Nr. 456 Ministerrat, Wien, 20. Februar 1851 - Retrodigitalisat (PDF)
- ℹ️ anwesend:
- RS.Reinschrift; P.Protokoll Wacek; BdE.Bestätigung der Einsicht (Schwarzenberg 21. 2.), Bruck, Bde. und anw.anwesend P. Krauß 22. 2., K. Krauß, Thinnfeld 22. 2., Thun, Kulmer 22. 2., Bach 22. 2.; abw.abwesend Schwarzenberg, Bruck, Csorich, Stadion.
MRZ. – KZ. 376 –
- I. Organisierung der Polizeipräfektur in Triest
- II. Auszeichnung für Ignaz Pokorny
- III. Auszeichnung für Peter Szankowski
- IV. Auszeichnung für mehrere Bauern; Auszeichnung der Finanzwache etc. etc
- V. Auszeichnung Karl Lukas
- VI. Unterstützung für die Weltreisende Ida Pfeiffer
- VII. Zwei Todesurteile
- VIII. Gnadenanträge für Adam Heinacher und Alois Klampaczky
- IX. Todesurteile gegen Hryć Mielnik und Johann Salaniec
- X. Strafbehandlung des Gajo Odalovich
- XI. Erläuterung des § 346 der neuen Strafprozeßordnung
- XII. Pensionsbehandlung Joseph Krachs
- XIII. Auszeichnung für Franz Traunbauer
- XIV. Gesuch des Anton Ritter v. Jungmann um Personalzulagebelassung
Protokoll der am 20. Februar 1851 in Wien abgehaltenen Ministerratssitzung.
I. Organisierung der Polizeipräfektur in Triest
Dem an Se. Majestät zu erstattenden Antrage des Ministers des Inneren Dr. Bach wegen Organisierung der Polizeidirektion (Polizeipräfektur) in Triest, deren Personale aus einem Direktor, zwei Kommissären und dem sonst erforderlichen, nach dem strengsten Bedürfnisse und im Interesse des Budgets bemessenen Konzepts- und Hilfspersonale bestehen soll, wurde die Zustimmung des Ministerrates zuteil.
Der Status dieser Polizeibehörde vom Jahre 1808 wurde nicht mehr als zureichend erkannt, weil sich die Bevölkerung der Stadt Triest seit jener Zeit verdoppelt und die Verkehrs- und sonstigen Verhältnisse ungemein erweitert haben1. Der Gesamtkostenaufwand der neu organisierten Behörde würde sich auf 26.839 fr. belaufen und gegen früher um 4598 fr. mehr betragen2.
Ebenso hat der Ministerrat den weiteren Anträgen des Ministers des Inneren auf die von Sr. Majestät zu erbittende Auszeichnung für folgende Individuen beigestimmt:
II. Auszeichnung für Ignaz Pokorny
für den Gemeindevorstand von Biskupits in Mähren I. Pokorny mit dem silbernen Verdienstkreuze wegen seines ausgezeichneten Verhaltens in den Jahren 1848 und 18493.
III. Auszeichnung für Peter Szankowski
für den griechisch-katholischen Pfarrer in Stanislau Szankowski mit dem goldenen Verdienstkreuze mit der Krone wegen gleicher vom Grafen Gołuchowski sehr angerühmten und empfohlenen Verdienste4.
IV. Auszeichnung für mehrere Bauern; Auszeichnung der Finanzwache etc. etc
für 19 Individuen, teils aus dem Bauernstande, teils von der Gendarmerie und der Finanzwache, welche sich während des ungarischen Krieges und dem Einmarsche der Russen besonders hervorgetan haben, mit silbernen Verdienstkreuzen teils mit, teils ohne Krone5, und
V. Auszeichnung Karl Lukas
für den Hofschauspieler Lukas mit dem goldenen Verdienstkreuze mit der Krone. Derselbe hat sich im Jahre 1848 ausgezeichnet benommen, zur Befreiung ades Grafen Hoyos und Dietrichsteina wesentlich beigetragen und sich, obgleich dazu nicht verpflichtet, selbst Gefahren ausgesetzt. Zwei seiner Söhne dienen in der k. k. Armee6.
