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Nr. 153 Ministerrat, Wien, 23. August 1849 - Retrodigitalisat (PDF)

  • RS.; P. Ransonnet; VS. Schwarzenberg; anw. Krauß, Bach, Schmerling, Thinnfeld, Thun, Kulmer; BdE. (Schwarzenberg 25. 8.), Krauß 18. 9., Bach 18. 9., Schmerling 18. 9., Thinnfeld 18. 9., Thun, Kulmer; abw. Stadion, Gyulai, Bruck.

MRZ. 2883 – KZ. 2902 –

[Tagesordnungspunkte]

Protokoll der Sitzung am 23. August 1849 unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten, Ministers des Äußern und Hauses Fürsten Schwarzenberg.

[I.] Neue Anleihe

Gegenstand der heutigen Beratung war das demnächst zu eröffnende Anlehen und die damit im Zusammenhange stehenden finanziellen Maßregeln1. Zu den letzteren gehört vor allem die Einwechslung der gegenwärtig in Umlauf befindlichen Zentralkassaanweisungen à drei Prozent, dann die Anweisungen auf die Einkünfte Ungarns2. Dadurch würde der wesentliche Vorteil für den Kredit des Staates erreicht, daß die verschiedenen in Östreich nebeneinander umlaufenden Kreditspapiere den Gattungen nach vermindert würden. Die wegen der ungarischen Aufschrift vielfach angefeindeten ungarischen Anweisungen würden verschwinden, und es könnte auch bei derselben Gelegenheit dem neuen Papier eine kompliziertere Form gegeben werden, welche mehr Bürgschaften gegen Nachahmung gewährt als die der etwas einfachen 3%igen Anweisungen.

Die weitere Frage ist nun, ob dieses neue Papiergeld verzinslich sein soll oder nicht. Der Finanzminister spricht sich für die Verzinslichkeit aus, nachdem der Zinsengenuß diesem Papier weit bereitwilligeren Eingang verschafft, somit auf seinem Kurs dem Silber gegenüber vorteilhaft einwirkt. Die Verzinsung dieses Papieres gewährt auch dem Publikum die beste Kontrolle über die hinausgegebene Menge desselben, da die Zinsen unter den Staatsausgaben öffentlich verrechnet werden, und es könnte, nachdem man über den Betrag des Erfordernisses dermal etwas bestimmtere Daten besitzt, durch die Regierung ein Maximum der Emission veröffentlicht werden, über welches nicht hinausgegangen wird. Da jedoch unter den gegenwärtigen Verhältnissen drei Prozent an Zinsen nur einen geringen Reiz zu einer selbst vorübergehenden Kapitalanlage, zumal in geringeren Beträgen, bilden, so glaubt Baron Krauß, daß 4 1/2%ige Zinsen zu bewilligen wären und der diesfällige Mehraufwand sich durch die Hebung des Kurses kompensieren werde, sodaß es früher möglich werden würde, den Zwangskurs dieser Währung aufzuheben. Was übrigens die zwangsweise Zurechnung des 4 1/2%igen Diskonts an jedem Scheine im gewöhnlichen Privatverkehre betrifft, so wäre derselbe des leichteren Umlaufes wegen bloß auf die Noten à 100 f. zu beschränken, bei den kleinern Noten aber aufzuheben, unbeschadet des Rechts des letzten Besitzers, bei der Verfallzeit die ganzen Zinsen für die Zeit seit der Emission aus der Staatskasse zu erhalten. Der Finanzminister ist daher der Meinung, daß bei Eröffnung des neuen Anlehens zugleich die|| S. 621 PDF || Bestimmungen über Einlösung der erwähnten Papiergeldsorten durch neue à 4 1/2% verzinsliche Geldzeichen bekanntzumachen wären.

Das Anlehen selbst wäre im Gesamtbetrage von sechzig Millionen à 5% verzinslichen und binnen 25 Jahren allmählich nach Serien, welche durch das Los bestimmt werden, mit einer Prämie von 10% zurückzubezahlenden Papieren zu kontrahieren. Diese Papiere würden bis auf 50 f. teilbar sein, sodaß man bei der Anlegung von 5000 f. in Scheinen à 50 f. von jeder der 25 Serien sich die Gewißheit verschaffen könnte, daß alljährlich ein Schein à 50 f. mit der Prämie von 5 f. gezogen wird. Den Besitzern solcher gezogenen Scheine wäre die Wahl freizulassen, ob sie die Bezahlung derselben – 55 f. – al pari in barem oder in einer 4 1/2%igen Staatsschuldenverschreibung empfangen wollen, und zwar letztere in dem höheren Nennbetrage von 60 f. für jeden Schein per 50 f.

Durch diese Kombination würden sich dem Kapitalisten viele lockende Bedingungen darbieten, und der Finanzminister verspricht sich, laut der bei Sachverständigen eingeholten Auskünfte, daß das Anlehen im In- und Auslande gut aufgenommen werden wird. Wenn die Sache vom patriotischen Gesichtspunkte gehörig dargestellt wird, so dürften die vorauszusehenden Bemühungen der Contremine erfolglos bleiben, besonders wenn auch die Namen der Subskribenten veröffentlicht werden.

Baron Krauß ist nach reifer Überlegung von seiner früheren Idee, die Publikation des Emissionskurses erst später eintreten zu lassen als die Eröffnung der Subskriptionslisten, zurückgekommen. Die Ungewißheit über die Ziffer des Kurses würde nämlich viele von der Beteiligung abhalten, während der Ausspruch, daß das Anlehen zum Kurs von 96 für 100 f. eröffnet wird, wobei ein Zinsengenuß von sechs Prozent sich herausstellt, in weiten Kreisen zur unverzüglichen definitiven Subskription einladen wird. Ein höherer Emissionskurs scheine nicht rätlich, man dürfe dem Patriotismus der Kapitalisten nicht zu viel zumuten.

Die Nationalbank sei bei diesem Anleihen gar nicht direkt zu beteiligen. Es bleibe ihr jedoch anheimgestellt, die bei ihr liegenden 3%igen Kassaanweisungen in 5%ige Anlehenscheine umzustalten und dieselben allmählich gegen Einziehung von Banknoten an Mann zu bringen, ohne den Kurs zu drücken. Wenn dadurch schon eine sehr beträchtliche Verminderung des Notenumlaufs bevorsteht, so wird sich noch eine weitere, durch Verkauf der sogenannten Reservebankaktien erzielen lassen, wozu jedoch der günstige Augenblick noch nicht gekommen ist.

Eine Maßregel anderer Art, welche zugleich der Bank und der großen Zahl von kleineren Fabrikanten und Handelsleuten nützlich sein wird, ist die Ausdehnung des Bankkredits mittelst Filialen in die Provinzen und außer dem Kreise der großen Kapitalisten.

Nach reifer Erwägung des Gegenstandes wurden die von dem Finanzminister hier entwickelten Anträge über die Eröffnung der Subskription auf das neue Anlehen samt der damit in Verbindung stehenden Emission von 4 1/2%igen Zirkulationseffektesa einstimmig als zweckmäßig und als der Lage der Monarchie sowie auch den Verhältnissen des Geldmarktes völlig entsprechend anerkannt, daher der Finanzminister demnächst|| S. 622 PDF || die Ah. Genehmigung dieser Anträge, welche der Ministerrat zu dem seinigen gemacht hat, mittelst besonderem au. Vortrages einholen wird3.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolles zur Wissenschaft genommen. Franz Joseph. Schönbrunn, 11. Oktober 1849.