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Nr. 431 Ministerrat, Wien, 9. Dezember 1850 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Wacek; VS. Schwarzenberg; BdE. und anw. (Schwarzenberg 10. 12.), Krauß 13. 12., Bach 13. 12. (IX–XV), Schmerling 11. 12., Thinnfeld 11. 12., Thun, Csorich 16. 12., Kulmer 11. 12.; abw. Bruck, Stadion.

MRZ. – KZ. 4283 –

Protokoll der am 9. Dezember 1850 in Wien abgehaltenen Ministerratssitzung unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten, dann Ministers des Äußern und des Hauses Fürsten Felix v. Schwarzenberg.

I. Preußische und österreichische Entwaffnungsmaßregeln

Der Ministerpräsident eröffnete die Sitzung mit der Mitteilung der Nachricht, es sei ihm von Berlin telegraphiert worden, daß der Kurier, welcher die offizielle Anzeige von den preußischen Entwaffnungsmaßregeln überbringen soll, unterwegs sei1. Dieser Kurier sei nun auch wirklich angekommen. Aus der von ihm mitgebrachten Depesche gehe hervor, daß die Nachricht von den preußischen Entwaffnungsmaßregeln in dem Staatsanzeiger vom 10. d. M. erscheinen werde2. Die preußische Armee soll hiernach auf den früheren Stand zurückgeführt und der Marsch der Truppen sistiert werden. Das Staatsministerium sei mit der Ausführung dieser Maßregeln beauftragt worden3.

In der Note des preußischen Ministers v. Manteuffel an Baron Prokesch wurde zugleich der Wunsch ausgesprochen bekanntzumachen, in welcher Art die Entwaffnungsmaßregeln hier gleichzeitig zur Ausführung kommen werden4.

Der Ministerpräsident las den Entwurf eines für die Wiener Zeitung in der erwähnten Absicht bestimmten Artikels vor, gegen dessen Fassung von keiner Seite eine Erinnerung gemacht wurde.

Hiernach sollen nach dem durch ein mit der königlich preußischen Regierung getroffenes Übereinkommen die Bewaffnungsmaßregeln nun nicht mehr als notwendig erscheinen,|| S. 128 PDF || die Landwehr- und vierten Bataillons auf 60 Mann per Kompanie reduziert und die sämtlichen zweiten Grenzbataillons in ihre Heimat zurückgesendet werden. Ferner soll die allmählige Zurückziehung der an den Grenzen aufgestellten Armeekorps in ihre früheren Standorte angeordnet werden. Da im nächsten Frühjahre ohnehin eine Rekrutierung hätte vorgenommen werden müssen, so sei die gegenwärtige im Zuge begriffene als eine gewöhnliche zu vollenden und zum Ersatze für die im Jahre 1850 austretenden Kapitulanten zu benützen.

Gegen das Ende der Sitzung ist dem Ministerpräsidenten eine Notiz von Berlin zugekommen, nach welcher die oberwähnte preußische Kabinettsorder zwar vom 10. d. M. datiert ist, aber, da der preußische Staatsanzeiger als Abendblatt erscheint, erst am 11. d. M. zu allgemeinen Kenntnis gelangt5. Hiernach wurde es wegen des gleichzeitigen Erscheinens der beiderseitigen Entwaffnungsmaßregeln in den öffentlichen Blättern als zweckmäßig erkannt, den Aufsatz unsererseits in das Morgenblatt der Wiener Zeitung vom 11. d. M. einrücken zu lassen6.

Der Ministerpräsident teilte bei diesem Anlasse weiter mit, daß der Prinz von Preußen sich über den obigen Befehl der preußischen Regierung sehr ungünstig geäußert haben soll, daß der dortige Finanzminister mit Änderung seiner früheren Ansichten ganz auf die Seite des v. Manteuffel getreten sei und daß die Kriegsstimmung in Berlin als erloschen betrachtet werden könne7.

II. Scheidemünzsendung für das Militär in Dalmatien

Der Kriegsminister Freiherr v. Csorich brachte zur Kenntnis des Ministerrates, daß ihm von mehreren Seiten Klagen über den Mangel an Konventionsmünzen und an kleinem Gelde beim Militär zugekommen seien, insbesondere was den Ragusaner Kreis betrifft. Dieser Kreis befinde sich gegenüber den übrigen Teilen der Monarchie in einem exzeptionellen Zustande, und es werde die Bitte gestellt, diesem mehr einer österreichischen Kolonie gleichenden Lande Rechnung zu tragen und die Truppen mit kleiner Münze und mit Münzscheinen zu versehen8.

