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Nr. 210 Ministerrat, Wien, 14. November 1849 - Retrodigitalisat (PDF)

  • RS.; P. Marherr; VS. Schwarzenberg; anw. Krauß, Bach, Gyulai, Schmerling, Bruck, Thinnfeld, Thun, Kulmer; BdE. (Schwarzenberg 15. 11.), Krauß 6.12., Bach 16.11., Gyulai 17.11., Schmerling 16.11., Bruck, Thinnfeld 16.11., Thun, Kulmer 16.11.; abw. Stadion.

MRZ. 4191 – KZ. 3769 –

Protokoll der Sitzung des Ministerrats gehalten zu Wien am 14. November 1849 unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten, Ministers des Äußern und des Hauses, FML. Fürsten v. Schwarzenberg.

I. Zustimmung des Banus zur einstweiligen Zuteilung Syrmiens an die Woiwodschaft

Mit Beziehung auf den Ministerratsbeschluß vom 12. d.M. sub No. I. machte der Ministerpräsident die Mitteilung, daß der Ban Baron Jellačić mit der einstweiligen Zuteilung Syrmiens zu dem Verwaltungs­gebiete der serbischen Woiwodschaft unter dem Vorbehalte der einstigen Wiedervereinigung mit den Königreich Kroatien und Slawonien einverstanden sei. Der Minister des Inneren wird demgemäß den Vortrag an Se. Majestät erstatten1.

II. Adresse des Vereins für deutsche Arbeit und deren Beantwortung

Der Handelsminister las ein an ihn gelangtes Schreiben des Vorstands des engeren Ausschusses des Vereins zum Schutze deutscher Arbeit in Frankfurt Prinzen Hohenlohe über den günstigen Eindruck, welchen der Artikel der Wiener Zeitung vom 26. Oktober „Vorschläge zur Anbahnung einer österreichisch-deutschen Zollvereinigung“ bei dem Vereine gemacht hat.

Die vom Minister entworfene Antwort, welche derselbe ebenfalls vorlas, wurde ohne Erinnerung angenommen2.

III. Vortrag wegen Einschränkung des Aufwandes für die Armee

Kam der infolge Ministerratsbeschlusses vom 2. November sub V. vom Kriegsminister entworfene Vortrag an Se. Majestät über die Maßregeln zur Verminderung des Aufwands für die Armee in Beratung. Die Reduzierung beziehungsweise Umwandlung der Tafelgelder für die in höheren Anstellungen verwendete Generalität hätte zwar nach der Ansicht des Finanzministers den Gegenstand einer abgesonderten Verhandlung zu bilden, doch wurden alle zur sukzessiven Verminderung des gedachten Aufwands vom Kriegsminister gemachten Vorschläge vom Ministerrate einstimmig angenommen und auf deren sogleiche Ausführung bei Sr. Majestät anzutragen beschlossen.

|| S. 832 PDF || Da indessen das damit erzielte Resultat nur eine Ersparung von monatlich 1.100.000 fr. sein wird, mithin der Aufwand für die Armee noch immer auf jährlich 120 Millionen Gulden sich belaufen würde, während, wie schon bei der Beratung vom 2. November dargestellt, die Lage der Finanzen und die Erhaltung der Monarchie schlechterdings nicht erlauben, mehr als höchstens 84 Millionen Gulden des Jahres für das Kriegsbudget zu bestimmen, so erachtete der Finanzminister, daß bei diesen Anträgen nicht stehenzubleiben, sondern, und dies gleich, denn jeder Tag kostet hunderttausende, mit weiteren Reduktionen sowohl im Stande der Truppen als in den Gebühren vorgegangen werden sollte, namentlich mit der Herabsetzung der Gebühren und zwar bei der Mannschaft in Italien von 11 auf 10 und in Ungern und beim 3. und 4. Armeekorps von 10 auf 8 oder 9 Kreuzer, dann bei den Offizieren vom zweiten Hauptmann abwärts rücksichtlich der Zulage pro 10 fr. monatlich auf die Hälfte oder doch wenigstens auf 8 fr., weiters mit möglichst ausgedehnter Beurlaubung, mit der Einrichtung, daß in dem Maße, als die ungrischen Truppen formiert werden, die anderen aufgelöst und mit der Auflösung nicht bis zum Eintreffen des betreffenden Truppenkörpers in seinem Werbbezirk gewartet werde, mit möglichster Reduktion der Bespannungen etc., endlich auch mit der Prüfung der Frage, ob nicht auch bei der Generalität eine Verminderung eintreten könnte. In dieser Absicht hätte der Finanzminister, wie schon bei der früheren Beratung bemerkt, die Zusammensetzung einer Kommission aus einigen Individuen des Finanz- und des Kriegsministeriums, welche mit dem Detail der Militärverwaltung vollkommen vertraut sind, für sehr zweckmäßig gehalten, indem es auf diesem Wege am ehesten möglich ist, die einzelnen Rubriken kennenzulernen, bei welchen eine Ersparung eintreten kann.

