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Nr. 451 Ministerrat, Wien, 3. Februar 1851 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Marherr; VS. Schwarzenberg; BdE. und anw. (Schwarzenberg 4. 2.), P. Krauß 12. 2., Bach 7. 2., Bruck, Thinnfeld, Thun, Csorich, K. Krauß, Kulmer 5. 2.; abw. Stadion.

MRZ. – KZ. 373 –

Protokoll der Sitzung des Ministerrates, gehalten zu Wien am 3. Hornung 1851 unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten, Ministers des Äußern und des Hauses FML. Fürsten v. Schwarzenberg.

I. Begnadigungsgesuch für Anton v. Stahlberg

Der Justizminister referierte über das Ah. signierte Gesuch des Sohns des wegen Teilnahme am Hochverrate zu fünfjährigem schweren Kerker verurteilten Anton Ritter v. Stahlberg um Nachsicht der noch übrigen Strafzeit1 und stellte den Antrag, in Rücksicht auf die laut ärztlicher Bestätigung gänzlich zerrütteten Gesundheit des Arrestanten, auf das Zeugnis seines bisherigen guten Betragens und auf seinen Sohn, der die Ehre hat, als k. k. Offizier zu dienen, bei Sr. Majestät auf die Gewährung der Bitte anzutragen.

Nachdem jedoch die Majorität im Ministerrate Bedenken geäußert hatte, diesem Antrage beizutreten, modifizierte der Justizminister denselben nach dem Einraten des Ministers des Inneren dahin, daß Stahlberg zwar der Haft entlassen, aber auf die Dauer seiner noch übrigen Strafzeit in einem ihm anzuweisenden Aufenthaltsorte unter Polizeiaufsicht gestellt werde. Wegen der Bestimmung des Orts wird mit dem Minister des Inneren Rücksprache gepflogen werden. Gegen diesen Antrag ward nichts erinnert2, eben so wenig gegen den weiteren

II. Begnadigungsgesuch der Magdalena Horaczek

auf Nachsicht des circa neun Monate betragenden Strafrests für die wegen Kindesmords zu fünfjährigem schweren Kerker verurteilte Horaczek3.

III. Todesurteil gegen Elisabeth Bründl

Dem Antrage des Justizministers auf Nachsicht der Todesstrafe wider Elisabeth Bründl wegen Gattenmords (worauf die erste Instanz einhellig, die zweite per majora angetragen, beim Obersten Gerichtshofe aber die Majorität sich dagegen erklärt hatte), stimmte die Mehrheit des Ministerrates bei, der Kultusminister nahm Anstand, für die Nachsicht der Todesstrafe zu stimmen, weil die Verurteilte eingestandenermaßen auch ihren ersten Gatten wiederholt zu vergiften versucht hat4.

IV. Direkte Steuern in Kroatien

Der Finanzminister brachte die wegen Einführung der direkten Steuern in Kroatien zu erlassende Verordnung in Vortrag.

Im allgemeinen sind dabei die für Ungern angenommenen Formen5 beibehalten und nur die Steuersätze etwas niedriger gehalten worden, teils weil Kroatien etc., minder fruchtbar als Ungern, von jeher in der Besteuerung milder behandelt wurde als dieses, teils weil die kroatische Nation ihrer 1848 und 1849 erworbenen Verdienste wegen dieser Rücksicht wert ist.

So ist also bei der Grundsteuer von den drei Kategorien für Ungern die mittlere für Kroatien als die höchste angenommen und die einzelnen Sätze in jeder der drei Kategorien niedriger bemessen worden. Bei der Besteuerung des Viehs sind ebenfalls die Sätze ermäßigt, und bei der Gebäudesteuer der Tarif auf die Hälfte der im deutschen Tarif vorkommenden Sätze herabgesetzt, ja die unterste Klasse (dort 40 Kreuzer) für Kroatien nur mit 12 Kreuzern belegt worden. Auch in Ansehung der Personalerwerbsteuera ist der unterste Steuersatz mit 12 Kreuzer, der höchste mit 10 fr., ebenfalls nach drei Hauptabstufungen geteilt, angenommen worden.

