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Nr. 497 Ministerrat, Wien, 11. Mai 1851 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Marherr; VS. Schwarzenberg; BdE. und anw. (Schwarzenberg 12. 5.), P. Krauß, Bach 19. 5., Bruck, Thinnfeld 19. 5., Thun, Csorich, K. Krauß, Kulmer 19. 5.; außerdem anw. Kübeck a; abw. Stadion.

MRZ. – KZ. 1798 –

Protokoll der Sitzung des Ministerrates, gehalten zu Wien am 11. Mai 1851 unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten, Ministers des Äußern und des Hauses, FML. Fürsten v. Schwarzenberg. Im Beisein des Reichsratspräsidenten Freiherrn v. Kübeck.

[I.] Vorschläge zur Verbesserung der Landeswährung

Der Gegenstand der Beratung war das Elaborat des Reichsrats in betreff der Anträge des Finanzministers zur Regelung der Valutaverhältnisse1.

In demselben wird Sr. Majestät angeraten, unverzüglich mittelst Ah. Patents bekannt machen zu lassen, 1. daß sämtliches Staatspapiergeld mit Zwangskurs nicht über 200 Millionen vermehrt werden dürfe, 2. daß in Gemäßheit des Patents vom 28. Juni 1849 der Kredit der Nationalbank für den Staat nicht mehr werde in Anspruch genommen werden2, 3. daß Vorschläge über die Mittel zur sukzessiven Einziehung des Staatspapiergelds und 4. darüber, wie für die Erreichung dieser Zwecke die erforderlichen Garantien zu geben seien, abgefordert worden.

Der Finanzminister , über diesen Antrag zuerst um seine Meinung angegangen, bemerkte, daß der Vorschlag des Reichsrats im allgemeinen, was die Festsetzung eines Maximums für die Hinausgabe von Staatspapiergeld betrifft, mit seinen eigenen Anträgen übereinstimme und nur darin wesentlich davon abweiche, daß ersterer abgesondert gestellt und die Kundmachung desselben verlangt wird, ehe über die vom Finanzminister damit in Verbindung gebrachten Vorschläge über die weiteren Operationen, insbesondere über das Anleihen, ein Beschluß gefaßt worden ist. Seiner Ansicht nach können die von ihm vorgeschlagenen Maßregeln nicht getrennt behandelt werden; die Fixierung eines nicht zu überschreitenden Maximums des Staatspapiergelds ist wesentlich bedingt durch den Stand der gegenwärtigen Staatsbedürfnisse und der zu ihrer Deckung disponiblen Mittel, insbesondere aber durch das Zustandekommen des beabsichtigten Anleihens von 120–150 Millionen. Ergibt sich in dem einen oder andern eine wesentliche Änderung, so ist es nicht möglich, die für das Staatspapiergeld festgesetzte Grenze einzuhalten.|| S. 466 PDF || Erklärt also die Regierung jetzt schon und ohne daß über die weiters zu ergreifenden Maßregeln ein Beschluß feststeht, daß sie Staatspapiergeld mit Zwangskurs in keinem Falle über 200 Millionen vermehren werde, so bindet sie sich die Hände und bereitet sich große Verlegenheit, wenn bei dem Ausbleiben oder Fehlschlagen des Anleihens kein anderes Mittel zur Bedeckung des vermehrten Staatsaufwands vorhanden ist. Nur, wenn zugleich die Aufnahme des Anleihens beschlossen wird, glaubt der Finanzminister die Einhaltung jener Grenze für die Ausgabe der Staatsnoten zusichern zu können.

