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Nr. 416 Ministerrat, Wien, 9. November 1850 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend: Bach
  • RS.; P. Wacek; VS. Schwarzenberg; BdE. und anw. (Schwarzenberg 10. 11.), Krauß 12. 11., Schmerling 11. 11., Bruck, Thinnfeld 11. 11., Thun, Csorich, Kulmer; anw. Bach; abw. Stadion.

MRZ. – KZ. 3946 –

Protokoll der am 9. November 1850 in Wien abgehaltenen Ministerratssitzung unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten, dann Ministers des Äußern und des Hauses Fürsten Felix v. Schwarzenberg.

I. Stand der deutschen Angelegenheiten

Der Ministerpräsident teilte den Inhalt mehrerer ihm zugekommener Depeschen des Grafen Rechberg vom 1. bis 3. d. M. in den deutschen Angelegenheiten mit. Das Wesentlichste darin ist, daß die Preußen bei Fulda den deutschen Bundestruppen Widerstand geleistet und geschossen haben, ehe diese geladen hatten, und fünf Mann der unsrigen verwundet haben. Fürst Taxis könne ohne Verstärkung nichts unternehmen1.

Hierauf wurde erwidert, daß die konventionsmäßigen Etappenstraßen der Preußen durch Kurhessen vollständig zu respektieren seien, daß aber, da der Deutsche Bund vom Kurfürsten um die bundesmäßige Hilfe angegangen wurde und derselbe beschlossen hat, diese Hilfe zu leisten, jeder Versuch dagegen für den Bruch des Friedens zu halten sei.

Am Schlusse der Sitzung langte eine telegraphische Depesche ein, worin Graf Rechberg (8. November) von Aschaffenburg meldet, soeben sei dort ein preußischer Parlamentär mit der Nachricht eingelangt, die Preußen hätten Befehl erhalten, Fulda zu räumen und sich auf die Etappenstraßen zurückzuziehen2.

Hinsichtlich Holsteins bemerkte der Ministerpräsident, noch keine offizielle Anzeige über die dortige Protestaktion erhalten zu haben3.

II. Bestrafung der Waldfrevel in Ungarn

Der Justizminister Ritter v. Schmerling bemerkte hierauf, der Zivilkommissär für Ungarn Baron Geringer hätte in Anregung gebracht, in Ungarn müsse etwas geschehen, um die dort in der letzteren Zeit der Wirren häufig vorgekommenen und noch|| S. 53 PDF || vorkommenden Waldfrevel auf irgend eine Weise unschädlich zu machen und in dieser Beziehung wieder Ordnung herzustellen4.

Im Jahre 1839–1840 wurde in Ungarn ein Gesetz zur Handhabung der Feldpolizei erlassen, welches Bestimmungen über die Entschädigung, dann über die Geld- und Arreststrafen für die Übertretungen und unter anderm auch die Anordnung enthält, daß das Zeugnis des Hüters vollständigen Beweis gegen den Beschädiger herstellt5.

Da in der letzten Zeit viele Waldverwüstungen vorgefallen sind, so haben auch viele Verurteilungen stattgefunden, und es sind den Gemeinden von den mitunter sehr strengen Sedrien Ersätze auferlegt worden, welche diese niemals aufzubringen imstande wären. Um die daraus entstehende Aufregung niederzuschlagen, meinte Baron Geringer, daß alle bisherigen Erkenntnisse über die Waldfrevel völlig aufzulassen wären.

Mit diesem Antrage hat sich jedoch das hierortige Komitee nicht vereinigt, weil man wohl Strafen, nicht aber Entschädigungen auflassen kann, und meinte, daß alles, was in der Zeit vom 15. März 1848 bis 1. Jänner 1850 als Strafe für Waldfrevel verfügt wurde, aufgelassen, die Entschädigung aber aufrecht erhalten werde. Gegen die bereits geschöpften Erkenntnisse wäre die Berufung an die höheren Behörden binnen 14 Tagen zu gestatten. Vom 1. Jänner 1850 an ist kein Grund, von dem früheren Gesetze abzugehen, weil da bereits Ordnung hergestellt war und jede in diese Zeit fallende Übertretung der Waldgesetze keine Entschuldigung mehr verdient.

