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Nr. 375 Ministerrat, Wien, 31. Juli 1850 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Wacek; VS. Schwarzenberg; BdE. und anw. (Schwarzenberg 1. 8.), Krauß 5. 8., Bach 5. 8., Schmerling, Bruck, Thinnfeld 2. 8., Thun, Csorich, Kulmer 2. 8.; abw. Stadion.

MRZ. 3131 – KZ. 2599 –

Protokoll der am 31. Juli 1850 in Wien abgehaltenen Ministerratssitzung unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten, dann Ministers des Äußern und des Hauses Fürsten Felix v. Schwarzenberg

I. Vier Todesurteile

Der Justizminister Ritter v. Schmerling trug vier Todesurteile vor, und zwar:

a) wider Franz Kara aus Ungarn wegen Verbrechens des Mordes; b) wider Susanna v. Jeney, gleichfalls aus Ungarn, wegen Kindesmordes; c) wider Johann Loth alias Bimbo aus Galizien wegen Mordes, und d) wider Martin Mieleiski, gleichfalls aus Galizien, wegen vollbrachten Raubmordes und versuchter schwerer Verwundung, bei allen vieren mit Unterstützung des Antrages des Obersten Gerichtshofes, welcher dahin geht, den Verbrechern zu a), b) und c) die Todesstrafe nachzusehen und dem Obersten Gerichtshofe zu überlassen, dafür eine zeitliche Strafe zu bestimmen, bei Martin Mieleiski aber dem Gesetze freien Lauf zu lassen.

Diese Anträge erhielten die Zustimmung des Ministerrates1.

II. Organisierung der Stadthauptmannschaft zu Pest und Ofen

Der Minister des Inneren Dr. Alexander Bach brachte hierauf die Organisierung der Stadthauptmannschaft in Pest und Ofen zur Sprache. Da die Grundzüge für solche Organisierungen im allgemeinen bereits festgesetzt sind2, so handle es sich bei Pest und Ofen bloß um spezielle Einrichtungen mit Rücksicht auf die Ortsverhältnisse. Die Stadthauptmannschaft in Pest und Ofen soll im wesentlichen eine Einrichtung wie die Stadthauptmannschaft in Wien erhalten. Die Militärpolizeiwache soll dort aus 540 Individuen bestehen. Die Gesamtauslage der Behörde und der Militärpolizeiwache würde im ganzen 142.000 f. betragen, wovon die Stadt 70.000 f. übernimmt. Der erste Aufwand würde mit Rücksicht auf die Adjustierungs- und Bequartierungsauslagen wohl|| S. 182 PDF || um 30.000 f. mehr ausmachen, sich aber in der Folge auf den erwähnten normalen Stand setzen.

Gegen die hier in Antrag gebrachte Organisierung ergab sich von Seite des Ministerrates keine Erinnerung3.

III. Ernennung des Statthalters und der Kreispräsidenten in Galizien

Ebenso wurde dem Antrage des Ministers Dr. Bach in Ansehung der Ernennungen des Statthalters und der Kreispräsidentena für Galizien beigestimmt, wornach bals Statthalterb Graf Gołuchowski und unter ihm für den Lemberger Bezirk als Kreispräsident Hofrat v. Ettmayer, für Stanislau der zweite Hofrat v. Czetsch und für Krakau der Kreishauptmann Ritter v. Saar und als Statthaltereirat der Gubernialrat Mosch bestimmt werden sollen. Hiernach würde der Minister des Inneren den Vortrag an Se. Majestät erstatten4.

IV. Auszeichnung für galizische Beamte

Derselbe Minister erwähnte hierauf, Se. Majestät hätten ihm aus Anlaß seines Vortrages über Auszeichnungen für Galizien den Ah. Auftrag zu erteilen geruhet, sich mit Grafen Gołuchowski nochmals zu beraten und auch solche Individuen zu Auszeichnungen in Antrag zu bringen, welche sich während des letzten russischen Feldzuges besondere Verdienste erworben haben. Auf dem Grunde der diesfälligen Äußerung des Grafen Gołuchowski werden folgende, in der gedachten Beziehung verdienstvolle Individuen zu Auszeichnungen in Antrag gebracht: der Gubernialrat Mosch und fünf Kreishauptleute für das Kleinkreuz des Franz-Joseph-Ordens, Hofrat v. Ettmayer für das Kommandeurkreuz desselben Ordens und mehrere Kreiskommissäre für das goldene Zivilverdienstkreuz mit der Krone, dann ein Distriktskommissär in der Bukowina für das goldene Verdienstkreuz mit der Krone5.

