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Nr. 197 Ministerrat, Wien, 29. Oktober 1849 - Retrodigitalisat (PDF)

  • RS.; P. Ransonnet; VS. Schwarzenberg; anw. Krauß, Bach, Gyulai, Schmerling, Bruck, Thinnfeld, Thun, Kulmer; BdE. (Schwarzenberg 1. 11.), Krauß 3.11., Bach 4.11., Gyulai 3.11., Schmerling, Bruck, Thinnfeld 2.11., Thun, Kulmer 2.11.; abw. Stadion.

MRZ. 3951 – KZ. 3346 –

Protokoll der am 29. Oktober 1849 in Wien abgehaltenen Ministerratssitzung unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten, Ministers des Äußern und des Hauses Fürsten v. Schwarzenberg.

I. Geheime Ratswürde für Carl Fürsten v. Schwarzenberg

Der Minister des Inneren brachte unter Zustimmung des Ministerrats in Antrag, daß der Zivil- und Militärgouverneur von Mailand Fürst Carl v. Schwarzenberg mit Rücksicht auf seine dermalige hohe und wichtige Stellung durch die taxfreie Verleihung der geheimen Ratswürde ausgezeichnet werde1.

II. Geheime Ratswürde für Carl Freiherrn Geringer v. Oedenberg

Minister Bach erwirkte ferner die Zustimmung zu seinem a.u. Antrage auf taxfreie Ernennung des Sektionsschefs Freiherrn v. Geringer zum k.k. wirklichen geheimen Rate, weil die Verleihung des bloß zeitlichen Amtstitels „Exzellenz“2 dem beabsichtigten Zwecke, ihm gegenüber den untergeordneten Funktionären, worunter mehrere geheime Räte, eine angemessene Stellung zu gewähren, nicht vollkom­men erreicht würde3.

Über die Anträge I. und II. wird der Ministerpräsident sofort einen motivierten a.u. Vortrag erstatten.

III. Stephansorden für Bischof Panteleinom Zsivkovic

Der Ministerrat vereinigte sich mit dem Antrage des Ministers des Inneren auf a.g. Verleihung des Stephansordenkommandeurkreuzes an den griechisch nichtunierten Bischof von Temesvár Panteleimon Zsivkovic, der sich während der ganzen ungarischen Bewegung durch seine Treue an die Dynastie ausgezeichnet hat4.

IV. Zulage für den Vizekonsul N. Nicolich

Es wurde über Antrag des Ministers von Bruck einstimmig beschlossen, dem österreichischen Vizekonsul für Kertz N. Nicolich, welcher wegen geänderter Quarantäneeinrichtungen|| S. 796 PDF || an den sein ganzes Diensteseinkommen bildenden Konsulargebühren dermal viel verliert, eine Aufbesserung aus dem Staatsschatze anzuweisen, wodurch die Einnahme an Konsulargebühren bis auf den Betrag von 600 fr. jährlich ergänzt würde5.

V. Zeitungsartikel über die Schuld des Ludwig Grafen Batthyány

Der Justizminister las einen für die Öffentlichkeit bestimmten Artikel zur Konstatierung der Schuld des Grafen Ludwig Batthyány, der an vielen Orten und namentlich im Auslande nicht als Verbrecher angesehen wird, wozu die mangelhafte Motivierung des publizierten Urteiles wohl manches beigetragen hat. Der Aufsatz wurde einstimmig für sehr angemessen befunden und beschlossen, denselben mit Weg­lassung einiger Eigennamen und eines polemischen Schlußsatzes in die Wiener Zeitung einzurücken6.

VI. Justizorganisierung in Ungarn

Der Justizminister referierte hierauf über seine demnächst a.u. zu erstattenden Anträge bezüglich der gerichtlichen Organisation Ungarns, deren Grundzüge in dem hier beigeschlossenen Hefte enthalten sind.

Der Ministerrat schloß sich einstimmig diesen Anträgen an7.

VII. Todesurteil gegen Anna Glaser

Der Justizminister erhielt hierauf die Zustimmung des Ministerrates zu seinem beabsichtigten a.u. Antrage auf a.g. Nachsicht der Todesstrafe für die Mörderin Anna Glaser8.

VIII. Zensurausübung durch Ludwig Freiherr v. Welden

Der Minister des Inneren besprach die von dem Wiener Gouverneur Baron Welden aus Anlaß von Schuselkas neuester Schrift geübte Bücherzensur, eine Maßregel, die gegenüber den klaren Bestimmungen der Verfassung nicht haltbar ist und dabei gar keine Sicherheit gegen die Veröffentlichung der verpönten Werke außer dem Belagerungsrayon gewährt. Minister Bach könne diesen Vorgang nur als einen unglücklichen betrachten und wünschen, daß dem Feldzeugmeister darüber ein Wink gegeben werde9.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolles zur Wissenschaft genommen. Franz Joseph. Schönbrunn, 7. November 1849.