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Nr. 389 Ministerrat, Wien, 4. September 1850 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Marherr; VS. Schwarzenberg; BdE. und anw. (Schwarzenberg 5. 9.), Krauß 7. 9., Bach 6. 9. (bei I und II abw.), Schmerling 7. 9., Csorich, Bruck, Thinnfeld, Thun; abw. Stadion, Kulmer.

MRZ. 3608 – KZ. 2967 –

Protokoll der Sitzung des Ministerrates gehalten zu Wien am 4. September 1850 unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten, Ministers des Äußern und des Hauses FML. Fürsten v. Schwarzenberg.

I. Todesurteile

Der Justizminister referierte über die Todesurteile a) wider Joseph Boromisza wegen Gattenmordes, b) wider Maria Spányik und c) wider Maria Bakos wegen Kindesmordes mit dem Antrage auf Nachsicht der Todesstrafe, wogegen nichts erinnert wurde1.

II. Antwort an den Ban in der kroatisch-deutschen Sprachendifferenz

Derselbe Minister las dann den Entwurf der Antwort, die dem Banus von Kroatien infolge Ministerratsbeschlusses vom 21. August 1850 sub XVI auf seine Vorstellung in betreff der von der Gerichtsorgansierungskommission erlassenen Aufforderung zur Einbringung deutscher oder mit deutscher Übersetzung belegter Gesuche von Seite jener Bewerber, welche der deutschen Sprache mächtig sind, zu erteilen wäre. Hiermit brachte er auch die Vorstellung eines ungrischen Gerichts, welches in einer Kriminalsache an eine kroatische Gerichtsstelle eine deutsche Zuschrift erlassen und von derselben eine kroatische Antwort (mit der Überschrift: Zivio Ban Jellačić geziert) erhalten hatte, in Verbindung und stellte den Antrag a) dem kroatischen Oberlandesgerichte zur Belehrung der unteren Gerichtsstellen die Worte des Ah. Patents vom 7. April 1850 2 in Erinnerung zu bringen, womit der Gebrauch der Landessprache nur im inneren Verkehr garantiert und die Erwartung ausgesprochen wird, daß die Korrespondenz mit den Zentral- und den Behörden anderer Kronländer in einer den Bedürfnissen des Dienstes entsprechenden Weise stattfinde3; b) bezüglich der Überschrift „Zivio Ban etc.“ aber dem Ban selbst unter Mitteilung jenes Aktenstücks, in der Voraussetzung, daß diese Demonstration|| S. 243 PDF || ohne sein Wissen Platz greife, in einem konfidentiellen Schreiben um Abstellung eines solchen Vorgehens zu ersuchen.

Der Ministerrat war hiermit einverstanden4.

Der Minister des Inneren war erst am Schlusse des Vortrags erschienen.

III. Denunziation über eine bestehende Verschwörung

zeigte der Justizminister an, daß die Sr. Majestät aus dem Wiener Provinzialstrafhause zugekommene Denunziation über eine Verschwörung, an deren Spitze ein Minister stehe, und die darüber eingeleiteten wiederholten Vernehmungen des angeblich mitwissenden Sträflings Schuller zu keinem Resultate geführt haben, indem der Vernommene unter unverkennbaren Ausflüchten sein angebliches Geheimnis zuerst nur Sr. Majestät persönlich, dann vor der Militärzentraluntersuchungskommission, endlich auch dieser nur in Gegenwart des ersten Generaladjutanten Sr. Majestät offenbaren zu wollen erklärte5.

IV. Name für die neue Brücke in Krakau

Der Antrag des Hofrats v. Ettmayer, der neuen Brücke in Krakau den Namen „Franz Josephs Brücke“ Allerhöchstenortes zu erwirken, wurde vorderhand abzulehnen beschlossen, weil, wie der Handelsminister bemerkte, der wichtigste Teil dieses Bauwerks, die steinernen Pfeiler, noch unter der Regierung des Freistaates zustande gekommen und weil, wie der Minister des Inneren hinzusetzte, eine Bitte der Stadtgemeinde selbst, der Brücke den Ah. Namen beizulegen, nicht vorliegt6.

V. Gehaltserhöhung für Johann Andreas Palomba

Der Antrag des Handelsministers, dem k.k. Konsul in Civitavecchia Palomba, welcher durch die Entziehung der ihm früher übertragen gewesenen Funktionen eines toskanischen Konsuls daselbst einen Entgang von 2000 fr. in seinem Einkommen erleidet und ein verdienstvoller Mann ist, die Erhöhung seines österreichischen Gehalts von 800 auf 1200 fr. bei Se. Majestät zu erwirken, erhielt die Zustimmung des Ministerrates7, ebenso wie das weitere Einraten

VI. Orden für Friedrich Freiherr v. Froon und Ludwig Gutmannsthal

auf Auszeichnung des nach 44jähriger Dienstleistung in den Ruhestand tretenden Hofrates und ehemaligen Hofbauratsdirektors Baron Froon mit dem Ritterkreuze des Leopoldordens8, dann

VII. Orden für Friedrich Freiherr v. Froon und Ludwig Gutmannsthal

des k.k. Generalkonsuls in Odessa v. Gutmannsthal, welcher den Postvertrag mit Rußland unterhandelt hat, mit dem Ritterkreuze des Franz-Joseph-Ordens9.

