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Nr. 520 Ministerrat, Wien, 28. Juni 1851 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Ransonnet; VS. Kaiser; BdE. und anw. (Schwarzenberg 1. 7.), P. Krauß, Bach 4. 7., Thinnfeld 3. 7., Thun, Csorich, K. Krauß, Baumgartner 4. 7., Kulmer; abw. Stadion.

MRZ. 2202 – KZ. 2251 –

Protokoll des am 28. Juni 1851 zu Wien unter dem Vorsitze Sr. Majestät des Kaisers abgehaltenen Ministerrates.

I. Regulierung der Offiziersgebühren

Der Kriegsminister las seinen au. Vortrag wegen Verbesserung und Reglung der Friedensgebühren für die Offiziers vom Obersten abwärts und über die gleichzeitig in Vollzug zu setzende Regulierung der Mobilitäts- und Kriegsgebühren.

Der Vortrag enthält das Detail und die umständliche Motivierung dieser Maßregeln, wie auch das annähernd berechnete finanzielle Resultat derselben1. Hiernach würde die Aufbesserung der Friedensgebühren einen Mehraufwand von 1,120.000 fl. verursachen, wogegen bei den Mobilitäts- und Kriegsgebühren Ersparnisse in Aussicht stehen. FML. Baron Csorich beleuchtete hierauf die von dem Finanzminister bezüglich der vorgeschlagenen Friedensgebührregulierung vorgebrachten Anstände und erbat sich die Ah. Genehmigung seiner Anträge.

Im Laufe der hierüber gepflogenen längeren Beratung abemerkte Baron Krauß, daß bisher ihm die Anträge über die Regulierung der Mobilitäts- und Kriegsgebühren nicht mitgeteilt wurden, daß er daher nicht in der Lage sei, über dieselben seine Ansicht auszusprechen, und daß auch das Gutachten über die Friedensgebühren, ohne die gedachten Anträge und deren finanzielle Wirkungen näher zu kennen und berechnen zu können, nicht mit Bestimmtheit abgegeben werden könne. Auch abgesehen hiervon stellte der Finanzminister seine Bedenken gegen eine bleibende Normierung dieses Gegenstandes im jetzigen Augenblicke dara . Er machte bemerklich, daß die gegenwärtig infolge der Valutaverhältnisse und selbst wegen des hohen Armeestandes ungewöhnlich gesteigerten Preise vieler Artikel, namentlich auch der Naturalien, nicht zur Grundlage der Berechnung über das Gagenerfordernis eines Offiziers auf viele Jahre im vorhinein angenommen werden können. Er äußerte, daß das gegenwärtige Militärgebührensystem neben unverkennbaren großen Mängeln doch auch wesentlich gute Seiten habe, wie schon dessen hundertjähriger Bestand und der Umstand beweise, daß die k. k. Armee dabei eine in jeder Beziehung so ausgezeichnete Stufe habe erreichen und behaupten können2. Baron Krauß sei im Grundsatze mit der Erhöhung der Offiziersfriedensgebühr einverstanden,|| S. 67 PDF || er halte es im Interesse des Staatsschatzes jedoch für wünschenswert, daß diese Erhöhung vorderhand nur in der Form von Zulagen zu der bestehenden Gebühr bewilligt und eine definitive Gagenregulierung dem wohl nicht entfernten Zeitpunkte vorbehalten werde, wo sich die Preise wieder in ein natürliches Verhältnis gesetzt haben werden.

Der Finanzminister glaubte ferner gegenwärtig halten zu sollen, daß, wenn den Leutnants eine Gageerhöhung bauf 400 fl. in Barem nebst mehreren Emolumentenb jährlich zugestanden wird, dies ohne Zweifel dringende Bitten einer Unzahl von Subalternbeamten hervorrufen wird, deren Besoldungen ebenfalls vor vielen Jahren bei wohlfeilen Zeiten systemisiert worden sind, die keine Zeit oder Gelegenheit zu Nebenverdienst haben, und die bei zahlreicher Familie meist gar kein Vermögen besitzen, während ein großer Teil der Subalternoffiziers, namentlich bei der Kavallerie, wohlhabenden, ja selbst reichen Familien angehört. Er wies nach, daß das neue, eine Gleichstellung der Gebühren für die Offiziers einer Kategorie bezweckende System doch noch immer die Ungleichheit bestehen lasse, daß ein Teil der Armee in klingender Münze, der andere in Papiergeld bezahlt werde. Endlich brachte der Finanzminister in Anregung, daß wenigstens eine Reduktion der zu reichlichen Brennholzgebühr zugleich mit der Gagenerhöhung Platz zu greifen hätte.

Der Kriegsminister entgegnete, durch partielle und zeitliche Aufbesserungen ohne durchgreifende und bleibende Änderung des ganzen unbilligen und höchst komplizierten Systems werde wenig erreicht und niemand zufrieden gestellt, sondern vielmehr nur eine neue Verwicklung der Verrechnung begründet. Die Armee habe nicht durch dieses alte System, sondern nur trotz dieses Systems ihren gegenwärtigen Standpunkt errungen, und der österreichische Offizier konnte nur in der Aussicht auf eine nahe und ergiebige Abhilfe cdie Geduldc zu fortwährenden Opfern und Entbehrungen finden. Längeres Zuwarten scheine ihm nicht möglich. Mit einem verhältnismäßig geringen finanziellen Opfer könne man eine Pflicht der Gerechtigkeit gegen tausende von Offiziers üben und das unbillige Mißverhältnis in den Gagen der österreichischen Armee, verglichen mit der preußischen und anderen, einigermaßen ausgleichen. Über die Ungleichheit aus der Valutadifferenz werde keine Klage erhoben werden.

