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Nr. 285 Ministerrat, Wien, 21. Hornung 1850 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Marherr; VS. Schwarzenberg; BdE. und anw. (Schwarzenberg 22. 2.), Krauß 22. 2., Bach 22. 2., Gyulai 22. 2., Schmerling, Bruck, Thinnfeld 22. 2., Thun, Kulmer 22. 2.; abw. Stadion.

MRZ. 753 – KZ. 639 –

Protokoll der Sitzung des Ministerrates gehalten zu Wien am 21. Hornung 1850 unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten, Ministers des Äußern und des Hauses FML. Fürsten v. Schwarzenberg.

I. Unterstützung der ministeriellen Presse

Der Ministerpräsident brachte die dringende Notwendigkeit zur Sprache, die ministerielle Presse zu unterstützen, da der Redakteur der Reichszeitung1 bekannt hat, daß er mit Verlust arbeite, und Dingel­stedt und Giehne, welchen die Aussicht auf Beteiligung an ministeriellen Journalen eröffnet worden war, in ihrer Erwartung getäuscht im Begriffe stehen, Wien zu verlassen2.

Der Minister des Inneren erklärte sich bereit, in dieser Beziehung die nötige Vorkehrung zu treffen, wenn ihm die Ermächtigung erteilt würde, eine angemessene Summe in angemessener Form zur Unterstützung des gedachten Journals zu verwenden. Die Ziffer derselben wird er in Antrag bringen, sobald ihm das Budget des Journals vorliegen wird3.

II. Organisationsentwurf der kroatisch-slawonischen Militärgrenze

Der Ministerpräsident las die an ihn gelangte Zuschrift des Banus über den abgeänderten Entwurf der Organisierung der kroatisch-slawonischen Militärgrenze4 vor und eröffnete seine Absicht, diesen Entwurf, da er nicht füglich vom Ministerrate in pleno beraten werden kann, in einem Komitee von mit den Landesverhältnissen genau bekannten Männern, dem Minister Freiherrn v. Kulmer, dann den Ministern der Finanzen, des Inneren und des Krieges prüfen zu lassen.

Der Ministerrat erklärte sich hiermit vollkommen einverstanden5.

III. Aufsatz über die deutsche Zolleinigung

Der Handelsminister las den für die Wiener Zeitung bestimmten Aufsatz zur Widerlegung der verbreiteten Meinung, als ob Österreich wünsche, daß auf dem Kongresse zur Bewirkung der österreichisch-deutschen Zolleinigung jede der drei großen deutschen Handelsgruppen vorzugsweise nur durch einen Staat vertreten werde6.

Gegen den Aufsatz ergab sich keine Erinnerung7.

IV. Behandlung des ehemaligen Gouverneurs von Venedig Aloys Graf Pálffy v. Erdöd

Der Minister des Inneren referierte über die definitive endliche Behandlung des vormaligen Gouverneurs von Venedig, Grafen Pálffy8.

Da die zur Untersuchung des Verhaltens Pálffys in den Märztagen des Jahres 1848 niedergesetzt gewesene Kommission denselben einesteils zwar nicht für so schuldig erkannt hat, um des Dienstes verlustig erklärt zu werden, andererseits aber ihn auch nicht schuldlos befunden, vielmehr ihm mehrere Umstände zur Last gelegt hat, unter denen der gewichtigste der sein dürfte, daß Graf Pálffy nicht zur rechten Zeit die Regierungsgewalt in die Hände des Festungskommandanten niederlegte, so wurde der Antrag auf die normalmäßige Pensionierung des Grafen Pálffy mit der vom Kriegsminister proponierten Verschärfung, vom Tage, an welchem er außer Dienst getreten und unter Ausdrückung des Ah. Mißfallens, angenommen.

Der Minister des Inneren wird hiernach den Vortrag an Se. Majestät erstatten9.

V. Versetzung des Georg Edlen v. Stratimirović

Ebendieser Minister äußerte aus Anlaß der Kriegsschadensvergütungsansprüche des Oberstleutnants Stratimirović, worüber der Minister später referieren wird, gegen den Kriegsminister den Wunsch, daß womöglich die Entfernung Stratimirović’ avon Wien und vom Regimentea etwa mittelst einer Übersetz­ung zu einem anderen Regimente bewerkstelligt werde, welches letztere jedoch der Kriegsminister für schwer ausführbar erklärte, wogegen die Entfernung von Wien durch Verweigerung des Urlaubs allerdings bewirkt werden könnte10.

VI. Fortifikationsrayon von Neusatz, Peterwardein und Temeswar

Der Minister des Inneren machte ferner den Antrag, vor Ausführung des wegen Feststellung des Festungs- und Bauverbotsrayons von Temesvár, Peterwardein und Neusatz vom Kriegsminister gefaßten, dem Ministerium des Inneren mitgeteilten|| S. 152 PDF || Beschlusses zur möglichen Wahrung der politischen, industriellen und kommerziellen Interessen der dortigen Einwohner, insonderheit in der Donaugasse zu Neusatz, über die Lokalverhältnisse durch eine gemischte Kommission eine umfassende Erhebung einleiten und deren Resultat vorlegen zu lassen11.

Der Kriegsminister , obwohl er von jenem Beschlusse nicht abgehen zu können glaubte, erklärte, diesem Antrage nicht entgegentreten und an die Militärbehörden die Weisung erlassen zu wollen, daß sie der beabsichtigten Kommission die erforderlichen Nachweisungen etc. an die Hand geben.

bDer Minister des Inneren und der Handelsminister werden jeder einen Kommissär bestimmen und solchen dem Kriegsminister bekannt machenb Der Minister des Inneren und der Handelsminister werden jeder einen Kommissär bestimmen und solchen dem Kriegsminister bekannt machen.12

VII. Kompetenzkonflikt wegen kriegsrechtlicher Urteile zwischen Julius Freiherr v. Haynau und Ferdinand Freiherr Mayerhofer v. Grünbühl

Der provisorische Landeschef in der Woiwodina Generalmajor v. Mayerhofer verwahrt sich gegen die vom FZM. und Kommandanten in Ungern Baron Haynau vorbehaltene Bestätigung der in der Woiwodschaft gefällten kriegsrechtlichen Urteile13.

Da Mayerhofer in der ihm erteilten Instruktion mit der Handhabung des Ausnahmszustandes in der Woiwodschaft beauftragt ist14, so erscheint seine Vorstellung in obiger Beziehung allerdings gegründet, und wird der Minister des Inneren demgemäß entscheiden, in Betreff der weiteren Bitte Mayerhofers um Zuweisung eines Stabsauditors etc. die Mitteilung an das Kriegsministerium machen15.

VIII. Gehaltserhöhung für Anton Jaksch

Der Unterrichtsminister kam auf seinen im Ministerrate vom 18. d. sub I. gemachten Antrag wegen Erhöhung des Gehalts des Professors Jaksch in Prag auf wenigstens 3000 fr. zurück, nachdem der hierwegen in Gemäßheit obgedachter Beratung befragte Statthalter nicht nur die Richtigkeit des an Jaksch ergangenen vorteilhaften Rufs nach Leipzig bestätigt, sondern auch den Wunsch geäußert hat, diese seit Oppolzers Übersetzung nach Wien einzige Notabilität der Prager medizinischen Fakultät derselben durch ein finanzielles Opfer zu erhalten16.|| S. 153 PDF ||

Unter diesen Verhältnissen glaubte der Finanzminister dem obigen Antrage nicht mehr entgegentreten zu sollen17.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Wien, den 24. Februar 1850.