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Nr. 478 Ministerrat, Wien, 31. März 1851 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Wacek; VS. Schwarzenberg; BdE. und anw. (Schwarzenberg 1. 4.), P. Krauß 1. 4., Bach 1. 4., K. Krauß 1. 4., Bruck 1. 4., Thun, Csorich, Kulmer; abw. Stadion, Thinnfeld.

MRZ. – KZ. 1107 –

Protokoll der am 31. März 1851 in Wien abgehaltenen Ministerratssitzung unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten, dann Ministers des Äußern und des Hauses Fürsten Felix v. Schwarzenberg. Der Justizminister Ritter v. Krauß brachte folgende Gnadensachen behufs ihrer Unterstützung bei Sr. Majestät zum Vortrage.

I. Strafmilderungen für Valentin Mroczkowski

Nachsicht des Strafrestes von einem Jahre und einigen Monaten für Valentin Mroczkowski, welcher als Gewohnheitsdieb von dem Krakauer Strafgerichte wegen Diebstahls eines Mantels im Werte von 16 Gulden polnisch zu siebenjährigem Kerker, verschärft mit Fasten etc. verurteilt worden ist. Von dieser Strafzeit hat derselbe bereits fünf Jahre und neun Monate überstanden. Während des Brandes in Krakau hat sich dieser Sträfling eifrig verwendet, sein Betragen im Arreste ist gut, und es ist auch zu berücksichtigen, daß ihn unsere Gerichte für das gedachte Verbrechen nicht auf so lange Zeit und mit solchen Verschärfungen verurteilt haben würden1;

II. Strafmilderungen für Georg Drobnik

Nachsicht der Todesstrafe für den des Mordes schuldig befundenen Georg Drobnik aus dem Grunde, weil die Tat im Jahre 1843 begangen wurde, er bereits seit 1846 sitzt und die Vollziehung der Todesstrafe nach einer so langen Zeit ihren Zweck verfehlen würde. Es wird für denselben auf eine zeitliche Strafe von 20 Jahren angetragen2;

III. Strafmilderungen für Joseph Wittković und Gregor Haberle

Nachsicht der Todesstrafe und Substituierung einer angemessenen zeitlichen Strafe für die von dem Agramer Komitate zum Tode verurteilten Mörder Wittković und Haberle, weil einer dieser Verbrecher zur Zeit des begangenen Verbrechens erst 19 Jahre alt war und nach unseren Gesetzen nicht hätte zum Tode verurteilt werden können3, und

IV. Strafmilderungen für Luigi Zanoni und Johann Calegaris Nado

Nachsicht eines Teils der Kerkerstrafe für die Banknotenverfälscher Luigi Zanoni und Calegaris Nado.|| S. 375 PDF ||

Dieselben haben 25 f. Banknoten täuschend nachgemacht und davon 11.000 f. in Rom, Florenz und Neapel ausgegeben. In ihrer Gesellschaft befanden sich auch Florentiner, welche Se. Majestät im Jahre 1843 auszuliefern befahlen und welche in ihrer Heimat wegen Verfälschung von Privatkreditspapieren nur zu einer Kerkerstrafe von 30 Monaten verurteilt wurden, während die obigen österreichischen Untertanen, der eine zu 20, der andere zu zehn Jahren Kerker verurteilt worden sind. Im Kerker haben sich beide gut und reuig benommen. Der Justizminister trägt an, dem, der auf 20 Jahre verurteilt wurde, die Strafe auf die Hälfte, nämlich zehn Jahre, und jenem, welcher auf zehn Jahre verurteilt ward, die Strafe bis auf ein Jahr, vorzüglich aus dem Grunde herabzusetzen, weil ihre Mitschuldigen in Florenz nur zu einem 30-monatlichen Kerker verurteilt worden sind.

Gegen diese sämtlichen Anträge des Justizministers fand der Ministerrat nichts zu erinnern4.

V. Leopoldorden für Theodor Graf Csáky

Ebenso hat der Ministerrat dem Antrage des Ministers des Inneren beigestimmt, für den Grafen Theodor Csáky, welcher von allen ungarischen Autoritäten als ein besonders loyaler, der Regierung anhängiger Mann geschildert wird und der dem FZM. Grafen Schlik bei seinem Einzuge in Kaschau gute Dienste geleistet und seinen Truppen freundliche Aufnahme bereitet hat, von der Gnade Sr. Majestät eine Auszeichnung und zwar die taxfreie Verleihung des Ritterkreuzes des österreichisch kaiserlichen Leopoldordens zu erbitten5.