Der obige Antrag wurde mit dem Minister des Inneren vereinbart und wird nun, da der Ministerrat sich damit einverstanden erklärte, Sr. Majestät zur Ah. Genehmigung vorgelegt werden6.

III. Besetzung der Oberlandesgerichtspräsidenten- und der Generalprokuratorsstellen in Ungarn

Nachdem die Gerichtsorganisierung in Ungarn bereits erfolgt ist7, machte der Justizminister seine Vorschläge zur Besetzung der dortigen Oberlandesgerichtspräsidenten und der Generalprokuratoren (mit Ausnahme der Woiwodina, rücksichtlich welcher die Anträge nachfolgen werden), um Sr. Majestät zur Ah. Genehmigung vorgelegt werden zu können. Er bemerkte, daß die Sitze der ungarischen Oberlandesgerichte mit jenen der politischen Distriktualobergespäne mit zwei Ausnahmen übereinstimmen, nämlich daß Eperies statt Kaschau und Debreczin statt Großwardein gewählt wurden. Dieses sei deshalb geschehen, weil in diesen Orten früher königliche Tafeln waren. Sollte die Erfahrung herausstellen, daß es besser wäre, auch diese zwei Sitze an jenen der politischen Verwaltung zu haben, so wird es noch immer geschehen können. Die Entfernung dieser beiden Sitze von den politischen ist übrigens nicht bedeutend und dürfte dem Dienste nicht hinderlich in den Weg treten.

Für die fünf Oberlandesgerichtspräsidenten brachte der Justizminister folgende fünf Individuen in Antrag:|| S. 54 PDF ||

1. Für Pest den Grafen Johann Cziráky. Derselbe ist Rat des Obersten Gerichtshofes, besitzt alle hierzu erforderlichen Eigenschaften und erfreut sich des besten Rufes und eines allgemeinen Ansehens. Er hat sich [als] einer der ersten der Regierung zur Verfügung gestellt. Seine Jugend (er ist erst 32 Jahre alt) kann bei seinem reifen Benehmen kein Hindernis dieser Bestimmung sein.

2. Für Oedenburg den Grafen Franz Nádasdy. Er war zuletzt Präsident des Thesaurariats in Siebenbürgen, hat bei den Komitaten und der ungarischen Hofkanzlei mit gutem Rufe gedient, ist ein eifriger Dienstmann, der Regierung treu, deferent gegen die Befehle seiner Vorgesetzten und weiß gute Disziplin bei seinen Untergeordneten zu erhalten; er gehört ferner, was auch zu berücksichtigen sei, einer bedeutenden ungarischen Familie an und ist Magnat.

3. Für Eperies den ehemaligen Septemvir aLadislaus Dókus v. Csabaa . Derselbe gehörte bei dem Septemvirate zu den ausgezeichnetsten Männern, ist zwar in Jahren schon etwas vorgerückt, aber noch immer bei Kräften und der dort erforderlichen Sprachen mächtig.

4. Für Debreczin den früheren Präses der königlichen Distriktualtafel Valentin v. Uray, welcher für einen ausgezeichneten Justizmann gehalten wird. Er ist Protestant, was zur Befriedigung der vielen dortigen Protestanten gut ist; übrigens wird ihm, um in konfessioneller Beziehung das Gleichgewicht herzustellen, ein Katholik als Generalprokurator zur Seite gestellt werden.

5. Für Preßburg den Paul v. Gosztonyi, einen Ungarn, der übrigens mit den österreichischen Zuständen genau vertraut ist, die ganze Zeit in Wien an legislativen Arbeiten teilgenommen hat und einer der ersten war, der sich der Regierung zur Verfügung stellte.