Die Erlassung der Erklärung über die Beschränkung der Emission des Staatspapiergelds wird zwar vom Reichsrate und den seinem Elaborate zum Grunde liegenden Anträgen der vermöge § 16 des Reichsratsstatuts mit Ah. Genehmigung berufenen Teilnehmer vornehmlich damit begründet, daß nur durch eine solche Erklärung das Vertrauen des Publikums auf die Regierung und deren Bestreben, zur Verbesserung der Landeswährung wirksam sein zu wollen, wiederhergestellt werden könne. Allein, wenn eine solche Erklärung erscheint und es folgen nicht die weitern zur Realisierung derselben notwendigen Operationen unmittelbar oder wenigstens sehr bald nach, so wird leicht die entgegengesetzte Wirkung eintreten, das bVertrauen des Publikumsa wird, getäuscht in seinen durch die Erklärung der Regierung hervorgerufenen Erwartungen, cnur noch mehr erschüttert werdenb und Gewinnsucht und böser Wille werden nicht unterlassen, die Stimmung des Publikums so wie die Verlegenheit der Regierung in ihrem Interesse auszubeuten. dNach der Ansicht des Finanzministers ist es sehr zweifelhaft, ob die vorgeschlagene Ah. Erklärung einen günstigen Eindruck auf die hiesige Börse hervorbringen werde. Seit drei Jahren befindet sie sich unverhohlen in Opposition mit der Regierung, und auf jede Maßregel zur Verbesserung unserer Zustände antwortet sie beinahe immer mit einer Verschlimmerung des Wechselkurses. Es wird an Leuten nicht fehlen, welche die Summe von 200 Millionen Gulden groß finden, die Unbestimmtheit des Umlaufes der Banknoten ausbeuten und daraus, daß jene Ah. Erklärung getrennt erschiene, ableiten würden, es sei der Regierung mit einer baldigen durchgreifenden Maßregel nicht ernst.c Wie der Finanzminister die gegenwärtigen Verhältnisse der Geldmänner und ihre Interessen kennt, glaubt er nicht, daß sie das heurige Jahr zur Beteiligung an einem größeren Anleihen ihrem Vorteile angemessen finden. Sie werden also eine Verzögerung des Zustandekommens jenes Anleihens, welches der Finanzminister zur vollständigen Durchführung seiner Maßregeln für unerläßlich hält, nicht nur gerne sehen, sondern auch nach Kräften dazu mitwirken, und da gerade unter den zur Vorberatung der Finanzmaßregeln vom Reichsrate berufenen Teilnehmern Bankiers sich befinden, so ist sehr zu besorgen, daß die Hinausschiebung des Beschlusses über die allerwesentlichste darunter schon dort vorbereitet werden möchte.

Endlich dürfte nicht zu übersehen sein, daß die zur Verbesserung der Landeswährung vom Finanzminister vorgeschlagenen Operationen alle Teile des itzt im Umlaufe befindlichen|| S. 467 PDF || Papiergelds zu umfassen haben, und, selbst nach dem Erkenntnisse des Reichsratspräsidenten, umfassen müssen. In der gegenwärtig vom Reichsrate proponierten Maßnahme ist jedoch ausschließlich vom Staatspapiergelde die Rede; die Banknoten, welche doch auch mit Zwangskurs ausgestattet sind, werden darin ganz übergangen, und es würde der Spekulation emit den Banknotend zum Nachteil des Staatspapiergeldes ein unbeschränktes Feld eröffnet sein.

Der Finanzminister war daher des Erachtens, daß mit der Erlassung des vom Reichsrate angetragenen Patents nicht vorzugehen, sondern unverzüglich zur Beratung der von ihm weiters vorgeschlagenen Maßregeln zu schreiten sei, da angenommen werden könne, daß man sich über die Hauptgrundsätze bald werde einigen können, wogegen die Erlassung der Erklärung, wenn man nicht über das Weitere bereits im Reinen ist, von den bedenklichsten Folgen wäre.