VI. Verleihung des Bacser Bistums an Platon Athanaczkovicz

Der Minister des Kultus und des öffentlichen Unterrichtes Graf Leo Thun brachte die Angelegenheit des Ofner griechisch-nichtunierten Bischofes Athanaczkovicz wegen seiner Übersetzung auf das griechisch-nichtunierte Bistum in der Bácska mit dem Wunsche abermals zur Sprache, darüber einen Beschluß zu fassen6.

Der Minister des Inneren erklärte sich nun, nach näherer Erwägung dieser Angelegenheit, wie auch die übrigen Stimmführer des Ministerrates mit dem in der Ministerratssitzung vom 26. März d. J. gestellten Antrage des Ministers des Kultus einverstanden, welcher dahin ging, daß von der dort erwähnten Resignation des Bischofes Athanaczkovicz kein Gebrauch zu machen und der Patriarch Rajačić aufzufordern wäre, wenn er Anstände und Beschwerden gegen Athanaczkovicz hat, er sie im kanonischen Wege anhängig zu machen und durchzuführen hätte, widrigenfalls dem Bischofe Athanaczkovicz die Collationales auf das Bistum in der Bácska ohne weiters ausgefolgt werden würden7.

VII. Urbarialentschädigungsangelegenheiten

Der Ministerpräsident eröffnete dem Ministerrate, daß auf Befehl Sr. Majestät dem Reichsratspräsidenten Freiherrn v. Kübeck die Gesetzentwürfe für mehrere darin genannte Kronländer, und zwar: 1. über das Verfahren der Gerichtsbehörden zur Durchführung des Patentes vom 25. September 1850 rücksichtlich der Zuweisung der Kapitalsabfertigungen für die infolge der Grundentlastung aufgehobenen oder ablösbaren Bezüge8, 2. über die Bestimmungen zum Behufe der Entschädigungsleistung für die Grundentlastung9, 3. den Gesetzentwurf für Tirol und Vorarlberg über die Leistung der Kapitalsentschädigung für die Grundentlastung und die Befriedigung der Hypothekargläubiger10, endlich 4. den Gesetzentwurf zum Behufe der um 5 % erhöhten direkten Steueranforderung für die Verzinsung und Tilgung der Entschädigungsleistungen für die durch die Grundentlastung aufgehobenen Bezüge in den bemerkten Kronländern um seine allenfälligen Bemerkung mitgeteilt worden sind, und er las die diesfälligen Bemerkungen vor, zu welchen sich Freiherr v. Kübeck veranlaßt fand, und welche er dem Ministerpräsidenten zur Beförderung an Se. Majestät zukommen ließ11.

Der Ministerpräsident hielt es für notwendig, über diese Bemerkungen vor ihrer Gelangung an Se. Majestät die Ansichten des Ministerrates zu vernehmen.

Über den Gesetzentwurf zu 1. ergaben sich dem Reichsratspräsidenten keine Bemerkungen.

Hinsichtlich des Gesetzentwurfes zu 2. bemerkte Baron Kübeck ad § 12, daß ihm der diesfällige Text des Ministerrates einerseits vorgreifend und andererseits doch eventuell bedingt zu sein scheint. Vorgreifend, weil er schon von der Voraussetzung ausgeht, daß die in einzelnen Kronländern vorhandenen Landesfonds oder deren Überschüsse dem Entlastungsfonds werden zugewiesen werden; eventuell bedingt, weil eine solche Widmung gleichwohl erst von der Landesgesetzgebung abhängig erklärt wird. Baron Kübeck hält diesen Paragraph für ganz entbehrlich. Sollte aber gleichwohl eine Bestimmung als wünschenswert angesehen werden, so schlägt er für diesen Paragraphen eine andere Textierung vor.

