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Nr. 383 Ministerrat, Wien, 16. August 1850 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Wacek; VS. Schwarzenberg; BdE. und anw. (Schwarzenberg 17. 8.), Krauß 18. 8., Bach 18. 8., Schmerling, Bruck, Csorich, Kulmer 18. 8.; abw. Stadion, Thinnfeld, Thun.

MRZ. 3382 – KZ. 2823 –

Protokoll der am 16. August 1850 in Wien abgehaltenen Ministerratssitzung unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten, dann Ministers des Äußern und des Hauses Fürsten Felix v. Schwarzenberg.

I. Organisierung der Konsulate

Nachdem Se. Majestät die Systemisierung der Konsulate bereits Ah. zu genehmigen geruhet haben1, würde der Minister für Handel, Gewerbe und öffentliche Bauten Freiherr v. Bruck zur vollständigen Reglung dieser Angelegenheit nur noch folgendes als wünschenswert und notwendig erkennen, und zwar a) daß das Konsulat zu Belgrad zum Generalkonsulate II. Klasse und II. Gehaltskategorie und b)a ; c) für Palermo, wo der Generalkonsul jetzt 2000 f. Gehalt und 2000 f. Funktionszulage genießt, wäre eine Änderung dahin zu treffen, daß er künftig, wie andere Generalkonsuln, einen Gehalt von 2500 f., dagegen aber nur eine Funktionszulage von 1500 f. gleich anderen Generalkonsuln erhalte; d) das Vizekonsulat zu Kairo wäre zu einem Konsulate zu erheben; e) alle Vizekonsuln hätten gleich den Kanzlern eine Funktionszulage von 1000 f. zu erhalten; f) die Kanzleidirektoren der Generalkonsulate in Paris, New York, Konstantinopel und London wären mit einem Gehalte von 1500 f. und einer Funktionszulage von 1500 f. zu dotieren; g) bei den Generalkonsulaten in Alexandrien und Konstantinopel und bei dem Konsulate in Trapezunt wären Vizekanzler zu bestellen; h) die Kanzleipauschalien, Mietzinse etc. bei den verschiedenen Konsulaten, welche bisher willkürlich bestimmt wurden und entweder zu hoch oder zu niedrig sind, wären von Fall zu Fall, für jeden Ort speziell, nach früheren Erfahrungen zu bemessen und die Bestimmungen darüber nach und nach den erkannten Bedürfnissen gemäß zu regeln.

Der Minister Freiherr v. Bruck erbat sich die sofort erteilte Ermächtigung des Ministerrates, diese Angelegenheit in der angedeuteten Art zu ordnen, beziehungsweise die erforderlichen Anträge hiezu an Se. Majestät zu erstatten2.

II. Stempel für Spielkarten, Kalender und Zeitungen

Der Finanzminister Freiherr v. Krauß brachte hierauf die bereits vor längerer Zeit festgesetzten Grundsätze über die Gebühren auf Spielkarten, Kalender und|| S. 215 PDF || Zeitungen mit Ausdehnung derselben auf Ungarn und seine ehemaligen Nebenländer zur Sprache3.

Was die Gebühren auf Spielkarten anbelangt, findet der Minister Freiherr v. Krauß die gegenwärtigen Sätze (20 Kreuzer bei Tarock, 15 Kreuzer bei anderen geglätteten Karten und 6 Kreuzer bei den sogenannten Bauernkarten) zu hoch und die wiederholten Gesuche der Kartenmaler um Herabsetzung dieser Gebühren berücksichtigungswürdig. Nach seiner Ansicht wären für die Karten nur zwei Sätze, und zwar für die geglätteten mit 10 Kreuzer und für die nicht geglätteten mit 5 Kreuzer anzunehmen, wodurch alle Karten, auch die gemeinsten, einige Erleichterung finden würden.

Bei den Kalendern findet der Finanzminister keinen Grund, von den bisherigen Gebühren abzugehen.