Obgleich das Preßburger Komitat meistens von Slawen bewohnt wird, und diese Deputationen hierher entsendeten, um die Wahl für diese Stelle auf einen ihrer Stammgenossen fallen zu machen, glaubt der Justizminister, daß es deshalb doch nicht notwendig sei, diesen Posten einem Slawen zu geben, zumal, um der besorgten slawischen Bevölkerung einige Garantien zu geben, die Einleitung getroffen wird, daß der Generalprokurator bei dem Preßburger Oberlandesgerichte ein Slawe sei, der das slawische Element zu vertreten haben wird. Sollte aber erkannt werden, daß es wünschenswerter sei, die Oberlandesgerichtsratspräsidentenstelle zu Preßburg gleichfalls einem Slawen anzuvertrauen, so würde sich dazu der Regierungskommissär Andreánszky, ein ausgezeichneter Mann, ganz vorzüglich eignen.

Für die fünf Generalprokuratorsstellen glaubt der Minister Ritter v. Schmerling Sr. Majestät die fünf Männer vorschlagen zu sollen, die sich bereits durch ein halbes Jahr in diesen Posten provisorisch erprobt haben, nämlich für Pest Hegyessy, für Oedenburg Hengelmüller, für Eperies Hlawáts, für Debreczin Kovács und für Preßburg Hánrich.

Der Ministerrat erklärte sich mit diesen Anträgen einverstanden. Hinsichtlich des zum Oberlandesgerichtspräsidenten in Preßburg vorgeschlagenen v. Gosztonyi glaubten die Minister des Inneren, des Kultus und Freiherr v. Kulmer bemerken zu sollen, daß ihnen|| S. 55 PDF || Andreánszky verläßlicher als Gosztonyi zu sein scheine, daß derselbe stets in Ungarn gedient hat, der ungarischen Sprache ganz mächtig ist und in allen Nationalsachen immer unparteiisch erschien. Diese Stimmführer würden daher den Andreánszky vorziehen, während die übrigen Stimmen in Erwägung der obigen Rücksichten sich für den Gosztonyi aussprachen8.

IV. Bestellung der zwei Präsidenten und der fünf Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes

Der Minister Freiherr v. Krauß bwar währendb der Beratung der zweiten Präsidentenstelle wegen seiner Verwandtschaft mit dem Kandidaten Karl Ritter v. Krauß cnicht zugegenc .

Der Justizminister brachte weiter die definitive Bestellung der zwei Präsidenten und der fünf Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes in Antrag. Nach seiner Ansicht wäre die erste Präsidentenstelle dem bisherigen Präsidenten Grafen Taaffe zu belassen, und für die zweite Präsidentenstelle der bisherige Vizepräsident Karl Ritter v. Krauß, dessen vorzügliche Eigenschaften bekannt seien, Sr. Majestät in Antrag zu bringen.

Von den fünf Senatspräsidentenstellen wäre einstweilen eine Stelle noch offen zu lassen, die übrigen vier aber wären mit Rücksicht auf die Größe der Behörde und die Menge der Geschäfte als dringend notwendig sogleich zu besetzen.

Zwei dieser Stellen wären wegen der ungarischen und siebenbürgischen Sachen ungarischen Juristen vorzubehalten und von den zwei noch übrigen Senatspräsidentenstellen für die altösterreichischen Provinzen die eine einem der tschechischen Sprache vollkommen kundigen, die andere [einem] der italienischen Sprache ganz mächtigen Individuum zu verleihen. Der eine hätte die tschechischen Provinzen, der andere Küstenland und Südtirol in dienstlicher Beziehung zu vertreten. Für die polnische Sprache ist der zweite Präsident Ritter v. Krauß [zuständig].

Mit Rücksicht auf diese Darstellung und den Umstand, daß von den Appellationspräsidenten teils wegen ihres Alters, teils wegen ihrer kurzen Dienstzeit in dieser Kategorie keiner für eine Senats­präsidentenstelle bei dem Obersten Gerichtshofe vorgeschlagen werden kann, brachte der Justizminister für die zwei ungarischen Stellen den früheren Personal v. Zarka und den sehr lange bei der ungarischen Hofkanzlei als Hofrat gewesenen v. Torkos, beide der Regierung sehr ergebene Männer in Antrag. Mit diesem Antrage wird auch der Zweck erreicht, daß Torkos für die Grundentlastung in Ungarn und Zarka, ein ausgezeichneter Jurist, für die legislativen Arbeiten hier verwendet werden können.