VIII. Räumung zweier Zimmer des akademischen Gymnasiumgebäudes in Wien vom Militär

Der Unterrichtsminister referierte über die Notwendigkeit der Einräumung von wenigstens zwei adermalen vom Militär besetzten Zimmern des akademischen Gymnasialgebäudes in Wien zur Unterbringung der zu eröffnenden 8. Klasse und der physikalischen Sammlunga . Da ein früher schon hierwegen an den Gouverneur ergangenes Ansinnen fruchtlos gewesen, so erbat sich der bMinister des Unterrichtes die kräftige Unterstützung des Kriegsministers, welcher ihm dieselbe auch zusagteb .10

IX. Desgleichen des Konviktsgebäudes

Weiter glaubte der Unterrichtsminister die Zurückgabe des ganzen, ebenfalls vom Militär besetzten Stadtkonviktsgebäudes für Studienzwecke, und zwar zur Wiederherstellung des dort immer bestandenen Seminars für ungrische und galizische Theologen des griechischen Ritus, dann zur Unterbringung der Universität in Anspruch nehmen zu müssen11.

In ersterer Beziehung liegt das Einschreiten der betreffenden Bischöfe vor, und es erscheint höchst wichtig, die Gelegenheit zur Vereinigung und gleichmäßigen Ausbildung von Klerikern aus ungrischen und galizischen Diözesen nicht unbenützt vorübergehen zu lassen12.

In letzterer Beziehung glaubte der Minister chervorheben zu sollen, 1. daß eine Überwachung des Studienwesens und der Studierenden bei der dermaligen Verteilung der Lokalitäten, in welchen die Universitätsvorträge gehalten werden, mit Erfolg nicht möglich ist, 2. daß die Wirksamkeit derjenigen Professoren, welche neuerlich berufen worden sind, um den Studien eine bessere Richtung zu geben (z.B. für Geschichte) in hohem Grade gelähmt ist. Da der Gouverneur Baron Welden bereits wiederholt erklärt hat, daß er ohne Befehl des Ah. Armeeoberkommandos über die vom Militär besetzten Lokalitäten nicht disponieren könne, so trägt der Unterrichtsminister darauf an, Se. Majestät um die Ah. Anordnung zu bitten, daß das Konviktsgebäude den Studienzwecken wiedergegeben werde.c hervorheben zu sollen, 1. daß eine Überwachung des Studienwesens und der Studierenden bei der dermaligen Verteilung der Lokalitäten, in welchen die Universitätsvorträge gehalten werden, mit Erfolg nicht möglich ist, 2. daß die Wirksamkeit derjenigen Professoren, welche neuerlich berufen worden sind, um den Studien eine bessere Richtung zu geben (z.B. für Geschichte) in hohem Grade gelähmt ist. Da der Gouverneur Baron Welden bereits wiederholt erklärt hat, daß er ohne Befehl des Ah. Armeeoberkommandos über die vom Militär besetzten Lokalitäten nicht disponieren könne13, so trägt der Unterrichtsminister darauf an,|| S. 245 PDF || Se. Majestät um die Ah. Anordnung zu bitten, daß das Konviktsgebäude den Studienzwecken wiedergegeben werde.

Der Kriegsminister wandte dagegen ein, daß bei der Unmöglichkeit, in der inneren Stadt ein anderes Lokale dermal zu finden, wo das im Konviktsgebäude bequartierte Militär, welches in der Stadt bleiben muß, untergebracht werden könnte, an die vollständige Räumung des ersteren nicht zu denken sei; der Ministerrat erkannte indessen an, daß es sehr wünschenswert sei, das Seminar im Konviktsgebäude zustande zu bringen, und dder Unterrichtsminister wird sich in dieser Beziehung an den Herrn Kriegsminister wendend der Unterrichtsminister wird sich in dieser Beziehung an den Herrn Kriegsminister wenden, während für den Antrag auf Rückverlegung der Universität in die innere Stadt nur der Justizminister sich mit Entschiedenheit erklärte, der Minister des Inneren dagegen sogar die Übersetzung der Universität mit Ausnahme der Mediziner und Techniker außerhalb Wien unter lebhaftem Proteste des Grafen Thun in Anregung brachte14.

X. Desgleichen des Nikolaigebäudes in Lemberg

Über den weiteren Antrag des Unterrichtsministers , das Nikolaigebäude in Lemberg, welches dermal als Militärspital verwendet wird, wieder der Universität einzuräumen, erbat sich der Kriegsminister die Mitteilung der Verhandlung und eversprach seine Unterstützungee .15

XI. Verdienstkreuz für Joseph Herović

Gegen das Einraten auf Verleihung des silbernen Verdienstkreuzes mit der Krone an den Schullehrer Joseph Herović ergab sich keine Erinnerung16.