Der Ministerrat erklärte sich mit dem Antrage auf Erlassung der entsprechenden Verordnung einverstanden6.

V. Modifikationen des Tabakmonopolgesetzes in der Militärgrenze

Betrifft einige vom Kriegsministerium gewünschte Modifikationen bei Einführung des Tabakmonopols in der Militärgrenze7, und zwar

a) die Aufhebung der Bestimmung, daß jeder, der [um] eine Lizenz zum Tabakbau für den eigenen Bedarf ansucht, den Nachweis über den bisher betriebenen Tabakbau zu liefern und das dieser Kultur zu widmende Grundstück auf die landesübliche Weise einzuzäunen hat.

Nach der Erklärung des Finanzministers kann von der Forderung des verlangten Nachweises nicht wohl abgegangen werden, indem sonst jeder Tabak anbauen würde. Dagegen will er von der Einzäunung des Tabakfeldes, wenn sie schlechterdings nicht möglich sein sollte, unter der Bedingung abgehen, daß das Tabakfeld nicht zu weit vom Orte (allenfalls nicht über 100 Klafter) entfernt gelegen sei, damit die gehörige Überwachung nicht allzu sehr erschwert werde.

b) Wird der Nachlaß der mit 2 Kreuzern per Quadratklafter vorgeschriebenen Steuer für jene Grenzhäuser, worauf wirklich dienende Soldaten oder Invaliden wohnen, dann die Erhöhung des mit 70 Quadratklafter angetragenen Ausmaßes eines Tabaksfeldes für ein Grenzhaus gewünscht.|| S. 242 PDF ||

Der Finanzminister hat nichts dagegen, die erstere Gebühr auf 1 ½ oder 1 Kreuzer herabzusetzen und ist in der Rücksicht, daß auf einem Grenzhause oft mehrere Familien leben, bereit, die Erhöhung des Ausmaßes auf 100 [Quadrat]Klafter zuzugestehen.

c) Wird eine Nachlassung des Vorbehalts, die Tabakbaulizenz im Falle eines Mißbrauchs einzuziehen, in der Rücksicht verlangt, daß nicht, wenn auf einem Hause mehrere Familien wohnen, die Unschuldigen mit dem Schuldigen leiden.

Allein, dieser Vorbehalt ist zur wirksamen Hintanhaltung von Übertretungen so notwendig, daß der Finanzminister ihn umso weniger aufgeben könnte, als das Familienhaupt für die Beobachtung der gesetzlichen Vorschriften verantwortlich ist.

d) Gegen die gewünschte Umwandlung der Geld- in Arreststrafen bei Übertretung der Monopolvorschriften, besteht kein Anstand.

e) Das Begehren, den enrollierten Grenzern Limito-Tabak zu bewilligen, behebt sich durch den Umstand, daß der Verschleißpreis in Kroatien um 2 Kreuzer niedriger sein wird, als der Limitopreis in den andern Provinzen.

f ) Bezüglich des Einflusses der Militärautoritäten auf die Handhabung der Monopolsvorschriften würde sich nach der Erklärung des Finanzministers nur auf das Begehren der Assistenzleistung derselben bei den Amtshandlungen der Gefällsbehörden zu beschränken sein.

Sowohl der Kriegsminister als auch die übrigen Stimmen waren mit den Anträgen des Finanzministers einverstanden8.

VI. Proklamation Ludwig Kossuths an die Grenzer

Der Kriegsminister referierte über die Anfrage des FML. v. Kräutner in Semlin, ob eine dem aus Belgrad verwiesenen diesseitigen geheimen Agenten Demeter Janos zugesandte Proklamation Kossuths – enthaltend eine Aufforderung an die Grenzer zum Abfalle – nicht etwa in einigen Exemplaren hier in der Staatsdruckerei gedruckt und dieselben zur Täuschung Kossuths jenem Agenten zugesandt werden könnten9.

Nach dem einstimmigen Erachten wäre ein solcher Vorgang der k. Regierung unwürdig, FML. Kräutner hiernach zu belehren, den Generalkommanden in der Grenze aber dabei strenge Wachsamkeit zu empfehlen, damit nicht solche Proklamationen etwa wirklich verbreitet werden10.