Mit Rücksicht auf das tschechische Bedürfnis wird Hofrat Hardel und hinsichtlich der italienischen Sprache der Hofrat Pederzani zum Senatspräsidenten in Antrag gebracht.|| S. 56 PDF ||

Der erstere war böhmischer Appellationsrat, ist der tschechischen Sprache ganz mächtig und dient bereits zwölf Jahre beim Obersten Gerichtshofe mit Auszeichnung. Hofrat Pederzani ist im vollkom­menen Besitze der italienischen Sprachkenntnis, ein tüchtiger und eifriger Beamter und hat sich um die Justizorganisierung in Italien verdient gemacht.

In kroatisch-slawonischen Angelegenheiten wird der älteste Hofrat das Präsidium zu führen haben.

Mit diesen Anträgen erklärte sich der Ministerrat ganz einverstanden9.

V. Ordensverleihung an Karl Ritter v. Adlersburg

Bei diesen Besetzungen, bemerkte der Justizminister weiter, konnte der sehr brave Hofrat der Obersten Justizstelle v. Adlersburg wegen seines hohen, 75jährigen Alters nicht berücksichtiget werden. Für diesen ausgezeichneten und bereits im Besitze des Leopoldordens stehenden Hofrat brachte der Justizminister die huldreichste taxfreie Verleihung des Stephansordensritterkreuzes in Antrag10, womit sich der Ministerrat ebenso wie mit dem weiteren Antrage des Justizministers vereinigte,

VI. Ordensverleihung an Ferdinand Heissler

dem tüchtigen ausgezeichneten Hofrate des Obersten Gerichtshofes Heisler, welcher in dem Komitee über die Avitizitätsfrage mit Auszeichnung mitgewirkt hat, das Ritterkreuz des Leopoldordens taxfrei zu verleihen11.

VII. Pensionsbehandlung Joseph Freiherr v. Sölls

Ferner brachte der Justizminister noch die Pensionierung des gewesenen Rittmeisters Söll bzw. die zwischen ihm und dem Finanzministerium diesfalls bestehende Meinungsverschiedenheit zum Vortrage. Der genannte mit 400 f. pensionierte Rittmeister hat in Kärnten durch 18 Jahre als Kanzlist gut gedient, durch welche ganze Zeit die Militärpension von 400 f. jährlich, da er einen Gehalt von 600 f. genoß, erspart wurde. Nun tritt er in den Ruhestand und würde mit Rücksicht auf seine Gesamtdienstzeit von 36 Jahren nur 300 f. nach dem Zivilpensionsnormale als Pension erhalten. Der Justizminister meinte, daß dem gedachten Rittmeister zu seiner Militärpension von 400 f. 200 f. bewilligt werden dürften, damit er seine ganzen 600 f. im Ruhestande genieße, das Finanzministerium sprach sich aber nur für eine Zulage von 100 f. aus.

Über die Darstellung der in diesem Falle für den gedachten Rittmeister sprechenden Billigkeitsgründe erklärte sich der Ministerrat auch mit Zustimmung des Finanzministers für den Antrag des Justizministers12.

VIII. Befristete Militärbefreiung der Finanzwachmannschaft

Der Minister des Inneren Dr. Bach referierte hierauf nach gepflogener Rücksprache mit den Ministerien der Finanzen und des Krieges über die von den Behörden irrig aufgefaßte zeitliche Befreiung der Finanzwachmannschaft vom Militärdienste, welche|| S. 57 PDF || Mannschaft man vom Militärdienste auch dann frei glaubte, wenn sie von der Finanzwache austritt, wie auch, daß sie während des Dienstes der Losung nicht unterzogen werden dürfe13. Hinsichtlich der zeitlich Befreiten gilt aber die Regel, daß sie der Losung unterliegen, daß sie aber, wenn sie das Los trifft, zeitlich befreit bleiben und statt ihrer die Nachmänner eintreten müssen. Dieses wäre auch in Ansehung der Finanzwachmannschaft aufrecht zu erhalten, und wenn sie aus dem Dienste treten, würde wieder ihre gesetzliche Militärpflichtigkeit in Anwendung treten, wogegen sich keine Erinnerung ergab14.