Hinsichtlich der Zeitungen bemerkte der Finanzminister, daß bei denselben, mit Ausnahme der Wiener Zeitung, es von dem Stempel gänzlich abgekommen ist. Er wäre nun nicht dafür, den Stempel auf alle Zeitungen zu setzen und diesfalls einen unerquicklichen Kampf mit der Presse hervorzurufen. Bei den ausländischen Zeitungen wären die Gebühren wie bisher durch die Post im Transport einzuholen. Was die Ankündigungsgebühren anbelangt, rücksichtlich welcher beschlossen wurde, daß, ohne in das Quadratmaß einzugehen, für jede Einschaltung der Betrag von 30 Kreuzer abgenommen werde und diese Abgabe von der Insertionsgebühr (welche bei uns bei einmaliger Einschaltung für die Zeile 4 Kreuzer und bei jeder folgenden Einschaltung 2 Kreuzer per Zeile beträgt) unabhängig sei, bemerkt der Finanzminister, daß nach eingeholten und genau erwogenen Daten aus anderen Ländern, wo solche Abgaben bestehen, die bei uns angenommene diesfällige Gebühr von 30 Kreuzern zu hoch und zu drückend sei und daß es besonders rücksichtlich der Provinzen bedenklich wäre, für die Ankündigungen ein so hohes Maß zu stellen. Nach dem Dafürhalten des Finanzminister Freiherrn v. Krauß wäre für jede Ankündigung eine Gebühr von 10 Kreuzern, daher bei dreimaliger Einschaltung eine Gebühr von 30 Kreuzern zu fordern. Hierdurch würden die Kleinen und die Mittleren nicht hart getroffen. Besteht einmal diese Abgabe, so kann man auf dem Grunde der diesfalls gesammelten Erfahrung immer noch eine Änderung oder Erhöhung derselben vornehmen.

Der Ministerrat erklärte sich mit diesen Anträgen einverstanden4.

III. Gerichtsorganisation in Galizien

Der Justizminister Ritter v. Schmerling besprach noch einmal die Gerichtsorganisation in Galizien mit dem Bemerken, daß er nach abermaliger Besprechung dieses Gegenstandes mit Männern, welchen die Verhältnisse des Landes genau bekannt sind, auf seinen ursprünglichen Antrag zurückkommen müsse, für Galizien nur ein Oberlandesgericht mit drei demselben untergeordneten Senaten zu bestellen5. Als Gründe dieses Antrages hob derselbe hervor, daß anerkanntermaßen die Justizpflege in|| S. 216 PDF || Galizien unter anderem auch die Aufgabe zu lösen habe, in politischer Beziehung die Ausgleichung unter den Nationalitäten zu unterstützen. Würde man drei selbständige Obergerichte in Galizien bilden, so würde, meinte der Minister, die nächste Folge sein, daß Krakau mit seiner ganz polnischen Bevölkerung bald die polnische Sprache als Geschäftssprache fordern würde; besteht aber nur ein Oberlandesgericht in Lemberg mit drei dependenten Senaten, so wird dessen Geschäftssprache und auch jene der Senate die deutsche sein. Andererseits kann bei einem Oberlandesgerichte und dessen drei Senaten im Lande (wie es z.B. in Tirol in Ansehung des Trienter Senates der Fall ist) ein Total- oder Konkretalstatus bestehen, was den Vorteil habe, daß bei der ausgesprochenen Unabsetzbarkeit der Richter und Unversetzbarkeit derselben in einen anderen Oberlandesgerichtsbezirk (außer im Wege einer Disziplinarverhandlung) es von dem Ermessen des Oberlandesgerichtspräsidenten und des Generalprokurators abhängen würde, ein Individuum, das sich etwa mit der polnischen Partei einlassen würde, im Lande ohne weiters wohin immer zu versetzen, was bei drei selbständigen Oberlandesgerichten nur infolge einer Disziplinarverhandlung möglich wäre. Bei subalternen Beamten treten noch häufiger Versetzungen ein und können bei einem Konkretalstatus für das ganze Land sehr leicht und im ganzen Lande bewerkstelliget werden. Endlich, bemerkte Ritter v. Schmerling, wird es möglich sein, bei einem Oberlandesgerichte einen sehr verläßlichen Präsidenten und einen solchen Generalprokurator zu finden, nicht aber, wenn drei Oberlandesgerichte bestünden, sechs solche Personen.