Der Kriegsminister wird dieses Ansuchen dahin beantworten, die Einleitung bereits getroffen zu haben, daß dem Militär das Geld in kleinen Gattungen zugesendet werde, aanbei aber auch an den Herrn Finanzminister das Ansuchen gestellt, bei Anweisungen der Dotation hierauf Rücksicht nehmen zu wollena .9

III. Landung türkischer Truppen in der Suttorina

Ferner eröffnete der Kriegsminister bezüglich der bereits öfter erwähnten Landung der türkischen Truppen in der Suttorina, von dem General Mamula die Anzeige erhalten zu haben, daß die Türken daselbst mit einem Schiffe wirklich gelandet seien10. Man habe ihnen nach einem früheren Beispiele kein Hindernis in den Weg gelegt und die diesfällige Weisung des Kriegsministeriums sei für diesen Fall zu spät angekommen. Für die Zukunft werde er aber kein türkisches Schiff mehr landen lassen und habe deshalb die nötigen Verfügungen bereits getroffen. Bei diesem Anlasse wurde zugleich bemerkt, daß zur Bewachung der Bocche di Cattaro zwei Segelschiffe und ein großes Dampfboot beordert wurden11.

IV. Ausschreitungen in Weichselburg

Der Kriegsminister teilte weiter die ihm zugekommene Anzeige mit, nach welcher ein Trupp unruhiger windischer Bauern, 80 ehemalige Untertanen des Gutes Wagensberg, zu der Grundent­lastungsdistriktskommission in Weichselburg in Unterkrain gekommen sind, die Vorladungsakten auf den Tisch warfen, lärmten und selbst die Sicherheit der Beamten bedrohten. Zu diesen Tumultuanten gesellten sich mehrere von anderen Dominien. Es wurde die Gendarmerie requiriert, welche mit den Tumultuanten handgemein wurde, von den Waffen Gebrauch machen mußte und wobei ein Bauer getötet und mehrere verwundet wurden. Drei Gendarmen jagten auf diese Weise mehr als 80 Bauern auseinander. In Weichselburg wurden 45 Mann Militär eingelegt12.

V. Niederlage der bosnischen Insurgenten

Derselbe Minister las hierauf noch die ihm zugekommene Abschrift eines Schreibens in der Übersetzung mit, welches Omer Pascha an seinen Dolmetscher in Brod geschickt hat und woraus hervorgeht, daß die ausgestreuten Gerüchte über die von den Insurgenten erfochtenen Siege durchgehends falsch und er dieselben vielmehr überall geschlagen und über den Bosnafluß zurückgeworfen habe, bei welcher Gelegenheit viele Insurgenten in dem Flusse umgekommen seien13.

VI. Pensionsangelegenheit des Anton Suppini

Der Finanzminister Freiherr v. Krauß besprach nun die Pensionsangelegenheit des Kameralbuchhalters in Ofen Suppini. Er bemerkte, der bVorstand der Kameralverwaltungb Graf Almásy habe im Anfange des Jahres 1849 für Suppini in Rücksicht seiner langen Dienstleistung den ganzen Gehalt als Pension und die Verleihung des kaiserlichen Ratstitels in Antrag gebracht, was ihm auch zuteil wurde. Als im Juni 1849 unsere Truppen Ofen verließen, habe Suppini eine Eingabe in ungarischer Sprache an das ungarische|| S. 130 PDF || Ministerium gerichtet, worin er sagt: „ein gewisser Almásy habe ihm das Oberwähnte intimiert, er könne es aber, nachdem der Kaiser Ferdinand auf die Krone verzichtet und der cErzherzog Franz Joseph noch nicht als König von Ungarn gekrönt seic, als eine ungiltige Anordnung nicht annehmen, welche Anordnung umso mehr gesetzwidrig sei, als der Reichstag am 14. April 1849 die Unabhängigkeit Ungarns ausgesprochen und die Dynastie Habsburg-Lothringen von dem ungarischen Throne ausgeschlossen habe.d “ Über diese Eingabe ist von dem ungarischen Ministerium nichts verfügt worden. Nachdem später die kaiserliche Truppen wieder von Ofen Besitz genommen haben, kam die Frage zur Erörterung, ob diesem Beamten der kaiserliche Ratstitel und die Pension belassen werden könne. Das Kriegsgericht hat sich für den Verlust beider ausgesprochen. Der Kommandierende in Ungarn FML. Graf Wallmoden hat dem Suppini den Verlust der Pension aus Gnade erlassen, und es sollte ihm das diesfällige Dekret zugestellt werden. Die Kameralverwaltung hat ihm aber das Dekret nicht zugestellt, sondern höheren Ortes die Frage zur Erörterung vorgelegt, ob diesem Beamten die Pension belassen werden könne. Bei dem Finanzministerium waren drei Stimmen für die Entziehung der Pension, die übrigen Stimmen aber dafür, daß bei Sr. Majestät auf die Belassung der Pension angetragen werden dürfte14.