VI. Unterstützung für die Weltreisende Ida Pfeiffer
Der Minister des Inneren Dr. Bach referierte hierauf noch über das ihm übergebene Gesuch der bekannten Reisenden Madame Pfeiffer um einen Unterstützungsbeitrag aus dem Staatsschatze behufs der Unternehmung einer neuen Reise nach Australien7.
Dieselbe hat bereits mehrere weite Reisen unternommen und beschrieben und aus der Herausgabe dieser Reisebeschreibungen den Fonds für ihre weiteren Reisen gewonnen. Ihre letzte Reise war nach Amerika, Brasilien, Japan, China, Ostindien (in allen Richtungen), durch Persien an das Schwarze Meer und dann durch die Türkei zurück. Auf dieser letzteren Reise hat sie etwas für die k. k. Kabinette geliefert8 und macht sich anheischig, auf ihrer neu zu unternehmenden Reise nach Australien die ihr allenfalls zu erteilenden Aufträge der k. k. Kabinette zur Sammlung von Insekten, Vögelarten etc. in jenen Gegenden zu besorgen.
Da diese unternehmende ausgezeichnete Reisende bereits aus eigenem Antreibe und nach Zulässigkeit ihrer beschränkten Mittel für die k. k. Kabinette etwas getan hat und für die wissenschaftlichen Zwecke auf ihrer neuen Reise mehr zu tun bereit ist, so hat der Ministerrat, dem Antrage des Ministers Dr. Bach beistimmend, beschlossen, der Pfeiffer behufs ihrer neuen Reise eine Ärarialunterstützung von 100 Pfund Sterling mittelst Ausstellung und Ausfolgung eines Wechsels zu gewähren9.
VII. Zwei Todesurteile
Gegen den mit der Ansicht des Obersten Gerichtshofes übereinstimmenden Antrag des Justizministers Ritters v. Krauß auf die Nachsicht der Todesstrafe a) für Katharina Onder und Johann Buzdo wegen Mordes und b) für Joseph Petran wegen eines gleichen Verbrechens fand der Ministerrat nichts zu erinnern.
Da dieser letztere von dem Schwurgerichte zum Tode verurteilt wurde und der Oberste Gerichtshof auf Nachsicht der Todesstrafe und einen zwölfjährigen Kerker für denselben|| S. 268 PDF || anträgt, so würde die Erledigung in folgender Art zu lauten haben: „Aus Gnade sehe Ich dem Joseph Petran die wegen des Verbrechens des Mordes verwirkte Todesstrafe nach und genehmige den Antrag wegen Umwandlung derselben in eine zwölfjährige Kerkerstrafe.“10
VIII. Gnadenanträge für Adam Heinacher und Alois Klampaczky
Ebenso hat der Ministerrat dem Antrage des Justizministers beigestimmt, daß a) dem Adam Heinacher, Lehrgehilfen, welcher in seiner Krankheit von einer sicheren Maria Moser gepflegt wurde und der nach seiner Herstellung aus Dankbarkeit für die genossene Pflege zwei Banknoten und einige Viertelzettel nachgemacht und seiner Pflegerin übergeben hat, die dreijährige Kerkerstrafe auf die Dauer von eineinhalb Jahren, und b) dem Erlauer katholischen Prediger Alois Klampaczky, welcher in den ungarischen Wirren aufrührerische Predigten gehalten hat und deshalb zum 15-jährigen Kerker verurteilt wurde, diese letztere Kerkerstrafe auf dreijährigen Kerker herabgesetzt werde11.
IX. Todesurteile gegen Hryć Mielnik und Johann Salaniec
Dem Antrage desselben Ministers a) gegen den zum Tode verurteilten Mörder Hryć Mielnik und b) gegen den eines vierfachen Raubmordes schuldig erkannten und zum Tode verurteilten Johann Salaniec dem Gesetze freien Lauf zu lassen, wurde vom Ministerrate gleichfalls beigestimmt12.
