MRP-1-2-03-0-18500507-P-0340.xml

|

Nr. 340 Ministerrat, Wien, 7. Mai 1850 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Marherr; VS. Schwarzenberg; BdE. und anw. (Schwarzenberg 7. 5.), Krauß 24. 5., Bach, Schmerling, Bruck, Thun, Kulmer 24. 5., Degenfeld; abw. Gyulai, Thinnfeld, Stadion.

MRZ. 1954 – KZ. 1610 –

Protokoll der Sitzung des Ministerrates gehalten zu Wien am 7. Mai 1850 unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten, Ministers des Äußern und des Hauses, FML. Fürsten v. Schwarzenberg.

I. Gesuch des Podestà von Parma wegen Nachsicht der Kontribution

Der Kriegsministerstellvertreter unterstützte das Gesuch des Podestà von Parma um Verwendung der k.k. Regierung beim dortigen Hofe wegen Nachsicht der den Gliedern des bestandenen Governo provisorio trotz der vom Vorfahrer des itzigen Herzogs erteilten Amnestie auferlegten Geldstrafe von 640.000 Lira vornehmlich in der Rücksicht, weil die gedachte Amnestie von dem k.k. Militär­kommandanten in Parma publiziert und hiermit gewissermaßen eine Garantie derselben von Seite der k.k. Regierung übernommen worden ist1.

Der Ministerpräsident erklärte aber eine solche Verwendung aus politischen Rücksichten für untunlich und glaubte, daß das Gesuch ad acta zu legen und die Bittsteller lediglich an die Gnade des Herzogs zu weisen wären2.

II. Verlängerung des Termins zur Subskription für die lombardisch-venezianische Anleihe

Der Finanzminister referierte über ein abermaliges Einschreiten des FM. Grafen Radetzky um Verlängerung des Subskriptionstermins für das lombardisch-venezianische Anleihen3.

Obwohl der Minister seine über das frühere Einschreiten im Ministerrate vom 29. April 1850 sub Nr. V. abgegebene Ansicht im wesentlichen nicht zu ändern fände, so würde|| S. 25 PDF || er dennoch, weil der Marschall einen besonderen Wert auf die Zugestehung einer weiteren Frist legt und um dem Vorwande zu begegnen, als wolle man es absichtlich zum Zwangsanleihen treiben, eine neue Frist von zehn Tagen zu bewilligen antragen, während welcher indes alle Vorbereitungen zur Effektuierung des Zwangsanleihens zu treffen wären.

Der Ministerrat erklärte sich hiermit einverstanden4.

III. Unterstützung Tiroler Gemeinden bei Militär­einquartierungen

Der Minister des Inneren kam auf seinen im Ministerrate vom 6. d. [M.]5 gemachten Antrag wegen Unterstützung der durch die Einquartierung hart belasteten tirolischen Gemeinden zurück und proponierte, da der ursprüngliche Vorschlag auf Bewilligung von fünf Kreuzern pro Mann allgemein als zu hoch angesetzt anerkannt wurde, die Verdoppelung des sogenannten Landesbeitrags von zwei Kreuzern, so daß der Quartierträger nebst den vier Kreuzern, die ihm der Soldat abgeben muß, den Schlafkreuzer, den Landesbeitrag mit zwei Kreuzern und dessen Zuschlag ab aerario mit zwei Kreuzern, somit im ganzen neun Kreuzer pro Mann erhielte.

Hiermit waren die übrigen Stimmen einverstanden6.

IV. Rückkehr der Gattin Johann Boncza Skrzyneckis nach Galizien

Das Gesuch der Gattin des gewesenen polnischen Generals Skrzynecki7 um Bewilligung zum zeitweiligen Aufenthalte in Galizien gedenkt eben dieser Minister mit Zustimmung des Ministerrats, von dem sich nur der Ministerpräsident trennte, zu bewilligen, jedoch mit der Beschränkung des Aufenthaltes auf acht Wochen, nachdem in politischer Beziehung daraus nichts zu besorgen sein dürfte8.

V. Reklamation des Primas wegen der Batthyanischen Güter

Die Bitte des Primas von Ungarn um Zurückgabe der einst zur Graner Dompropstei gehörigen, zuletzt im Besitze des Grafen Kasimir Batthyány gestandenen, infolge der Verurteilung desselben dem Fiskus anheimgefallenen Güter an das Graner Kapitel trat der Minister des Inneren dem Finanzminister zur ordnungsmäßigen Erledigung ab, nachdem im Prinzip die Unstatthaftigkeit einer so gearteten Reklamation anerkannt worden war9.

VI. Belassung der Kanonikatspfründe für den Kaschauer Bischof

Ebenso beantragte er die Ablehnung des Gesuchs des neuernannten Bischofs von Kaschau um einstweilige Belassung der Einkünfte seines früheren Kanonikats neben jenen des neuen Bistums, weil die letzteren laut der eingeholten Auskünfte über 11.000 fr. rein abwerfen und weil überhaupt eine Kumulation der Benefizien nur mit Zustimmung des päpstlichen Stuhls zulässig wäre10.