Der Ministerrat tritt hierüber den Bemerkungen des Ministers des Inneren bei, daß der fragliche Paragraph allerdings nur eine eventuelle Bestimmung enthalte, nämlich die, daß die Landesfonds, welche etwa in der Folge zum Zweck der Grundentlastung gewidmet werden, was noch von weiteren Verhandlungen mit den ständischen Organen der betreffenden Kronländer abhänge, im Falle dieser Widmung ausschließlich zur Deckung des Landesdrittels, somit zur Abminderung des hierzu auszuschreibenden Steuerzuschlages und zur Erleichterung der Steuerpflichtigen verwendet werden sollen. Diese Bestimmung sei aber notwendig, weil schon das Patent vom 25. September 1850, § 2 b), die Landesfonds als Deckungsmittel des Entlastungsfonds bezeichnet habe und daher davon jedenfalls in dem vorliegenden Patente Erwähnung getan werden müsse, zumal in einigen|| S. 377 PDF || Kronländern wirklich nicht unbedeutende Landesfonds bestehen, welche von den ständischen Ausschüssen zur Verwendung für das Landesdrittel bereitgehalten werden. Die völlige Weglassung dieses Paragraphes würde daher als eine Beschränkung des Patentes vom 25. September 1850 gerade in einem für den Kredit der Entlastungsschuldverschreibung wesentlichen Punkte, als eine Verminderung des demselben gewidmeten Deckungsfonds aufgefaßt werden, was nur nachteilig wirken könnte.

Was die Bemerkung betrifft, daß die von dem Ministerrate beschlossene Fassung vorgreifend sei, indem dadurch dermalen, wo über die spezifische Zuweisung der Landesfonds an den Entlastungsfonds noch nicht entschieden ist, doch schon über die Verwendung derselben, nämlich zur Erleichterung der Steuerpflichtigen, abgesprochen werde, so bemerkt der Ministerrat, daß diese Bestimmung deshalb getroffen wurde, weil es ihm notwendig schien, schon von vorneherein die landständische Kompetenz über diese Frage auszuschließen, damit nicht die Landesfonds, welche doch nur für Rechnung des Landesdrittels und zur Erleichterung der Steuerpflichtigen und nicht etwa zur einseitigen Begünstigung anderer Beteiligter verwendet werden dürfen, dieser Widmung nicht mehr durch Landtagsbeschlüsse entzogen werden können. Dazu sei die Regierung aber allerdings berechtigt, nachdem die Deckung des Landesdrittels durch Steuerzuschläge, die mit der allgemeinen Staatssteuer konkurrieren, aufgebracht werden muß, auch die Grundentlastungsschuld­verschreibungen die Garantie des Staates genießen, und sonach dieser auch befugt sein muß zu verlangen, daß die Verwendung derjenigen Landesfonds, welche zum Entlastungsfonds gewidmet werden, spezifisch und ausschließlich für Rechnung des Landesdrittels verwendet werden.

Übrigens bestehe zwischen den Textierungen des Ministerrates und des Reichsratspräsidenten keine so wesentliche Verschiedenheit und beide ließen sich leicht vereinigen.

Um diese Vereinigung zu erzielen, hat der Ministerrat beschlossen, für den § 12 folgende Textierung vorzuschlagen: „Diejenigen Landesfonds oder Überschüsse aus deren Erträgnissen, welche in den einzelnen Kronländern zur Tilgung dieser Landesverpflichtungen gewidmeta werden, oder sonst außerordentliche, zu diesem Zwecke eingehende Beihilfen sind dieser Bestimmung gemäß zur Erleichterung der Steuerpflichtigen zu verwenden.“

Dieser Textierung des § 12 zufolge hätte auch der Schlußsatz des § 15 eine Modifikation zu erleiden und würde sonach lauten: “Die dem Entlastungsfonds zugewiesenen (statt abgetretenen) Landesfonds und andere Beihilfen sind demselben zur weiteren Verwaltung und Verwendung zu übergeben.“

§ 18. Hinsichtlich der bei diesem Paragraphe vom Baron Kübeck angeregten Frage, ob die Zinsen der Grundentlastungsschuldverschreibungen, insofern sie nicht den Hypothekargläubigern zukommen, der Einkommensteuer unterliegen können und sollen, fand der Ministerrat, daß die verneinende Ansicht des Reichsratspräsidenten mit den Beschlüssen, die der Ministerrat gefaßt hat, im Einklange steht, indem man vor wenigen Wochen|| S. 378 PDF || sich dahin ausgesprochen hat, daß die Vorschüsse auf die Entschädigung der Einkommensteuer nicht zu unterliegen haben. Es fehle jedoch an einem überwiegenden Grunde, in dem vorliegenden Ah. Patente von der demselben gänzlich fremden Einkommensteuer, welche bloß auf ein Jahr, dann auf ein zweites ausgeschrieben wurde, ohne über ihren bleibenden Charakter etwas zu bestimmen, zu sprechen.