Gegen diese Anträge ergab sich keine Erinnerung.

V. Auszeichnung für Beamte bei der Wiener Stadtkommandantur

Ferner brachte der Minister des Inneren auf dem Grunde eines diesfälligen Antrages des Militärgouverneurs FZM. Baron Welden folgende Individuen, welche bei der Stadtkommandantur und der Zentraluntersuchungskommission in der letzteren Zeit wesentliche Dienste geleistet haben, zu Auszeichnungen in Antrag, und zwar: den Baron Buffa (welcher mittlerweile zum Kreispräsidenten in Görz befördert worden ist) für das Ritterkreuz des Leopoldordens, den Appellationsrat Linhart und den Generalauditor Seemann für das Ritterkreuz des Franz-Joseph-Ordens. Mehrere von Baron Welden für den Majorscharakter und zur Beförderung empfohlene Auditore wird der Minister Dr. Bach als seinem Bereiche nicht angehörig an den Kriegsminister zur weiteren Verhandlung leiten.|| S. 183 PDF ||

Der Ministerrat erklärte sich damit einverstanden6.

VI. Auszeichnung für einige galizische Adelige

Der Minister des Inneren erwähnte weiter, Graf Gołuchowski habe in der Erwägung, daß in Galizien, abgesehen von Militärbeamten, ein einziges Individuum vom Adel eine österreichische Auszeichnung besitze, den Wunsch geäußert und den Antrag gestellt, es möchten einigen Individuen des dortigen höheren Adels, welche sich durch Anhänglichkeit an die österreichische Regierung und sonst bedeutendere Verdienste erworben haben, solche Auszeichnungen zuteil werden. Hiernach wird für den Landessilberkämmerer Grafen Komorowski auf die huldreichste Verleihung des Kommandeurkreuzes des Franz-Joseph-Ordens, für die Grafen Stadnicki und Veit Żeleński auf das Kleinkreuz des besagten Ordens und für den Grafen Lewicki (Cajetan) auf den Orden der Eisernen Krone II. Klasse angetragen und diesem Antrage auch noch jener beigefügt, dem verdienstvollen ruthenischen Geistlichen Michael Kuziemski das Kommandeurkreuz des Franz-Joseph-Ordens verleihen zu wollen, gegen welche Anträge der Ministerrat nichts zu erinnern fand7.

VII. Verteilung der Unterstützungs­gelder an österreichische Serben und Absendung einer serbischen Deputation nach Wien; serbische Kirchenbücher

Schließlich brachte der Minister des Inneren zur Kenntnis des Ministerrates, daß die Verteilung der gesammelten Gelder für die in den letzten Kriegsereignissen beschädigten Serben ordnungsmäßig vollzogen wurde8; ferner, daß der Chef der Finanzkommission Trifunácz die Anzeige erstattet habe, es wolle eine Deputation von 108 Individuen (Serben) sich nach Wien begeben, um Sr. Majestät für die dem Lande gewährten Gnaden zu danken. Was diese Deputation anbelangt, meinte der Minister Bach, daß die Gestattung einer so zahlreichen Deputation ein bedenkliches Präjudiz für andere ähnliche Fälle wäre. Diese wäre demnach auch mit Zustimmung des Ministerrates abzulehnen und nur eine kleine Deputation von 6–12 Individuen zu gestatten9. Was endlich die schon früher besprochenen serbischen Kirchenbücher anbelangt10, bemerkte der Minister Bach, daß er mit dem Direktor der Hof- und Ärarialstaatsdruckerei Reichsrat Auer diesfalls gesprochen und von ihm in Erfahrung gebracht habe, daß der Umdruck der anstößigen Stellen in jenen Büchern ungefähr 800 f. kosten und drei Monate Zeit in Anspruch nehmen würde, daß aber diese Bücher, wenn die anstößigen Stellen bloß unlesbar gemacht würden, schon|| S. 184 PDF || in acht Tagen hinuntergeschickt werden könnten. Es wurde cjedoch nach genommener Einsicht eines in dieser Art zubereiteten Buches beschlossen, diese letzte Modalität nicht zu wählen, sondern die vorhandenen Bücher der diesfälligen Kommission zur weiteren Verteilung an die Kirchen zu übersenden, mit dem Vorbehalte jedoch, den betreffenden Bischöfen mitzugeben, daß für den Ersatz derselben seinerzeit gesorgt werden wird und daß man ihrer erwarte, sie werden dafür sorgen, daß das Gebet für Se. Majestät den Kaiser und das Ah. Kaiserhaus darin aufgenommen und das darin für den Kaiser von Rußland vorkommende Gebete nicht gebetet werdec .