Ferner brachte der Justizminister noch die Frage zur Erörterung, ob in Galizien nur die Präsidenten der bereits dort bestehenden fünf Landesgerichte mit den bisherigen Bezügen von 4000 f. und die Präsidenten der drei neuen Landesgerichte (zu Sanok, Sambor und Tarnow) mit 3000 f. bestellt werden, oder ob auch diese letzteren 4000 f. genießen sollen.

Der Justizminister sprach sich für diese zweite Alternative, nämlich für 4000 f., aus, weil es angemessen sei, die höher gestellten Beamten in Galizien, welche der Vereinigungspunkt für die Beamten ihrer Branche sind, nicht zu karg zu stellen, und weil dadurch auch die Unzukömmlichkeit beseitiget wird, daß die Präsidenten der neuen Landesgerichte nicht sogleich ihre Posten wieder zu verlassen wünschen werden.

Der Ministerrat erklärte sich mit den vorstehenden Anträgen des Justizministers einverstanden, wobei der Finanzminister Freiherr v. Krauß nur zu bemerken glaubte, daß sein früheres Bedenken gegen nur ein Oberlandesgericht in Galizien hauptsächlich in dem Besorgnisse gegründet war, daß ein Oberlandesgericht daselbst nicht imstande sein werde, die Masse der Justizgeschäfte des Landes zu gewältigen6.

IV. Vermehrung der griechisch-unierten Bistümer in Ungarn und Siebenbürgen

Bezüglich der schon früher zur Sprache gebrachten wünschenswerten Vermehrung der griechisch-unierten Bistümer in Ungarn und Siebenbürgen bemerkte der Minister des Inneren , darüber eine Beratung mit dem Primas von Ungarn gepflogen zu|| S. 217 PDF || haben7. Dieser wünsche zwei neue solche Bistümer, eines im Süden und Banat in Lugosch, das andere im Norden zu Nagybanya, beide also in Ungarn errichtet zu sehen. Damit erklärte sich der Minister Dr. Bach nicht einverstanden und meint, daß einer dieser Bischofssitze nach Siebenbürgen zu verlegen wäre.

Derselbe erbat sich die sofort erteilte Ermächtigung des Ministerrates, in diesem Sinne die weiteren Erhebungen durch die Landesautoritäten zu pflegen und diese auch auf die Dotation der Bistümer, Einteilung der Pfarren etc. auszudehnen8.

V. Behandlung des sogenannten Engländerschen Vereines

Schließlich lenkte der Minister des Inneren die Aufmerksamkeit des Ministerrates auf die endliche Behandlung des sogenannten Engländerischen Vereins, welcher sich die gegenseitige Versorgung der Gewerbsleute zur Aufgabe machte9. Nach den von dem hiesigen Statthalter vorgelegten Akten belaufen sich die Aktiven dieses Vereines auf 36.000 f., von welchen die Kommission nur 3000 f. einzubringen vermochte und daher 33.000 f. noch aushaften. Der Statthalter meint, daß, da die Kommission mehr als die erwähnten 3000 f. einzubringen nicht imstande war, sonach der Kridastand und dazu noch unter den Gläubigern des Vereins der Streit besteht, welche unter ihnen vor den anderen den Vorzug haben sollen, und im administrativen Wege nichts weiter effektuiert werden kann, dieser Gegenstand dem Gerichte zur weiteren Verhandlung zu übergeben wäre10. Der Minister des Inneren Dr. Bach würde aber Bedenken tragen, diesen verwickelten und unfruchtbaren Gegenstand, welcher eine Unzahl von Individuen berührt, dem Gerichte zur Konkursverhandlung zu übergeben, weil dadurch auch die vorhandenen 3000 f. aufgezehrt würden und eine selbst für die öffentliche Sicherheit nicht ganz gleichgiltige Provokation nicht wohl vermieden werden könnte. Da indessen im administrativen Wege hier nichts weiter zu richten ist, ein aufgestellter Kurator nur wieder bei dem Gerichte einschreiten müßte und eine Vermögensverteilung nur von dem Zivilgerichte geschehen kann, so wird der Minister des Inneren sich mit dem Justizminister ins Einvernehmen setzen, ob nicht etwa ein Commissorium extraordinarium bestellt oder sonst ein Modus zur Beendigung dieser Angelegenheit ausfindig gemacht werden könnte11.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolles zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Ischl, den 23. August 1850.