Zu § 19 (wegen der Verlosung und Prämie) dürften Se. Majestät aus den vorgelegten Ministerratsprotokollen Ah. entnommen haben, daß die von dem Ministerrate beschlossene Textierung dieses Paragraphes nach wiederholten Beratungen und nach reiflicher Erwägung aller Verhältnisse angenommen worden sei. Man sehe mit den Bestimmungen dieses Paragraphes keinerlei Gefahr verbunden. Die Prämie von 5 % sei nicht zu dem Zwecke bestimmt worden, die Aufkündigungen der Schuldverschreibungen zu verhindern, sondern um die Papiere in ihrem Preise auf ihrer Höhe zu erhalten und der Verschleuderung derselben um niedrige Preise unter dem Nennwerte zu begegnen. Auch sei durchaus keine Verwicklung bei der angetragenen Operation zu besorgen. Der Fonds sei bestimmt, und es werde nicht mehr gezahlt, als so weit dieser Fonds reicht. Freiherr v. Kübeck zieht aus seinen Bemerkungen zum § 19 selbst nicht den Antrag zu einer Änderung in der gedachten Bestimmung und schlägt keine geänderte Fassung vor.

Diese und die in den früheren Ministerratsprotokollen über diesen Gegenstand niedergelegten Betrachtungen bestimmten den Ministerrat zu der Erklärung, daß er sich durch die von Baron Kübeck zu diesem Paragraphe gemachten Bemerkungen nicht veranlaßt finden könne, Sr. Majestät eine andere Textierung dieses § 19 vorzuschlagen.

Daß für Tirol dieser Paragraph (dort § 18) beseitiget wurde, habe seinen Grund darin, weil in Tirol die Entschädigungssumme einen relativ sehr geringen Betrag erreicht, und der regelmäßige Zinsfuß dort nur 4 % ist und 5%ige Papiere auch ohne sonstige Prämie durch diesen letzteren höheren Zinsfuß allein sich dort auf ihrer wünschenswerten Höhe erhalten werden.

Zu § 21. Was die von Baron Kübeck zu diesem Paragraphe zunächst gemachte Bemerkung anbelangt, daß der Staat den Grundentlastungsschuldverschreibungen nicht allein die Vorzüge der Staatspapiere einräumen, sondern auch die Erfüllung der für sie eingegangenen Stipulationen verbürgen sollte, wurde von dem Ministerrate beschlossen, daß, wiewohl diese Verbürgung bereits im Patente vom 25. September 1850, § 20, deutlich und bestimmt ausgesprochen ist, es doch keinem Anstande unterliege, dieselbe in den § 21 ausdrücklich aufzunehmen, wornach der Eingang dieses Paragraphes so zu lauten hätte: „Die Grundentlastungsschuldverschreibungen werden vom Gesamtreiche verbürgt und genießen alle Vorzüge der Staatspapiere.“