Die Ersparung durch Herabsetzung des Holzquantums werde nur in gewissen Provinzen und großen Städten von Belang sein, aber dadurch würde dem Offizier ein Mittel genommen, sich in teuren Orten die Subsistenz zu erleichtern. Dies wäre eine Verkümmerung der Gagenaufbesserung. In Österreich sind jetzt weniger als je die Offiziersstellen ein Privilegium der Söhne wohlhabender Familien; der Staat muß also auch für deren entsprechende Dotierung bedacht sein.

Se. Majestät der Kaiser erklärten die schleunige und definitive Regulierung der Offiziersgebühren für ein unabweisliches Bedürfnis. Diese Maßregel werde von der ganzen Armee lebhaft gewünscht und schon lange erwartet. Die Aufbesserung für jeden einzelnen sei mit Rücksicht auf die Anforderungen, denen ein Offizier heutzutage genügen muß, so gering, daß sie, selbst wenn eine größere Wohlfeilheit wieder eintritt,|| S. 68 PDF || keineswegs den wirklichen Bedarf überschreiten wird. Für Ärzte und Auditore sei in neuester Zeit Erhebliches geschehen3; man könne den Offiziersstand nicht länger unberücksichtigt lassen oder ihm bloß eine halbe, provisorische Abhilfe zuwenden. Sofern aber die zuwachsende Mehrauslage den Finanzen empfindlich fällt, könnte eine Kompensation dafür durch Reduktionen in anderer Weise bewirkt werden.

Da hierauf von keiner Seite mehr etwas erinnert wurde, geruhten Se. Majestät dden Kriegsminister Ah. zu beauftragen, seinen Gebührenentwurf zur Ah. Sanktion vorzulegen und mit Berücksichtigung der politischen Verhältnisse fürzudenken, in welcher Art durch Reduktionen weitere Ersparnisse gemacht werden können, worüber die Anträge hierauf zu erstatten sein werdend .4

II. Enthebung pensionierter Offiziere von den Funktionen eines Geschworenen

Se. Majestät der Kaiser geruhten den in der k. k. Armee von vielen Seiten laut gewordenen Wunsch zur Sprache zu bringen, daß auch die pensionierten Offiziers von der Verpflichtung zur Übernahme der Funktion eines Geschwornen bei den Assisen enthoben würden5. Man betrachte diese Funktionen als nicht vereinbar mit der Immunität des Militärs von der Ziviljurisdiktion; man besorge davon Kompromittierung des Offiziersstandes und mancherlei Konflikte.

Die Militärbehörden einiger Kronländer hätten daher bisher auf indirektem Wege die Teilnahme der pensionierten Offiziers an den Verhandlungen der Schwurgerichte zu eludieren gewußt6.

Se. Majestät halten es aber für angemessener, wenn alle Winkelzüge aufgegeben werden und diese Angelegenheit auf eine das militärische Gefühl befriedigende Weise im legalen Weg geordnet wird.

Im gleichen Sinne sprach sich der Kriegsminister mit Zustimmung der mehreren Stimmen aus.

Der Justizminister äußerte, daß er auf seinem Standpunkte die Unverträglichkeit der Funktionen eines Geschwornen mit dem Offiziersstande nicht absehe und er lebhaft bedauern müsse, wenn durch Alter und Erfahrung gereifte, konservative und dem Thron ergebene Männer – wie pensionierte Offiziers in der Regel sind – nicht mehr in die Jury eintreten sollen, wo ihre Gegenwart viel nützen könnte.|| S. 69 PDF ||

Da jedoch der Beschluß bereits feststeht, so wird eder Kriegsminister im Vernehmen mit dem Justizministere bei Sr. Majestät darauf antragen, daß die pensionierten fund mit Charakter quittiertenf Offiziers in Absicht auf die Loszählung von der Pflicht zur Übernahme der Funktion eines Geschwornen mit den aktiv dienenden Offiziers gleichgestellt werden7.

III. Besetzung der Agramer Landesgerichtspräsidentenstelle

Se. Majestät der Kaiser geruhten zu eröffnen, daß der vom Justizminister zum Landesgerichtspräsidenten in Warasdin vorgeschlagene Karl v. Klobučarić nach Versicherung des Ministers Baron Kulmer zur Versehung des Präsidentenposten in Agram besser als der gewesene Advokat v. Nowak geeignet sei, nachdem der Posten in Agram große Energie fordert, welche der letztgenannte bei sonst empfehlenswerten Eigenschaften nicht besitzt8.

Der Justizminister äußerte hierauf, daß nach den ihm zugekommenen Schilderungen Klobučarić in Absicht auf seine juridischen Kenntnisse minder als v. Nowak zur Leitung eines großen und vielbeschäftigten Landesgerichts wie jenes zu Agram geeignet sei. Der Kriegsminister erteilte den Fähigkeiten des v. Klobučarić aus persönlicher Bekanntschaft das vorteilhafteste Zeugnis, und Minister Baron Kulmer bestätigte, daß er bei vielen Komitatsverhandlungen Gelegenheit gefunden habe, sich von der guten Gesinnung und Energie desselben zu überzeugen, während Nowak minder energisch ist und als gewesener Advokat zu Agram daselbst auch noch in manchen Verbindungen steht, welche ihm seine Stellung als Landesgerichtspräsident allda erschweren dürften9.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolles zur Wissenschaft genommen. Franz Joseph. Schönbrunn, 8. Juli 1851.