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Nr. 530 Ministerrat, Wien, 21. Juli 1851 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Ransonnet (I), Marherr; VS. Schwarzenberg; BdE. und anw. (Schwarzenberg 22. 7.), P. Krauß 23. 7., Bach 23. 7., Thinnfeld 23. 7., Thun, Csorich, K. Krauß, Baumgartner; abw. Stadion, Kulmer.

MRZ. – KZ. 2419 –

Protokoll der Sitzung des Ministerrates, gehalten zu Wien am 21. Julius 1851 unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten, Ministers des Äußern und des Hauses FML. Fürsten v. Schwarzenberg.

I. Modalitäten der Anleihe

Der Finanzminister referierte über die Ansprüche an Provision, welche das Handlungshaus Rothschild für seine Beteiligung an dem bevorstehenden Anlehen erhoben hat, und bemerkt dabei, daß ihm diese Ansprüche – welche ganz abgesehen von dem Erfolge der auszuschreibenden Subskription zu befriedigen wären – so wenig proportioniert zu den Verpflichtungen erscheinen, die das Handlungshaus gleichzeitig auf sich nähme, daß er selbe nicht wohl als zur Befriedigung geeignet betrachten könne1. Baron Krauß erbat sich daher nähere Weisungen vom Ministerrate, wie weit er mit seinen Zugeständnissen in dieser Beziehung gehen könne.

Nach längerer Beratung vereinigte man sich allseitig mit einem Vorschlage des Handelsministers, welcher dahin geht, die dem Haus Rothschild zu gewährende Provision in ein gewisses Verhältnis zu dem Erfolge des auszuschreibenden Anlehens zu bringen2.

II. Stempelfreiheit für das Prager tschechische Theater

Der Finanzminister referierte über das Gesuch des Komitees zur Errichtung eines tschechischen Nationaltheaters in Prag um Zugestehung der Stempelbefreiung in der Korrespondenz mit den öffentlichen Behörden3.

Nach § 75 r des Stempelpatents haben alle nicht politischen Vereine, welche ohne Absicht auf Gewinn wissenschaftliche, Humanitäts- oder Wohltätigkeitszwecke anstreben, in der Korrespondenz mit den öffentlichen Behörden die Stempelbefreiung anzusprechen.

Da diese Bedingungen hier eintreten, der Verein nur die Errichtung des Theaters, nicht dessen – allerdings auf Gewinn berechneten – Betrieb, und damit einen wissenschaftlichen oder Humanitätszweck anstrebt, so erachtete der Finanzminister, auf die Gewährung der angesuchten Stempelfreiheit antragen zu sollen.|| S. 116 PDF ||

Ihm trat auch die Stimmenmehrheit bei; nur der Handelsminister und der Ministerpräsident waren gegen die Bewilligung, weil ihnen ein Anspruch des Komitees auf diese Begünstigung aus den Worten des § 75 r nicht zu folgen und das Unternehmen überhaupt – seiner bekannten Tendenz nach – eine ausnahmsweise Begünstigung nicht zu verdienen scheint4.

III. Vertrag wegen des Valeroschen Hauses in Pest

Das revolutionäre ungrische Finanzministerium hatte 1848 vom Großhändler Valero in Pest ein Haus um 300.000 f. gekauft, ihm dasselbe wieder vermietet und einen Vorschuß von 60.000 f. behufs des Betriebs seiner Seidenmanufaktur gegen ratenweise Rückzahlung gegeben. Beim ersten Einrücken der k. k. Truppen in Pest hat Valero einen Teil des Vorschusses abgetragen, der auch von dem k. k. Zahlamte angenommen wurde5.

An sich wäre das Geschäft – wie der Causarum-Regalium-Direktor bemerkte – null und nichtig, Valero müßte sein Haus zurücknehmen und 360.000 f. zurückzahlen. Aber in welcher Valuta? Er hat Kossuthnoten bekommen und wird mit gleichen Noten zahlen wollen. Jedenfalls würde die Sache streitig sein, und im Prozeß die Angelegenheit wegen dieses Papiergelds unliebsam in Anregung gebracht werden. Auch besteht das Bedenken, daß durch die Annahme der ersten Ratenzahlung Valeros von Seite der k. k. Behörden der Vertrag gewissermaßen korroboriert worden ist. Der Antrag der Landesbehörden und des Finanzministers geht demnach dahin, es bei dem Geschehenen bewenden zu lassen, das Haus, welches die k. k. Regierung nichts gekostet hat und für öffentliche Zwecke verwendet werden kann, zu behalten, wegen des Vorschusses von 60.000 f. aber mit Valero in Unterhandlung zu treten, um diese Sache gütlich beizulegen und zu vergleichen.

Der Ministerrat erteilte hierzu seine Beistimmung6.