Nach der Ansicht des Finanzministers hat Suppini jeden Anspruch auf eine Gnade verwirkt und er sei mit Recht der Pension als verlustig erkannt worden. Die einzige Rücksicht, ihm die Pension nicht ganz zu entziehen, wäre, daß der Armeekommandant durch das Gegenteil kompromittiert sein würde. eNur für den Fall, wenn eine solche Kompromittierung zu besorgen wäre,e meinte Baron Krauß, könnte für den Suppini auf einen Unterhaltsbeitrag mit der Hälfte seines Gehaltes von 1200 f. bei Sr. Majestät der au. Antrag gestellt werden. Den kaiserlichen Ratstitel hätte er aber jedenfalls zu verlieren.

Der Ministerrat hat sich bei den dargestellten Verhältnissen, welche den Suppini jeder Berücksichtigung unwürdig machen, unbedingt für den Pensionsverlust ausgesprochen. Der Kommandierende hätte sich in keine Verfügung in Ansehung der Pension einlassen sollen. Allein, auch abgesehen davon, könne Suppini im Disziplinar- oder Administrationswege der Pension (und des kaiserlichen Ratstitels) immer noch als verlustig erkannt werden. Auch der Finanzminister hat sich damit einverstanden erklärt15.

VII. Advokaturstaxe

Der Finanzminister referierte hierauf über die zwischen seinem und dem Justizministerium obwaltende Verschiedenheit der Ansichten hinsichtlich der Frage, ob Advokaten, für einen Ort ernannt, wenn sie die Bestimmung für einen anderen Platz erhalten, die für den ersteren Ort gezahlte Taxe von 100 f. für den anderen Ort wieder diese Taxe zu zahlen haben. Nach den §§ 210 und 211 des Tax- und Stempelgesetzes von 27. Jänner|| S. 131 PDF || 1840 ist für die Zulassung zur Advokatur sowie für die Aufnahme zum berechtigten öffentlichen Agenten eine Taxe von 100 f. zu entrichten16.

Die Kameralbehörden nehmen die Versetzung auf einen anderen Ort für eine Zulassung zur Advokatur und daher für einen neuen Titel, die Taxe von 100 f. zu fordern, während die Oberste Justizstelle und das Justizministerium die Zulassung zur Advokatur für eine allgemeine, für alle Fälle geltende ansehen.

Der Finanzminister bemerkte, daß, wenn diese Abgabe groß wäre, er sich nur für die einmalige Zahlung erklären würde; nun sei aber die Taxe nur gering, und die Advokaten, besonders, wenn sie auf bessere Plätze versetzt werden, finden Gelegenheit, sich viel zu verdienen. Der Wortlaut des Gesetzes scheine für die Kameralbehörden zu sprechen, weil die Advokaten auf jedem neuen Platze zur Advokatur zugelassen werden, auch müßten, wenn diese Auslegung nicht richtig wäre, mehrere tausend Gulden an bereits gezahlten Taxen den Advokaten zurückgestellt werden.

Der Justizminister Ritter v. Schmerling erklärte sich für das Vergangene dafür, es bei den bezahlten Taxen und bei der obigen Deutung der Kameralbehörden bewenden zu lassen, für die Zukunft könne er sich aber damit nicht vereinigen. In der nächsten Folge werde man, da die Vertretungen der Wirtschaftsämter und der Justitiäre aufgehört haben, für das Land viele Advokaten brauchen, welche auch die Verteidigung der Inquisiten zu übernehmen haben werden, und es sei sehr viel daran gelegen, sich zu diesem Ende ganz verläßlicher und honetter Leute zu versichern. Wenn nun ein Advokat eine Veränderung seines Platzes ohne evidente Verbesserung seiner Lage wünscht, so wäre es hart, in einem Momente, wo er sich die Kanzlei einrichten und ein neues Publikum suchen muß, von ihm eine wiederholte Taxzahlung zu verlangen.