VII. Überführung des Leichnams des Krakauer Bischofs

Der Minister des Inneren brachte die Bitte des Domherrn in Krakau Skórkowski um Bewilligung zur Überführung des Leichnams seines Oheims, des auf Verlangen der kaiserlich russischen Regierung aus Krakau entfernten, zu Troppau verstorbenen Krakauer Bischofs Skórkowski nach Krakau und Beisetzung desselben in der Gruft der Kathedrale zum Vortrag11.|| S. 243 PDF ||

Da eine solche Überführung und Beisetzung, wenn sie nicht, wie es fast unmöglich ist, ganz in der Stille bewirkt werden kann, der nationalen Partei Anlaß zu politischen Demonstrationen geben würde, so vereinigte sich der Ministerrat in dem Beschlusse, diesem Begehren vorderhand keine Folge zu geben12.

Bestärkt fand er sich in diesem Beschlusse durch die von dem Minister des Inneren mitgeteilte

VIII. Beerdigung Augustin Smetanas in Prag

Relation über das Leichenbegängnis des abtrünnigen Priesters Dr. Smetana, welches am 1. d. [M.] in Prag zwar ohne Ruhestörung, aber unter auffälliger Teilnahme politisch bekannter Personen und unter ungeheurem Zulaufe stattgefunden hat13.

IX. Dienstenthebung des Statthalters Aloys Fischer und dessen Ersetzung

Der Minister des Inneren bevorwortete die Bitte des seit einiger Zeit schon beurlaubten Statthalters in Österreich ob der Enns Dr. Fischer um Enthebung von seinem Posten wegen seiner zerrütteten Gesundheit und um Erteilung einer anderen Bestimmung nach der Wiederherstellung der ersteren, und knüpfte daran den weiteren Antrag, die hierdurch in Erledigung kommende Statthalterstelle provisorisch dem Statthalter in Salzburg Grafen Herberstein anzuvertrauen, da die bisherige Vertretung Fischers durch den Statthaltereirat Kreil bei der im Gemeinderate von Linz erkennbaren oppositionellen Richtung als eine hinreichend energische nicht angesehen werden kann14.

Der Ministerrat erklärte sich hiermit einverstanden – desgleichen mit dem Antrage

X. Verdienstkreuz für Jakob Obendorfer

auf Erwirkung des silbernen Verdienstkreuzes mit der Krone für den um die Armenpflege verdienten Armenbezirksdirektor im Altlerchenfelde Jakob Obendorfer15 sowie

XI. Organisierung der Grazer Polizeidirektion

auf Organisierung der Polizeidirektion in Gratz, wobei der Minister beflissen war, den Aufwand auf das strengste Diensterfordernis zu beschränken, sodaß derselbe zwar um circa 5000 fr. höher als der bisherige entfällt, dagegen weit hinter den Anträgen der Landesbehörden zurückbleibt16.

Der Minister des Inneren wird die den Beschlüssen ad IX – XI entsprechenden Vorträge an Se. Majestät erstatten.

XII. Verdienstkreuz für Franz Cysař

Erhielt der Unterrichtsminister die Zustimmung des Ministerrats zu dem bei Sr. Majestät zu stellenden Antrage auf Verleihung des silbernen Verdienstkreuzes mit Krone an den Schullehrer Cysař17.|| S. 244 PDF ||

Dagegen konnte sich der Ministerrat mit dem weiteren Antrage dieses Ministers

XIII. Orden für Anton Korizmics

auf Erwirkung des Leopold-Ordens für den Veszprimer Domherrn Korizmics aus Anlaß des Austritts aus seiner Verwendung beim Ministerium nicht vereinigen, weil Korizmics’ Verwendung, wenngleich ohne dessen Schuld, nur eine sehr beschränkte war und derselbe sowohl mit Rücksicht auf seine für sein Alter bereits sehr günstige Stellung als auch hinsichtlich seiner Aussichten für die Zukunft, noch eine weitere Auszeichnung schon itzt anzusprechen, keine Ursache haben dürfte.

Ah. E. Ich nehme den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis. Franz Joseph. Wien, den 13. Februar 1851.