X. Strafbehandlung des Gajo Odalovich
Mit Ah. Entschließung vom 16. Juni 1849 geruhten Se. Majestät aus Gnade Amnestie für den Kreis Cattaro in Dalmatien bezüglich der bei den dortigen Unruhen in dem Zeitraume vom 15. März bis 18. Oktober 1848 vorgekommenen Übeltaten, insoweit durch solche Privatpersonen und Privatrechte nicht verletzt wurden, zu gewähren13, mit Ah. Entschließung vom 25. April 1850 aber, aus besonderer Ah. Gnade zu gestatten, daß alle jene Untersuchungen über Verbrechen, schwere Polizeiübertretungen und sonstige Vergehen, welche aus Anlaß der in dem Kreise von Cattaro in dem oberwähnten Zeitraume vorgekommenen aufständischen Bewegungen und tätlichen Widersetzlichkeiten gegen die Anordnungen der Behörden im Zuge sind oder noch anhängig zu machen wären, ohne Ausnahme niedergeschlagen werden und sonach die der Ah. Entschließung vom 16. Juni 1849 beigefügte Beschränkung der mit derselben erteilten Amnestie zu entfallen habe14.
Der Oberste Gerichtshof, bemerkte der Justizminister, habe diese Ah. Entschließungen bei Verurteilung des Gajo Odalovich berücksichtiget. Hiernach hätte bei demselben wohl|| S. 269 PDF || die Todesstrafe zu entfallen, es sei aber kein Grund vorhanden, auf eine Milderung der zeitlichen Strafe anzutragen, womit sich der Ministerrat einverstanden erklärte15.
XI. Erläuterung des § 346 der neuen Strafprozeßordnung
Schließlich brachte der Justizminister noch die Erläuterung des § 346 der neuen provisorischen Strafprozeßordnung vom 17. Jänner 1850 in Antrag16. Der erwähnte Paragraph der Strafprozeßordnung lautet: “Dem Schwurgerichtshofe wird das Recht eingeräumt, in allen Fällen, wo nach dem Gesetze die Strafe zwischen zehn und zwanzig Jahren oder auf Lebenszeit auszumessen ist, dieselbe wegen vorhandener Milderungsumstände zwar nicht in der Art, aber in der Dauer herabzusetzen, jedoch auch in dieser nicht unter drei Jahre. In Fällen, für welche die Strafe im Gesetze zwischen fünf und zehn Jahren bestimmt ist, darf der Gerichtshof dieselbe wegen mildernder Umstände sowohl in eine gelindere Art verändern, als auch deren Dauer, jedoch nie unter ein Jahr, herabsetzen.“
Es haben sich, wie der Justizminister bemerkt, Fälle ergeben, daß der Staatsanwalt, der, nachdem die Frage über die Schuld entschieden ist, den Antrag auf die Strafe zu stellen hat, diesen Antrag auf die mindeste (in dem § 346 erwähnte und der Erwägung des Schwurgerichtshofes überlassene) Stufe, nämlich in den oberwähnten Fällen auf drei und beziehungsweise auf ein Jahr gestellt hat. Da der Gerichtshof über den Strafantrag des Staatsanwaltes nicht höher hinaufgehen darf und unter der erwähnten Voraussetzung in dem Strafausmaß nicht tiefer gehen kann, so bleibt dem Ermessen des Richters in solchen Fällen zur Würdigung der allenfälligen Milderungsumstände gar kein Spielraum mehr übrig, und der Zweck der Judikatur wird auf solche Weise ganz verfehlt. Es ist auch der Fall möglich, daß der Richter, wenn er nicht durch einen solchen Antrag des Staatsanwaltes gebunden wäre, eine höhere als die vom Staatsanwalte angetragene Strafe ausgesprochen hätte.
