nachweisung über die diesfällige Verrechnung liefern zu lassen und nach Befund das Weitere zu beantragen2.

II. Einkommensteuer von Versatzamtskapitalien

Der Finanzminister referierte über die Frage a) ob das Versatzamt von seinem Einkommen der Einkommensteuer unterliege und b) ob es, in der bejahenden Voraussetzung, berechtigt sei, gleich anderen Schuldnern seinen Gläubigern die 5%ige Steuer von den Interessen der ihm vorgestreckten Kapitalien abzuziehen3.|| S. 135 PDF ||

Die Frage ad a) unterliegt nach den bestehenden Normen keinem Zweifel; es wäre daher auch die Berechtigung ad b) nicht zweifelhaft. Jedoch tritt hier das Bedenken ein, daß die Kapitalien, welche dem Versatzamte von Privaten vorgestreckt werden, nur mit 4 % verzinst werden, sodaß zu besorgen wäre, es möchten, falls den Gläubigern bei diesem, gegen den landesüblichen viel niedrigeren Zinsfuße noch der 5%ige Steuerabzug gemacht würde, der Anstalt alle oder doch ein großer Teil der Kapitalien aufgekündigt und das Institut abeziehungsweise die Finanzena dadurch in Verlegenheit gesetzt werden. Darum meinte der Finanzminister, daß von den Zinsen der dem Versatzamte dargeliehenen Kapitalien gleich jenen, so in die Sparkasse eingelegt werden, die Einkommensteuer nicht in Abzug gebracht werde.

Der Ministerrat fand dagegen nichts zu erinnern4.

III. Versorgung der Hinterbliebenen des Alessandro Vandoni

Für die Witwe des ermordeten Delegationsarztes Vandoni wird vom Feldmarschall Grafen Radetzky auf eine Pension von jährlich 200 f. und für jedes der drei noch unversorgten Kinder Vandonis aus erster Ehe auf eine gleiche Gnadengabe angetragen, und dieser Antrag mit der besonderen Rücksichtswürdigkeit des Falles unterstützt, welche auch den Minister des Inneren bestimmte, diesem Antrage beizupflichten5.

Der Finanzminister fand es nicht angemessen, der hinterlassenen Familie Vandonis, welcher nur 600 f. Besoldung hatte, 800 f., also 200 f. mehr als bei Lebzeiten des Vaters, anzuweisen, besonders da die Witwe gar keinen normalmäßigen Anspruch auf eine Pension hat. Die übrigen Stimmen aber vereinigten sich mit dem Antrage des Ministers des Inneren, welcher hiernach den Vortrag an Se. Majestät erstatten wird6.

IV. Erziehungsbeiträge für die Caluppo-Martinellischen Kinder

Eine Differenz des Ministers des Inneren und des Finanzministeriums in betreff des Antrags auf Beteilung der Delegationsakzessistenswitwe Martinelli mit einem Gnadenerziehungsbeitrage von 20 f. für jedes ihrer drei Kinder ward durch den nun erklärten Beitritt des Finanzministers zu dem Antrage des Ministers des Inneren behoben7.

V. Besetzung der Landeschefstelle in der Woiwodina

Erklärte eben dieser Minister [des Inneren] seine Absicht, für [die] Stelle eines Landeschefs in der serbischen Woiwodschaft und im Temescher Banate nunmehr definitiv den Besetzungsvorschlag erstatten und dafür, nach dem Vorbilde Siebenbürgens8, den FML. Grafen Coronini zum Zivil- und Militärgouverneur bei Sr. Majestät in Antrag bringen zu wollen.

Der Ministerrat erklärte sich hiermit einverstanden.|| S. 136 PDF ||

Die dem neuen Gouverneur zu erteilende Instruktion wird dem Ministerrat zur Prüfung vorgelegt werden.

In Ansehung des bisherigen provisorischen Landeschefs GM. Baron Mayerhofer würde sich der Minister des Inneren den Antrag auf dessen Ernennung zum Landeschef in Dalmatien in der Voraussetzung erlauben, daß demselben zugleich das Landesmilitärkommando übertragen werden könnte.

Jedenfalls wird er dessen weitere Dienstesverwendung Sr. Majestät anheim stellen9.

VI. Anleihe

b Der Finanzminister referierte, daß von dem Handlungshause Rothschild noch keine definitive Äußerung über seine Beteiligung an dem bevorstehenden Anlehen eingelangt ist, daß es aber doch schon an der Zeit sein dürfte, über die wesentlichsten Bedingungen, unter welchen die Subskription auszuschreiben wäre, einen Ministerratsbeschluß zu fassen und sich dessen Ah. Genehmigung ohne Verzug mittels au. Vortrages zu erbitten10. Der Emissionspreis könne dermal noch nicht in Beratung gezogen werden, und es müsse sich der Finanzminister darüber sowohl wie auch über das allfällige Abkommen mit dem Hause Rothschild die Erstattung seiner weiteren Anträge für den geeigneten Zeitpunkt vorbehalten. Baron Krauß reassumierte hierauf seine dermaligen Anträge, mit welchen – und zwar insbesondere mit den für große Subskribenten zu bewilligenden Perzentualprovisionen – sich die sämtlichen anwesenden Minister vereinigten.

Der Finanzminister wird demnach den Entwurf des im Namen des Ministerrates au. zu erstattenden Vortrages sogleich verfassen und bei den Ministern in Zirkulation setzen und die etwa hiebei nötig befundenen Aufklärungen über einzelne Punkte bereitwilligst erteilen oder allfällige Modifikationsvorschläge entgegennehmen11.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolles zur Wissenschaft genommen. Franz Joseph. Schönbrunn, 2. August 1851.