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Nr. 219 Ministerrat, Wien, 4. Dezember 1849 - Retrodigitalisat (PDF)

  • RS.; P. Ransonnet; VS. Schwarzenberg; anw. Krauß, Gyulai, Schmerling, Bruck, Thinnfeld, Thun, Kulmer; BdE. (Schwarzenberg 7. 12.), Krauß 8.12., Gyulai, Schmerling, Bruck, Thinnfeld 7.12., Thun, Kulmer 7.12.; abw. Bach, Stadion.

MRZ. 4496 – KZ. 3851 –

Protokoll der am 4. Dezember 1849 in Wien abgehaltenen Ministerratssitzung unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten, Ministers des Äußern und des Hauses Fürsten v. Schwarzenberg.

I. Forderung Rußlands für Naturalien

Der Ministerpräsident und der Finanzmininster besprachen die Ansprüche Rußlands auf Vergütung der Kosten für die aus Rußland zu den Hilfskorps nach Ungarn gesendeten Naturalien, wobei Baron Krauß bemerkte, es wäre mit Rücksicht auf die dem Ministerium obliegende Verantwortlichkeit allerdings wünschenswert, Nachweisungen über die von den russischen Auxiliarkorps effektiv verwendeten Naturalien zu erhalten1. Indessen, sofern es nach der Darstellung des Grafen Zichy sehr wahrscheinlich wird, daß man durch Verabredung einer Pauschalsumme von etwa 5 Millionen ohne Detailverrechnung für Österreich einen sehr beträchtlichen Nachlaß erwirken könnte2, und da es rätlich scheint, die einem solchen Abkommen günstige Stimmung des Fürsten von Warschau zu benützen, wurde beschlossen, daß der Finanzminister dem Ministerpräsidenten einen Entwurf der dem Grafen Zichy in dieser en bloc Abfindungsangelegenheit zu erteilenden Instruktion übermittle3.

II. Ungarische Zentraleisenbahneinlösung

Der Finanzminister referierte über den Vorschlag, die ungarische Zentraleisenbahn durch Ankauf der noch in Privathänden befindlichen Aktien in das Eigentum des Staates zu bringen4. Baron Krauß stellte dar, daß die Regierung das wesentlichste Interesse habe, die Vollendung einer für Ungarn zunächst und selbst für das ganze Kaiserreich in|| S. 867 PDF || industrieller und politischer Beziehung wichtigen Bahn zu sichern. Sich selbst überlassen werde die Aktiengesellschaft schwerlich damit zustande kommen, da hiezu ein Fond von 8 Millionen Gulden aufgebracht werden müsse. Der Staat sei ohnehin bereits im Besitz des größeren Teils der Aktien und würde als solcher Aktionär, wenn der Ausbau beschlossen würde, zur nötigen Vermehrung des Baukapitales 5 Millionen Gulden beitragen müssen. Mit einem verhältnismäßig nicht großen Kapitalsaufwande, der überdies erst in acht bis zehn Jahren zu bestreiten käme, würde sich die Regierung den Alleinbesitz und somit die freie Verwaltung der Bahn verschaffen. Übrigens bezweifle Baron Krauß nicht, daß diese Bahn nach ihrer äußerst günstigen Lage und den bisherigen Erfahrungen sich sehr gut rentieren und somit auch in finanzieller Beziehung die Einlösung reichlich lohnen werde.

Nachdem sich auch der Handelsminister entschieden für diese Maßregel ausgesprochen und dabei auf die Nachteile hingewiesen hatte, welche daraus hervorgehen, wenn Privatgesellschaftsbahnen den Zug der Staatseisenbahnen unterbrechen, wurde der Finanzminister von dem Ministerrate ermächtigt, mit der Zentraleisenbahngesellschaft Unterhandlungen zu eröffnen, auf der Basis der Einlösung aller in Privathänden befindlichen Aktien al pari, mit vierprozentigen, in zehn Jahren zahlbaren Obligationen und dann der Berechtigung der Gesellschaftspassiven mit Einschluß der Dividendenrückstände5.

Ah.E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolles zur Wissenschaft genommen. Franz Joseph. Wien, den 12. Dezember 1849.