Der Reichsratspräsident bemerkte dagegen zur näheren Begründung des Antrags des Reichsrates: Nach den mehrfältig erfolglos gebliebenen Arbeiten über die Maßregeln zur Verbesserung unserer Geldverhältnisse handle es sich dermal zunächst darum, dem Papiergelde mit Zwangskurs eine Grenze zu setzen, über welche hinaus es nicht vermehrt werden darf, und zwar einerseits darum, weil materiell wirklich ein Übermaß daran vorhanden, andererseits aber das Publikum ohne Beruhigung über die Menge des in Umlauf kommenden Papiergelds ist. Die verbreitete Meinung, daß willkürlich und ohne Beschränkung fortan mit der Ausgabe von Papiergeld vorgegangen werde, zu beseitigen, das soll der nächste Zweck des vorliegenden Antrags des Reichsrats sein und soll den weiter zu beratenden und in Angriff zu nehmenden Maßregeln Bahn brechen. Der Anfang aber muß wohl jedenfalls damit gemacht werden, daß man eine Grenze setze, über welche hinaus nicht neues Papiergeld ausgegeben werden darf, wenn es überhaupt mit dem Vorhaben ernst ist, eine Verbesserung der Valutaverhältnisse zu bewirken.

Die Festsetzung der Summe, welche als nicht zu überschreitendes Maximum dafür zu bestimmen wäre, unterliegt allerdings einiger Schwierigkeit; allein, wenn der Finanzminister die für eine gewisse Zeit bevorstehenden Staatsausgaben mit den ihm für eben diese Periode zu Gebote stehenden ordentlichen Deckungsmitteln vergleicht, so wird sich wohl mit einiger Verläßlichkeit die Summe des Defizits und des hiernach etwa für die Papiergeldemission vorzubehaltenden Spielraums ergeben, welchen übrigens der Reichsrat ohnehin bereit ist, bis 250 Millionen nötigenfalls zu erstrecken. Gegenwärtig aber dürfte es vor allem darauf ankommen, die öffentliche Meinung so bald als möglich darüber zu beruhigen, daß Papiergeld vom Staate über eine gewisse Summe und ohne Kontrolle nicht werde ausgegeben werden.

Die zeitweise Veröffentlichung der Gebarung im Staatshaushalte hat das Publikum mit dem fortwährenden Zurückbleiben der ordentlichen Einnahmen hinter den Staatsausgaben sowie mit den bisherigen Mitteln zur Ausgleichung des Unterschieds bekannt gemacht. Es weiß, daß dermalen die Maßregeln zur Verbesserung der finanzielle Zustände beraten werden, und es wird ihm nicht verborgen bleiben, daß von Seite der zur Beratung beigezogenen Teilnehmer der Antrag gemacht worden ist, ihm über die Einschränkung|| S. 468 PDF || der Papiergeldemission als ersten Schritt zur Regelung der Landeswährung durch eine öffentliche Erklärung der Regierung Beruhigung zu verschaffen. Bleibt nun diese Erklärung aus, so wird sich schnell die Meinung verbreiten, die Regierung hat diesen Vorschlag zurückgewiesen, sie ist überhaupt nicht geneigt, in der Sache etwas zu tun. Den nachteiligen Folgen davon vorzubeugen, den ersten Schritt zur Einschränkung der Papiergeldemission zu tun und hiermit die weiteren anzubahnen, welche ohnehin nicht auf einmal, sondern nur allmählig, manche erst in Jahren zur Ausführung werden gelangen können, dies scheint für dermal die Aufgabe zu sein, und darum glaubte der Reichsratspräsident, die Genehmigung der Vorschläge des Reichsrats empfehlen zu sollen.

Eine dritte, vermittelnde Meinung äußerte der Handelsminister . Er erachtete, daß zwar das vom Reichsrat beantragte Patent erlassen werde, jedoch erst dann, wenn die zur Beratung berufenen Teilnehmer und der Reichsrat sich im Prinzip über die von der Finanzverwaltung vorgeschlagenen weiteren Maßregeln würden geäußert haben, und hiermit die Beratung in der Hauptsache würde abgeschlossen worden sein. Der Handelsminister besorgt nämlich auch, gleich dem Finanzminister, einen hemmenden Einfluß auf die in Aussicht stehenden weiteren Finanzoperationen und glaubt, ihn dadurch am sichersten zu beseitigen, wenn, was wohl in kürzester Frist geschehen könnte, jene Einigung und Verständigung über die Hauptgrundsätze vorerst erzielt ist.

Bei der Abstimmung blieben die Anträge des Finanz- und des Handelsministers in der Minorität.

