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Nr. 198 Ministerrat, Wien, 30. Oktober 1849 - Retrodigitalisat (PDF)

  • RS.; P. Marherr; VS. Schwarzenberg; anw. Krauß, Bach, Gyulai, Schmerling, Bruck, Thinnfeld, Thun, Kulmer; BdE. (Schwarzenberg 31. 10.), Krauß 3.11., Bach 4.11., Gyulai 3.11., Schmerling, Bruck, Thinnfeld 2.11., Thun, Kulmer 2.11.; abw. Stadion.

MRZ. 3952 – KZ. 3441 –

Protokoll der Sitzung des Ministerrates gehalten zu Wien am 30. Oktober 1849 unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten, Ministers des Äußern und des Hauses, FML. Fürsten v. Schwarzenberg.

I. Erfindung Andreas Galvanis zur Zerstörung einer Kriegsflotte

Ein gewisser Galvani, Fabrikenbesitzer bei Pordenone, hat seiner Angabe nach eine Erfindung zur Zerstörung einer ganzen Kriegsflotte gemacht und dieselbe der k.k. Regierung um den Preis von 500.000 Pfund Sterling angeboten. Er hat sich in einem an Se. Majestät gerichteten Gesuche bereit erklärt, dieselbe Sr. Majestät unmittelbar selbst zu entdecken, damit sodann Allerhöchstdieselben jemand zur Prüfung der Erfindung bestimmen, nachdem die Mitglieder einer hiezu schon bestimmten Kommission erklärt hatten, daß sie nicht zu entscheiden, sondern nur höhern Orts zu referieren hätten. Nur für den Fall der Annahme fordert er den festgesetzten Preis1.

Unter diesen Umständen und bei den großen Vorteilen, welche im Bewährungsfalle der Besitz einer solchen Erfindung dem Staate zu gewähren vermöchte, glaubten der Handels- und der Unterrichtsminister , daß auf das erwähnte Anerbieten einzugehen wäre.

Allein, abgesehen von den Bedenken, welche sich überhaupt gegen alle derlei Projekte aufdringen, von dem enormen Preise und von dem Umstande, daß die Erfindung, wenn sie sich wirklich bewähren sollte, wohl schon nach der ersten wirklichen Anwendung kaum mehr Geheimnis bleiben dürfte, erschien es der Stimmenmehrheit des Ministerrats nicht angemessen, die Unterhandlung mit dem Proponenten ohne Mitwirkung des Ministeriums zu einer gewissermaßen persönlichen Angelegenheit Sr. Majestät zu machen.

Es wurde daher beschlossen, Galvani mit seinem Anerbieten an die gedachte Kommission zu weisen und, wenn er dies nicht will, ihm zu überlassen, über seine Erfindung anders zu verfügen2.

II. Auszeichnung für einen türkischen Befehlshaber wegen Unterstützung des Anton Freiherr v. Puchner

Ein vom Kriegsminister vorgetragenes Einschreiten wegen einer Auszeichnung für einen türkischen Befehlshaber, welcher den FZM. Baron Puchner nach seinem Rückzuge aus Siebenbürgen durch acht Tage mit allem Nötigen versehen, fand der Minister des Äußern zu einer Berücksichtigung nicht geeignet, nachdem seiner Überzeugung nach alle, welche sich diesfalls verdient gemacht haben, mit Dekorationen beteilt worden sind.

III. Grundsteuerpatent für Kroatien und Slawonien

Der Finanzminister las das Patent wegen Einführung der Grund- und Gebäudesteuer in Kroatien und Slawonien und übergab dasselbe, nachdem es ohne Erinnerung angenommen worden, mit einem besonderen Vortrage zur Ah. Unterfertigung durch Se. Majestät3.

IV. Ausscheidung der Murinsel aus dem ungarischen Bezirke

Der Minister des Inneren machte den Antrag, die Murinsel aus Anlaß einer zwischen den Werbbezirken zweier Infanterieregimenter bestehenden Differenz mit Rücksicht auf den dermaligen faktischen Bestand und vorbehaltlich einer definitiven Bestimmung des Reichstags aus dem ungrischen Bezirke auszuscheiden und Kroatien zuzuteilen.

Hiergegen ward nichts erinneret4.

V. Konstituierung der serbischen Woiwodschaft

Derselbe Minister entwickelte die Grundzüge seines Antrages wegen Konstituierung der serbischen Woiwodschaft5.