VII. Ungarische Judenkontributionsabfindung

Trotz der wiederholten Erlässe des Ministerrats in der ungrischen Judenkontributionsangelegenheit ist weder eine Darstellung des Standes der Verhandlung eingesandt noch sonst etwas zur Vollziehung der Ministerratsbeschlüsse verfügt worden11. Inzwischen ist dem Minister des Inneren die Proposition gemacht worden, die Sache mittelst Annahme einer Abfindungssumme von 1,200.000 fr., welche dann den Juden zur Widmung für einen, ihren Kultus oder Unterricht fördernden oder sonstigen wohltätigen Zweck zu überlassen wäre, abzutun12.

Der Minister des Inneren fragte an, ob nicht hierwegen dem bevollmächtigten Ministerialkommissär in Ungarn eine Andeutung zu machen wäre, und der Unterrichtsminister glaubte, daß, wenn man nicht die ganze Proposition fallenlassen wolle, die Widmung der auf diesem Wege zu erzielenden Summe für einen jüdischen Schulfonds angezeigt sein dürfte. In diesem Sinne behielt sich der Minister des Inneren den weiteren Erlaß an Baron Geringer vor13.

VIII. Jurisidiktionsänderung im Steuerexekutionswesen

Derselbe Minister referierte über eine beabsichtigte Modifikation im Steuerexekutionswesen.

Seines Erachtens sollte nämlich das Erkenntnis, ob eine Exekution wegen Steuerresten einzutreten habe, nach wie vor der politischen Behörde zustehen, dagegen die gerichtsordnungsmäßige Durchführung der einzelnen exekutiven Vorgänge der Pfändung, Schätzung und Feilbietung des Mobiliars den Gerichts­behörden zugewiesen werden.

Da indessen gegen die Ausschließung der politischen Behörden von den letztgenannten [Vorgängen] Bedenken von Seite des Finanzministers erhoben wurden, andererseits der Justizminister mit dem Vorschlage hervortrat, das ganze Steuerexekutionsgeschäft den|| S. 27 PDF || Steuerämtern zu überlassen, so ward in der Sache meritorisch nicht entschieden, sondern sich vorderhand in dem Antrage auf Bestellung einer Kommission geeiniget, welche aus Abgeordneten der Ministerien des Inneren, der Justiz und der Finanzen zusammengesetzt, den Gegenstand zu beraten und die geeigneten Vorschläge zu erstatten hätte14.

IX. Gemeinde­ordnungen von Linz, Salzburg, Laibach und Klagenfurt

Die Mitteilung des Ministers des Inneren, daß die Gemeindeordnungen von Linz, Salzburg, Laibach und Klagenfurt nach dem Muster jener von Graz15 mit den durch die Verhältnisse gebotenen Modifikationen ausgearbeitet worden und zur Vorlage an Se. Majestät bereit seien, gab zu keiner Erinnerung Anlaß16.

Ebenso war der Ministerrat einverstanden

X. Begünstigung der protestantischen theologischen Anstalt in Wien

mit dem Vorschlage des Unterrichtsministers , a) der protestantisch-theologischen Lehranstalt in Wien das Recht zur Kreierung von Doktoren der Theologie einzuräumen, das Einschreiten um völlige Einverleibung derselben mit der Universität aber vorläufig der wechselseitig einvernehmlichen Verhandlung der beiden Anstalten zuzuweisen17; b) das akatholische Gymnasium in Teschen, wegen der Unzulänglichkeit seiner Fonds einer Unterstützung bedürftig, mit einem Opfer von beiläufig 3.000 fr. zur Vermehrung und besseren Dotierung der Lehrer als Staatsanstalt zu erklären18.

XI. Pensionszulage für Johann Pitzinger und Friedrich Schubert

Der Handelsminister reproduzierte seinen im Ministerrate vom 3. d. [M.] sub IV. gemachten Antrag auf Belassung des ganzen Gehalts als Pension für die Ofen-Pester Postbeamten Pitzinger und Schubert à 900 fr. und rücksichtlich 800 fr.

In Ansehung des Schubert war nämlich die Erhebung der Beschaffenheit seiner Militärdienstleistung vorbehalten worden. Da dieselbe ein befriedigendes Resultat geliefert und Schubert hiernach eine, obwohl unterbrochene, Gesamtdienstzeit von 42 Jahren nachgewiesen|| S. 28 PDF || hat, so war auch der Finanzminister mit der Beteilung Schuberts mit dem ganzen Gehalt einverstanden. Bedenklicher schiens ihm bei Pitzinger, der nur 31 Dienstjahre zählt. Indessen vereinigte man sich auch bei diesem in Berücksichtigung der vom Handelsminister schon früher geltend gemachten Gründe in dem Beschlusse, auch diesem Beamten den ganzen Gehalt als Pension zu lassen19.

XII. Nichtverleihung von Auszeichnungen während der Reise des Kaisers

Schließlich trat der Ministerrat einstimmig der vom Minister des Inneren ausgesprochenen Ansicht bei, daß während der Reise Sr. Majestät des Kaisers keinerlei Auszeichnungen aus Anlaß derselben angetragen und verliehen werden möchten20.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Schönbrunn, 28. Mai 1850.