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Nr. 318 Ministerrat, Wien, 11. April 1850 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Marherr; VS. Schwarzenberg; BdE. und anw. (Schwarzenberg 12. 4.), Krauß 12. 4., Bach 15. 4., Schmerling 13. 4., Bruck, Thinnfeld 12. 4., Thun, Kulmer 12. 4., Degenfeld; abw. Gyulai, Stadion.

MRZ. 1430 – KZ. 1280 –

Protokoll der Sitzung des Ministerrates gehalten zu Wien am 11. April 1850 unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten, Ministers des Äußern und des Hauses, FML. Fürsten v. Schwarzenberg.

I. Versorgung der Familie des Heinrich Graf Bombelles

Der Ministerpräsident, Minister des kaiserlichen Hauses brachte die Versorgung der hinterlassenen Familie des verstorbenen Ajo Grafen v. Bombelles in Anregung, worüber der Finanzminister nach näherer Würdigung der ohne Zweifel bestehenden normalmäßigen Ansprüche derselben seine Äußerung abzugeben sich vorbehielt1.

II. Beschickung der Londoner Industrieausstellung mit österreichischen Erzeugnissen; Bestellung einer Kommission

Der Handelsminister referierte über die Anträge der Vorberatungskommission über die Beschickung der Londoner Industrieausstellung mit österreichischen Industrieerzeugnissen2.

Die Kommission spricht sich mit Wärme dafür aus, unter der Bedingung, daß die Leitung der ganzen Angelegenheit von der Staatsverwaltung in eigene Hand genommen werde. Sie schlägt zu diesem Ende vor die Bildung einer ständigen Kommission zur Prüfung der für die Ausstellung bestimmten inländischen Erzeugnisse, damit nur vorzügliche Produkte, die mit den ausländischen die Konkurrenz zu halten vermögen, ausgewählt werden; sie verlangt dagegen die Erwirkung der Zusicherung von Seite des Londoner Komitees, daß die von ihr einmal gewählten Stücke dort unbedingt angenommen werden, dann freien Transport derselben hin und zurück, die Absendung zweier Agenten mit dem ersten Transporte, dann Aufstellung von vier Kommissären zur Besichtigung der Ausstellung und Aufzeichnung ihrer Wahrnehmungen etc.; die Ernennung der Mitglieder der Kommission unter dem Präsidio des Sektionschefs Baumgartner über Vorschlag des Handelsministers von Sr. Majestät, und glaubt, daß die Kosten des ganzen Unternehmens auf 40.000 fr. angeschlagen werden können.|| S. 292 PDF ||

Der Handelsminsiter unterstützt diese Anträge, und nachdem sowohl der Finanzminister als auch die übrigen Stimmen ihren Beitritt dazu, erstrer mit dem Bemerken, daß der Kommission auch ein Abgeordneter des Finanzministeriums beizugeben wäre, erklärt hatten, wird der Handelsminister hierwegen den Vortrag an Se. Majestät erstatten3.

III. Triester Erste Statthaltereiratsstelle; Istrianer Kreisregierung

Der Minister des Inneren erklärte mit Beziehung auf die im Ministerrate vom 8. d. [M.], Nr. V., besprochene Verhandlung, daß er die erste Statthaltereiratsstelle in Triest einstweilen noch unbesetzt und durch den Grafen Gleispach versehen und die zweite dem Geheimrate Tommasini zu übertragen, dann die unterm 19. Jänner sub II. debattierte Frage über den Sitz der Kreisregierung von Istrien (Pisino oder Capodistria) vorderhand unentschieden zu lassen gedenke4.