Dagegen wurde hinsichtlich der weiteren Bemerkung des Baron Kübeck, daß der in diesem Paragraph vorkommende Ausdruck: „genießen alle Vorzüge der Staatspapiere“ eine zweideutige Auffassung zulasse, indem z. B. die 3%igen Zentralkassaanweisungen, die Reichsschatzscheine usw. auch Staatspapiere sind und den Vorzug des Zwangskurses haben, welchen man den Grundentlastungs­schuldverschreibungen gewiß nicht werde zugestehen wollen, und daß es statt jenes Ausdruckes vielleicht heißen dürfte: „alle Vorzüge der festen verzinslichen Staatsschuld“, erinnert, daß man eine solche zweideutige Auffassung nicht besorge, indem wohl jedermann darunter Staatspapiere gleicher Art|| S. 379 PDF || (feste, verzinsliche Staatspapiere) und nicht andere verstehen werde und man sicher sein könne, daß niemand unter den eingeräumten Vorzügen einen Zwangskurs meinen werde. Denn bei der Gleichstellung der Entlastungsschuldverschreibungen mit den Staatspapieren könne es durchaus nicht zweifelhaft sein, daß nur von solchen Staatspapieren die Rede sei, die ihrem Inhalte und der übernommenen Verpflichtung nach gleicher Natur mit jenen Schuldverschreibungen sind. Nun sind aber die Kassaanweisungen und Reichsschatzscheine ihrer Wesenheit nach von festen Staatsschuldverschreibungen so verschieden, daß es ebenso wenig jemanden einfallen dürfte, sie mit den Entlastungsschuldverschreibungen zu vermengen, als für die letzten z. B. Lottogewinste anzusprechen, weil es auch Staatspapiere gibt, die aus einem Lotterieanleihen entsprungen sind. Auch sei dieser Ausdruck „Staatspapiere“ in den Bankstatuten gebraucht und habe bisher zu keiner Zweideutigkeit Veranlassung gegeben.

Gegen die Änderung des Ausdruckes „Staatspapiere“, dessen sich der § 20 des Patentes vom 25. September 1850 bedient, wurde von dem Minister des Inneren bemerkt, daß jede solche Änderung ohne Notwendigkeit Beunruhigung und Zweifel über die Absichten hervorrufen würde, welcher Meinung alle übrigen Stimmen beitraten.

In Absicht auf das weitere Bedenken des Baron Kübeck gegen die in diesem Paragraphe aufgenommene Bestimmung, daß die Grundentlastungsschuldverschreibungen rücksichtlich der Erlangung von Vorschüssen aus der k. k. privilegierten Oesterreichischen Nationalbank gleich den Staatspapieren zu behandeln seien, von welcher Bestimmung nach der Ansicht des Baron Kübeck ganz Umgang zu nehmen und dafür die folgende aufzunehmen wäre: „Die Staatsverwaltung werde dafür Sorge tragen, daß die Entlastungsdirektionen in den bezeichneten Kronländern mit den angemessenen Fonds versehen werden, um auf die Entlastungsschuldverschreibungen verzinsliche Vorschüsse zu erteilen“, bemerkte der Finanzminister Freiherr v. Krauß , daß er in der erwähnten Bestimmung des Paragraphes keinen Widerspruch mit den Bankstatuten auffinden könne. Nach dem § 18 der Bankstatuten habe die Bank allerdings nicht die Verpflichtung, wohl aber das Befugnis, Vorschüsse auf Staatspapiere zu leisten, und könne daher von dieser Freiheit Gebrauch machend, auch auf die Grundentlastungs­schuldverschreibungen, welche alle Vorzüge der Staatspapiere genießen, Vorschüsse geben.

Wiewohl der Finanzminister die Ansicht, daß das Darlehensgeschäft der Bank auf Staatspapiere gefährlich sei, nicht teilt, so ist doch die Abfassung der erwähnten Stelle des § 21 so vorsichtig gestellt, daß, wenn es notwendig erkannt werden sollte, der Bank die Erteilung von Darleihen auf Staatspapiere zu untersagen, eben dadurch auch die Vorschüsse auf Entlastungsschuld­verschreibungen von selbst hinwegfallen würden. Die Hinweglassung der Bestimmung, welche den Entlastungsschuldverschreibungen die Erlangung von Vorschüssen bei der Bank möglich macht, würde dem Werte der gedachten Papiere und eben dadurch den Gutseigentümern und deren Gläubigeren höchst nachteilig sein. Sehr bedenklich und wahrhaft gefährlich wäre dagegen die Aufnahme eines Satzes in das Patent, durch den die Staatsverwaltung die Verpflichtung auf sich nehmen sollte, auf jene Schuldverschreibungen Vorschüsse zu erteilen. Diese Verpflichtung könnte, wie Baron Kübeck selbst vorschlägt, nur durch die Hinausgabe von unverzinslichem Papiergelde erfüllt werden. Die hieraus entspringende Vermehrung der Papierzirkulation würde den Wechselkurs und das Silberagio noch mehr verschlimmern, und diese Verschlimmerung|| S. 380 PDF || müßte bereits jetzt, noch ehe solche Vorschüsse erteilt worden wären, eintreten, da es an jedem Maßstabe fehlt, nach welchem sich die Größe des Zuwachses beurteilen ließe, den das umlaufende Papiergeld in der Zukunft durch solche Vorschüsse erlangen kann. Der Zeitpunkt zur Wiederherstellung geordneter Währungs­verhältnisse wäre durch jene ganz unbestimmte Verpflichtung auf eine unabsehbare Ferne hinausgerückt.