Dem ersteren trat nur der Justizminister unbedingt bei, weil das Versprechen der Einschränkung der Papiergeldemission, sobald die Überzeugung nicht vorliegt, daß man es werde halten können, lieber nicht gegeben werden sollte, und weil es jedenfalls erst das Resultat der übrigen gesamten von dem Finanzminister im Zusammenhange vorgeschlagenen Maßregeln sein könnte, über welche man sich noch nicht geeiniget hat; weil ihm endlich das – vielleicht um einige Wochen später eintretende Handeln im Interesse der Verbesserung wirksamer als ein die Regierung bindendes und doch zweifelhaftes vorläufiges Versprechen zu sein scheint.

Überdies glaubte er auch die Punkte 3 und 4 des vorgeschlagenen Patents beanständen zu sollen, weil ihre Textierung zu der Vermutung Anlaß gäbe, als ob erst itzt von Sr. Majestät Vorschläge zur Verbesserung der Valuta abgefordert würden, während dieselben in der Tat schon längst vorbereitet in vollster Bearbeitung sich befinden.

Dagegen traten der Minister des Inneren (welcher bei der Übereinstimmung aller Meinungen über die Notwendigkeit der Einschränkung des Papiergelds vorzüglich die Opportunität der hierwegen sogleich zu erlassenden Bekanntmachung aus politischen Rücksichten in einem längeren Vortrage auseinandersetzte), ferner der Minister für Landeskultur und Freiherr v. Kulmer dem Antrage des Reichsrates unbedingt bei.

Der Kultusminister erkannte, daß der Ausspruch über die Beschränkung des Papiergelds auf 200 Millionen nur in der Voraussetzung möglich sei, daß auch die übrigen Anträge des Finanzministers wegen Regelung unserer Geldverhältnisse genehmigt werden, und erklärte sich nur in Rücksicht auf den Umstand, daß der Gegenstand nun einmal abgesondert zur Sprache gekommen ist und die Ablehnung einen üblen Eindruck machen würde, für das Patent mit Weglassung der Absätze 3 und 4, würde jedoch dem|| S. 469 PDF || Vorschlage des Handelsministers den Vorzug geben, welchem letzteren auch der Kriegsminister sich anschloß.

Nachdem jedoch schlüßlich der Reichsratspräsident bemerkt hatte, daß, sobald die Erklärung, der Staat wolle das Papiergeld auf ein gewisses Maximum beschränken, nicht gegeben werden kann, lieber alle weiteren Maßnahmen in der besprochenen Tendenz aufgegeben werden mögen, nachdem er ferner wiederholt auf die bedenklichen Folgen aufmerksam gemacht hatte, welche eine Ablehnung des reichsrätlichen Antrags nach sich ziehen könnte, nachdem er endlich erklärt hatte, daß es in den ursprünglichen Anträgen der zur Beratung dieser Angelegenheit berufenen Teilnehmer allerdings schon gelegen gewesen, daß das im Umlaufe befindliche Staatspapiergeld in eine verzinsliche Staatsschuld umgewandelt werde, ohne daß ihnen vom Reichsratspräsidenten das diesfällige Projekt des Finanzministers wäre eröffnet worden, mithin ein Widerspruch in den Ansichten der Teilnehmer und des Finanzministers im Prinzipe wenigstens auch in dieser Beziehung nicht besteht, erklärte der Handelsminister e in der Voraussetzung, daß die vorliegenden Anträge des Reichsrates als das Endresultat der mit den Teilnehmern gepflogenen Beratungen anzusehen wären, auch seinerseits diesen Anträgen nicht entgegentreten zu wollen.

Auf Einladung des Ministerpräsidenten übernahm es der Finanzminister, die Textierung des vorgelegten Patentsentwurfs bezüglich der, wie erwähnt, beanständeten Punkte und wo es sonst nötig wäre, angemessen zu modifizieren und in der nächsten Sitzung in Vortrag zu bringen3.

Ah. E. Ich nehme den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis. Franz Joseph. Schönbrunn, den 4. Juni 1851.