Da der § 346 dem Richter die Beurteilung überläßt, ob er in dem Strafausmaß tiefer, als das Gesetz ausspricht, gehen soll, der Staatsanwalt kein Richter ist, sich daher in seinem Strafantrage auf die in dem Gesetze bestimmten Strafsätze zu beschränken hat und das weitere Hinabgehen in der Strafe dem Richter allenfalls empfehlen kann, so wäre in diesem Sinne eine Erläuterung des oberwähnten Paragraphes bei Sr. Majestät au. in Antrag zu bringen. Der Justizminister las die diesfalls zur Ah. Genehmigung Sr. Majestät vorzulegende Verordnung vor, mit welcher sich der Ministerrat vollkommen einverstanden erklärte17.
XII. Pensionsbehandlung Joseph Krachs
Das Generalrechnungsdirektorium stellt den Antrag, dem in den Ruhestand tretenden Hofbuchhalter bei der ungarisch-siebenbürgischen Hofbuchhaltung Joseph Krach, welcher 70 Jahre alt und dienstuntauglich ist, über 50 Jahre gedient und in den Jahren 1848 und 1849 sich sehr loyal benommen hat, nebst dem ihm ohnedies normalmäßig gebührenden ganzen Gehalte auch die genossene Personalzulage von 200 f. zu belassen und ihm das goldene Verdienstkreuz mit der Krone von der Ah. Gnade Sr. Majestät zu erwirken.|| S. 270 PDF ||
Der vortragende Finanzminister Freiherr v. Krauß bemerkt, daß wegen des ganzen Gehaltes und Belassung der Personalzulage von 200 fr. das Generalrechnungsdirektorium und das Finanzministerium einverstanden seien. Hinsichtlich der von dem Präsidenten des Generalrechnungsdirektoriums gleichzeitig angetragenen Auszeichnung durch das goldene Verdienstkreuz mit der Krone erinnert zwar der Finanzminister, daß dem Krach dadurch eine doppelte Gnade (Belassung der Personalzulage und eine Auszeichnung) zuteil würde, glaubt aber, daß diesem ungarischen Beamten, welcher sich sehr gut benommen, in Berücksichtigung seiner langen, als ausgezeichnet geschilderten Dienstleistung das goldene Verdienstkreuz bei Sr. Majestät zu erbitten wäre, wozu der Ministerrat seine Zustimmung gab, mit dem Beifügen, daß der ämtlichen Stellung eines Hofbuchhalters die Ag. Verleihung des goldenen Verdienstkreuzes mit der Krone entsprechen würde18.
XIII. Auszeichnung für Franz Traunbauer
Dem Antrage des Ministers Grafen Thun für den Hauptschullehrer zu Admont in Steiermark Franz Traunbauer, welcher 76 Jahre alt ist und 58 Jahre ausgezeichnet im Schulfache dient, und für den die vormalige Studienhofkommission bereits im Jahre 1840 auf die Verleihung der kleinen goldenen Zivilehrenmedaille angetragen hatte, das silberne Verdienstkreuz mit der Krone von der Ah. Gnade Sr. Majestät zu erwirken, hat der Ministerrat beigestimmt19.
XIV. Gesuch des Anton Ritter v. Jungmann um Personalzulagebelassung
Dem Professor Jungmann in Prag wurde bei Gelegenheit seiner unlängst stattgehabten Pensionierung in Anerkennung seiner vielfältigen Verdienste das Ritterkreuz des österreichischen Leopoldordens verliehen, und es wurde demselben, obgleich er nicht ganz volle 40 Dienstjahre zurückgelegt hatte, der ganze Gehalt von 1400 fr. als Pension belassen20. Ungeachtet dessen verliert dieser Professor gegen seine früheren Gesamtbezüge 470 fr., darunter die früher genossene, ihm im Jahre 1836 zuteil gewordene Personalzulage von 200 fr. Derselbe bittet nun in einem von Sr. Majestät Ah. bezeichneten Gesuche um Belassung dieser Personalzulage im Pensionsstande.
Bei den vielen Verdiensten dieses Professors trägt der Kultus- und Unterrichtsminister Graf Thun auf die Ah. Gewährung dieser Bitte an, und der Ministerrat stimmte ihm bei21.
Wien, am 21. Februar 1851. Schwarzenberg.
Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolles zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Wien, den 23. Februar 1851.