Es wurde daher beschlossen, von der nach reiflicher Beratung vorgeschlagenen Textierung des § 21 mit Ausnahme der eingangs erwähnten Modifikation nicht abzugehen.

Zu § 29 bemerkte der Reichsratspräsident, daß die Landschaftsbuchhaltungen, wo sie noch bestehen, mit der Kontrolle der Entlastungsfonds nicht betraut und diese Kontrolle in allen Kronländern den lf. Kontrollsbehörden zugewiesen werden sollte. Seine Gründe sind, weil sonst in einigen Kronländern die Staatsbuchhaltungen, in anderen die Landschaftsbuchhaltungen wirksam sein würden, weil die Stellung der letzteren Buchhaltungen prekär ist und sie in Disziplinarbeziehung dem Generalrechnungs­direktorium nicht zugewiesen sind.

Der Minister des Inneren fand hier zu bemerken, daß man die Kontrolle der Entlastungsfonds fakultativ der einen oder der anderen Buchhaltung vorbehalten wollte und daß man auf die Landschaftsbuchhaltungen deshalb sein Augenmerk warf, weil die Grundentlastung als eine Landessache betrachtet, der Landesfonds dabei in Anspruch genommen wird und die Grundentlastungskommissäre nämlich jener Provinzen, wo verwendbare Landesfonds bestehen, den Wunsch ausgesprochen haben, daß die Landschaftsbuchhaltungen und Kassen hierbei verwendet werden. Er lege indessen keinen besonderen Wert darauf, daß die Landschaftsbuchhaltungen mit der gedachten Kontrolle betraut werden, nur wäre sich vorzubehalten, dort, wo Landschaftsbuchhaltungen und Kassen bestehen, auch ihre Organe bei der Durchführung der Grundentlastung zu benützen, indem sie mit dem diesfälligen Kreditsgeschäfte vertraut sind, auch wegen anderweitiger geringer Beschäftigung dazu recht zweckmäßig und mit Ersparung von sonst dem Lande zur Last gehenden Regiekosten verwendet werden können, endlich auch Baron Kübeck deren Verwendung nicht unbedingt ausschließen will.

Der Ministerrat stimmte diesfalls für den Antrag des Baron Kübeck, wornach der § 29 nur auf den Ausspruch zu beschränken wäre, daß die Kontrolle bezüglich der Geld- und Kassagebarung des Entlastungsfonds von der lf. Kontrollbehörde besorgt werde, und das weitere des Paragraphes wegzubleiben hätte, jedoch durch die Instruktion für die Entlastungsfondsdirektion nach Erfordernis die einstweilige Benützung der Landschaftsbuchhaltung zu gestatten wäre.

Wenn die Kontrolle den Landschaftsbuchhaltungen entzogen wird, so erscheint es notwendig, daß im § 26 der Schlusssatz auch wegbleibe und lediglich gesagt werde: „Die Kassageschäfte des Entlastungsfonds sind in der Regel von der Landeshauptkasse in abgesonderter Rechnung zu führen.“

Zu 3. Bei dem Gesetzentwurfe für Tirol und Vorarlberg würden allerdings die Bemerkungen des Baron Kübeck, welche derselbe zu den §§ 12, 15, 18 und 21 bei 2. zu machen sich bestimmt gefunden hat, analoge Anwendung auf die §§ 12, 14 und 20 finden.

Der Ministerrat bezog sich seinerseits gleichfalls auf die zu den §§ 12, 15, 18 und 21 des Gesetzentwurfes 2. gemachten Bemerkungen.|| S. 381 PDF ||

Zu dem Gesetzentwurfe 4. ergaben sich dem Reichsratspräsidenten keine Erinnerungen12.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolles zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Wien, den 11. April 1851.