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Nr. 156 Ministerrat, Wien, 26. August 1849 - Retrodigitalisat (PDF)

  • RS.; P. Ransonnet; VS. Schwarzenberg; anw. Krauß, Bach, Schmerling, Gyulai, Thinnfeld, Thun, Kulmer; BdE. (Schwarzenberg 9. 9.), Krauß 9. 9., Bach 9. 9., Gyulai 9. 9., Schmerling 9. 9., Thinnfeld 9. 9., Thun 9. 9., Kulmer 9. 9.; abw. Bruck, Stadion.

MRZ. 2947 – KZ. 2496 –

Protokoll der Sitzung am 26. August 1849 unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten, Ministers des Äußern etc. Fürsten Schwarzenberg.

I. Sendung des Feldkriegssekretärs Joseph Florian Glanz nach Siebenbürgen

Der Ministerpräsident eröffnete, daß der im Hauptquartier des FZM. Baron Haynau bisher verwendete Feldkriegssekretär Glanz bereits nach Siebenbürgen zur Disposition des Zivil- und Militärgouverneurs Baron Wohlgemuth entsendet worden sei1.

II. Übergabe Venedigs

Fürst Schwarzenberg verlas hierauf den soeben eingelangten Processo verbale de dato Villa Papadopoli wegen der Übergabe Venedigs2.

III. Unterrichtssprache an den Gymnasien

Gemäß des in der Sitzung vom 25. August 1849 gefaßten Beschlusses3 wurde der Punkt des Entwurfes der neuen Gymnasialordnung wegen Bestimmung der Sprache, in welcher bei einem Gymnasium gelehrt werden soll, neuerlich in Beratung gezogen. In dem vom Unterrichtsminister verlesenen Entwurfe wird nämlich das Recht der Entscheidung über die Lehrsprache auf den Gymnasien den Kreisvertretungen zugesprochen. Da jedoch eine Entscheidung dieser Art zum Forum der Exekutivgewalt gehört, deren Befugnisse man nicht zu schmälern gesonnen ist, da ferner selbst die Beschlüsse der Kreisregierungen in den zu ihrer Kompetenz gehörigen Fragen durch den Kreispräsidenten sistiert werden können, so beschlossen die mehreren Stimmen des Ministerrates, mit welchen sich nach längerer Beratung auch Graf Thun vereinigte, daß in dem Entwurfe statt der Worte „über die Sprache, in welcher gelehrt werden soll, hat die Kreisvertretung zu entscheiden“ gesetzt werde „die Frage etc. ist bei der Kreisvertretung in Verhandlung zu bringen“.

Der Finanzminister glaubte, es sei in bezug auf die Wahl der Unterrichtssprache insbesondere auch der Punkt herauszuheben, daß diese Sprache bereits auf einer solchen Stufe der Ausbildung stehe, welche die Erteilung des Unterrichts in den vorzutragenden Gegenständen möglich macht. Für gewisse Fächer dürfte es manchen der im Kaiserreiche üblichen Sprachen an den nötigen Ausdrücken und der Ausbildung fehlen, um mit wahrem Nutzen für die Hörer gebraucht werden zu können. Es würde daher sowohl dem Zwecke des Unterrichts als auch dem wohlverstandenen Prinzipe der Gleichberechtigung am besten entsprechen, wenn gewisse Lehrfächer in der deutschen und|| S. 634 PDF || andere in der Landessprache vorgetragen würden. Minder angemessen würde es dem Minister Baron Krauß scheinen, im selben Orte zwei Gymnasien bestehen zu lassen, in deren einem alle Gegenstände in der deutschen, in dem anderen aber alle in der zweiten Sprache des Kronlandes oder in der Sprache der Bevölkerung des dortigen Distriktes vorgetragen würden. Derlei exklusive Lehranstalten sind nur zu sehr geeignet, National­rivalitäten und Antipathien zu nähren und zu erhöhen. Die eine Lehranstalt würde am Ende vielleicht terroristisch in Verruf erklärt werden.

Auch der Ministerpräsident teilte diese Ansicht und erklärte, es erscheine ihm wünschenswert, in jedem Gymnasium jede der Landessprachen beim Unterrichte in Anwendung zu sehen.

aDemgemäß wurde die Bestimmung des vorliegenden Organisierungsplanes gebilligt, daß an einem Gymnasium auch mehrere Sprachen zugleich als Unterrichtssprache in Anwendung kommen können, und beschlossen, die Bemerkung „daß solches jedoch nicht wünschenswert sei“, wegzulassena .4

IV. Übergabe Venedigs

Der Ministerpräsident las den Bericht des Feldmarschalls Grafen Radetzky, womit er das in der Villa Papadopoli aufgenommene Protokoll wegen Übergabe der Stadt Venedig vorlegt5.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolles zur Wissenschaft genommen. Franz Joseph. Schönbrunn, den 16. September 1849.