Der Finanzminister Freiherr v. Krauß bemerkte, daß er die Absicht habe, in einigen Wochen die Verbesserung des zweiten Teiles des oberwähnten Tax- und Stempelgesetzes zum Vortrage zu bringen und dabei auch eine Änderung der Advokatentaxen zu beantragen, hinsichtlich welcher er es nicht zweckmäßig findet, daß die Advokaten auf dem Lande mit jenen in den Hauptstädten hinsichtlich der Taxen gleichgestellt sind. Nachdem jedoch der Justizminister wegen der nahe bevorstehenden praktischen Folgen einen besonderen Wert darauf lege, daß hinsichtlich der Advokaten- und Notartaxen bald eine Bestimmung erfolge, so werde Baron Krauß diesen Gegenstand abgesondert zur Sprache bringen und die beschlossene Bestimmung werde dann in das künftige verbesserte Taxgesetz einbezogen werden können, womit sich der Ministerrat einverstanden erklärte17.

VIII. Rats­titelverleihung an Professoren der Pester Universität

Dem Antrage des Ministers des Kultus und des öffentlichen Unterrichtes Grafen Leo Thun wegen taxfreier Verleihung des kaiserlichen Ratstitels an den Rektor und Professor des Vernunftsrechtes Dr. Anton Virozsil, den Professor des Kirchenrechtes|| S. 132 PDF || und Senior der rechts- und staatswissenschaftlichen Fakultät Franz Vizkelety und den Professor der Physiologie und Senior der medizinischen Fakultät Dr. Sigmund Schordann in Anerkennung ihrer langjährigen und ausgezeichneten Verwendung an der Pester Universität sowie wegen Bewilligung einer Personalzulage von jährlichen 400 f. an den ersten (Dr. Virozsil) wegen seiner verdienstlichen Tätigkeit als Rektor dieser Universität, wurde allgemein beigestimmt18.

An den Besprechungen über die vorstehenden acht Gegenstände hat der zu Sr. Majestät beschiedene Minister des Inneren Dr. Bach keinen Teil genommen.

IX. Besetzung der Stelle des französischen und italienischen Sprachlehrers am Klagenfurter Gymnasium

Der Minister Graf Thun bemerkte weiter, daß die Stelle des französischen und italienischen Sprachlehrers an dem Gymnasium zu Klagenfurt, für welche der Gehalt bisher aus dem kärntnerischen Domestikalfonds gezahlt wurde, zu besetzen wäre, daß aber der ständische Ausschuß Anstand nehme, damit vor dem Zusammentritte des Landtages vorzugehen19.

Da der ständische Fonds in Kärnten aus dem Staatsschatze dotiert wird und der entsprechende Bedarf in das Landesbudget aufgenommen wird, so wurde beschlossen, diesen Gegenstand einfach damit zu erledigen, daß die Bewilligung zur Besetzung der gedachten Stelle gegeben werde20.

X. Deputation in protestantischen Angelegenheiten aus Ungarn

Derselbe Minister brachte hierauf noch zur Sprache, der provisorische Statthalter in Ungarn Baron Geringer habe ihm angezeigt, daß eine Deputation in protestantischen Angelegenheiten hierher kommen wolle und daß er es bedenklich fände, wenn bei dem dermaligen Zustande des Landes solche Deputationen ohne vorläufige Bewilligung der Behörden zugelassen würden21.

Der Ministerrat fände keinen Grund, solche Deputationen nicht zuzulassen, es sei vielmehr gut, wenn sich Leute aus den Provinzen vertrauensvoll an Se. Majestät wenden und Allerhöchstdemselben und den Ministern ihr Anliegen und ihre Wünsche vortragen. Sollten sich größere Deputationen vereinigen, Subskriptionen zu diesem Ende sammeln, Konventikel halten und politische Demonstrationen ihrem Vorhaben unterstellen, so wäre es Sache der Behörden, solchen Unternehmen entgegenzutreten.

Der Minister Graf Thun wird dem Baron Geringer antworten, daß in dem oberwähnten Sinne die Deputationen keinem Anstande unterliegen22.

XI. Todesurteil gegen Joseph Waniek, Mathias Bayer und Franz Still

Der Justizminister Ritter v. Schmerling trug einverständlich mit dem Obersten Gerichtshofe an auf die Ah. Begnadigung der wegen des Verbrechens der Nachmachung öffentlicher als Münze geltender Kreditspapiere bezüglich wegen der Mitschuld an diesem Verbrechen gesetzlich zum Tode Verurteilten, nämlich des Joseph Waniek, Mathias Bayer und Franz Still, wogegen nichts erinnert wurde23.