IX. Geheime Ratswürde für Basilius Erdélyi

Derselbe Minister stellte weiter den Antrag, in Anerkennung der Verdienste des Großwardeiner Bischofes Erdélyi bei der sehr zweckmäßigen und klugen Leitung der Wahl eines griechisch-unierten Bischofes (wobei der Erzpriester Sterka Sulutz die meisten Stimmen erhielt, Erdélyi und der Primas auf die Bestätigung dieser Wahl antragen und selbe ohne Verzug Sr. Majestät zur Ah. Genehmigung vorgelegt werden wird15), dann wegen seiner besonderen Verdienste um die Regulierung der griechisch-unierten Kirche16 für denselben die Verleihung der geheimen Ratswürde von der Ah. Gnade Sr. Majestät zu erwirken, womit sich der Ministerrat auch deshalb einverstanden erklärte, weil Erdélyi bereits ein alter Bischof ist und sich im Besitze des Stephansordens befindet17.

X. Abtretung der ungarischen und siebenbürgischen Kultussachen vom Innen- an das Kultusministerium

Der Minister Dr. Bach bemerkte, daß seit der Zeit der ungarischen Wirren die ungarischen und siebenbürgischen Kultussachen bei dem Ministerium des Inneren geblieben seien. Er habe sich mit dem Minister des Kultus dahin geeiniget, daß, sobald die Organisierung in Ungarn und Siebenbürgen vorgeschritten sein wird, die Übergabe der Kultussachen für Ungarn und Siebenbürgen an den Kultusminister zu geschehen habe.

Da dieser Zeitpunkt nun eingetreten, so erbat sich der Minister Dr. Bach die sofort erteilte Ermächtigung des Ministerrates, daß diese Übergabe nun, und zwar allmählich mit Rücksicht auf die im Zuge befindlichen Verhandlungen und im genauesten Einvernehmen mit dem Kultusminister erfolgen dürfe18.

XI. Wirkungskreis der Militär- und Zivilautoritäten in Ungarn

Derselbe Minister brachte weiter eine mit der Organisierung von Ungarn zusammenhängende Angelegenheit zur Sprache19.

Durch die Organisierung sei nämlich ausgesprochen, daß die politische Leitung der Geschäfte des Landes durch die Statthalterei und die Distriktsobergespäne zu geschehen habe. Da jetzt eine Änderung im III. Armeekommando eingetreten und die Organisierung des Landes vorgeschritten ist, so scheint der Zeitpunkt gekommen zu sein, eine Verfügung zu treffen, wie die Geschäfte zwischen den Militär- und Zivilautoritäten zu teilen seien20.

Für Ungarn könnte diesfalls die seit zwei Jahren in Galizien bestehende Analogie in Anwendung kommen. Mit dem Eintritte des Interimskommandanten hätte die politische Leitung der Zivildistrikte an die fünf Distriktsobergespäne und die Leitung der Statthalterei an den interimistischen Chef der Statthalterei zu übergehen. Der Minister des Inneren las hierauf den Entwurf über die Teilung der Geschäfte und den Wirkungskreis der Militär– und Zivilautoritäten vor und schloß mit dem Antrage, daß die interimistische Leitung der Statthalterei dem Baron Geringer anzuvertrauen wäre.

Da der Ministerrat dagegen nichts zu erinnern fand, so wird der Minister Dr. Bach hiernach die weiteren Verfügungen treffen21.

XII. Baustand der Klausenburger Kathedrale

Weiter erwähnte der Minister Dr. Bach einer Eingabe des Klausenburger Bischofes, worin dargestellt wird, daß die Kathedrale in Klausenburg und die bischöfliche Residenz daselbst zerstört seien22. Der Minister beabsichtiget hierüber, dann über die Vorstellung, daß das Blasendorfer Bistum so herabgekommen sei, daß die Revenuen desselben kaum 1500 f. betragen, und daß dem Bischof das liebste wäre, wenn die Realdotation des Bistums vom Kameralärar übernommen und ihm dafür eine angemessene Dotation in Geld bewilliget würde, ohne im Prinzipe jetzt schon etwas zu entscheiden, vorläufige Erhebungen einzuleiten, wogegen nichts erinnert wurde23.