IV. Diätenabzug der Militärpersonen

Es ist zur Kenntnis des Finanzministers gekommen, daß die Verordnung von 1848, womit nebst dem Gehaltsabzuge für die Beamten auch die Herabsetzung der Diäten um ein Viertel (statt des frühern Fünftels) auf Militärpersonen in letzterer Beziehung nicht angewendet worden ist, weil in der diesfälligen Eröffnung an das Kriegsministerium nur von den Diäten der Beamten die Rede war7. Obwohl nun die Absicht war, auch die Diäten der Militärpersonen diesem größeren Abzuge zu unterwerfen, weil das Diätennormale für Zivil- und Militärpersonen gilt, mithin die darin stattfindenden Änderungen sich auf beide Teile beziehen müssen, so will doch der Finanzminister hierüber für das Vergangene hinausgehen, beantragte jedoch, daß für die Zukunft zur Regel, d. h. zur Gleichhaltung der Zivil- und Militärdiätengebühren in den entsprechenden Kategorien|| S. 117 PDF || zurückgekehrt, mithin die Diäten der Militärs höherer Kategorie (bei den untersten Diätenklassen hat die neue Herabsetzung ohnehin nicht Platz gegriffen) dem regelmäßigen Diätenabzuge von ein Viertel des Ausmaßes unterworfen werden.

Der Kriegsminister fand gegen diesen Antrag nichts zu erinnern, glaubte aber, daß dessen Genehmigung von Sr. Majestät zu erbitten wäre, wornach also der Finanzminister den Vortrag an Allerhöchstdieselben erstatten wird8.

V. Grundabtretung zur Fahrstraße an der Dominikanerbastei

Zur Herstellung der Fahrstraße vom Dominikanerplatze über die Dominikanerbastei zum neuen Tore allda, welche längs dem neuerbauten Flügel des Postgebäudes geführt werden soll, ist, nachdem die gegenwärtig zwischen dem letztern und der Kirche bestehenden Häuser vom Magistrat eingelöst worden sind, noch die Abtretung einiger Grundparzellen auf dem ehemaligen Schmalzmarkte notwendig. Auf denselben machen das Kameralärar, das Fortificatorium und das Dominikanerkloster Anspruch; indessen ist derselbe für keinen von Wichtigkeit. Es handelt sich demnach darum, daß der Kriegsminister bezüglich des fortifikatorischen Grunds, von dem insbesondere erhoben ist, daß er keinen fortifikatorischen Wert hat, verzichte; der Kultusminister das Dominikanerkloster zur Aufgebung seines Anspruchs ermächtige, endlich der Finanzminister insbesondere die Ermächtigung zur Abtretung von 28 Quadratklafter für die Straßenherstellung erteile9.

Da die Straße in der besprochenen Richtung entschieden vorteilhafter ist, als wenn sie neben der Kirche geführt würde, so ergab sich gegen den Antrag des Handelsministers bezüglich deren Herstellung und der dazu nötigen Grundabtretung keine Einwendung, nur wäre bezüglich der letzteren, da es sich um Aufgebung von Staatseigentum handelt, die Ah. Genehmigung Sr. Majestät einzuholen, welche der Handelsminister erwirken wird10.

Bei diesem Anlasse äußerte der Finanzminister den Wunsch, daß, nachdem ein Teil der neu erbauten Bastion dem ursprünglichen Antrage nach zu Bauplätzen bestimmt ist, mit der Anschüttung derselben innegehalten und dieselbe den Käufern der Bauplätze überlassen werden möge.

VI. Verlegung des Landesgerichts von Jasło nach Tarnow

Der Justizminister referierte über das Ah. signierte Gesuch der Stadt Tarnow um Verlegung des für Jasło bestimmten Landesgerichtes nach Tarnow11.|| S. 118 PDF ||

Da diese letztere Stadt bisher der Sitz eines Landrechts, in jedem Falle für den Sitz des Landesgerichts geeigneter ist als Jasło und letzteres ursprünglich nur darum gewählt wurde, weil für Tarnow der II. Senat des galizischen Appellationsgerichts beantragt war, wovon es indessen wieder abkam, so wird der Justizminister mit Zustimmung des Ministerrates bei Sr. Majestät die Verlegung des Landesgerichts von Jasło nach Tarnow und die demselben entsprechende neue Einteilung der betreffenden Gerichtssprengel beantragen12.

VII. K. k. Ratstitel für Primizio Confalonieri

Der Minister des Inneren erhielt die Zustimmung des Ministerrats zu dem bei Sr. Majestät zu stellenden Antrage auf Verleihung des k. k. Ratstitels an den Polizeidelegatadjunkten P. Confalonieri13, dann

VIII. Verdienstkreuz für Ignatz Weber

des silbernen Verdienstkreuzes mit der Krone an den Richter von Wiesendorf Weber14.

IX. Pension für Stefan Bikessy v. Vámos-Attya

Eine Differenz zwischen dem Minister des Inneren und jenem der Finanzen in Ansehung der Pensionsbehandlung des Palatinalbeamten Bikessy, wornach ersterer ihm den ganzen Gehalt per 800 f., letzterer nur 600 f. Pension zu geben beantragte, ward nach dem Antrage des letzteren durch die Rücksicht entschieden, daß die Palatinaldienste überhaupt gar keinen Anspruch auf eine Versorgung vom Staate gewähren, mithin eine Pension von 600 f. schon eine Begünstigung des Pensions­bewerbers ist15.

Ah. E. Ich nehme den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis. Franz Joseph. Schönbrunn, 30. Juli 1851.