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Nr. 336 Ministerrat, Wien, 3. Mai 1850 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Marherr; VS. Schwarzenberg; BdE. und anw. (Schwarzenberg 4. 5.), Krauß, Schmerling, Bruck, Thinnfeld, Thun, Kulmer 5. 5., Degenfeld; abw. Bach, Gyulai, Stadion.

MRZ. 1825 – KZ. 1408 –

Protokoll der Sitzung des Ministerrates gehalten zu Wien am 3. Mai 1850 unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten, Ministers des Äußern und des Hauses FML. Fürsten von Schwarzenberg.

I. Ehrenrettung des Grafen Bethlen

Der Ministerpräsident erwähnte das Gesuch des Grafen Bethlen um Ehrenrettung, nachdem sein Name auf die Liste der bei der ungrischen Rebellion Kompromittierten gekommen ist, ohne daß er sich wirklich dabei beteiligt hätte. Diese wäre ihm nach dem Erachten des Justizministers mittelst einer vom Minister des Inneren an ihn zu erlassenden Zuschrift zu geben und ihm zu überlassen, davon den geeigneten Gebrauch durch Veröffentlichung derselben zu machen1.

II. Vollstreckung des Todesurteils in effigie gegen Josef Bem

Übergab der Ministerpräsident die Anfrage, ob das wider den Insurgentenchef Bem vom Kriegsgerichte in contumaciam gefällte Urteil auf Tod durch den Strang hier in effigie vollzogen werden solle, dem Justizminister, welcher gegen die Vollziehung dieses Urteils keinen Anstand fand, nachdem ein ähnlicher Fall mit dem Oberleutnant Kuchenbäcker schon stattgefunden hat2.

III. Inspektionsoffiziere in böhmischen Bädern

Der Stellvertreter des Kriegsministers unterstützte das Einschreiten Sr. k.k. Hoheit des Herrn Erzherzogs Albrecht als Kommandierenden in Böhmen um Wiederanstellung der seit 1848 abgekommenen Badeinspektionsoffiziere in den böhmischen Bädern Teplitz, Marienbad und Karlsbad, da, wie auch der Ministerpräsident bestätigte, diese Einrichtung wegen des großen Zusammenflusses von Fremden in diesen Orten sehr notwendig ist3. Der Finanzminister erklärte, dem Antrage nicht entgegentreten zu wollen, deutete aber darauf hin, daß, awenn in Badeorten Truppen stationiert wären, die Funktion eines Inspektionsoffiziers vielleicht von einem Offizier diesera Truppen versehen werden könnte4.

IV. Pensionsbehandlung von Johann Posch, Johann Pitzinger und Friedrich Schubert

Der Handelsminister referierte über die Pensionsbehandlung nachstehender, bei der Umstaltung der Ofener Oberpostverwaltung in den Ruhestand übernommenen Beamten in Pest, als Posch mit 35 Dienstjahren, 1.000 fr. Gehalt, 2.530 fr. an Emolumenten, Pitzinger mit 31 Dienstjahren, 900 fr. Gehalt, 1.980 fr. an Emolumenten und Schubert mit 26 Dienstjahren, 800 fr. Gehalt und 1.480 fr. an Emolumenten. Da dieselben normalmäßig nur auf die Hälfte ihrer Gehälter Anspruch haben und die obausgewiesenen Emolumente, welche ihnen als Ersatz für die früher für die Besorgung der Zeitungspränumerationen genossenen Vorteile ab aerario erfolgt worden sind, im Pensionsstande ganz verlieren, so fände es der Minister der Billigkeit angemessen, denselben, die nun eine so bedeutende Schmälerung ihres Einkommens erleiden, wenigstens den vollen Gehalt als Pension zuzugestehen.

In Ansehung des Posch stimmte der Finanzminister und sofort auch der Ministerrat dem Antrage bei, weil Posch unter den dreien die längste Dienstzeit für sich hat5. Nicht so in betreff der beiden andern, insonderheit fand es der Finanzminister auffallend, daß Schubert, welcher früher 16 Jahre im Militäre gedient hat, über diese Dienstleistung gar keine Dokumente beibringt, was, da es Bedenken über die Ursachen seiner Quittierung erregt, jedenfalls vor Zugestehung einer um zwei Grade höheren Pensionsbegünstigung erhoben zu werden verdient.

Der Handelsminister wird demgemäß die Erhebung einleiten und sodann diese Angelegenheit bezüglich Schuberts und Pitzingers reproduzieren6.

V. Pensionsbehandlung von Joseph Wessolowski

Der Unterrichtsminister referierte über eine Differenz mit dem Finanzministerium über die günstigere als normalmäßige Pensionsbehandlung des Grammatikalprofessors in Lemberg Joseph Wessolowski.

Derselbe hat fünf Jahre als Adjunkt, jedoch unanrechenbar, dann 22 Jahre als Professor mit Auszeichnung gedient und muß wegen durch übergroße Anstrengung sich zugezogener Körperg­ebrechen pensioniert werden. Der Unterrichtsminister gedächte für denselben auf Bewilligung beines Pensionsgehaltes von 600 fr.b bei Sr. Majestät anzutragen, wogegen der Finanzminister, an dem Grundsatze festhaltend, daß Begünstigungen in der Pensionsbehandlung sich nur auf die nächsthöhere Stufe erstrecken sollen, bloß für die Gewährung der Hälfte des Gehalts stimmte, weil dem Wessolowski für seine nur 22jährige anrechenbare Dienstleistung normalmäßig nur ⅓ als Pension gebühren würde.

Die mehreren Stimmen vereinigten sich aber mit dem Antrage des Unterrichtsministers7.

VI. Protest Julius Freiherr v. Haynaus wegen Eingriff in seinen Wirkungskreis

Der Ministerpräsident teilte dem Ministerrate eine an ihn gelangte Vorstellung des FZM. Baron Haynau mit, worin er die Zurücknahme der sein Begnadigungsrecht|| S. 10 PDF || beschränkenden Ah. Entschließung vom 26. März 1850 8, womit 36 verurteilte ehemalige, jedoch ohne Charakter ausgetretene k.k. Offiziere begnadigt wurden, dann um Anweisung des bevollmächtigten Zivilkommissärs in Ungern, daß derselbe bei allen seinen Verfügungen nur nach vorläufigem Einvernehmen mit ihm, Baron Haynau, als oberstem Chef der Verwaltung in Ungarn vorgehe.

Die Beratung darüber ward vorbehalten9.

VII. Kardinalshut für Johann Scitovsky v. Nagy-Kér

Eröffnete der Ministerpräsident die Geneigtheit Sr. Heiligkeit, dem Primas Erzbischof Scitovszky die Kardinalswürde zu verleihen10, mit dem Bemerken, daß es nur erwünscht sein könne, die Zahl der Kardinäle in Österreich, die dermal auf einen einzigen beschränkt ist, vermehrt zu sehen. Indessen sei eine solche Verleihung mit großen Kosten verbunden, die der Primas in seiner gegenwärtigen Lage nicht würde tragen können, sodaß wohl das Ärar würde in Anspruch genommen werden müssen.

Der Ministerrat war der Meinung, daß es vorzüglich von dem ferneren Benehmen des Primas der Regierung gegenüber abhängen dürfte, ob letztere sich in dieser Beziehung verwenden solle. Vielleicht würde die Eröffnung der Aussicht hierauf von günstiger Wirkung sein11.