XIII. Resignation Platon Athanaczkovicz’ auf das Bácser Bistum

Schließlich teilte der Minister Dr. Bach mit, daß der Ofener griechisch-nichtunierte Bischof Athanaczkovicz auf das Bistum Bács aus dem Grunde resigniert habe, weil er glaube, daß dadurch die Schwierigkeiten der Regierung mit dem Patriarchen Rajačić leichter ausgeglichen werden24.

Zum Verständnisse dieser Sache hat der Minister Dr. Bach folgendes vorausschicken zu sollen erachtet. Die griechisch-nichtunierten Bischöfe werden von der Synode gewählt, die Regierung hat aber das Recht, die Übersetzung dieser Bischöfe von einer Diözese in|| S. 59 PDF || die andere frei zu verfügen. Der Patriarch Rajačić ist mit der Prätension aufgetreten, daß er auch bei der Versetzung der Bischöfe um sein Gutachten befragt werde. Im Jahre 1842 wurde Rajačić diesfalls wegen des Bistums Bács befragt, und er hat den Bischof Zsivkovic primo loco zur Übersetzung vorgeschlagen, die ungarische Hofkanzlei und die Staatskonferenz erklärten sich aber für den Bischof Athanaczkovicz. Das ungarische Ministerium hat, auf dem Rechte der Krone bestehend, ohne Einvernehmung des Rajačić den Athanaczkovicz vorgeschlagen, welcher auch das Dekret erhielt25, aber die Collationales von dem Metropoliten nicht bekam. Rajačić, aufgefordert, diesen Bischof in sein Bistum einzusetzen, ist mit der Protestation hervorgetreten, daß Athanaczkovicz gegen seinen Vorschlag versetzt wurde, daß er sich kanonisch vergangen habe (er hat nämlich in einer Schrift das Recht der Regierung gewahrt, die griechisch-nichtunierten Bischöfe frei zu versetzen) und daß er es nie mit der serbischen Nation gehalten habe. Der Minister Bach bemerkte weiter, Athanaczkovicz habe, so lang die Untersuchung über ihn verhängt war, auf das Bistum Bács nicht resignieren wollen, um sich nicht selbst gleichsam als schuldig zu erklären, jetzt aber, wie seine Unschuld konstatiert sei26, stehe er nicht an, dieses Bistum freiwillig zu resignieren, wie er denn auch gestern seine Resignation überreichte, und bei dem Umstande, daß das Ofner Bistum schlecht dotiert ist, bloß der Ah. Gnade anheimstellte, ob ihm nicht eine Personalzulage und die Interkalareinkünfte des Bistums Bács bewilliget werden wollen.

Der Minister Dr. Bach meint, daß auf die Ah. Annahme dieser Resignation anzutragen und auf beide Punkte mit dem Vorbehalte, die Ziffer näher auszusprechen, einzugehen, der Patriarch aber aufzufordern wäre, den Athanaczkovicz, den die Regierung dazu berufen habe, seinen Beratungen nun beizuziehen.

Ferner bemerkte der Minister Dr. Bach, daß nach vorläufiger Regulierung des Bácser Bistums der Patriarch Rajačić um sein Gutachten wegen Übersetzung eines Bischofes dahin anzugehen wäre, wodurch die Regierung keineswegs gebunden sei und es ihr noch immer freistehen werde, einen ihr beliebigen Mann dahin zu übersetzen.

Gegen diese Anträge wurde nichts erinnert, nur der Justizminister Ritter v. Schmerling erklärte sich nicht einverstanden, daß auf die Annahme der Resignation des Bischofes Athanaczkovicz angetragen werde. Die Regierung sei in ihrem vollen Rechte gewesen, als sie die Übersetzung dieses Bischofes von dem Ofner auf das Bácser Bistum verfügte. Diese Verfügung der Regierung wäre nach seiner Meinung ungeachtet des Protestes des Rajačić aufrecht zu erhalten und Athanaczkovicz in das Bistum Bács einzusetzen27.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolles zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Wien, den 15. November 1850.