IV. Gemeindeordnung für Graz

Derselbe referierte über die in wiederholter Beratung mit Vertrauensmännern entworfene Gemeindeordnung für Gratz. Abweichende Bestimmungen von der Wiener Gemeindeordnung darin sind, daß die Aufnahme eines Fremden in den Gemeindeverband in Gemäßheit des § 12 und 25 des allgemeinen Gemeindegesetzes bloß von dem Beschlusse der Gemeinde abhängig sein und dem Fremden kein Recht zustehen soll, unter gewissen Bedingungen, wie in Wien, Prag etc., die Aufnahme in den Gemeindeverband zu fordern, weil Graz, was das Zuströmen der Fremden dahin anbelangt, weit hinter jenen Städten zurücksteht, weiters, daß Frauen das Bürgerrecht erwerben dürfen wie bisher. In betreff der Gemeindevertretung ist zu bemerken, daß die Zahl der Gemeinderäte auf 30 festgesetzt ist und die bestehenden Viertelmeister beibehalten bleiben. Die drei Wahlkörper haben auch hier zu bestehen: den ersten bilden die eine Grund- oder Hauszinssteuer von 100 oder Erwerbssteuer von 60 fr. Zahlenden, den zweiten die Kontribuenten von wenigstens 40 respektive 15 fr., den dritten alle, die mindestens 8 fr. Steuer entrichten.

Gegen die vorgeschlagene Übertragung der Einhebung der direkten Steuern in Graz an das bereits dort errichtete lf. Steueramt legte der Finanzminister Verwahrung ein, und auch der weitre Antrag, die Erhöhung des für städtische Bedürfnisse einzuhebenden Zuschlages, wenn selber bei den direkten Steuern 20, bei den indirekten 35% beträgt, der Landesgesetzgebung vorzubehalten, wurde über Antrag des genannten Ministers dahin modifiziert, daß überhaupt bei einer beabsichtigten Erhöhung des dermaligen Zuschlages (20%, temporär 15% der direkten und 33% der indirekten Steuern) die landtägliche Genehmigung einzuholen sei5.

V. Kanzlerstelle für den Franz-Joseph-Orden

In Ausführung der Ah. Bestimmungen vom 2. Dezember 1849 und 16. Hornung 1850 über die Gründung des Franz-Joseph-Ordens und des neuen Verdienstkreuzes6 machte der Minister des Inneren in betreff der Konstituierung der Ordenskanzlei 1. den Vorschlag, sowohl die Ordens- als die Verdienstkreuzverleihungen und sonstigen Geschäfte durch eine und dieselbe Kanzlei besorgen zu lassen, und nachdem die Kanzlersstellen bei den anderen Orden bisher immer nur an durch hohe Stellung und große Verdienste ausgezeichnete Staatsmänner verliehen worden sind, schlug der Minister unter einhelliger Beistimmung seiner Kollegen 2. für die Stelle eines Kanzlers des Franz-Joseph-Ordens und des damit verbundenen Verdienstkreuzes den Ministerpräsidenten Fürsten v. Schwarzenberg vor. Dem neuen Kanzler bliebe die Organisierung der Ordenskanzlei vorbehalten.

Der Minister des Inneren wird hiernach Sr. Majestät Vortrag erstatten7.

VI. Einschreiten der Pester Maschinenbaugesellschaft

Fand sich der Handelsminister aus Anlaß einer an ihn gelangten Vorstellung der Pester Maschinenbaugesellschaft wegen Zurückstellung ihres Eigentums verpflichtet, die Aufmerksamkeit des Ministerpräsidenten und des Ministers des Inneren auf diesen Gegenstand zu lenken8.

VII. Belohnung für Mitarbeiter des Döblinger Militärspitals

Erbat sich der Kriegsministersstellvertreter bezüglich einiger neuer Belohnungsanträge zugunsten des Stibitz, Wittmann und v. Schützenau, welche sich durch ihre Leistungen bei dem Militärspital in Döbling verdient gemacht haben, die Mitteilung der Ansicht des Ministers des Inneren hierüber, welche dahin erfolgte, daß dem zuerst genannten das Verdienstkreuz, den beiden anderen eine Ah. Belobung zuteil werden dürfte. Diesem gemäß wird der Vortrag an Se. Majestät erstattet werden9.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Wien, den 16. April 1850.