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Nr. 376 Ministerrat, Wien, 2. August 1850 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Marherr; VS. Schwarzenberg; BdE. und anw. (Schwarzenberg 3. 8.), Krauß 5. 8., Bach 5. 8., Schmerling 5. 8., Csorich, Bruck, Thun (BdE. fehlt), Thinnfeld, Kulmer 5. 8.; abw. Stadion.

MRZ. 3165 – KZ. 2600 –

Protokoll der Sitzung des Ministerrates gehalten zu Wien am 2. August 1850 unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten, Ministers des Äußern und des Hauses FML. Fürsten v. Schwarzenberg.

I. Vertrag mit Preußen, Bayern und Sachsen über telegraphische Korrespondenz

Der Handelsminister referierte über den zwischen Bayern, Preußen, Österreich und Sachsen abgeschlossenen Vertrag wegen gleichmäßiger Behandlung der telegraphischen Korrespondenz auf den Linien der einzelnen Staaten1.

Da derselbe durchaus annehmbare, in der Wesenheit mit den bestehenden übereinstimmende Bestimmungen enthält, so ward gegen denselben nichts eingewendet, und der Minister übergab den Vortrag an Se. Majestät, worin um die Ah. Ratifikation der Konvention gebeten wird2.

II. Paß für Leopoldine Szemere v. Szemere nach Paris

Der Minister des Inneren befürwortete das Gesuch der Gattin des ungrischen Exministers Bartholomä Szemere um einen Paß zur Reise nach Paris zu ihrem Gatten in Berücksichtigung der Unbedenklichkeit ihrer Person, unter der Bedingung jedoch, daß sie nur mit spezieller Bewilligung wieder hierher zurückkehren dürfe.

Man fand gegen diesen Antrag nichts zu erinnern3.

III. Organisierung der Verwaltungsbehörden in Ungarn

Derselbe Minister referierte über die Organisation der politischen Verwaltung Ungarns4.

Die Grundzüge derselben wären:1. Einrichtung der Statthalterei als politische, nicht sowohl Verwaltungs-, sondern Aufsichts- und Leitungszentrallandesstelle zur Vermittlung der Geschäfte zwischen dem Ministerium und den Distriktuallandesbehörden. Sie hätte aus einem Statthalter mit 8000 f. Gehalt und ebensoviel Funktionszulage, einem Vizepräsidenten oder Vizestatthalter mit 5000 f. Gehalt, 2000 f. Zulage und acht Statthaltereiräten à 4000 f., 3000 f. und 2500 f. samt dem nötigen Hilfspersonale zu bestehen und in ebenso vielen Departements|| S. 187 PDF || die Polizei-, Organisierungs-, Legislations- und Personal-, die Militär-, Kultus- und Schulsachen, die Landesausgaben und Einnahmen, das Handels- und Gewerbe-, dann das Landeskulturwesen zu verhandeln.

Unter ihr ständen die fünf Distrikutallandesbehörden zu Pest, Ödenburg, Kaschau, Preßburg und Großwardein mit dem Wirkungskreise der Kreisregierungen in den deutschen Kronländern, jede unter einem Distriktsobergespan mit 5000 f. Gehalt, 2000 f. Funktionszulage, zwei Distriktualräten à 2500 f. und 2000 f. Gehalt samt dem nötigen Hifspersonale.

Diesen untergeordnet wären die Komitatsbehörden mit je einem Vorstande à 1800 und 2000 f. Gehalt, die größeren mit 500 und 1000 f. Funktionszulage, samt Nebenpersonen, endlich die Stuhlbezirks­behörden mit einem Bezirkskommissär und einem Adjunkten vorderhand als notwendige, den Übergang von dem früheren Bestande zur neuen Gestaltung vermittelnde Behörde.

Der Gesamtaufwand für diese Verwaltungsorgane ist auf 1,262.000 f. veranschlagt5.

Bei der Abgrenzung der 48 Komitate und ihrer Benennung ist sich in der Regel an den bisherigen Bestand gehalten, nur sind die vorhandenen Enklaven dem Hauptbezirke einverleibt und bei den Distrikten der Jazyger und Kumanier die Ausnahme gemacht worden, daß sie, obwohl nicht arrondiert, doch in Betracht der ausgezeichneten Haltung ihrer Bevölkerung während der Revolution und mit Rücksicht auf ihre alten Vorrechte vorläufig zu einem Komitate vereint würden.

Was die Munizipaleinrichtung anbelangt, so hätten die königlichen Städte und Freistädte als solche mit ihren bisherigen Immunitäten aufzuhören. Der Minister behielt sich vor, bei Organisierung der Munizipalverfassung den größeren Städten eigene Stadtordnungen, gleichwie den Provinzhaupt­städten der deutschen Kronländer zu gewähren.

Der Ministerrat war mit diesen Anträgen im allgemeinen einverstanden. Nur in Ansehung der Statthalterei äußerte sowohl der Kultus- als der Justizminister die Besorgnis, daß, wenn deren Wirkungskreis gegenüber jenem der Distriktuallandesbehörden nicht mit aller Sorgfalt und Umsicht abgegrenzet wird, der Bestand der ersteren entweder überflüssig oder dem Einflusse des Ministeriums selbst auf die Verwaltung in Ungern gefährlich werden würde, in welcher Beziehung sich die beiden Minister ihre weiteren Erinnerungen vorbehalten, wenn die den ungrischen Behörden zu erteilenden Instruktionen zum Vortrage kommen werden.

Hinsichtlich der Vereinigung der Jazyger und Kumanier in ein Komitat erklärte der Justizminister, daß er bei der zerstreuten Lage ihrer Wohnsitze zur Vermeidung unliebsamer Jurisdiktionskonflikte in der Justizorganisation sich nicht an diese politische Einteilung halten, sondern diejenigen Jurisdiktionsbezirkszuweisungen werde in Antrag bringen müssen, welche zur Vermeidung aller Unzukömmlichkeiten aus dem besagten Grunde notwendig sein werden6.

IV. Organisierung der Verwaltungs­behörden in Dalmatien

Endlich brachte der Minister des Inneren die politische Organisierung Dalmatiens in Vortrag.|| S. 188 PDF ||

Nach seinem Antrage würde die politische Verwaltung Dalmatiens von dem Statthalter in Zara und sieben Bezirkshauptmannschaften unter dem Titel „Präfekturen“ zu Zara, Sebenico, Sign, Spalato, Macarsca, Ragusa und Cattaro mit dem für die deutschen Kronländer systemisierten Personale um einen jährlichen Kostenaufwand von 115.700 f. (weniger als gegenwärtig) besorgt werden. Hiergegen wurde nichts erinnert7.

Am 3. August 1850. Schwarzenberg. Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Schönbrunn, 7. August 1850.