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Nr. 310 Ministerrat, Wien, 30. März 1850 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Marherr; VS. Schwarzenberg; BdE. und anw. (Schwarzenberg 31. 3.), Krauß 1. 4., Bach 31. 3., Schmerling 1. 4., Bruck, Thinnfeld 1. 4., Thun, Kulmer 1. 4., Degenfeld; abw. Gyulai, Stadion.

MRZ. 1269 – KZ. 1021 –

Protokoll der Sitzung des Ministerrates gehalten zu Wien am 30. März 1850 unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten, Ministers des Äußern und des Hauses FML. Fürsten v. Schwarzenberg.

I. Ankunft italienischer Vertrauensmänner in Wien

Der Minister des Inneren brachte zur Kenntnis des Ministerrates, daß bereits mehrere der zur Beratung über die Organisierung des lombardisch-venezianischen Königreichs nach Wien berufenen italienischen Vertrauensmänner hier angekommen seien1, daß er ihnen die gewöhnlichen Diäten anweisen und, wenn sie beisammen sein werden, den Beratungen derselben den gewesenen Gouverneur Grafen Salm2 beiziehen, den Vorsitz aber, afalls er selbst ihn zu führen verhindert wäre,a dem Grafen Montecuccoli3 übertragen werde, da er, Minister, seiner anderweitigen vielen Geschäfte wegen denselben immer selbst zu führen außer Stand ist4.

II. Abstellung der Verkündigung weltlicher Verordnungen von der Kanzel in Ungarn

Über die Beschwerde des Primas von Ungern gegen die dem dortigen Klerus fortan gemachte Zumutung, Befehle der weltlichen Zivil- und Militärgewalt von der Kanzel herab publizieren zu lassen5, wird der Minister des Inneren mit Zustimmung des Ministerrates die Weisung sowohl an die ungrischen als auch an die kroatischen Landesbehörden ergehen lassen, daß die Verkündigung der Verordnungen der weltlichen Gewalt immer nur durch die weltlichen Behörden vorgenommen werden6.

III. Unterstützung der griechischen Kirche in der serbischen Woiwodschaft

Derselbe Minister referierte über die Bitte des serbischen Patriarchen Rajačić um Unterstützung der griechischen Kirchen in der Woiwodschaft, deren Beschädigung|| S. 263 PDF || durch die Revolutions- und Kriegsereignisse im ganzen auf 1,486.000 f. angeschlagen wird, dann um Errichtung einer Druckerei in einem der ihm unterstehenden Klöster behufs der Wiederherstellung der liturgischen Bücher7.

Daß in ersterer Beziehung etwas geschehen müsse, ward allseitig anerkannt, auch die Proposition des Finanzministers angenommen, hierzu den Bukowinaer griechischen Religionsfonds, der sehr reich und ausschließend der orientalischen Kirche gewidmet ist, dazu in Anspruch zu nehmen, vorausgesetzt daß, wie der Kultusminister bemerkte, die für die Zwecke dieses Kultus in der Provinz selbst demnächst zu schaffenden Anstalten dadurch nicht beeinträchtigt werden. Über das Maß der daraus zu gewährenden vorschußweisen Unterstützung wird sich erst nach erhaltener Auskunft über den Stand und die vorhandenen Mittel jenes Fonds, dann nach erfolgter Richtigstellung des wohl etwas zu hoch angesetzten Bedarfs und der Beitragsfähigkeit der Landesgemeinden mit Sicherheit ausgesprochen werden können8.

Wegen Errichtung einer Druckerei für die serbischen Kirchenbücher, welche übrigens nach dem Erachten des Finanzministers sehr gut von der Staatsdruckerei besorgt werden kann, wird der Minister des Inneren mit den einschlägigen Ministerien in Verhandlung treten9.

IV. Vortrag und Patent über die politische Organisation Kroatiens und Landtagsbeschlüsse von 1848

Ebenderselbe trug vor das infolge der Ministerberatungen vom 11. Dezember 1849 im Einvernehmen mit dem Ban und den Ministern v. Schmerling und Baron Kulmer entworfene, zur Ah. Sanktion Sr. Majestät mit besonderem Vortrage über die Organisierung der politischen Verwaltung Kroatiens und Slawoniens zu unterbreitende Patent und Erledigung der Landtagsbeschlüsse von 184810.

Dasselbe gab nur bezüglich der Stelle, worin die Landessprache als Geschäftssprache der Landesbe­hörden gewährleistet wird, den Ministern der Finanzen, des Handels und des Kriegs Anlaß, ihre Bedenken gegen die allzu exklusive Fassung dieser Stelle zu äußern. Nach einer längeren Debatte, bei welcher der Kultusminister die Notwendigkeit, die Grenzen anzudeuten, bis zu welchen im Verkehr mit der Zentralverwaltung und mit den Behörden der Nachbarländer die Landessprache gehen könne, hervorgehoben, der Minister Baron Kulmer aber zur Vermeidung der Reaktion von einem imperativen Vorgehen in dieser Sache abgeraten hatte, vereinigte man sich in der vom Minister des Inneren entworfenen neuen Textierung, worin unter Aufrechthaltung der Landessprache als Geschäftssprache der Landesbehörden die Erwartung Sr. Majestät ausgesprochen wird, daß der Geschäftsverkehr derselben mit den|| S. 264 PDF || Zentralbehörden und jenen der übrigen Kronländer den Bedürfnissen des Dienstes gemäß stattfinden werde11.

V. Auszeichnungen

Der Minister des Inneren bemerkte, daß es nun an der Zeit wäre, die bis auf die Kreierung des Franz-Josephs-Ordens und der Zivilverdienstkreuze verschobenen Auszeichnungsanträge vorzunehmen12.

Als Grundsatz wurde festgesetzt, diese Anträge im Ministerrate vorzutragen, um die Verdienstlichkeit der Beantragten, insofern ihre Stellung und Wirksamkeit in mehreren Ministerien bekannt sein kann, allseitig würdigen zu können und möglichen Einwendungen Raum zu lassen, die etwa gegen besondere Belohnungsanträge gemacht werden könnten.

Der Minister des Inneren, welcher seine Anträge provinzenweise zusammengestellt hat, begann heute mit Wien und trug an: auf das Großkreuz des Franz-Josephs-Ordens für Baron Welden; Franz-Josephs-Orden-Kleinkreuz für die Vizepräsidenten des Wiener Gemeinderates Dr. Zelinka und Dr. Klucky, dann Dr. Leopold Neumann, endlich für Dr. Hermann, Präses des Unterstützungsvereins; für den Landesgerichtssenatspräsidenten Grafen Breda; dann auf das goldene Verdienstkreuz mit Krone für die Magistratsräte Sögner, Blümel und Plasun, die Gemeinderäte Perfetta, Baron Watzdorf, Schmid Josef; Kuhn, Pfarrer Götz und Jacks, bendlich das Verdienstkreuz ohne die Kroneb für die Vertrauensmänner Dr. Mobs, Lutzenleitner, G. Schmid, Klinkosch, Mukenthaler, Friedl, Grünwald, Kitian und Brants13. Den Mitgliedern des Komitees des Unterstützungsvereins, für welche auch das Kreuz beantragt war, wäre die Ah. Zufriedenheit zu bezeigen14.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolles zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Wien, 12. April 1850.