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Nr. 402 Ministerrat, Wien, 27. September 1850 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Ransonnet; VS. Kaiser; BdE. und anw. (Schwarzenberg 30. 9.), Krauß 30. 9., Bach 30. 9., Schmerling 29. 9., Bruck, Thinnfeld 30. 9., Thun, Csorich 30. 9.; abw. Stadion, Kulmer.

MRZ. 4009 – KZ. 3485 –

Protokoll des am 27. September 1850 zu Wien in Ah. Anwesenheit Sr. Majestät abgehaltenen Ministerrates.

I. Antwort auf die Erklärung Preußens bezüglich der kurhessischen Angelegenheit

Der Ministerpräsident las im Nachhange zu dem am 26. l.M. von Sr. Majestät Ag. genehmigten Anträgen des tg. Ministerrates den Entwurf der Depesche an den Gesandten Baron Prokesch, welche als Erwiderung auf die Erklärung Preußens in der kurhessischen Angelegenheit zu gelten hätte1. Sämtliche Minister waren mit dem Inhalte dieser Depesche einverstanden, und es wurden nur zwei kleine Modifikationen des Textes über Antrag des Finanzministers beschlossen, um jeden auch nur entfernten Schein eines Zugeständnisses von Seite Österreichs zu vermeiden.

Statt: „Wollte die preußische Regierung die Grenzen verletzen, welche sie selbst gezogen“, wurde nämlich gesetzt: „Wollte dagegen die preußische Regierung die Grenzen verletzen, welche sie selbst der Tätigkeit der Bundesversammlung zu ziehen beabsichtigte, etc.“.

Ferner wurde der Satz: „Wenn Preußen die Bundesversammlung . . . nicht anerkennen will, so wollen wir diese Auffassung der königlichen Regierung anheimstellen“ dergestalt modifiziert: „Wenn Preußen die Bundesversammlung . . . nicht anerkennen will, so wollen wir die zwar nicht rechtliche Auffassung für jetzt tatsächlich dem Ermessen der königliche Regierung anheimstellen.“

Se. Majestät geruhten zu genehmigen, daß diese Depesche nach dem in der Anlage enthaltenena rektifizierten Entwurfe sofort ausgefertigt werde2.

II. Bestimmung eines österreichischen Generals zur Führung der deutschen Bundestruppen

Der Ministerpräsident brachte zur Ah. Kenntnis, daß der König von Hannover den Wunsch ausgesprochen habe, es wolle, für den Fall [daß] militärische Bundeshilfe aufgeboten werden sollte, ein österreichischer General zur Führung des Kommandos über die hannoveranischen und die übrigen zu demselben Korps gehörigen deutschen Truppen abgeordnet werden3.

Se. Majestät geruhten zu äußern, daß, wenn überhaupt ein solcher Fall eintreten sollte, Allerhöchstdieselben geneigt wären, den k.k. FZM. Prinzen Emil von Hessen|| S. 302 PDF || hierzu zu beordern, zumal er, als auf unbestimmten Urlaub befindlich, durch diese Bestimmung dem Dienste in der k.k. Armee nicht entzogen würde.

Fürst Schwarzenberg übernahm es, in diesem Sinne nach Hannover zu schreiben4.

III. Gerichtsorganisation in Galizien

Se. Majestät der Kaiser geruhten die Anträge des Justizministers wegen der Gerichtsorganisation in Galizien5 zur Erörterung zu bringen und nach Entgegennehmung mehrerer Aufklärungen über den vorgeschlagenen Status die Ah. Willensmeinung dahin auszusprechen, daß von dem Justizminister im Vernehmen mit dem Finanzminister rechtlich erwogen werde, welche Reduktionen an diesem sehr zahlreichen und kostspieligen Beamtenstatus wenigstens für die nähere Zukunft vorgenommen werden könnten6.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolles zur Wissenschaft genommen. Franz Joseph. Innsbruck, den 7. Oktober 1850.