Nur der Finanzminister Freiherr v. Krauß meinte, daß diese Bücher gar nicht hinabgeschickt werden und man vielmehr darauf bedacht sein sollte, daß die unzulässigen Stellen so bald als möglich umgedruckt und gegen die anstößigen ausgewechselt werden.

Hinsichtlich des Druckes neuer serbischer Kirchenbücher wird der Minister des Inneren hierorts eine eigenen Kommission zusammensetzen und das weitere in Antrag bringen11.

VIII. Versammlung der deutschen Land- und Forstwirte im Jahre 1851

Der Minister der Landeskultur und des Bergwesens Ritter v. Thinnfeld bemerkte, die deutschen Land- und Forstwirte hätten in ihrer Versammlung beschlossen, die nächste Zusammenkunft oder Versammlung im Jahre 1851 entweder in Innsbruck oder in Salzburg abzuhalten, wozu nun die Ah. Bewilligung Se. Majestät erbeten werden soll, wie sie in früheren Jahren schon zweimal, nämlich für Brünn und Gratz erteilt worden ist12. Ferner bemerkte dieser Minister, daß diese Versammlungen bisher noch immer im Namen des Kaisers bewirtet worden sind, was nach seiner Meinung auch im künftigen Jahre wieder geschehen und zu diesem Behufe 10.000 f. zur Disposition gestellt werden dürften.

Der Ministerrat erklärte sich mit diesen an Se. Majestät zu stellenden Antrage einverstandend .13

IX. Verdienstkreuz für Joseph Bresciani de Borsa

Der Kriegsminister FML. Freiherr v. Csorich unterstützte den Antrag des Feldmarschalls Grafen Radetzky, den Chirurgus Joseph Bresciani de Borsa, welcher|| S. 185 PDF || sich um die Pflege der verwundeten Krieger große Verdienste erworben hat und dessen Auszeichnung zur Aneiferung für andere dienen würde, das goldene Zivilverdienstkreuz von der Gnade Sr. Majestät zu erwirken, womit sich der Ministerrat ebenso einverstanden erklärte14, wie mit dem folgenden

X. Verdienstkreuz für Martin Terstenjak

Antrage des Ministers Grafen Thun für den Kaplan Terstenjak, welcher sich um die geistliche Pflege der Kranken in den Spitälern besonders verdient gemacht hat, auf die Auszeichnung mit dem goldenen Zivilverdienstkreuz bei Sr. Majestät anzutragen15.

XI. Einbringung der Hauszinssteuer­bekenntnisse auf dem Lande

Der Finanzminister Freiherr v. Krauß bemerkte, daß der angenommene Grundsatz, die Hauszinssteuer sei auch auf die Orte auf dem Lande, wo Vermietungen stattfinden, auszudehnen, damit auch diese die entsprechende Hauszinssteuer entrichten, bisher nicht ausgeführt werden konnte, weil die erforderlichen Organe fehlten und die Bezirkshauptmannschaften auch jetzt noch nicht (was aber in der Folge geschehen wird) mit dem nötigen Personale für das Steuerwesen versehen sind16.

Die Frage, wie die Bekenntnisse von den Hauseigentümern einzubringen seien, glaubte der Finanz­minister dahin beantworten zu sollen, daß es durch die Gemeinden zu geschehen habe, deren Vorsteher oder Bürgermeister nach dem Gemeindegesetze mancherlei ihnen übertragene Geschäfte zu vollziehen verpflichtet sind. Der Finanzminister bemerkte übrigens, daß die Mitwirkung des Gemeindevorstandes in der gedachten Beziehung auf das geringste Maß beschränkt werden soll. Hinsichtlich jener Gebäude, die in eine höhere als die 9. Klasse gehören, wären von den Hauseigentümern schriftliche Bekenntnisse einzubringen, für andere (kleinere) Gebäude aber wären die entfallenden Zinsen in ein bei dem Gemeindevorstande vorhandenes Protokoll einzutragen und sodann dieses Protokoll der Steuerbehörde vorzulegen. Dieses auf ein Minimum beschränkte Geschäft werden die Gemeindevorsteher ohne Anstand besorgen können.

Der Ministerrat, insbesondere der Minister des Inneren, dessen Geschäftsbereich dieser Antrag hauptsächlich berührt, erklärte sich damit einverstanden17.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolles zur Wissenschaft genommen. Franz Joseph. Schönbrunn, den 7. August 1850.