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Nr. 328 Ministerrat, Wien, 24. April 1850 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Wacek; VS. Schwarzenberg; BdE. und anw. (Schwarzenberg 25. 4.), Krauß 29. 4., Bach 27. 4., Bruck, Thinnfeld 27. 4., Thun, Kulmer 27. 4., Degenfeld; abw. Schmerling, Stadion.

MRZ. 1629 – KZ. 1400 –

Protokoll der am 24. April 1850 in Wien abgehaltenen Ministerratssitzung unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten, dann Ministers des Äußern und des Hauses Fürsten Felix v. Schwarzenberg.

I. Artikel des Lloyd gegen die Bank

Der Finanzminister Freiherr v. Krauß brachte sich beschwerend zur Kenntnis des Ministerrates, daß im heutigen Lloyd abermals ein aufreizender und feindseliger Artikel gegen die Bank vorkomme, was um so unangenehmer sei, als morgen die Bankkommission mit der Bankdirektion zur Beratung zusammentreten soll, wie diesem Institute aufzuhelfen wäre, und solche Ausfälle des Lloyd (eines nicht Oppositions-, sondern Regierungsblattes) im Publikum der Ansicht Eingang verschaffen müsse, daß im Ministerium eine Spaltung bestehe und daß ein oder mehrere Minister mit dem Gange der Finanzverwaltung in Ansehung der Bank nicht einverstanden seien. Das Ministerium gewinne durch eine solche in das Publikum eindringende Meinung nichts. Der Finanzminister sei es sich und seinem Ministerium schuldig, dringend fordern zu müssen, daß eine Änderung in der gedachten Beziehung eintrete. Der gegenwärtige feindselige Feldzug gegen die Monarchie, bemerkte derselbe weiter, sei gerade ein finanzieller, und durch die Verbreitung von Ansichten, wie es sich der Lloyd in Ansehung der Bank zum Geschäfte macht, diene man nur der Revolution. In England, wo die Bank sich einmal auch in sehr kritischen Umständen befand, habe sich die ganze Nation als Schuldner der Bank anerkannt, und bei uns wird dahin gearbeitet, sie als einen ungeduldigen und gefährdeten Gläubiger derselben darzustellen.

Der Ministerrat teilte diesfalls die Ansichten des Finanzministers, und die Minister des Inneren und des Handels übernahmen es, mit dem Redakteur des Lloyd (Warrens) darüber zu sprechen und ihren persönlichen Einfluß dahin geltend zu machen, daß solche Ausfälle gegen die Bank in diesem Blatte nicht mehr erscheinen1.

II. Ablösung der Judentoleranztaxe in Ungarn

Der Finanzminister Freiherr v. Krauß referierte weiter folgenden Gegenstand: Die Juden in Ungarn haben früher eine Toleranztaxe zu zahlen gehabt, von der sie sich mit Bewilligung der Regierung dadurch frei machten, daß sie eine Abfindungssumme dafür zu zahlen übernahmen. Die Judengemeinde in Pest hat durch eine rechtsgiltige Urkunde die Bürgschaft für die richtige Zahlung der Abfindungssumme (von einer Million und einigen hunderttausend Gulden in CM., drei Zwanziger auf einen Gulden und|| S. 327 PDF || 20 fr. auf eine feine kölnische Mark gerechnet) übernommen2. Die Raten sind noch nicht alle eingezahlt. Bis zum Jahre 1848 wurden sie in CM. entrichtet, dann kam aber die Sache in Stockung. Als der Feldmarschall Fürst v. Windischgrätz von Pest Besitz genommen hatte, forderte er die Bezahlung der fälligen Rate an der gedachten Abfindungssumme in aZwanzigern. Zwei Raten wurden in dieser Münze berichtigt. Nun wird aber geltend gemachta Zwanzigern. Zwei Raten wurden in dieser Münze berichtigt3. Nun wird aber geltend gemacht, daß bei dem eingeführten Zwangskurse die Bezahlung auch in Banknoten geleistet werden könne und in dieser Valuta angenommen werden müsse. Die hierüber vernommene Hofkammerprokuratur teilt diese letztere Ansicht4.