Der Kriegsminister äußerte zwar den Zweifel, ob unter den gegenwärtigen politischen Verhältnissen nach außen und nach innen schon itzt zu so umfassenden Reduktionen geschritten werden könne. Er hob die Bedenken hervor, welche gegen eine abermalige Verminderung der Gebühren der Subalternoffiziere und der Mannschaft bei den auf halbe Mobilität gesetzten Heeresteilen sprechen. Er erklärte die Entlassung der Mannschaft aufgelöster Truppenkörper vor ihrem Eintreffen im Werbbezirke im Interesse der öffentlichen Sicherheit geradezu für unausführbar und bemerkte rücksichtlich der angeregten Möglichkeit einer Reduktion der Generalität, daß bei der großen Zahl von Generalen, die in politischen Anstellungen verwendet werden, kaum genug tüchtige Generale für den Dienst bei den Truppen vorhanden seien.

Die Majorität im Ministerrate aber erkannte mit dem Finanzminister die unbedingte Notwendigkeit, die Ausgaben für die Armee mit dem erreichbaren Einkommen des Staats in das Gleichgewicht zu setzen, wenn nicht der letztere selbst durch das Mittel seiner Erhaltung, die Armee, zugrundegerichtet werden soll.

Darum und in der Erwägung, daß der Armeeaufwand nach den vom Finanzminister sowohl in der Sitzung vom 2. d.M. als auch heute wieder vorgelegten Nachweisungen seit dem Jahre 1804 mit Ausnahme der Kriegsjahre von 1809, 1813, 1814 und 1815 selten die Summe von jährlich 50 Millionen überschritten und nur einmal 80 Millionen erreicht hat, glaubte der Ministerrat, das Militärbudget auf dieses vom Finanzminister als höchstes erschwingliches bezeichnete Ausmaß von 84 Millionen zurückführen zu müssen, dem Kriegsminister überlassend, die Ausgaben im einzelnen innerhalb dieser äußersten Grenze zu regeln.

|| S. 833 PDF || Um aber bei der unzweifelhaften Untunlichkeit, alle nötigen Reduktionen mit einem Male zu bewerkstelligen, durch eine plötzliche Einschränkung der Militärdotation auf jenes Maß nicht wesentliche Verlegenheiten für den Dienst zu bereiten, war der Ministerrat des Erachtens, daß nach dem Vorschlage des Ministers von Bruck hierbei sukzessive vorgegangen und für die ersten beiden Monate des Verwaltungsjahres 1850 eine monatliche Militärdotation von 10, für die beiden folgenden, nämlich Jänner und Februar 1850, von je 8 und vom März 1850 angefangen von 6 Millionen Gulden pro Monat festgesetzt werden möge.

Indem es der Ministerrat dem Kriegsminister überließ, nicht nur zur unverweilten Ausführung der in seinem Vortrage gemachten Reduktions- und Ersparungsanträge, sondern auch zur gleichzeitigen Herabsetzung der Militärdotation in der vom Ministerrate angedeuteten Weise die Ah. Genehmigung Sr. Majestät zu erwirken, fügte der Finanzminister noch das dringende Ersuchen bei, daß in dem hierwegen zu erstattenden Vortrage womöglich auch die Ah. Zustimmung zu der von ihm beantragten Herabsetzung der Gebühren bei der Mannschaft in Italien von 11 auf 10 Kreuzer und bei jener in Ungarn von 10 auf 8 oder doch wenigstens auf 9 Kreuzer (was noch immer dem Doppelten der ordinären Löhnung gleichkommen und diese letztre selbst mit Fleisch- und Teuerungsbeiträgen noch um etwas überschreiten würde), dann bei den Offizieren zur Herabsetzung der Zulage von monatlich 10 auf wenigstens 8 fr. erbeten und im Falle der Gewährung auch gleich zur Ausführung dieser Maßregel geschritten werde3.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Vortrags zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Wien, den 10. Dezember 1849.