XII. Verlust des Anspruchs auf Adjutum der gewesenen Konviktszöglinge

Aus Anlaß der Bitte zweier ehemaligen Stadtkonviktszöglinge um Verleihung von Auskultantenstellen mit Adjutum, welches sie gestützt auf das den Konviktisten mit Ah. Entschließung von 1808 eingeräumte Privilegium17 in Anspruch nehmen, gedenkt der Unterrichtsminister unter Beistimmung des Ministerrats im Prinzipe dahin zu entscheiden, daß mit der 1848 erfolgten Aufhebung des Konvikts auch die den Zöglingen desselben als solchen eingeräumten Ansprüche entfallen seien18.

XIII. Besoldung der Professoren für Chirurgie in Graz aus dem steirisch-ständischen Domestikalfonds

In Gratz wurdenfeinige Professoren des chirurgischen Studiumsf bisher aus dem steirisch-ständischen Domestikalfonds bezahlt. Gegenwärtig ist ein solcher Professor in|| S. 246 PDF || den Ruhestand getreten; gder ständische Ausschuß istg zwar bereit, die Pension mit dessen vollem Gehalte per 600 fr. zu bestreiten, allein sie weigern sich, die Besoldung des an dessen Stelle zu ernennenden neuen Professors zu übernehmen19.

Der Unterrichtsminister würde daher die Übernahme der Besoldung des neuen Professors auf den Studienfonds beantragen. Nachdem jedoch sowohl der Finanzmnister als der des Inneren vorerst über den Ursprung und Rechtstitel der Zuweisung jener ständischen Besoldung die nötige Aufklärung gewünscht hatten, so würde sich vorderhand auf deren Einholung zu beschränken und hnur vorschußweise nötigenfalls bis zur Austragung der Frage der Gehalt aus dem Studienfonds zu bestreitenh sein20.

XIV. Errichtung von Realschulen

erbat sich der Unterrichtsminister die Zustimmung des Ministerrates zu dem Antrage bei Sr. Majestät auf Errichtung von Realschulen, und zwar in jedem Kronlande wenigstens einer, in Wien und Prag, wo deren bereits bestehen, einer zweiten21.

Die Gehalte der Direktoren und Lehrer würden nach drei Klassen für Wien mit 1800, 1600, 1400 und 1200 fr., für Prag mit 1600, 1400, 1200 und 1000 fr., endlich für die anderen Städte mit 1400, 1200, 1000 und 800 fr. in den vollständigen Realschulen, in den unvollständigen um je 200 fr. geringer festzusetzen, und mit der Errichtung der Realschulen [würde] sukzessive vorzugehen sein, so daß von dem hiefür beantragten Gesamtaufwande von 150.000 fr. cirka im ersten Jahre etwa 50.000 fr. in Verwendung kämen. Der Finanzminister , in thesi damit einverstanden, daß zur Hebung und Beförderung des technischen Unterrichts etwas geschehe, glaubte nur, daß nicht unbedingt schon die Errichtung einer Realschule in jedem Kronlande ausgesprochen, sondern darauf beschränkt werden möge, sie dort, wo sich ein wirkliches Bedürfnis darnach kundgibt, ins Leben zu rufen und dabei die Mitwirkung und Beiträge der Gemeinden und Industriellen selbst in Anspruch zu nehmen, mit der Errichtung der dringendsten zu beginnen und überhaupt die Verteilung der Kosten auf mehrere Jahre zu bewirken22.

XV. Auflösung der siebenbürgischen Militärgrenze

Der Kriegsminister erbat und erhielt die Zustimmung des Ministerrates zur Auflösung der Militärgrenze in Siebenbürgen, nachdem dieses Institut wegen zu geringer Population in den Regimentern seine Bestimmung nur unvollkommen zu erfüllen vermag, die bereits aufgelösten Széklerregimenter aber insbesondere selbst bezüglich ihrer Treue niemals verläßlich gewesen sind23.

An die Stelle der Grenz- würde eine angemessene Anzahl von Lininenregimentern treten und die hierdurch vermehrten Auslagen teils in dem erhöhten Stande der Regimenter (zu drei Bataillons und einer Reservedivision, Kavallerie zu vier Divisionen und einer Reserveesakdron) teils in der Einbeziehung der Grenzer in die Besteuerung und in der verhältnismäßigen Verminderung des Kontingents in anderen Kronländern ihre Ersatzn finden24.

XVI. Verdienstkreuz für Jacob Regenhart

Endlich beantragte der Kriegsminister einstimmig mit dem Minister des Inneren die Verleihung des goldenen Verdienstkreuzes an den um das Militärsanitätswesen verdienten Dr. Jacob Regenhart25.

Ah. E. Ich nehme den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis. Franz Joseph. Bilin, den 12. September 1850.