Der Finanzminister erachtet, und der Ministerrat stimmte bei, daß für die Zukunft die Ratenzahlung an der erwähnten Abfindungssumme auch in Banknoten geschehen könne, daß aber für das Vergangene eine Zurückforderung an dem bereits Gezahlten nicht gestattlich sei, weil Banknoten der CM. gleich sind. Durch die wenn auch mit finanziellem Nachteile verbundene Gestattung der Zahlung in Banknoten werde der Verwicklung ausgewichen, daß das Gesetz über den Zwangskurs der Banknoten von dem hiesigen Ministerium erlassen wurde, daher für Ungarn nicht verbindlich ist, und daß man in Ungarn, wo Kossuth gleichfalls den Zwangskurs eingeführt hat, ohne Widerspruch die Bezahlung in CM. nicht wohl fordern könnte5.

III. Militärexekution zur Eintreibung der Steuerrückstände in Wien

Die von demselben Minister hierauf in Anregung gekommene Anfrage des hiesigen Statthalters, wer künftig die Militärexekution zur Eintreibung von Steuerrückständen für Wien zu dekretieren habe, nachdem solche Exekutionen bisher von den Kreisämtern bewilligt wurden, für Wien aber keine Kreisregierung bestellt wurde und ihre Geschäfte die Statthalterei zu besorgen hat, wurde dem Minister des Inneren Dr. Bach übergeben, welcher den Wunsch ausgesprochen hat, darüber noch vorläufig mit dem Statthalter deshalb zu sprechen, weil es ihm bei den vielen Geschäften der Statthalterei nicht angemessen schiene, daß jede Bewilligung einer diesfälligen Militärexekution bei ihr angesucht werde und es füglich dem Magistrate bzw. dem übertragenen Wirkungskreise der Gemeinde, welche auch die Einhebung und Abfuhr der Steuern zu besorgen hat, überlassen werden könnte, über solche Exekutionen das Nötige zu verfügen6.

IV. Einführung der Einkommensteuer in Triest

Schließlich hat der Finanzminister noch die Einführung der Einkommensteuer für Triest besprochen7.|| S. 328 PDF ||

Er bemerkte, daß Triest bei der Einführung dieser Steuer nicht ausdrücklich davon ausgenommen wurde, daß aber die Einkommensteuer dort nur deshalb noch nicht eingeführt wurde, weil Triest keine Erwerbsteuer hat, sondern statt der unter der französischen Regierung dort bestandenen und im Jahre 1815 aufgehobenen Personal- und Familiensteuer ein Pauschale von 60.000 fr. entrichtet. Nach dem Ah. Patente von 29. Oktober 1849 8 werden die Arten des der Einkommensteuer unterliegenden Einkom­mens in drei Klassen gereiht, deren erste das Einkommen von den der Erwerbsteuer unterworfenen Erwerbsgattungen betrifft. Da in Triest nach dem Angeführten keine Erwerbsteuer besteht, so konnte die Einkommensteuer daselbst noch nicht zur Ausführung gelangen. Die wegen Einführung dieser Steuer vernommenen Landesbehörden trugen an, und zwar der Vorsteher der Finanzbehörde, daß in Triest auch die Erwerbsteuer als Grundlage der Einkommensteuer zu aktivieren wäre, und der Statthalter, daß entweder die Erwerbsteuer dort eingeführt oder ein Zuschlag zu dem erwähnten angeblichen Erwerbsteuerpauschale gefordert werden möchte9. Nachdem jedoch die Einführung der Erwerbsteuer in Triest längere Zeit erfordern dürfte und ein Zuschlag zu dem erwähnten Pauschale, was aber kein Pauschale für die Erwerbsteuer ist, aus dem Titel der Erwerbsteuer nicht wohl auferlegt werden kann, die bSteuerbemessung und Einhebung von denb beiden anderen Arten des der Einkommensteuer unterliegenden Einkommens aber auch in Triest keinem Anstande unterliegen, so erachtet der Finanzminister, daß in Ansehung der beiden letzteren Klassen die Einkommensteuer in Triest sogleich einzuführen, in Ansehung der ersten, auf der Erwerbsteuer beruhenden Klasse aber noch vorläufig sich mit der Ortsbehörde in das Einvernehmen zu setzen und ein Vorschlag von ihr diesfalls abzufordern wäre.

Der Ministerrat erklärte sich damit einverstanden10.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolles zur Wissenschaft genommen. Franz Joseph. Wien, den 30. April 1850.