Nachdem eine hierwegen am 6. Oktober mit Zuziehung des Banus, des Patriarchen Rajačić, des Baron Geringer und Generalmajor Mayerhofer im Ministerrate stattgefundene vorläufige Besprechung dieser Angelegenheit ohne Resultat geblieben ist, und auch bei den späteren, zwischen dem Ministerium des Inneren, dem Ban, Patriarchen und den Vertrauensmännern des Landes abgehaltenen Konferenzen eine Vereinigung über die Bestimmungen dieser Konstituierung nicht erzielt werden konnte, hält es der Minister des Inneren für unerläßlich, daß hierwegen vom Ministerium mit einer Entscheidung, vorbehaltlich der Schlußfassung des künftigen Reichstags, vorgegangen werde6.

|| S. 799 PDF || Eine ethnographische Zirkumskription der Woiwodschaft erscheint nicht ausführbar, weil in dem dazu angetragenen Gesamtgebiete kein nationales Element vorwaltend ist. Alle Rücksichten, geschichtliche, volkswirtschaftliche, strategische und administrative, endlich die im Drange der Ereignisse gegebenen Versicherungen wohl erwogen, schiene es dem Minister des Inneren am zweckmäßigsten, die Batschka und das Banat unter dem Titel „Großwoiwodschaft österreichisch Serbien und Banat“ als selbständiges Kronland unter der gleichen Verwaltung wie die andern Kronländer zu konstituieren, nach den vorwaltenden Nationalitäten in drei Kreise zu teilen, die Frage wegen der von der serbischen Nationsvertretung gewünschten Einverleibung Syrmiens offen und der künftigen Entscheidung des Reichstags freizulassen, der weiters gewünschten Vereinigung eines Teils der Militärgrenze aber, welche in keinem Falle zugegeben werden könnte, unter Aufrechthaltung des bisherigen Militärgrenzverbandes in der Art teilweise zu entsprechen, daß dem betreffenden Teile der Titel der serbischen Militärgrenze verliehen würde.

Bei der Abstimmung glaubte der Finanzminister , mit Hinblick auf die Bestimmungen der Reichsverfassung die definitive Konstituierung der Woiwodschaft als selbständiges Kronland von regierungswegen widerraten zu sollen, und auch die Minister der Justiz, des Kriegs und der Unterrichtsminister , welcher übrigens die Beschränkung der Woiwodschaft auf das nationale Gebiet gewünscht hätte, erklärten sich gegen die Erteilung des Titels „Kronland“ für den gegenwärtigen Moment, sodaß der Minister des Inneren seinen diesfälligen Antrag darauf beschränkte, der neu konstituierten Woiwodschaft nur die Rechte eines Kronlands mit dem schon oben gedachten Vorbehalte einzuräumen.

aDer Minister des Kultus und Unterrichts war der Ansicht, daß die Woiwodschaft auf ein kleineres, ausschließlich von Serben bewohntes Gebiet zu beschränken, daß Syrmien damit zu vereinen und das ganze Gebiet dem Kronlande Kroatien und Slawonien einzuverleiben wäre. Insofern sich jedoch für Bildung einer größeren Woiwodschaft mit gemischter Bevölkerung entschieden werde, hielt der Unterrichtsminister es für notwendig, daß dieselbe vorbehaltlich der Entscheidung des Reichstages ausdrücklich als Kronland erklärt werde.a Der Minister des Kultus und Unterrichts war der Ansicht, daß die Woiwodschaft auf ein kleineres, ausschließlich von Serben bewohntes Gebiet zu beschränken, daß Syrmien damit zu vereinen und das ganze Gebiet dem Kronlande Kroatien und Slawonien einzuverleiben wäre. Insofern sich jedoch für Bildung einer größeren Woiwodschaft mit gemischter Bevölkerung entschieden werde, hielt der Unterrichtsminister es für notwendig, daß dieselbe vorbehaltlich der Entscheidung des Reichstages ausdrücklich als Kronland erklärt werde.

Die ausführliche Motivierung seines Antrages sowie etwaige Modifikationen darin wurden der Lesung des hierwegen vom Minister des Inneren zu entwerfenden Vortrags an Se. Majestät vorbehalten7.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Schönbrunn, 8. November 1849.