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Nr. 228 Ministerrat, Wien, 14. Dezember 1849 - Retrodigitalisat (PDF)

  • RS.; P. Marherr; VS. Schwarzenberg; anw. Krauß, Bach, Gyulai, Schmerling, Bruck, Thinnfeld, Thun, Kulmer; BdE. (Schwarzenberg 15. 12.), Krauß 17.12., Bach 17.12., Gyulai 17.12., Schmerling 17.12., Bruck, Thinnfeld 15.12., Thun, Kulmer 15.12.; abw. Stadion.

MRZ. 4632 – KZ. 3922 –

Protokoll der Sitzung des Ministerrates gehalten zu Wien am 14. Dezember 1849 unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten, Ministers des Äußern und des Hauses FML. Fürsten v. Schwarzenberg.

I. Gesuch Julius Zerbonis und des Arbeitspersonals der Zeitung „Die Presse“

Eine Eingabe des Julius Zerboni di Sposetti, dann eine Bittschrift des Kanzlei- und Arbeitspersonals der Zeitschrift „Die Presse“, worin um Zurücknahme des Verbotes des Erscheinens dieser Zeitung aus Humanitätsrücksichten gebeten wird, um nicht 200 Menschen mitten im Winter dem Notstande preis­zugeben, übergab der Ministerpräsident dem Minister des Inneren zur näheren Erhebung der Umstände und etwaigen Unterstützung der wirklich Bedürftigen unter dem gedachten Personale, nachdem von einer Gestattung des Wiedererscheinens dieser Zeitung unter den gegenwärtigen Verhältnissen keine Rede sein könnte1.

II. Zulage für Alois Debraux und Erhöhung des Kanzleipauschales des Generalkonsulats in Paris

Der Handelsminister erbat sich die sofort erteilte Zustimmung des Ministerrates zu dem Antrage auf Ernennung des k.k. Rates Debraux zum Sektionsrate (mit 2.500 fr. Gehalt) im Handelsministerium und Kanzleidirektor des Generalkonsulats in Paris, wodurch den Finanzen nur eine Mehrauslage von jährlich 500 fr. verursacht würde, nachdem Debraux dermal bereits jährlich 2.000 fr. bezieht, dann auf Erhöhung des dermalen mit jährlich 2.700 fr. bemessenen Pauschals für Kanzleiauslagen bei dem genannten Generalkonsulate auf jährlich 3.000 fr., wogegen jedoch alle abgesonderten Briefportoaufrechnungen zu entfallen hätten2.

III. Orden für Joseph Ritter v. Wokezal

Der Kultusminister erhielt die Beistimmung des Ministerrates zu dem beabsichtigten Antrage auf Verleihung des Ritterkreuzes des österreichischen kaiserlichen Leopoldordens an den Brünner Domdechant Joseph Ritter v. Wokezal aus Anlaß des 50jährigen Priesterjubiläums desselben3.

IV. Landesverfassung für Oberösterreich

Fortsetzung der Beratung der Landesverfassung für das Kronland Österreich ob der Enns vom § 49 an bis zu Ende, wobei sich unter einstimmiger Annahme des Entwurfs im ganzen nachstehende Bemerkungen ergaben4.

|| S. 900 PDF || Zu § 49 in der Überschrift und weiter im Kontexte muß es heißen statt „Landtagsausschuß“ „Landesausschuß“.

Zu § 50 wurde nach dem Vorschlage des Grafen Thun einstimmig beschlossen, statt drei sechs Ersatzmänner wählen zu lassen und zwar auf gleiche Weise wie die Ausschüsse.

Zu § 52 stellte Minister v. Thinnfeld die Frage, ob es nicht vielleicht angemessener wäre, den Vorsitzenden des Landesausschusses statt von diesem vom Landtage selbst wählen zu lassen. Der Ministerrat glaubte aber, diese Frage verneinen zu sollen, weil sonst aus diesem Vorstande, welcher nur ein Geschäftsmann sein soll, eine politische Person werden würde.

Zu § 54 wurde nach dem Antrage des Finanzministers beschlossen, den zweiten und dritten Absatz dahin zu modifizieren: „Dem Landesausschusse werden folgende Geschäfte zugewiesen“, dann ad lit. c. desselben Paragraphen die Klausel „insofern nicht durch ein Landesgesetz etc.“ wegzulassen, weil es sich einerseits von selbst versteht, daß Änderungen im Geschäftskreise des Ausschusses durch nachträgliche Gesetze bewirkt werden können, andrerseits aber durch die ausdrückliche Hinweisung auf die dem Landtag vorbehaltene Befugnis zur Änderung des Wirkungskreises seines Ausschusses solche geradezu ohne Not hervorgerufen werden würden.

Zu § 62 im Schlußsatze wünschte der Finanzminister wo möglich die wiederholte Zitation der schon im § 60 berufenen § 167, 168, 169 und 171 zu vermeiden, was der Minister des Inneren nach näherer Kombinierung dieser Paragraphen des Gemeindegesetzes zu bewirken sich vorbehielt.

Nach dem Muster der eben beratenen würden sofort die Verfassungen der übrigen Kronländer mit den durch besondere Landesverhältnisse gebotenen Modifikationen einzurichten sein5.

In Böhmen ist aus Anlaß des kundgewordenen ersten Entwurfes der Landesverfassung6 der Wunsch lautgeworden, daß die Krönung des Königs, die Beschwörung der Landesverfassung durch ihn, dann die Forderung der vollkommenen Kenntnis der deutschen und böhmischen Sprache beim Landeschef und bei allen Beamten in böhmischen Bezirken in die Landesverfassung aufgenommen werde.

Da der Titel „König von Böhmen“ beibehalten wurde, so würde Graf Thun für die Krönung und selbst für die Beibehaltung der alten Bezeichnung der Kronländer „Königreich, Herzogtum etc.“ hier stimmen. Allein der Minister des Inneren glaubte, mit Rücksicht auf die sonst in anderen Kronländern rege werdenden Wünsche die Frage wegen der Krönung im Entwurfe der Landesverfassung für Böhmen unberührt lassen zu sollen, und ward darin von dem Justizminister unterstützt, welcher in der § 12 der Reichsverfassung bestimmten Kaiserkrönung7 die Konzentration der Huldigungsakte aller Provinzen zu erkennen vermeinte. Von der Sprachenforderung wäre ebenfalls keine Erwähnung zu machen, da die Reichsverfassung hierwegen die Garantie gibt.|| S. 901 PDF ||

Auf die Frage des Grafen Thun , aob die Publikation der Landesverfassungen als Erfüllung des § 83 der Reichsverfassung anzusehen oder was in dieser Beziehung auszusprechen sein werdea ob die Publikation der Landesverfassungen als Erfüllung des § 83 der Reichsverfassung8 anzusehen oder was in dieser Beziehung auszusprechen sein werde, erklärte der Minister des Inneren , daß er in dem wegen Ah. Sanktionierung der Landesverfassungen Sr. Majestät zu erstattenden, seiner Zeit zu veröffentlichenden a.u. Vortrage die in den bedrängten Zeit- und Kriegsverhältnissen gelegenen Gründe entwickeln werde, welche die Aktivierung der Landesvertretung im Laufe des Jahrs 1849 unmöglich gemacht haben, mit dem Beifügen, daß die Landtage nach Bedürfnis und Tunlichkeit im Laufe des Jahres 1850 werden einberufen werden9.

Ah.E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Wien, den 18. Dezember 1849.