XII. Armeebedürfnisselieferung

Der Minister des Inneren Dr. Bach , welchem der oben ad I erwähnte Aufsatz für das Amtsblatt der Wiener Zeitung hinsichtlich der Entwaffnungsmaßregeln brevi manu mitgeteilt wurde24, erbat sich bei den nun eintretenden geänderten Verhältnissen die sofort erteilte Ermächtigung des Ministerrates, noch heute die betreffenden Statthalter telegraphisch zu beauftragen, mit der Kundmachung der Landeslieferung für das Militär nicht vorzugehen. Hinsichtlich der Pferdelieferung hätte es bei dem beschlossenen erweiterten Termine zu verbleiben25.

XIII. Beschwerde des Franz Anton Graf Kolowrat-Liebsteinsky wegen verweigerter Entschädigung

Derselbe Minister machte hierauf die Mitteilung, es sei ihm eine Beschwerde des Staats- und Konferenzministers Grafen v. Kolowrat darüber zugekommen, daß der an seinem Hause auf der Bastei erlittene Brandschaden bei der Verteilung der Oktoberentschädigungen übergangen worden sei26. Da der Termin der Verjährung bald eintrete, so sehe er sich veranlaßt, seine Ansprüche gegen den Staat auf dem Rechtswege geltend zu machen, da sein Schaden zum Nutzen der ganzen Staatsgesellschaft gereiche.

Der Minister des Inneren bemerkte, daß die Beschwerde des Grafen Kolowrat die erste dieser Art sei. Von der zu den Oktoberentschädigungen bestimmten Summe von 560.000 f. haben von den über 10.000 f. Beschädigten (was bei Grafen Kolowrat der Fall sei) nur die Dürftigsten, d. i. nur jene eine Entschädigung oder Unterstützung erhalten, welche derselben zur Wiederherstellung ihrer Gebäude unumgänglich benötigten (was beim Grafen Kolowrat nicht eintrete) und weshalb derselbe auch keine Entschädigung erhalten hat.

Der Minister Dr. Bach will den Grafen Kolowrat auf die geschehene Kundmachung hinsichtlich der Oktoberentschädigungen verweisen, womit sich der Ministerrat einverstanden erklärte.

XIV. Übersiedlungskostenbeitrag für die neu ernannten Distriktsobergespäne

Ebenso erklärte der Ministerrat sein Einverständnis mit dem weiteren Antrage des Ministers Dr. Bach, den neu ernannten Distriktsobergespänen, von denen einige von ihrem bisherigen Standorte auf einen anderen kommen, eine mäßige Beisteuer zur Übersiedlung und neuen Einrichtung zu gewähren, was für alle fünf eine Gesamtauslage von ungefähr 6000 fr. ausmachen würde. Der Minister wird übrigens diese Angelegenheiten|| S. 134 PDF || in einer Art erledigen, daß daraus kein Präjudiz für andere ähnliche Fälle, z. B. die Kreispräsidenten in den Kronländern, wird abgeleitet werden können27.

XV. Organisierung des Sanitätswesens in Ungarn

Schließlich eröffnete der Minister Dr. Bach noch, daß Se. Majestät die Grundzüge der Sanitätsorganisation zu genehmigen geruhet haben28, und daß ihm nun die speziellen Anträge für das Kronland Ungarn vorliegen. Baron Geringer habe darüber Beratungen mit mehreren Sachverständigen gehalten, und auch hier seien diese Anträge noch umständlich beraten und erwogen worden. In Ungarn wurden die Kosten des Sanitätswesens bisher von den Komitaten bestritten, welche Ärzte, Wundärzte, Okulisten, Hebammen und Viehärzte unterhielten. Bei den Stuhlgerichten waren Stuhlärzte, Stuhlwundärzte etc. Mit Rücksicht auf die dermalige Organisation des Sanitätswesens wird der Grundsatz festgehalten, daß bei jedem Distrikte ein Medizinalrat, bei jedem Komitate ein Arzt mit 600 f., 500 f. oder 400 f. Gehalt und Reisepauschale und bei den Stuhlgerichten Ärzte und Hebammen bestehen sollen. 4000 f. sollen für augenärztliche Prämien bestimmt sein.

Stuhlgerichtsärzte und Hebammen sollen in Ansehung der Kosten Sache der betreffenden Komitate bleiben. Der das Ärar treffende Gesamtaufwand dieser Anstalt würde sich im Kronlande Ungarn auf ungefähr f160.000 CM. f., und zwar 101.000 CM. f. für die Bezirke und Komitate und für das Ärar auff 59.000 f. belaufen.

Dieser Gegenstand, worüber sich der Ministerrat zu keiner Erinnerung veranlaßt fand, wird nun zur Ah. Genehmigung Sr. Majestät vorgelegt werden29.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Wien, den 17. Dezember 1850.